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Standard
"Bewegungsübungen zur Vermeidung von Kontrakturen des
Schultergelenks"
Wunden oder Knochenbrüche können
ausheilen; einmal entstandene Kontrakturen hingegen lassen sich
zumeist nicht mehr lösen. Besonders fatal wirkt sich dabei die
Versteifung des Schultergelenks aus. Zum Funktionsverlust des
Armes samt Händen kommen oft genug Schmerzen, die jede
Lebensfreude rauben.
Standard
"Bewegungsübungen zur Vermeidung von Kontrakturen des Schultergelenks"
Definition:
-
Mit der Beweglichkeit in drei Achsen ist das
Schultergelenk das flexibelste Kugelgelenk des menschlichen Körpers.
Entwickeln sich hier Kontrakturen, würde der Bewohner in seiner
Eigenständigkeit massiv beeinträchtigt.
-
Ein kontrahiertes Schultergelenk kann eine
enorme Schmerzbelastung verursachen. Die Beschwerden wiederum
veranlassen den Bewohner sich noch weniger zu bewegen. Das Ausmaß
der Kontraktur steigert sich erneut.
-
Kontrakturen sind dauerhafte
Beweglichkeitseinschränkungen von Gelenken, die daraufhin in
unphysiologisch gebeugten oder gestreckten Positionen verharren. Es
werden verschiedene Formen von Kontrakturen unterschieden:
-
Beugekontrakturen, also Gelenksteifen in
Beugestellung
-
Streckkontrakturen, also Gelenksteifen in
Streckstellung
-
Abduktions- oder Adduktionskontrakturen,
die vor allem die Daumen betreffen
-
Eine Kontraktur kann verschiedene Ursachen
haben:
-
unflexibles Narbengewebe oberhalb eines
Gelenkes
-
Degeneration des Muskelgewebes, etwa in
Folge einer Entzündung, Immobilität oder eines Unfalls
-
Verwachsungen der Gelenkflächen,
Schrumpfung der Gelenkkapseln
-
neuronale Ursachen wie Multiple Sklerose
oder Rückenmarksverletzungen
-
Eine Kontrakturenprophylaxe soll die
Entwicklung solcher Beweglichkeitseinschränkungen und
Fehlstellungen verhindern oder abmildern. Zentraler Bestandteil
dieser Vorsorge sind frühzeitige Maßnahmen zur Mobilisierung,
insbesondere das Durchbewegen der betroffenen Gelenke.
-
Wir unterscheiden zwischen verschiedenen
Übungsformen:
-
passive Bewegungsübungen: Die Bewegungen
werden von der Pflegekraft durchgeführt. Die Muskulatur des
Bewohners wird nicht genutzt. Passive Bewegungsübungen führen
wir nur durch, wenn sich der Bewohner in einem schlechten
Gesundheitszustand befindet, etwa bei Lähmungen oder völliger
Entkräftung.
-
aktiv-assistive Bewegungsübungen: Der
Bewohner führt die Bewegung durch, wird dabei aber von der
Pflegekraft unterstützt. Dieses ist immer dann erforderlich,
wenn der Bewohner z.B. mit dem Gewicht der eigenen Extremität
überfordert ist. Oftmals auch sind Bewohner bei Rotationen nicht
in der Lage, mit ihrer Muskulatur den gesamten
Bewegungsspielraum des Gelenks zu nutzen. Wir setzen diese Form
bei Bewohnern ein, deren Herz-Kreislaufsystem und/oder
Bewegungsapparat beeinträchtigt sind.
-
aktive Übungen: Der Bewohner führt die
Bewegung eigenständig durch. Die Rolle der Pflegekraft
beschränkt sich darauf, den Bewohner anzuleiten, diesen zu
motivieren und Fehler zu korrigieren.
-
resistive Übungen: Die Pflegekraft
leistet bei den Bewegungsübungen moderaten Widerstand und erhöht
damit den Kraftaufwand für den Bewohner. Bei dieser Durchführung
steht neben einer Verbesserung der Gelenkbeweglichkeit auch das
Ziel der Steigerung der Muskelkraft im Vordergrund.
Grundsätze:
-
Das primäre Mittel gegen Kontrakturen ist
Bewegung.
-
Bewegungsübungen machen nur dann Sinn, wenn
sie diszipliniert durchgeführt werden; also regelmäßig und im vom
Physiotherapeuten vorgegebenen Umfang.
-
Bewegungen, die nur unter Schmerzen möglich
sind, werden strikt vermieden. Sie verringern den Kooperationswillen
des Bewohners und schädigen ggf. dessen Gelenke.
-
Wir arbeiten eng mit dem Physiotherapeuten
und dem Arzt zusammen. Deren Vorgaben werden sorgfältig umgesetzt.
Gleichzeitig erwarten wir, dass auch unsere Beobachtungen und
Rückmeldungen bei der Planung der weiteren Therapie berücksichtigt
werden.
Ziele:
-
Die Beweglichkeit der Gelenke wird erhalten
und gefördert.
-
Eine Muskelatrophie wird vermieden. Die
Muskulatur wird gekräftigt.
-
Das Körperbild des Bewohners bleibt gewahrt.
Er erkennt, dass er sich aktiv beteiligen muss, um die
Funktionsfähigkeit seines Bewegungsapparates zu erhalten und
auszubauen.
-
Das Herzkreislauf-System wird gestärkt.
-
Der Zustand des Bewohners wird soweit
verbessert, dass er die Bewegungsübungen in einem immer größeren
Umfang eigenständig durchführen kann.
Vorbereitung:
Organisation
-
Die Übungen werden vom Physiotherapeuten
vorgegeben. Wir bitten diesen darum, die Bezugspflegekraft
entsprechend anzuleiten.
-
Die Bewegungskapazitäten aller Gelenke werden
in der Pflegedokumentation so genau vermerkt, dass jede Pflegekraft
die Übungen durchführen kann. Eine Über- und Unterforderung wird
dadurch ausgeschlossen.
-
Wenn die Pflegekraft den Zustand des
Bewohners nicht genau kennt, verschafft sie sich über die
Pflegedokumentation einen Überblick. Relevant sind insbesondere die
Bewegungsmöglichkeiten der Gelenke sowie relevante Krankheitsbilder
wie Gicht oder rheumatische Erkrankungen.
Indikation
-
Wir nutzen Bewegungsübungen bei verschiedenen
Krankheitsbildern:
-
Bewusstlosigkeit
-
Lähmungen
-
starke körperliche Schwäche
-
nach längerer Ruhigstellung einzelner
Gelenke, etwa nach einer Fraktur mit Gipsbehandlung
-
Bewegungsübungen sind unter verschiedenen
Umständen nicht sinnvoll:
-
Das Gelenk zeigt Entzündungszeichen, also
insbesondere Rötungen, Schwellungen, Überwärmung oder
Schmerzempfindlichkeit.
-
Der Bewohner ist krank, leidet etwa unter
Fieber, Übelkeit oder Kopfschmerzen.
-
Der Bewohner befindet sich im
Sterbeprozess.
-
weitere Hinweise:
-
Die hier beschriebenen Maßnahmen gelten
nicht für Hemiplegie-Patienten. Bei dieser Gruppe kommen
Bewegungsübungen aus dem Bereich des Bobath-Konzeptes zum
Einsatz.
Durchführung:
Organisation
-
Der Bewohner liegt in Rückenlage. Das
Kopfteil wird flach gestellt.
-
Die Bettdecke wird entfernt. Verzichtbare
Lagerungshilfsmittel und andere störende Gegenstände werden aus dem
Bett genommen.
-
Infusionen, Drainagen und
Blasenverweilkatheter werden fixiert.
-
Die Pflegekraft klärt den Bewohner über die
geplante Maßnahme auf. Insbesondere bittet sie ihn, sich bei
Schmerzen sofort zu melden.
Elevation (heben des Armes)
-
Der Arm des Bewohners liegt neben dem
Oberkörper auf der Matratze auf. Die Handfläche weist in Richtung
Oberschenkel. (Diese Haltung ist die sog. "Neutral-Null-Stellung".)
-
Die Pflegekraft umfasst mit einer Hand das
Handgelenk des Bewohners.
-
Die andere Hand der Pflegekraft umgreift von
oben den Oberarm des Bewohners.
-
Die Pflegekraft führt den gestreckten Arm nun
um 90 Grad nach oben, bis er in Richtung Zimmerdecke zeigt.
-
Dann weitere 90 Grad in die Elevation. Der
Arm zeigt nun in Richtung Kopfende des Bettes. Der Oberarm des
Bewohners liegt neben seinem Kopf.
-
Die seitliche Ausrichtung der Handflächen
bleibt während der gesamten Bewegung bestehen.
-
Nun wird der Arm des Bewohners auf dem
gleichen Weg zurück in die Neutral-Null-Position (die
Ausgangsposition) bewegt.
(Tipp: Der Bewohner kann diese Bewegung auch
allein durchführen. Er führt dazu beide Hände auf seinem Unterbauch
zusammen und verschränkt die Finger. Die so verbundenen Arme führt er
nun über seinen Kopf.)
Abduktion (abspreizen des Armes)
-
Die Anfangsposition des Armes und die
Griffpunkte sind die gleichen wie bei der Elevation.
-
Die Pflegekraft führt den gestreckten Arm in
einem 90°-Winkel seitlich aus dem Bett heraus. Während der Oberarm
noch auf dem Bett aufliegt, ragt der Unterarm waagerecht aus dem
Bett heraus.
-
Nun wird der Arm des Bewohners auf dem
gleichen Weg zurück in die Ausgangsposition (Neutral-Null-Position)
bewegt.
Rotation (drehen des Armes)
-
Der Arm wird wie bei der Abduktion seitlich
aus dem Bett geführt.
-
Die Pflegekraft winkelt nun den Oberarm an,
der danach in Richtung Zimmerdecke zeigt. Die Handfläche zeigt in
Richtung Bettende.
-
Der Arm wird nun in Richtung
gegenüberliegende Körperseite bewegt, bis der Daumen die
gegenüberliegende Schulter berührt. Der Unterarm bleibt dabei im
Ellenbogen um 90 Grad gebeugt.
-
Danach wird der Arm wieder zurück geführt.
ergänzende Rotation
-
Der Arm wird wie bei der Abduktion seitlich
aus dem Bett geführt. Der Ellenbogen ist um 90 Grad angewinkelt. Der
Oberarm weist zur Zimmerdecke. Die Handfläche zeigt in Richtung
Fußende.
-
Der Arm wird nun so in Richtung Fußende
bewegt, dass die Handfläche auf der Matratze auf Höhe des Beckens
aufliegt.
-
Nun wird der Arm in die entgegen gesetzte
Richtung bewegt, also in Richtung Kopfende. Der Handrücken liegt
dann auf Höhe des Kopfes auf der Matratze auf.
allgemeine Durchführung
-
Es ist wichtig, den Bewegungsspielraum der
Gelenke größtmöglich auszunutzen. Wird ein Gelenk nur unzureichend
bewegt, wird es die ungenutzten Bewegungsmöglichkeiten letztlich
verlieren. Gehen wir über den maximalen Bewegungspunkt hinaus, fügen
wir dem Bewohner Schmerzen zu und schädigen ggf. das Gelenk.
-
Bei bewusstlosen Bewohnern wird der
Bewegungsspielraum besonders vorsichtig erkundet. Der Bewohner ist
nicht in der Lage, sich durch Schmerzäußerungen bemerkbar zu machen
und seine Gelenke vor Überforderung zu schützen.
-
Jede der oben beschriebenen Bewegungen wird
10 bis 12 Mal pro Übungseinheit wiederholt. Je nach
Gesundheitszustand des Bewohners sollten zwei bis drei
Übungseinheiten pro Tag geplant werden.
-
Die Bewegungen werden langsam und rhythmisch
durchgeführt.
-
Wir vermeiden es an den Gelenken zu ziehen,
denn durch den Zug können leicht Verletzungen herbeigeführt werden.
(Hinweis: Dieser Punkt ist unsicher. Einige Therapeuten empfehlen,
die Bewegungen zumindest unter leichtem Zug durchzuführen. Dieses
ermöglicht ein Gleiten und verhindert ein Reiben der Gelenkflächen
aufeinander.)
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Die Pflegekraft steht immer auf der Seite des
Bettes, auf der auch das zu bewegende Gelenk liegt. Die Pflegekraft
wird also während der Übungseinheit von einer Bettseite auf die
andere wechseln.
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Die Pflegekraft achtet auch auf nonverbale
Schmerzäußerungen wie etwa Grimassen, Zusammenzucken usw.
Nachbereitung:
-
Der Schwierigkeitsgrad der Übungen wird ggf.
angepasst. Beispiel: Statt passiven Übungen können zukünftig
aktiv-assistive Bewegungsabläufe genutzt werden.
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Die Maßnahme wird sorgfältig dokumentiert.
-
Wenn die Pflegekraft relevante Beobachtungen
macht, werden der Physiotherapeut bzw. der Hausarzt informiert.
Dokumente:
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Berichtsblatt
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Leistungsnachweis
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Kommunikationsblatt mit dem Arzt
-
Pflegeplanung
Verantwortlichkeit /
Qualifikation:
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