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MDK-Prüfung
(Qualitätsaspekt 5.2 Biografieorientierte Unterstützung)
In
der bisherigen Transparenzprüfung spielt die Altersverwirrtheit keine
Rolle. Mit der neuen Qualitätskontrolle ändert sich das radikal. Der
aktualisierte Fragenkatalog erfasst nahezu alle Kernelemente des
Expertenstandards Demenz.
MDK-Prüfung (Qualitätsaspekt 5.2 Biografieorientierte Unterstützung)
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Der alten MDK-Prüfung wird gerne vorgeworfen,
zu viel Wert auf bedrucktes Papier zu legen. Das mag generell stimmen,
zumindest im Fall der Biografiearbeit läuft diese Kritik jedoch ins
Leere: Bereits die bisherige Kontrollpraxis war in diesem Aspekt auf
die Ergebnisqualität ausgerichtet, also auf die Verknüpfung zwischen
den lebensgeschichtlichen Daten und der tatsächlichen Pflegepraxis.
Weder im alten noch im neuen System gibt es Bonuspunkte für einen
ausgefüllten Biografiebogen, wenn daraus keine Rückschlüsse für die
tägliche Versorgung gezogen werden. Die Biografie ist und bleibt ein
wichtiger Schlüssel, um verschiedenste Pflegeprobleme zu verstehen und
zu lindern, etwa in den Bereichen Ernährung, Tagesgestaltung oder
Körperpflege.
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Ein Beispiel:
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Zoltán Lakatos wurde am 20. April 1930 in
Sopron geboren. Seine Mutter war Lehrerin für klassische Musik, sein
Vater Bergmann. Die Familie flüchtete 1948 nach Deutschland. Herr
Lakatos arbeitete dort ebenfalls unter Tage, zuletzt als Anschläger in
der Materialförderung. 1962 überlebte er das Unglück im
Steinkohlebergwerk Luisenthal, weil er krankheitsbedingt die Schicht
abbrach. Er hat nie geheiratet, es gibt aber zwei uneheliche Söhne. Er
engagierte sich im Spielmannszug des Bergmannsvereins sowie in der
Industriegewerkschaft Bergbau und Energie. Bis in die 90er-Jahre hielt
er “Harzer Roller”. Diese Kanarienvögel wurden in seiner Berufszeit als
Warnvögel zum Schutz vor giftigen Grubengasen gezüchtet.
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Vor drei Jahren wurde bei ihm die
Alzheimerkrankheit festgestellt, die seitdem stetig fortschreitet und
zu Verhaltensauffälligkeiten führt. Er ist in der Nacht unruhig und
wird offenbar von Albträumen geplagt. Er ruft dann ständig nach
“Werner”. Zudem hat er kaum noch Appetit und bereits beträchtlich an
Gewicht verloren. Auf Aktivierungsangebote spricht er nicht an, nicht
mal auf die Bergmannsmusik, die einen Großteil seiner mitgebrachten
Plattensammlung bildet.
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Welche Ansprüche wird der MDK jetzt anmelden?
Zunächst müssen die Pflegekräfte diesen biografischen Bezügen
nachspüren. Vielleicht liegen hier die Auslöser für gegenwärtige
Pflegeprobleme verborgen. Der Reihe nach: Herr Lakatos hat nie
geheiratet, musste sich also offenbar selbst versorgen. Er wäre also
möglicherweise in der Haushalts-, Koch- und Backgruppe gut aufgehoben.
Die Unruhezustände können durchaus mit der posttraumatischen
Belastungsstörung zusammenhängen. Der unbekannte “Werner” war
vielleicht ein verunglückter Kollege. Alzheimer führt häufig dazu, dass
Erinnerungen und Vorlieben aus der Jugend und Kindheit an Bedeutung
gewinnen, während spätere Eindrücke verblassen. Vielleicht wäre also
Gulasch einem Schweineschnitzel vorzuziehen. Und möglicherweise hört er
jetzt lieber die Budapester Symphoniker als den Chor der Ruhrkohle AG.
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Warum kommt das Thema Biografiearbeit an diesem
Punkt der Prüfung erneut auf die Tagesordnung? All diese Punkte wurden
ja größtenteils bereits auf der Bewohnerebene behandelt, etwa im Punkt
4.1 / Unterstützung in der Eingewöhnungsphase. Alle Daten liegen längst
vor, weil der MDK die Bewohner der Stichprobe bereits besucht hat. Der
Punkt 5.2 ist thematisch jedoch etwas weiter gefasst. Er bezieht sich
auf die gesamte Einrichtung und behandelt- zumindest im Ansatz - auch
die konzeptionellen Grundlagen.
Frage: Werden bei
der Unterstützung der versorgten Personen biografische Aspekte
berücksichtigt und werden - wenn dies angezeigt ist - Möglichkeiten,
Bezüge auf bedeutsame Ereignisse oder Erfahrungen im Lebensverlauf
herzustellen, genutzt?
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Zunächst will der MDK, dass sich die
Unterstützung des Bewohners an individuell bedeutsamen Ereignissen oder
Erfahrungen am Lebensverlauf orientiert. Die biografischen Bezüge des
Pflegebedürftigen zu wichtigen Ereignissen und Erfahrungen werden
genutzt, um den Alltag bedürfnisgerecht zu gestalten und positive
Emotionen zu fördern. Bei Demenzkranken fördert das auch die
Bereitschaft zur Kommunikation und zur Aktivität.
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Wie das im Detail funktionieren soll, verraten
die neuen Prüfrichtlinien nicht. Erfahrungsgemäß werden sich die
MDK-Mitarbeiter aus alter Gewohnheit an der bisherigen
Transparenzprüfung orientieren. Das machen wir also auch:
Umsetzung:
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Bei Bewohnern mit Demenz wird die Biografie beachtet und bei der Pflege und Betreuung berücksichtigt.
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In unserem oben beschriebenen Beispiel könnte
Herr Lakatos in den Eingangsbereich des Pflegeheims mobilisiert werden.
Dort gibt es eine Voliere mit seinen geliebten Kanarienvögeln.
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Angehörige und Bezugspersonen der Demenzkranken werden in die Pflege und in die soziale Betreuung einbezogen.
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Hier wird es der MDK gerne sehen, wenn die
Einrichtung zumindest den Versuch unternimmt, die beiden Söhne von
Herrn Lakatos zu kontaktieren. Diese können z. B. dann wichtige
Informationen zu den Wünschen und Vorlieben des Bewohners liefern.
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Die Kontaktpflege zu den Angehörigen sollte gefördert werden.
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Falls es der Einrichtung gelungen ist, den
Kontakt zu den Söhnen herzustellen, so muss sie auch dabei helfen, die
Beziehung zu pflegen. In guten Phasen kann Herr Lakatos kurze
Telefonate mit seinen Kindern führen. Dabei sollte ihm geholfen werden.
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Auch bei Demenzpatienten wird die Selbstbestimmung bei der Pflege und sozialen Betreuung berücksichtigt.
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Im Bergbau gibt es häufig ein wechselndes
Dreischichtsystem. Das ruiniert natürlich den Tag-Nacht-Rhythmus. Herr
Lakatos kennt keinen festen Tagesablauf. Das wird sich nicht mehr
ändern. Wenn er wach ist, ist er wach. Auch um fünf Uhr morgens. Im
Bett hält ihn nichts mehr. Danach richtet sich die Pflege.
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Das Wohlbefinden von Demenzpatienten wird im
Pflegealltag beobachtet und dokumentiert. Pflegekräfte leiten daraus
ggf. Verbesserungsmaßnahmen ab.
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Herrn Lakatos muss die Pflegekraft
verschiedene Angebote machen und anhand der Reaktionen darauf
schließen, ob diese für ihn geeignet sind. Im Fall der klassischen
Musik etwa ist ein Mitwippen mit dem Fuß durchaus relevant.
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Die Einrichtung macht demenziell erkrankten Bewohnern geeignete Freizeit- und Beschäftigungsangebote.
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In unserem Beispiel hat Herr Lakatos
tatsächlich Gefallen an der Kochgruppe gefunden. Er übernimmt dort
zumindest einfache Handreichungen bei der Zutatenvorbereitung.
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Es sollte ein Konzept zur Sterbebegleitung
vorliegen. Dieses umfasst nicht nur die Schmerzlinderung, sondern auch
religiöse Aspekte.
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Laut Akten ist Herr Lakatos konfessionslos.
Das hat nicht viel zu bedeuten. Viele Migranten aus Osteuropa haben
unter politischem Druck die Konfession abgelegt, sich aber ihren
Glauben bewahrt. Das muss im Sterbeprozess beachtet werden.
Biografiebogen?
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Ein eigener Biografiebogen ist prinzipiell
nicht notwendig, etwa wenn das neue Strukturmodell und die
entbürokratisierte Pflegedokumentation genutzt werden. Die
Bezugspflegekraft trägt alle wichtigen Daten direkt in die SIS und in
die Pflege- und Maßnahmenplanung ein. Dennoch hat ein separater Bogen
durchaus Vorteile, da alle biografischen Daten an einer Stelle
konzentriert sind. Und das sind ziemlich viele, etwa:
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Gewohnheiten
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persönliche Rituale
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Vorlieben und Abneigungen
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bisherige Lebensumstände
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Familie und andere soziale Kontakte
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bisherige Berufstätigkeit
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Hobbys, Interessen und andere Freizeitaktivitäten
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In verschiedenen Fällen fällt die
Biografiearbeit mehr oder minder unter den Tisch. Wenn etwa ein
Demenzpatient ohne Angehörige und ohne relevante kommunikative
Ressourcen in ein Pflegeheim übersiedelt, ist zumeist keine produktive
Informationssammlung möglich. Ein orientierter Bewohner kann die
Biografiearbeit untersagen, wenn er der Ansicht ist, dass seine
Lebensgeschichte das Pflegeheim nichts angeht. In einem solchen Fall
darf die Einrichtung nicht mal andere Informationsquellen nutzen, da
die Speicherung biografischer Daten in Gänze untersagt ist.
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