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Standard "Ernährung bei Demenz"

Die gesunde Ernährung von Demenzpatienten ist eine Wissenschaft für sich. Manche Betroffene werden durch die hirnorganischen Veränderungen so phlegmatisch, dass der Kalorienbedarf auf einen Bruchteil sinkt. Erkrankte mit Laufzwang hingegen entwickeln einen Energiebedarf wie ein Spitzensportler.


Standard "Ernährung bei Demenz"


Definition:

Mit dem Fortschreiten einer demenziellen Erkrankung kommt es zu immer mehr Selbstversorgungsdefiziten im Bereich der Ernährung:

  • Erkrankte Senioren verlieren ihre Tischmanieren; etwa die Fähigkeit, Messer und Gabel zu nutzen. Stattdessen essen viele betroffene Senioren mit den Fingern. Es sinkt dadurch die Bereitschaft von mental nicht eingeschränkten Mitbewohnern, die Speisen gemeinsam mit dem Demenzkranken einzunehmen. Diese werden sozial mehr und mehr isoliert.
  • Bei vielen Senioren setzt als Folge der hirnorganischen Degeneration ein unstillbarer Bewegungsdrang ein, der sich in einem oft stundenlangen Umherwandern kanalisiert. Wenn der erhöhte Kalorienbedarf nicht durch eine gesteigerte Nahrungsaufnahme kompensiert wird, ist ein stetiger Gewichtsverlust bis hin zur Kachexie unvermeidlich.
  • Im Gegensatz dazu setzt bei anderen Senioren mit zunehmender Verwirrtheit eine Tendenz zum Übergewicht ein. Pflegebedürftige langweilen sich, fühlen sich überflüssig und bewegen sich zu wenig. Gleichzeitig fehlen die Disziplin und die Einsicht in die Risiken der Adipositas.
  • Die bei Demenz nachlassende Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt auch die Nahrungsaufnahme. Erkrankte lassen sich leicht ablenken. Unvermittelt stellt der Bewohner das Essen ein, da andere Tätigkeiten plötzlich wichtiger werden.

Grundsätze:

  • Angesichts der stetig zunehmenden körperlichen Einschränkungen ist das Essen oftmals eine der wenigen verbliebenen Freuden. Es ist entsprechend wichtig für die Erhaltung der Lebensqualität.
  • Bei Demenz ist die Lust am Essen stets eine wichtige Ressource, um den Bewohner zu aktivieren und die soziale Interaktion zu stärken.
  • Die Aspirationsgefahr darf niemals der alleinige Gradmesser für die Gestaltung der Nahrungsaufnahme sein. Viele Bewohner sind bereit, die Gefahr eines gelegentlichen Verschluckens in Kauf zu nehmen, wenn im Gegenzug die Ernährung nicht auf Breie und auf andere wenig ansprechende Speisen beschränkt wird. Die Wünsche des Bewohners werden beachtet.
  • Auch ein demenziell erkrankter Bewohner hat das Recht, sein Leben weitgehend nach eigenen Vorstellungen zu leben. Dazu zählt insbesondere die Ernährung.
  • Das Körpergewicht ist ein "Quasi-Vitalzeichen", da sich viele Krankheiten durch einen Gewichtsverlust bemerkbar machen.
  • Wir berücksichtigen - soweit möglich - kulturelle Normen und persönliche Rituale, die jeder Bewohner mit dem Essen verbindet.
  • Bewohnern, die aufgrund der hirnorganischen Veränderungen nicht mehr ohne Hilfe essen können, reichen wir Nahrung an. Dieses geschieht stets unter Wahrung ihrer Menschenwürde.
  • Selbst wenn die Arbeitsbelastung hoch ist, wird nicht versucht, Zeit bei der Essenseingabe zu sparen. Die eingesparte Zeit steht in keinem Verhältnis zu den drohenden Komplikationen wie etwa den Folgen einer Aspirationspneumonie.
  • Soweit ein Bewohner die Konsequenzen seines Handelns abschätzen kann, respektieren wir den Wunsch, nicht zu essen, und das auch über einen längeren Zeitraum.
  • Ein Bewohner wird niemals gegen seinen Willen mit Nahrung oder mit Flüssigkeit versorgt. Insbesondere die Verabreichung einer Infusion ist eine invasive Maßnahme, die ohne vorherige Zustimmung illegal ist.
  • Wir akzeptieren insbesondere bei dementen Bewohnern "kindliche" Tischmanieren, wie etwa das Essen mit den Fingern oder das Ausschlecken von Nachtischschälchen. Für diesen Personenkreis bieten wir spezielles Fingerfood an.
  • Alle Bemühungen um eine korrekte Ernährung werden aus haftungsrechtlichen Gründen immer ausführlich dokumentiert.

Ziele:

  • Der Bewohner hat Spaß am Essen.
  • Die Vorlieben des Bewohners werden beachtet.
  • Der Ernährungszustand gefährdeter Bewohner ist stets bekannt.
  • Der Bewohner erreicht ein normales Körpergewicht. Eine Überernährung und eine Mangelernährung werden vermieden.
  • Der Ernährungszustand spiegelt sich in der Pflege- und Maßnahmenplanung wider.
  • Der Bewohner verschluckt sich nicht. Eine Pneumonie wird vermieden.
  • Der Bewohner ist in der Lage, sein Hungergefühl korrekt zu deuten.
  • Jeder Bewohner kann seine Nahrung eigenständig zu sich nehmen.
  • Die Würde eines Bewohners wird auch dann gewahrt, wenn ihm das Essen eingegeben werden muss.
  • Wir arbeiten vertrauensvoll mit Angehörigen und mit Ärzten zusammen.
  • Die Pflegeeinrichtung ist sicher vor dem Vorwurf, die Senioren unangemessen zu ernähren.

Vorbereitung:

Organisation

  • Wir sorgen dafür, dass Essensgerüche in den Wohnbereich vordringen können. Auch im Zimmer des Bewohners sollte man das Mittagessen bereits eine halbe Stunde vor der Mahlzeit riechen können.
  • Wir servieren die Lebensmittel in Behältern, die der Bewohner klar als solche erkennen kann und die leicht zu öffnen sind. Als der Bewohner jung war, gab es keine portionierte Kaffeesahne im Tetrapack und keine Marmelade in kleinen Plastikschüsseln mit Folienüberzug.
  • Wir bilden homogene Tischgruppen. Es sollte vermieden werden, dass ein demenziell erkrankter Bewohner mit kognitiv nicht eingeschränkten Senioren zusammen isst. Es besteht die Gefahr, dass der Demenzpatient von den nicht erkrankten Senioren gemaßregelt wird und das Essen einstellt. Demenziell nicht erkrankten Senioren wiederum kann der Appetit vergehen, wenn neben ihnen ein Demenzpatient mit den Fingern isst.
  • Die korrekte Berechnung des BMI (Body-Mass-Index) wird regelmäßig im Team geübt.
  • Bei allen Bewohnern berechnen wir alle drei Monate den Body-Mass-Index. Bei gesundheitlichen Veränderungen sowie bei sichtbaren Gewichtsveränderungen wird diese Berechnung in kürzeren Zyklen durchgeführt. Das Wiegen von Bewohnern wird stets zur gleichen Tageszeit und unter gleichen Bedingungen durchgeführt (etwa Gewicht der Bekleidung; vorheriger Toilettengang usw.).
  • Wir führen zudem für jeden Bewohner regelmäßig eine Risiko- und Gefährdungsanalyse durch. Falls notwendig veranlassen wir eine medizinische Untersuchung und ziehen dafür den Hausarzt hinzu.
  • Soweit der Bewohner hinreichend orientiert ist, wird er zur Ernährung beraten. Wir beziehen auch die Angehörigen ein. Wir informieren über Hilfsmittel wie Spezialbesteck oder Tellerranderhöhungen, hochkalorische Kost usw.
  • Wir stellen sicher, dass der Teller und die Tischdecke nicht die gleiche Farbe aufweisen. Viele Demenzpatienten haben Probleme, die Grenzen eines weißen Tellers auf einer weißen Tischdecke zu erkennen.
  • Der Speiseplan wird in gut lesbarer Schrift an verschiedenen Stellen der Einrichtung öffentlich gemacht. Auf dem Speiseplan werden zusätzlich die Essenszeiten angegeben.
  • Der Bewohner sollte immer zu gleichen Tageszeiten von den Pflegekräften zum Essen abgeholt werden.
  • Wenn etwas Zeit übrig ist, wird das Essenanreichen im Rollenspiel geübt. Jede Pflegekraft soll einen Eindruck davon bekommen, wie es ist, wenn andere die eigene Nahrungsaufnahme kontrollieren.
  • Wir setzen konsequent auf Bezugspflege. Durch den engen Kontakt zwischen Pflegekraft und Bewohner lassen sich Defizite schneller finden und beseitigen.

erfassen der Ernährungsgewohnheiten

  • Wir stellen sicher, dass die Biografie bei der Ernährung des Bewohners berücksichtigt wird. Daher ist es wichtig, die Gewohnheiten frühzeitig zu erfassen. Im Idealfall ist es uns möglich, den Bewohner "in guten Tagen" entsprechend zu befragen. Ist die demenzielle Schädigung zum Zeitpunkt des Heimeinzugs schon weit fortgeschritten, suchen wir den Dialog mit den Angehörigen und befragen diese zu ihren Erinnerungen.
  • Relevant sind insbesondere folgende Kriterien:
    • Welche Körperstatur hatte der Bewohner in den vergangenen Jahren? War er über Jahrzehnte über- oder untergewichtig? War das Gewicht immer wieder starken Schwankungen unterworfen? (Hinweis: Das Vorliegen dieser Informationen ist wichtig, wenn bei einer MDK-Kontrolle Vorhaltungen hinsichtlich des Ernährungszustands im Raum stehen.)
    • Welche Bedeutung hatten die einzelnen Mahlzeiten für den Bewohner? (Beispiel: Viele Menschen reduzieren das Mittagessen berufsbedingt auf das Notwendige und essen dann am Abend entsprechend mehr.)
    • Welche Tischkultur ist der Bewohner allgemein gewöhnt? Hat bei ihm die ganze Familie gemeinsam gegessen? Aß der Bewohner bevorzugt allein? Gab es besonderes Geschirr für Feiertage? Gab es einen eigenen Speiseraum?
    • Hat der Bewohner weltanschauliche oder religiöse Überzeugungen, die sich auch auf die Ernährung auswirken; also etwa ein Verbot von Schweine- oder von Rindfleisch; bzw. generell von tierischen Produkten? Gibt es Fastenzeiten?
    • Ist es der Bewohner gewöhnt, dass ein Tischgebet gesprochen wird?
    • Hat der Bewohner in jüngeren Jahren gerne unbekannte Speisen ausprobiert? Oder ist er strikt an Hausmannskost gewöhnt?
    • Welche Gewohnheiten pflegte der Bewohner beim Essen? Aß er gerne in Gesellschaft, bevorzugt allein oder etwa lieber vor dem Fernseher?
    • Welche Getränke mag der Bewohner? Kalte, warme, verdünnte, alkoholische oder alkoholfreie Getränke? Welche Trinkbehälter nutzt der Bewohner gerne?
  • Wir prüfen, ob der Bewohner Linkshänder ist. Dieses ist etwa relevant, wenn wir ihm einen Löffel oder ein Glas in die Hand legen, damit er möglichst eigenständig isst oder trinkt.
  • Lieblingsgerichte der Bewohner werden soweit möglich auf der Speisekarte berücksichtigt. Wir beteiligen den Heimbeirat an der Planung.
  • Jeder Bewohner hat täglich die Wahl zwischen mindestens zwei verschiedenen Gerichten. Von diesen Gerichten sollte zumindest ein Gericht Hausmannskost sein; dieses insbesondere, wenn die Küche z. B. eine “indische Woche” oder ein “China-Spezial” organisiert.
Hinweise:
  • Angaben von Angehörigen zum Ernährungsverhalten eines Bewohners sind oftmals unzuverlässig. Beispiel: Der Sohn gibt an, dass sein Vater grundsätzlich kein Rindfleisch konsumiert. Der Vater hat aber nur seiner (aus Indien stammenden) Ehefrau zuliebe auf Rindfleisch verzichtet. Diese ist aber inzwischen verstorben. Der Bewohner würde jetzt gerne Rindfleisch essen.
  • Auch weltanschauliche Vorstellungen können sich ändern. Vegetarier können sich zu Fleischessern entwickeln und anders herum.
  • Die Ernährungsgewohnheiten können sich im Lauf des Lebens wandeln. Menschen, die zeitlebens auf eine gesunde Ernährung achteten, können z. B. Heißhunger auf Fast Food entwickeln.
  • Der BMI ist kein absoluter Wert. Die Wünsche des Bewohners haben Vorrang. Wer zeitlebens recht dünn war, kann dieses auch im Alter bleiben. Menschen, die ihr ganzes Leben adipös waren, werden nicht zum Abnehmen genötigt. Erst wenn aufgrund von Über- oder Untergewicht eine erhebliche Gesundheitsbedrohung besteht, sollte eingegriffen werden.
  • Das Gleiche gilt auch für die Flüssigkeitsversorgung. Manche Menschen sind es gewöhnt, viel zu trinken. Andere Senioren kommen seit ihrer Jugend mit wenig Flüssigkeit aus. Solange keine Anzeichen für eine Dehydratation vorliegen, sollte dieser individuelle Bedarf akzeptiert werden.

Zusammenarbeit mit der Hauswirtschaft

Wir arbeiten eng mit der Hauswirtschaft zusammen:

  • Sofern es im individuellen Fall sinnvoll ist, nehmen Mitarbeiter der Hauswirtschaft an Fallbesprechungen teil.
  • Die Hauswirtschaft klärt im Dialog mit dem Bewohner, inwieweit dessen Lieblingsgerichte etwaigen Ernährungsvorgaben entsprechen. Ggf. ist es möglich, mit wenigen Modifikationen ein Lieblingsgericht deutlich "gesünder" zu gestalten.
  • Die Hauswirtschaft informiert den Pflegebereich über das Essverhalten des Bewohners. Relevant ist etwa, ob der Bewohner seinen Teller komplett leert oder nur Teile der Mahlzeit verspeist.

Durchführung:

Beteiligung und Aktivierung des Bewohners

  • Im Rahmen unserer Freizeitaktivitäten bieten wir eine Kochgruppe an. Wir stellen sicher, dass demenziell erkrankte Bewohner nicht mit gefährlichen Küchenutensilien hantieren wie etwa mit Messern oder mit Scheren. Küchenmixer, Brotschneidemaschinen usw. werden nur von Pflegekräften bedient.
  • Alle Vorgaben im Standard "Kochgruppe in der Tagespflege" werden beachtet.

Adipositas als Folge eines fehlenden Sättigungsgefühls

  • Wir erstellen gemeinsam mit der Hauswirtschaft einen Ernährungsplan. Die Kost des Bewohners wird umgestellt.
  • Wenn ein Bewohner ständig äußert, dass er Hunger hat, versuchen wir ihn sinnvoll zu beschäftigen und damit abzulenken.
  • Wir stellen sicher, dass der verwirrte Bewohner nicht das Haus verlässt, weil er auf der Suche nach etwas Essbarem ist.

Mangelernährung als Folge eines fehlenden Hungergefühls

  • Der BMI des Bewohners wird regelmäßig ermittelt. Unter Einbeziehung des Hausarztes werden körperliche Auslöser ausgeschlossen.
  • Gemeinsam mit der Hauswirtschaft erstellen wir einen täglichen Ernährungsplan. Wir bieten ggf. hochkalorische Süßspeisen sowie Trinknahrung an.
  • Falls möglich sollte der Bewohner im Rahmen der Beschäftigungstherapie an der Herstellung der Speisen beteiligt werden.
  • Statt drei großer Mahlzeiten bieten wir dem Bewohner sechs kleinere Mahlzeiten an. Er erhält insbesondere einen Spätimbiss.
  • Wir beachten Rituale, Gewohnheiten und Vorlieben beim Essen. Etwa: Musik beim Essen, essen in Gesellschaft oder allein, das Lesen einer Zeitung usw. Dazu zählen auch motivierende Aufforderungen wie “guten Appetit”, “auf Ihr Wohl” oder “wohl bekomm’s”.
  • Die Nahrung wird angenehm präsentiert, dieses auch, wenn sie zuvor zerkleinert wurde.
  • Wir prüfen, ob sich das Zeitempfinden des Bewohners so weit verändert hat, dass dieser zu den üblichen Essenszeiten keinen Appetit hat. In diesem Fall bieten wir dem Bewohner Speisen zu anderen Zeiten an, also ggf. auch am späten Abend. Alternativ kann es sinnvoll sein, dem Bewohner kalorienreiche Trinknahrung anzubieten.

erhöhter Energiebedarf als Folge eines Bewegungs- und Laufzwangs

  • Wir versorgen den Bewohner nach Absprache mit dem behandelnden Arzt mit hochkalorischer Kost.
  • Wir sorgen für ausreichende Ruhepausen, z. B. durch Sitzgelegenheiten und durch das Anbieten von anderen Tätigkeiten.
  • In vielen Fällen ist es dem Bewohner nicht möglich, über längere Zeit still am Tisch zu sitzen, um die Speisen zu sich zu nehmen. Stattdessen läuft er ziellos durch die Einrichtung. In diesem Fall sollte die Pflegekraft den Bewohner begleiten und ihm geeignete Nahrungsmittel anbieten, die er auch während des Laufens zu sich nehmen kann.

Mangelernährung als Folge nachlassender Lebensfreude Verhalten bei Nahrungsverweigerung

  • Wir prüfen, welche Kriterien für die Akzeptanz der Speisen entscheidend sind. Zumeist werden süße Speisen gegenüber sauren oder stark gewürzten Nahrungsmitteln bevorzugt. Viele Senioren weisen Speisen zurück, wenn sie z. B. schwarz, braun oder lila sind. Stückige Nahrungsmittel wie Kümmel, Sonnenblumenkerne oder Nussstückchen werden wieder ausgespuckt. Manche Demenzpatienten halten kleine Kräuterstückchen in der Suppe oder auf den Kartoffeln für Insekten und weisen die Mahlzeit zurück.
  • Der Bewohner erhält ggf. keinen Salzstreuer oder Gewürzmischungen, da er damit die Speisen ungenießbar machen würde.
  • Im persönlichen Dialog mit dem Bewohner versuchen die Pflegekräfte und insbesondere die Bezugspflegekraft, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.
  • Wir geben dem Bewohner jederzeit die Möglichkeit, Nahrung zu sich zu nehmen. Wir bieten ihm regelmäßig über den Tag verteilt Nahrungsmittel und Getränke an. Dieses ständige Anbieten führen wir in jedem Fall fort, auch wenn der Bewohner jedes Mal aufs Neue ablehnt.
  • Um dieses permanente Angebot zu ermöglichen, halten wir rund um die Uhr frisches Obst, Gebäck, Tee, Milchgetränke, Fruchtsäfte und Wasser bereit. Auch der Nachtdienst ist stets über die Problematik informiert.
  • Wir prüfen, ob dem Bewohner bewusst ist, dass er in einem Pflegeheim lebt. Einige demenzkranke Senioren glauben, dass sie in einem Hotel oder in einem Restaurant sind. Sie essen wenig, weil sie glauben, später für die Speisen bezahlen zu müssen. In diesem Fall muss ihnen immer wieder versichert werden, dass das Essen für sie kostenlos ist. Zudem sollten die Speisen soweit möglich in Griffreichweite auf dem Tisch stehen, also etwa die Brötchen in einem Korb auf dem Frühstückstisch.

Weigerung des Bewohners, den Mund zu öffnen

  • Wir berühren die Lippen des Bewohners mit der Spitze des gefüllten Löffels oder der Gabel.
  • Die Pflegekraft streicht behutsam über die Mundwinkel, die Lippen und über die Wange des Bewohners.
  • Die Pflegekraft übt einen sanften Druck auf die Kinngrübchen aus.
  • In keinem Fall darf Gewalt ausgeübt werden; dieses selbst dann, wenn der Bewohner überhaupt nichts isst.
  • Wir prüfen, ob der Bewohner bei allen Pflegekräften in dieser Weise reagiert. Wenn der Bewohner Angst hat, vergiftet zu werden, kann ggf. ein anderer Mitarbeiter das Anreichen des Essens übernehmen.

Unfähigkeit, Messer und Gabel zu nutzen

  • Die Pflegekraft setzt sich auf den gegenüberliegenden Platz. Sie hat einen eigenen Teller und isst mit Messer und Gabel. Der Bewohner wird animiert, das Verhalten der Pflegekraft zu imitieren und ebenfalls mit Messer und Gabel zu essen.
  • Wir prüfen, ob der Bewohner statt Messer und Gabel einen Löffel nutzen kann. Die Speisen werden dann mundgerecht angerichtet. Die Pflegekraft füllt den Löffel und legt diesen dem Bewohner in die rechte (bzw. linke!) Hand. Die Pflegekraft hebt den Unterarm leicht an. Der Bewohner führt den Löffel nun eigenständig zum Mund.
  • Wir nutzen rutschfeste Untersetzer, schweres Besteck mit großen Handgriffen sowie unzerbrechliches Geschirr mit hohem Rand.
  • Wir bieten Fingerfood an, lassen also den Bewohner mit den Fingern essen. Etwa: warme Würstchen, Kroketten, Pommes frites, Hackfleischbällchen, frittierte Hähnchenfleischstücke, Brokkoli, Sellerie, Blumenkohl, Obststücke, Beeren usw.
  • Wir verteilen auf dem Wohnbereich kleine Schüsseln gefüllt mit mundgerechtem Obst.

enthemmtes Essverhalten

  • Wir akzeptieren es, wenn der Bewohner aufgrund der demenziellen Erkrankung keine "Tischmanieren" mehr zeigt. Wir lassen ihn z. B. im Stehen essen oder mit dem Kopf direkt über dem Suppenteller.
  • Wir ziehen dem Bewohner ggf. eine Kittelschürze an, wenn mit Verschmutzungen der Kleidung zu rechnen ist. Wir vermeiden es, dem Bewohner eine Serviette anzustecken, da viele Senioren dieses als entwürdigend empfinden.
  • Der Bewohner wird ggf. beim Essen beaufsichtigt. Bei Übergriffen auf die Teller anderer Bewohner greifen wir umgehend ein. Wir prüfen, ob dieses Verhalten abhängig vom jeweiligen Tischnachbarn ist. Ggf. wird die Sitzordnung angepasst.
  • Wir versuchen dem Bewohner zu verdeutlichen, dass er ausreichend zu essen bekommen wird.

eingeben von Essen

  • Die Pflegekraft überprüft die Temperatur der Speisen. Dieses ggf. mit einer eigenen (zusätzlichen) Gabel.
  • Bei blinden oder stark sehbehinderten Bewohnern sagen wir vor jedem Bissen an, welche Speisenkomponente als nächstes angereicht wird. Also etwa ein paar Bohnen, eine halbe Kartoffel, ein Stück Fleisch usw.
  • Die Pflegekraft überprüft den Schluckvorgang beim Bewohner. Insbesondere nach einem Schlaganfall leiden viele Betroffene unter Kau- und Schluckproblemen.
  • Der Bewohner bestimmt die Geschwindigkeit, mit der er isst. Die Pflegekraft wartet ab, bis er die vorherige Portion schlucken konnte. Erst dann führt sie den nächsten Löffel oder die nächste Gabel zum Mund des Bewohners.
  • Während des Schluckens sollte die Pflegekraft nicht mit dem Bewohner sprechen. Dieses könnte ihn dazu veranlassen, ebenfalls während des Essens zu reden und dabei ggf. Nahrungsbestandteile zu aspirieren.

Schluckstörungen

  • Wir testen, ob der Bewohner einen Schnabelbecher oder einen Trinkbecher mit Strohhalm akzeptiert.
  • Der Bewohner sollte die Speisen nach Möglichkeit nicht im Liegen, sondern in aufrechter Position zu sich nehmen. Ggf. wird dafür das Kopfteil des Betts aufgestellt.
  • Der Kopf darf beim Essenanreichen nicht überstreckt sein.
  • Es wird sichergestellt, dass der Bewohner ausreichend Zeit zum Kauen und zum Schlucken hat.
  • Die Nahrungsmittelmenge, die mit jedem Löffel angereicht wird, sollte nicht zu groß gewählt werden.
  • Beim Essenanreichen wird es dem Bewohner ermöglicht, die angereichten Speisen kurz zu sehen und zu riechen. Das regt die Speichelproduktion und den Appetit an.
  • In jedem Fall muss sich der Bewohner auf die Konsistenz des nächsten angereichten Löffelinhalts einstellen können. Er sollte also z. B. wissen, ob als nächstes ein Stück Fleisch oder Kartoffelbrei folgt.
  • Die Pflegekraft stellt sicher, dass der Bewohner regelmäßig eine Nachschluckbewegung durchführt. Diese dient der Reinigung des Rachens und ist bei neuronalen Schädigungen häufig verkümmert. Ggf. kann die Pflegekraft diese Bewegung mit einem sanften Druck gegen den Mundboden stimulieren oder den Bewohner gezielt zum Nachschlucken auffordern.

Störung des Saug- und des Schluckreflexes, Geschmacksanregung bei PEG

  • Wir stellen sicher, dass auch bei einer liegenden PEG regelmäßige Geschmacksanregungen erfolgen.
  • Wir suchen den Kontakt mit dem Logopäden oder mit dem behandelnden Arzt. Es sollte geprüft werden, inwieweit der Schluckreflex sowie die Fähigkeit zum Abhusten noch vorhanden sind. Basierend auf diesen Informationen schätzen wir das Aspirationsrisiko ab. Wir wählen dann die Lebensmittel, die für die Geschmacksanregung genutzt werden.
  • Wir lassen den Bewohner auf einer Brotrinde kauen oder an einer Zuckerstange lutschen.
  • Wir wischen den Mund des Bewohners mit unterschiedlichen Geschmacksrichtungen aus.
  • Der Bewohner erhält Eiswürfel aus Orangensaft oder Cola.
  • Wir saugen verschiedene Getränke mit kleinen Schwämmchen auf und legen diese dem Bewohner in den Mund.

mangelhafte Flüssigkeitsversorgung

  • Wir beobachten, welche Getränke der Bewohner bevorzugt. Diese bieten wir ihm wiederholt an. Die Trinkgefäße sollten dem Bewohner bekannt sein, etwa ein Lieblingsglas oder ein bevorzugter Tonkrug.
  • Wir fördern Rituale, die in der Biografie des Bewohners verankert sind. Etwa: Anstoßen der Gläser, die Tasse Tee beim Zeitungslesen, Orangensaft beim Verfolgen der Fernsehnachrichten usw.
  • Wenn der Bewohner gerne Tee trinkt, bieten wir ihm an, dass wir diesen gemeinsam mit ihm aufbrühen.
  • Ggf. wird ein Trinkprotokoll geführt.
  • Wir bieten dem Bewohner Wunschgetränke an, dieses auch dann, wenn der Konsum eigentlich nicht empfohlen wird (z. B. Cola oder Fanta).
  • Falls der Bewohner das Trinken regelmäßig vergisst, wird er von uns immer wieder daran erinnert.
  • Alkoholische Getränke werden nur nach vorheriger ärztlicher Rücksprache gereicht, da der Konsum insbesondere in Kombination mit Arzneimitteln zu Nebenwirkungen führen kann. Wir beachten, dass Demenzkranke Alkohol schlechter vertragen als kognitiv nicht beeinträchtigte Senioren. Zudem wird sich der schon bestehende Verwirrtheitszustand unter Alkoholeinfluss noch intensivieren.
  • Wir nutzen eine Zerstäuberpumpe, um die Mundschleimhaut zu befeuchten. Um die gesamte Mundhöhle zu erreichen, kann ein Verlängerungsaufsatz verwendet werden.
  • Wir halten für den Bewohner kleine Stücke frischer Früchte bereit, etwa Melonen, Apfelsinen oder Ananas.
  • Wir stellen an allen Orten, an denen sich der Bewohner gerne aufhält, Getränke bereit; also etwa am Fernsehtisch oder am Schreibtisch.
  • Ggf. nutzen wir Verdampfer oder Vernebler, um die Atemluft anzufeuchten.
  • Wir prüfen die Notwendigkeit einer Flüssigkeitszufuhr via Infusion.
  • In vielen Fällen reduzieren Senioren die Trinkmenge in der Erwartung, seltener eine Toilette aufsuchen zu müssen oder eine Inkontinenz zu vermeiden. Soweit es trotz der Demenz möglich ist, greifen wir dann beratend ein.

horten von Nahrungsmitteln

  • Wir hinterlegen an beliebten "Kramplätzen" haltbare und verschweißte Nahrung, z. B. in der Handtasche oder im Nachttisch.
  • Wenn der Bewohner beim Sammeln entdeckt wird, greifen wir nicht vorwurfsvoll ein, sondern weisen ihn einfühlsam auf ggf. verdorbene Nahrungsmittel hin. Wir nehmen die verdorbenen Speisen an uns und bieten dafür Ersatz an.
  • Der Bewohner wird bei den Mahlzeiten beobachtet und angeleitet. Wenn der Bewohner Speisen in sein Zimmer mitnimmt, versuchen wir im Dialog, dieses Verhalten zu korrigieren.

Nachbereitung:

  • Alle Informationen werden sorgfältig dokumentiert. Dazu zählen insbesondere die Äußerungen des Bewohners und die Reaktionen der Pflegekräfte.
  • Der Hilfebedarf des Bewohners wird basierend auf den Beobachtungen der Pflegekräfte regelmäßig neu eingeschätzt. Insbesondere wird der aktuelle Zustand des Bewohners regelmäßig in Fallbesprechungen thematisiert. Zudem werden die Ressourcen und die Pflegeprobleme per Pflegevisite strukturiert erfasst.

Dokumente:

  • Trink- und Ernährungsprotokoll
  • Ernährungsplan
  • Vitaldatenblatt (Gewicht)
  • Pflegeplanung / Maßnahmenplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • Pflegekräfte
  • Hauswirtschaftskräfte



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