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Version 2.05 - 2016a

Standard "Pflege von Senioren mit Aszites"

 
Der Nachkriegsgeneration ist Aszites noch als "Hungerbauch" in unguter Erinnerung. Heute jedoch ist die Bauchwassersucht zumeist die Folge einer Leberzirrhose.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Pflege von Senioren mit Aszites"
Definition:
  • Der Begriff "Aszites" (auch "Bauchwassersucht") beschreibt eine Ansammlung von Flüssigkeit in der Bauchhöhle.
  • Mit rund 80 Prozent ist Leberzirrhose die häufigste Ursache eines Aszites. In jedem zehnten Fall sind bösartige Tumore verantwortlich für eine Aszites. Weitere mögliche Entstehungsfaktoren sind eine Rechtsherzinsuffizienz, ein hochgradiger Eiweißmangel oder entzündliche Erkrankungen im Bauchraum.
  • Ab einem Liter Flüssigkeit kann ein Aszites durch Perkussion des Abdomens nachgewiesen werden. Eine abdominale Sonografie stellt bereits Flüssigkeiten ab rund 50 bis 200 ml dar.


Abbildung oben: Typisches Symptombild bei Aszites ist der mit Flüssigkeit prall aufgetriebene Bauch. Es bildet sich ein Nabelbruch.
Grundsätze:
  • Wir nehmen Schmerzäußerungen ernst und reagieren darauf umgehend.
  • Wir arbeiten eng mit dem Hausarzt zusammen und besprechen sorgfältig jede Maßnahme. Ohne Zustimmung des Arztes werden insbesondere keine Medikamente abgesetzt.
  • Wenn sich der Gesundheitszustand eines Bewohners verschlechtert, wird umgehend der Arzt / Notarzt gerufen.
Ziele:
  • Ein Aszites wird rechtzeitig bemerkt. Eine ärztliche Therapie wird zeitnah eingeleitet.
  • Der Aszites wird durch Diuretika ausgeschwemmt.
  • Eine Überbelastung des Kreislaufs wird vermieden.
Vorbereitung: Symptome
Wir achten auf die typischen Symptome eines Aszites:
  • Der Bewohner nimmt innerhalb kurzer Zeit deutlich an Gewicht zu.
  • Alternativ kann das Gewicht gleich bleiben, obwohl der Bewohner optisch abmagert. Dieses ist insbesondere an den dünnen Extremitäten sichtbar. In diesem Fall verliert der Bewohner durch die Grunderkrankung zwar an Körpermasse, das Gewicht des eingelagerten Wassers gleicht diesen Verlust aber aus.
  • Im weiteren Verlauf wölbt sich das Abdomen vor. Die Nabelregion ist verstrichen. Ggf. kommt es zu einem Nabelbruch ("Nabelhernie").
  • Der Bewohner atmet flacher. Dieses ist die Folge des erhöhten Drucks im Bauchraum.
  • Der Bewohner klagt über gastrointestinale Beschwerden, insbesondere über Blähungen.
Durchführung: Pflegemaßnahmen
  • Der Bewohner soll weitgehende Bettruhe halten. Wir intensivieren die Maßnahmen im Rahmen der Pneumonieprophylaxe, Dekubitusprophylaxe und Thromboseprophylaxe.
  • Der Bewohner wird im fortgeschrittenen Krankheitsverlauf konsequent entlastet. So wird z. B. die Körperpflege komplett von uns geleistet.
  • Die Haut des Bewohners wird engmaschig auf Veränderungen untersucht. Wir achten auf sog. "Leberhautzeichen". Wenn der Bewohner über Juckreiz klagt, wird die Hautpflege entsprechend angepasst.
  • Häufig ist die Rückenlage für Betroffene angenehmer, wenn ein Bein angezogen ist und dadurch die Bauchdeckenspannung reduziert wird. Dafür kann dem Bewohner ein Kissen unter die Knie gelegt werden.
  • Zur Atemerleichterung ist eine Oberkörperhochlagerung sinnvoll. Diese Position kann ggf. auch in der Nacht beibehalten werden.
  • Der Bewohner soll lockere Kleidung tragen, die nicht einschnürt. Hosenbündchen oder Bündchen von Pyjamas sind oftmals nicht geeignet.
  • Der Bewohner erhält eine kalorisch ausreichende eiweißreiche Kost. (Hinweis: Dieses kann bei einer hepatischen Enzephalopathie kontraindiziert sein.)
  • Der Bewohner soll auf das Nachsalzen bei Tisch verzichten. Er soll den Konsum von besonders salzreichen Nahrungsmitteln einschränken. Ggf. ist es notwendig, die tägliche Salzzufuhr auf fünf Gramm zu reduzieren. Ein hoher versteckter Salzanteil ist häufig in Fertiggerichten, in Gemüsekonserven und in Salzgebäck zu finden.
  • Sofern ärztlich angeordnet, wird der tägliche Flüssigkeitskonsum auf einen bis eineinhalb Liter begrenzt. Flüssigkeitsreiche Lebensmittel wie etwa Früchte werden angerechnet. Die Begrenzung ist bei Bewohnern mit niedrigem Blutnatriumspiegel erforderlich.
  • Ggf. führen wir eine Flüssigkeitsbilanzierung durch. Es ist notwendig, den Bewohner zur aktiven Mitarbeit bei der Maßnahme zu motivieren.
  • Das Gewicht des Bewohners wird jeden Tag zur gleichen Zeit und unter gleichen Bedingungen ermittelt. Beispiel: Jeden Morgen nach dem Toilettengang vor dem Frühstück.
  • Wenn lediglich ein Aszites vorliegt, sollte die tägliche Gewichtsabnahme bei höchstens 300 bis 500 Gramm liegen. Wenn der Bewohner gleichzeitig unter peripheren Ödemen leidet, liegt dieser Wert bei maximal einem Kilogramm.
  • Wir ermitteln jeden Tag den Bauchumfang des Bewohners. Die genaue Messstelle wird mit einem wasserfesten Stift auf der Haut markiert. Wir sichern damit eine Vergleichbarkeit der Messwerte.
  • Wir tasten die Bauchdecke des Bewohners regelmäßig ab, um eine Peritonitis frühzeitig zu erkennen. Der Bewohner bekommt dann i. d. R. Antibiotika.
  • Der Bewohner soll den Alkoholkonsum unverzüglich und komplett einstellen.
  • Ohne Rücksprache mit dem behandelnden Arzt darf der Bewohner in keinem Fall eigenmächtig Arzneimittel einnehmen, die die Leber belasten. Dazu zählen insbesondere Schmerzmittel wie Paracetamol.
Mithilfe bei der ärztlichen Therapie
  • Milde Krankheitsverläufe können behandelt werden, indem die Flüssigkeitszufuhr und der Kochsalzkonsum reduziert werden.
  • Wenn dieses nicht ausreicht, werden zusätzlich Diuretika appliziert.
  • Falls auch nach dem Einsatz der Diuretika keine hinreichende Besserung eintritt, ist eine therapeutische Aszitespunktion erforderlich.
Pflegemaßnahmen nach einer Aszitespunktion
Häufig ist es erforderlich, dass der Aszites punktiert wird. Neben einer Entlastung bei ausgedehntem Aszites kann dieser Eingriff auch dem Nachweis von Zellen und Erregern dienen. Da heute leistungsfähige Diuretika zur Verfügung stehen, können Punktionen häufig vermieden werden. Wir achten auf mögliche Komplikationen:
  • Wir ermuntern den Bewohner, sich bei Schmerzen umgehend bei der Pflegekraft zu melden.
  • Die Punktionsstelle wird bei jedem Verbandswechsel inspiziert.
  • Sobald die Einstichstelle trocken und reizlos ist, ist ein Verband nicht mehr notwendig.
  • Nach dem Abpunktieren von größeren Mengen Aszitesflüssigkeit ist es sehr wichtig, dass die Kreislauffunktionen des Bewohners engmaschig überwacht werden.
Nachbereitung:
  • Der Zustand des Bewohners wird überwacht. Alle Beobachtungen und Messungen werden dokumentiert. Relevante Kriterien sind die Flüssigkeitsbilanz, das Gewicht sowie die Vitaldaten (insbesondere die Atmung, die Körpertemperatur und das Gewicht).
Dokumente:
  • Berichtsblatt
  • Fragen an den Arzt / ärztliche Verordnungen
  • Vitaldatenblatt
  • Pflegenachweis
  • Flüssigkeitsbilanzierung / Trinkprotokoll
  • Mobilisierungs- und Bewegungsplan
  • Maßnahmenplanung
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • alle Pflegekräfte
 
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Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Aszites; Bauchwassersucht; Hydrops abdominis; Exsudat; Transsudat; Bauchumfang; Diuretika; Peritonitis; Herzinsuffizienz
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