Diese Seiten wurden für Smartphones optimiert.
Für die PC-Version
klicken Sie bitte hier.
Tipps für die MDK-Prüfung: Mitarbeiterfortbildung, Pflegevisiten und Fallbesprechungen
Bei
einer Qualitätsprüfung stehen immer wieder Sonderwünsche der MDK-Prüfer
im Raum, für die es bestenfalls eine sehr vage Rechtsgrundlage gibt. In
diesem Teil unserer Serie widmen wir uns den Mitarbeiterfortbildungen
sowie den Pflegevisiten.
Tipps für die MDK-Prüfung: Mitarbeiterfortbildung, Pflegevisiten und Fallbesprechungen
Pflicht zur jährlichen Mitarbeiterfortbildung durch die Hintertür
-
Der Streit um eine angebliche Pflicht zur
Mitarbeiterfortbildung sorgt bei Qualitätskontrollen immer wieder für
Streit. Die MDK-Prüfer verdonnern Pflegeheime und Pflegedienste dazu,
ihre Mitarbeiter regelmäßig zu Seminaren zu schicken. Die Themen dazu gibt er auch gleich vor. Die
Pflegeeinrichtungen scheuen jedoch die Kosten. Und überhaupt: Gibt es
für solche Forderungen eine rechtliche Basis?
-
Zunächst einmal ist festzustellen, dass ein
Fortbildungsmanagement an sich keine schlechte Idee ist. Mitarbeiter,
die vor zwanzig oder mehr Jahren ihr Examen ablegten, erlernten noch
Pflegemaßnahmen, die heute veraltet sind. Ein Beispiel: Die
Standardmaßnahmen zur Prophylaxe und zur Behandlung von Druckgeschwüren
aus den 80er-Jahren gelten inzwischen fast schon als “gefährliche
Pflege”. Folgerichtig enthalten viele Berufsordnungen die Pflicht zur
stetigen Weiterbildung. Etwa in Hamburg:
-
Pflegefachkräfte sind verpflichtet,
eigenverantwortlich Maßnahmen zur beruflichen Kompetenzerhaltung zu
ergreifen. Geeignete Maßnahmen sind [...] insbesondere pflegefachliche
Fortbildungen, die dem Erhalt der fachlichen Kompetenz [...] dienen.
(Siehe § 6 Kompetenzerhaltung und Qualitätssicherung)
-
Hinzu kommen eher schwammige rechtliche Verpflichtungen, etwa aus dem § 132a SGB V.
-
In den Rahmenempfehlungen sind insbesondere zu regeln: [...] Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Fortbildung.
-
Die Pflegewelt hat also erkannt, dass die
Qualifikation der Mitarbeiter entscheidend für die Pflegequalität ist.
Wie wirkt sich diese Erkenntnis auf die Prüfpraxis des MDK aus? Die
Qualitätsprüfungs-Richtlinien (QPR) regeln ja selbst
Nebensächlichkeiten mit einer erstaunlichen Liebe zum Detail. Man
könnte also durchaus erwarten, dass dem Schlüsselthema Fortbildungen
doch wenigstens das eine oder andere Kapitel im Fragenkatalog gewidmet
ist.
-
Doch Fehlanzeige! Schon die jetzt abgelöste QPR
für Pflegeheime enthält keine Regelungen zu Fortbildungen. In der alten
MDK-Prüfung für Pflegedienste wird lediglich die Existenz eines
prospektiven Fortbildungsplans gefordert. Die Betreiber können also
selbst entscheiden, welche Mitarbeiter geschult werden, zu welchen
Themen sie fortgebildet werden und in welchem Rhythmus dieses geschieht.
-
Und auch zukünftig wird es keine direkte
Verpflichtung zur Fortbildung der Mitarbeiter geben. Die neuen QPR für
Pflegeheime und für Pflegedienste enthalten keine entsprechenden
Regelungen. Angesichts der Ausrichtung auf die Ergebnisqualität wäre
das auch widersinnig. Die bedarfs- und bedürfnisgerechte Versorgung des
Pflegebedürftigen steht im Mittelpunkt. Also nur das, was an guter
Pflege wirklich beim Senioren ankommt. Fortbildungspläne,
Fortbildungskonzepte, Teilnahmebestätigungen und all das andere
bedruckte Papier sind Strukturqualität in Reinform. Schulungen sind
keine Garantie für gute Pflege.
-
Doch nicht so schnell! Eine Pflicht zur
Schulung der Mitarbeiter gibt es dennoch, wenn auch indirekt. Der MDK
erwartet, dass eine Pflegeeinrichtung bei Qualitätsdefiziten die Ärmel
hochkrempelt und sich daran macht, diese Schwachstellen zu beseitigen.
In der Mehrheit der Fälle betreffen diese Mängel keine sächlichen
Probleme, wie etwa defekte Pflegebetten oder fehlende Rollstühle. Also
nichts, was man mit einer Bestellung aus dem Sanitätshauskatalog
beheben könnte. Fast immer geht es um Qualifizierungsdefizite, also um
Wissenslücken. Die Pflegekräfte wissen nicht, wie sie sich die Hände
richtig desinfizieren. Das führt zu Keimübertragungen. Oder sie kennen
die wichtigsten Lagerungstechniken nicht. Dann entwickeln die
Pflegebedürftigen Druckgeschwüre. Wie werden solche Probleme gelöst?
Das geht nur über Seminare. Die Mitarbeiter werden so lange geschult,
bis sie wissen, wie es richtig geht.
-
Wenn ein MDK-Prüfer pauschal fordert,
dass alle Mitarbeiter soundsoviele Stunden pro Jahr zu diesem oder jenem Thema nachgeschult werden
müssen, dann ist das Unsinn. Fragen Sie, wo das steht. Ist ist Qualität
in Ihrem Pflegeheim oder Pflegedienst durchweg ohne Makel, gibt es
nichts zu diskutieren. In einer deutlich schlechteren Position sind sie
jedoch, wenn es tatsächlich gravierende Defizite gibt. Oder noch
prekärer: In Ihrem Pflegeheim sind die Indikatoren im Keller. Es häufen
sich die Stürze. Die Senioren verlieren alle zu schnell an Gewicht.
Oder es gibt zu viele Fixierungen. Dann sollten Sie nicht
widersprechen, wenn der Prüfer Ihnen nahelegt, etwas Geld in Seminare
zu stecken.
-
Die Vorgaben eines Rahmenvertrags sind zu erfüllen. Wie genau das erfolgt, liegt im Ermessen der Einrichtung.
Pflegevisiten und Fallbesprechungen nur freiwillig
-
Um eine bedarfs- und bedürfnisorientierte
Pflege zu ermöglichen, ist ein enger Informationsaustausch zwischen dem
Pflegebedürftigen und den Pflegekräften notwendig. Außerdem ist es
unverzichtbar, dass Pflegekräfte untereinander ihr Wissen und ihre
Einschätzungen austauschen. Für diesen Zweck hat die Pflegewissenschaft
zwei praktische Hilfsmittel erdacht: die Pflegevisite und die
Fallbesprechung.
-
Leider hielt sich die Begeisterung der
Pflegeteams, die damit in der Praxis arbeiten sollten, oftmals in
Grenzen. Immerhin kosten derartige Unterredungen viel Arbeitszeit. Der
MDK hingegen war sofort Feuer und Flamme für die QM-Werkzeuge, obwohl
die rechtliche Basis für derartige Forderungen recht dünn ist. In der
ausrangierten MDK-Anleitung für Pflegeheime von 2005 wurden lediglich
“regelmäßige dokumentierte und nachvollziehbare Pflegevisiten”
gefordert. Das lässt bei Prüfungen natürlich Raum für Interpretationen
und für Streit. Was ist regelmäßig? Reicht einmal im Jahr? Oder alle
drei Monate?
-
In jedem Fall zeigen die Worte “dokumentiert”
und “nachvollziehbar”, dass hier ohnehin nur die Papierform geprüft
wurde. Es zählte, ob die Pflegevisiten stattfanden und ob es dafür
schriftliche Nachweise gab. Die viel wichtigeren Fragen hingegen
blieben außen vor. Etwa: Waren die Visiten überhaupt effektiv?
Profitierte der Bewohner davon?
-
Die neue MDK-Prüfung wirft diesen Ballast an
unnötigen Kriterien ab. In der stationären Pflege wurde der
Strukturteil erheblich zusammengestrichen. Explizite Prüfungsfragen zu
Pflegevisiten finden sich dort nicht. Und auch in der kommenden
ambulanten Pflegeprüfung gibt es für die Pflegevisite kein eigenes
Kriterium. Stattdessen haben Pflegeteams einen großen
Ermessensspielraum bei der Wahl ihrer Werkzeuge. Es ist nur noch
wichtig, dass am Ende ein erkennbarer Nutzen für den Pflegebedürftigen
erkennbar ist.
-
Lassen Sie sich also von MDK-Prüfern keine
Pflegevisiten aufnötigen, wenn diese für Sie keinen Nutzen bringen. Und
falls Sie Pflegevisiten bereits freiwillig durchführen, wissen Sie doch
selbst am besten, wie häufig diese notwendig sind.
-
Ganz genauso können Sie mit Fallbesprechungen
verfahren. Eine Verpflichtung zu deren Einführung gibt es ebenfalls
nicht. Alles bleibt freiwillig. Hauptsache die tatsächlich erreichte
Pflegequalität stimmt.
-
Dennoch gehören Pflegevisiten und
Fallbesprechungen nicht zwangsläufig zum alten Eisen. Im Gegenteil. Die
neue MDK-Prüfung stellt den Pflegebedarf und die Wünsche der Senioren
konsequent in den Mittelpunkt. Wenn die tägliche Pflege und die
Versorgung diesen individuellen Ansprüchen nicht gerecht werden, wird
der Prüfer im jeweiligen Kriterium eine C-Wertung oder eine D-Wertung
vergeben. Also ein “Defizit mit Risiko negativer Folgen” oder gar ein
“Defizit mit eingetretenen negativen Folgen” feststellen. Pflegeheime
und Pflegedienste müssen folglich genau über den gesundheitlichen
Zustand der Senioren, über deren Ressourcen, Pflegeprobleme und
Bedürfnisse informiert sein. Dafür bieten sich Pflegevisiten und
Fallbesprechungen geradezu an. Aber nur auf freiwilliger Basis, nicht
auf Druck des MDK-Prüfers.
|