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Standard "Dekubitusbehandlung: Ernährung"

Wenn ein Dekubitus einfach nicht abheilen will, liegt das nicht zwangsläufig an mangelnder Lagerung oder an unwirksamen Wundauflagen. Häufig spielen Ernährungsdefizite die entscheidende Rolle. Denn je nach Wundzustand müssen Eiweiße, Spurenelemente, Mineralstoffe und Vitamine gut ausgewogen werden. In einem Standard haben wir die wichtigsten Grundregeln für Sie zusammengefasst.


Standard "Dekubitusbehandlung: Ernährung"


Definition:

  • In allen Wundheilungsphasen ist eine angemessene Ernährung entscheidend für die Gesundung. Die Ernährung sollte stets eiweiß- und vitaminreich sein und ausreichend Mineralstoffe und Spurenelemente enthalten.
  • Fehlernährung ist etwas anderes als Mangelernährung. Ein Bewohner kann trotz eines guten BMI und eines "gesunden Aussehens" fehlernährt sein.
  • Das statistische Risiko einer Fehlernährung ist bei alten Männern höher als bei alten Frauen.
  • Der Einfluss der Ernährung auf die Heilung eines Dekubitus ist wissenschaftlich nicht lückenlos erforscht. Teilweise liegen widersprüchliche Ergebnisse vor, etwa bei der Wirkung von Vitamin C oder bei der Aussagekraft von Blutuntersuchungen. Soweit keine belastbaren Forschungsergebnisse vorliegen, nutzen wir eigene Erfahrungswerte und pflegen unsere Bewohner nach bestem Wissen.

Grundsätze:

  • Ohne eine Beseitigung von Ernährungsmängeln ist keine sinnvolle Dekubitus-Behandlung möglich.
  • Ernährungsdefizite werden nach Möglichkeit durch eine ausgewogene Speisenwahl kompensiert, also durch die Zubereitung von frischen und hochwertigen Lebensmitteln. Die Nutzung von entsprechenden Ergänzungspräparaten ist nur die zweitbeste Wahl.
  • Eine parenterale Ernährung kommt nur in Betracht, wenn die Ernährungsdefizite auf keinem anderen Weg behoben werden können.
  • Die Vermeidung und die Behandlung von Druckgeschwüren ist die gemeinsame Aufgabe des Pflegebereichs und der Hauswirtschaft.
  • Wir beraten den Bewohner zwar, machen ihm aber keine Vorschriften. Letztlich kann jeder Mensch selbst bestimmen, welche Nahrungsmittel er zu sich nimmt.

Ziele:

  • Der Dekubitus heilt in möglichst kurzer Zeit aus.
  • Es entstehen keine neuen chronischen Wunden.
  • Der Ernährungszustand gefährdeter Bewohner ist stets bekannt. Ernährungsdefizite werden rechtzeitig festgestellt und behoben.
  • Der Ernährungszustand spiegelt sich in der Pflegeplanung wider.
  • Der Bewohner ernährt sich gesund und hat Spaß am Essen.
  • Angehörige werden in die Maßnahmen einbezogen.

Vorbereitung:

Zusammenarbeit mit der Hauswirtschaft

Wir arbeiten eng mit der Hauswirtschaft zusammen:

  • Sofern es im individuellen Fall sinnvoll ist, nehmen Mitarbeiter der Hauswirtschaft an Fallbesprechungen teil. Dieses ist insbesondere dann nötig, wenn Ernährungsdefizite mitursächlich für einen Dekubitus sein könnten.
  • Die Hauswirtschaft klärt im Dialog mit dem Bewohner, inwieweit dessen Lieblingsgerichte den Ernährungsvorgaben entsprechen. Ggf. ist es möglich, mit wenigen Modifikationen ein Lieblingsgericht deutlich "gesünder" zu gestalten.
  • Die Hauswirtschaft informiert den Pflegebereich über das Essverhalten des Bewohners. Relevant ist etwa, ob der Bewohner seinen Teller komplett leert, nur Teile der Mahlzeit verspeist oder nicht ausreichend trinkt.

Organisation

  • Ggf. suchen wir den Kontakt zu einer externen Diätassistenz/-beratung.
  • Wir setzen konsequent auf Bezugspflege. Durch den engen Kontakt zwischen der Pflegekraft und dem Bewohner lassen sich Defizite schneller finden und beseitigen.

Informationssammlung

  • Das Körpergewicht des Bewohners wird engmaschig überwacht. Die Messungen erfolgen nach Möglichkeit stets zur gleichen Tageszeit und unter vergleichbaren Bedingungen.
  • Folgende Assessments können für die Altenpflege eingesetzt werden:
    • PEMU (Pflegerische Erfassung von Mangelernährung und deren Ursachen in der stationären Langzeit-/ Altenpflege)
    • MUST (Malnutrition Universal Screening Tool) für die ambulante Altenpflege
  • Generell sollten alle Bewohner mindestens viermal jährlich eingeschätzt werden.
  • Bei Bewohnern mit einem bestehenden Dekubitus kann das Assessment ggf. 14-tägig eingesetzt werden.
  • Der Taillenumfang ist ein guter Anhaltspunkt für die intraabdominale Fettmasse. Er wird daher regelmäßig ermittelt.
  • Wenn ein Bewohner dekubitusgefährdet ist oder bereits unter einem Druckgeschwür leidet, beurteilen wir sein individuelles Ess- und Trinkverhalten.
  • Der Bewohner und seine Angehörigen werden von uns ausführlich beraten. Dem Bewohner wird nahe gelegt, ungesunde Ernährungsgewohnheiten abzulegen. Angehörige werden dringend gebeten, auf ungesunde Lebensmittel als Mitbringsel zu verzichten.
  • Wir raten dem Bewohner insbesondere zu einer Normalisierung des BMI. Bei Übergewichtigen lastet zu viel Körpermasse auf der Wunde. Bei Untergewichtigen sind polsternde Gewebeschichten nicht vorhanden.
  • Wir prüfen, ob die Fehlernährung darin begründet liegt, dass der Bewohner eine (heimliche) Diät macht. In diesem Fall wird der Bewohner über die Risiken dieser Handlungsweise aufgeklärt.
  • Wir prüfen, ob sich der Bewohner "typisch" ungesund ernährt. Eine häufig anzutreffende Fehlernährung besteht aus Grieß, Joghurt, Pudding, Keksen, Weißbrot und Marmelade. Der unvermeidliche Proteinmangel kann eine Ödembildung auslösen. Das wiederum führt dazu, dass der Senior fälschlicherweise für adipös gehalten wird.
  • Wir prüfen mit dem behandelnden Hausarzt, ob eine Blutuntersuchung sinnvoll ist. Abhängig von den Ergebnissen planen wir die weiteren Schritte. Zudem prüfen wir die Medikamente des Bewohners auf Nebenwirkungen, die den Appetit negativ beeinflussen, etwa Antibiotika, Diuretika, Opiate, Sedativa, Antihypertensiva usw.
  • Wenn wir vermuten, dass die Fehlernährung funktionelle Ursachen hat, wird eine fachärztliche Untersuchung angeregt (Hals-Nasen-Ohren-Arzt, Gastroenterologe).
  • Wir raten dem Bewohner regelmäßig zum Zahnarzt zu gehen, um z. B. lockere Zahnprothesen oder Druckstellen zu vermeiden.

Durchführung:

Entscheidungsfindung

  • Wir suchen den Kontakt zum behandelnden Hausarzt. Wenn wir eine gravierende Veränderung der Ernährung des Bewohners planen, muss der Hausarzt die wichtigsten Parameter kennen und diesen zustimmen.
  • Wir stimmen uns sorgfältig mit den hauswirtschaftlichen Mitarbeitern und ggf. mit externen Experten ab.
  • Die endgültige Entscheidung über seine Ernährung trifft der Bewohner.
  • Kann der Bewohner die notwendigen Nährstoffe nicht mehr ausreichend oral zu sich nehmen, stehen andere Möglichkeiten zur Verfügung:
    • Gabe von Vitaminpräparaten
    • geschmacksneutrale Nahrungsergänzungspulver, die den Mahlzeiten beigemischt werden
    • angereicherte Trinknahrung
    • Ernährung mit einer PEG oder PEJ
    • intravenöse Ernährung

Flüssigkeitsversorgung

  • Der Bewohner sollte ausreichend Flüssigkeit pro Tag zu sich nehmen, empfohlen werden 100 ml je Kilogramm Körpergewicht für die ersten 10 Kilogramm, 50 ml je kg für die zweiten 10 Kilogramm und 15 ml für jedes zusätzliche Kilogramm Körpergewicht.
  • Der Bewohner verliert ggf. Flüssigkeit über das Wundexsudat und muss entsprechend mehr Flüssigkeit trinken.
  • Wenn der Bewohner aufgrund einer Wundinfektion unter Fieber leidet, erhöht dieses den Flüssigkeitsbedarf zusätzlich.
  • Außerdem muss geprüft werden, ob der Bewohner eine Erkrankung hat, die eine Beschränkung der Flüssigkeitszufuhr notwendig macht, etwa eine Niereninsuffizienz.
  • Ggf. führen wir ein Trinkprotokoll oder eine Flüssigkeitsbilanzierung.

Proteine

Ohne eine angemessene Protein- und Aminosäurenversorgung kann der Körper kein ausreichendes Binde- und Granulationsgewebe bilden. Die in der Wunde gebildete Haut reißt aufgrund der gestörten Kollagensynthese schon unter leichten Belastungen ein. Auch die Bildung von Enzymen sowie von Hormonen ist von einer konstanten Versorgung abhängig. Aufgrund der verminderten Produktion von Immunglobulinen ist die Körperabwehr geschwächt. Da ein Proteinmangel in allen Wundheilungsphasen die Gewebeneubildung stört, achten wir auf eine angemessene Versorgung.

  • Die tägliche Proteinzufuhr sollte bei einem gesunden Menschen rund 0,8 g bis 1,5 g pro kg Körpergewicht betragen oder 10 bis 15 Prozent der täglich aufgenommenen Gesamtkalorien. Gleichzeitig sollte die Nierenfunktion beachtet werden.
  • Im Rahmen der Behandlung eines bestehenden Dekubitus sollte die Zufuhr 1,5 g betragen. Bei sehr umfangreichen Wunden kann der Bedarf auf 1,9 g pro kg Körpergewicht ansteigen.
  • Ein Wert von 2.0 g pro kg Körpergewicht wird nicht überschritten.
  • Wir decken diesen Bedarf vor allem aus folgenden frischen Lebensmitteln:
    • Fleisch
    • Fisch
    • Käse
    • Quark
    • Joghurt
    • Milch
    • Sojaprodukte
    • Hülsenfrüchte
  • Bei einem gravierenden Mangel kann Eiweiß u. U. auch als Infusion zugeführt werden.
  • Ggf. erhält der Bewohner zusätzlich eiweißhaltige Trinkkost. Diese gibt es in verschiedenen geschmacklichen Varianten und werden zumeist problemlos vom Bewohner akzeptiert.
Achtung: Der individuelle Bedarf kann deutlich abweichen. Es ist daher stets notwendig, die Details mit dem behandelnden Arzt zu klären!

Vitamine

Vitamine sind ein wichtiger Faktor bei der Wundheilung. Eine Unterversorgung kann die Genesung deutlich verzögern, ggf. sogar verhindern.

  • Wir prüfen gemeinsam mit dem Hausarzt, ob eine Kontrolle der Vitamine im Serum erforderlich ist.
  • Wir lassen klären, ob eine Resorptionsstörung vorliegt. Falls dieses nicht der Fall ist, kann praktisch jeder Vitaminmangel durch geeignete Lebensmittel behoben werden. Generell wird empfohlen, auf eine orale Supplementierung zu verzichten und auf eine ausgewogene Ernährung zu achten.
  • Das wichtigste an der Wundheilung beteiligte Vitamin ist das Vitamin C. Ein Mangel schwächt das neu gebildete Gewebe und die Immunabwehr. Da dieses Vitamin über den Harnweg ausgeschieden wird, sollte der Bewohner mehrfach täglich frisches Obst und Gemüse zu sich nehmen und den Bedarf damit decken. Der Richtwert liegt bei 100 mg täglich.
  • Vitamin E wird bei der Wundheilung als Antioxidans benötigt. Der Richtwert liegt bei 11 bis 14 mg täglich.
  • Vitamin A ist ebenfalls bei der Gewebeneubildung erforderlich. Ein Mangel verzögert insbesondere die Epithelisierung und schwächt die Belastbarkeit des verletzten Hautareals. Karotten und Paprika sind gute Vitamin-A-Quellen. Der Richtwert liegt bei 0,8 bis 1 mg täglich.
  • Vitamin K normalisiert die Blutgerinnung. Ein Mangel führt zu häufigen Blutungen und somit zu Hämatomen. Diese sind ein idealer Nährboden für Infektionen.

Spurenelemente

  • Wir achten auf eine angemessene Versorgung mit Zink, da dieses Spurenelement bei der Wundheilung unverzichtbar ist. Zink wird bei der Proteinsynthese benötigt. Es ist Bestandteil von rund 300 wichtigen Enzymen. Auch hier kann eine ausgewogene Ernährung den Bedarf decken. Nur bei einem nachgewiesenen Mangel sollte eine zusätzliche Zinkgabe erfolgen.
  • Eisenmangel gefährdet die Kollagenvernetzung sowie die Sauerstoffversorgung im Wundareal, da dieses Element bei der Bildung von Hämoglobin erforderlich ist. Männer sind seltener von einem Mangel betroffen als Frauen. Eisen sollte als Präparat nur dann zugeführt werden, wenn zuvor per Blutuntersuchung ein entsprechender Mangel festgestellt wurde.
  • Kupfermangel verhindert, dass sich Wunden schließen; es kommt zu einer Wunddehiszenz, also zu einem Auseinanderklaffen der Wunde.

Kohlenhydrate / Energie

Wundheilung zwingt den Körper zu einer zusätzlichen Stoffwechselleistung. Diese ist nur möglich, wenn die entsprechend notwendige Energiemenge zugeführt wird.

  • Der Bedarf liegt bei 25 bis 30 kcal pro kg Körpergewicht.
  • Bei einer umfangreicheren Wunde steigt dieser Wert auf 30 bis 35 kcal pro kg Körpergewicht.
  • Bei multiplen und sehr tiefen Wunden müssen 35 bis 45 kcal pro kg Körpergewicht zugeführt werden.
  • Vor allem im Vorfeld von geplanten chirurgischen Eingriffen, etwa im Rahmen einer Wundausschneidung, muss der Eiweißmangel beseitigt sein.

Nachbereitung:

  • Wir beurteilen den Erfolg der Maßnahmen. Kriterien dafür sind insbesondere der Wundzustand und die Lebensqualität des Bewohners.
  • Der Ernährungszustand des Bewohners wird regelmäßig hinterfragt. Die Pflegeplanung wird permanent dem aktuellen Verhalten des Bewohners und seinem BMI angepasst.
  • Achtung: Mitunter zeigen sich die Erfolge einer gesünderen Ernährung erst verspätet. Dieses liegt daran, dass der Körper zunächst seine entleerten Reserven (etwa die Spurenelemente) auffüllt.
  • Alle Informationen werden sorgfältig dokumentiert. Dazu zählen insbesondere die Äußerungen des Bewohners und die Reaktionen der Pflegekräfte.
  • Aufgetretene Probleme werden ggf. auch im Qualitätszirkel thematisiert.
  • Die Zufriedenheit unserer Bewohner mit den Mahlzeiten wird regelmäßig in Kundenbefragungen überprüft.

Dokumente:

  • ggf. ärztliches Verordnungsblatt
  • Trink- und Ernährungsprotokoll
  • Ernährungsplan
  • Ernährungsassessment
  • Vitaldatenblatt (Gewicht)
  • Pflegeplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • Pflegekräfte
  • Hauswirtschaftskräfte



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