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MDK-Prüfung (Qualitätsaspekt 1.2 / Ernährung und Flüssigkeitsversorgung)

Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen. Sagt der Volksmund. Tatsächlich bestimmen die Ernährung und die Flüssigkeitsversorgung ab sofort auch über die neue Qualitätsbewertung durch den MDK.


MDK-Prüfung (Qualitätsaspekt 1.2 / Ernährung und Flüssigkeitsversorgung)


  • Für viele Heimbewohner sind die Mahlzeiten die Höhepunkte im sonst eintönigen Tagesverlauf. Sie spielen also eine wichtige Rolle für die Gesundheit und für das Wohlbefinden. Allerdings führen altersbedingte Veränderungen oftmals dazu, dass die Betroffenen mehr und mehr Hilfe bei der Nahrungsaufnahme benötigen. Dieses ist Aufgabe der Pflege und der Hauswirtschaft.
  • Der zweite Schwerpunkt des ersten Qualitätsbereichs behandelt daher das Thema Ernährung und Flüssigkeitsversorgung. Dieses Thema ist insofern sensibel, als dass es in der Öffentlichkeit gerne als Sinnbild des Pflegenotstands und der verfehlten Pflegenoten gilt.
  • Im alten Prüfsystem wurden primär strukturelle Qualitätsmerkmale abgefragt. Das führte dazu, dass ein Pflegeheim mit einer gut lesbaren Speisekarte und einer ansprechenden Darbietung der Mahlzeiten punkten konnte. Der tatsächliche Ernährungszustand hingegen war nachrangig. In der Folge wurden selbst solche Einrichtungen mit guten Noten ausgezeichnet, deren Bewohnerschaft überdurchschnittlich viele Fälle von Mangel- und Fehlernährung aufwiesen.
  • Die neuen Richtlinien geben dem MDK deutlich mehr Mittel in die Hand, um schlechte Versorgungsleistungen empfindlich zu sanktionieren. Mit dem Expertenstandard zur Ernährung existiert überdies eine allgemein anerkannte wissenschaftliche Basis für die Kriterien.
  • Drei Fragen stehen im Mittelpunkt:
  • Sind die Ernährungssituation inkl. Flüssigkeitsversorgung der versorgten Person sowie ihre Selbstständigkeit in diesem Bereich fachgerecht erfasst worden?
  • Erfolgt eine ausreichende, bedürfnisgerechte Unterstützung der versorgten Person bei der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme?
  • Werden erforderliche Hilfsmittel zur Unterstützung der Ernährung und Flüssigkeitsaufnahme fachgerecht eingesetzt?
  • Auf den ersten Blick wirkt das vertraut. Tatsächlich sind diese Fragen in ähnlicher Form bereits im alten Prüfkatalog zu finden. Allerdings ändert sich zukünftig der Bewertungsmaßstab, der jetzt personenzentrierter ist. Ab sofort zählt also, ob der Bewohner von der Versorgung wirklich profitiert. Hinzu kommt die inhaltliche Überschneidung zum Qualitätsindikator "Unbeabsichtigter Gewichtsverlust". Mit dieser Kennzahl wird gemessen, ob in der Einrichtung ungewöhnlich viele Senioren mit Mangelernährung leben.
  • Kurzum: Wenn ein Pflegeheim im Bereich der Ernährung deutliche Schwächen aufweist, droht in doppelter Hinsicht eine massive Abwertung in der Prüfung und überdies ein spürbarer Imageverlust in der Öffentlichkeit.
Frage: Sind die Ernährungssituation inkl. Flüssigkeitsversorgung der versorgten Person sowie ihre Selbstständigkeit in diesem Bereich fachgerecht erfasst worden?
  • Eine gut geführte Pflegeeinrichtung sollte mit dieser Frage keine Probleme haben. Der Ernährungszustand, die Lieblingsgerichte und die Trinkgewohnheiten des Bewohners werden im Rahmen des Erstgesprächs erfasst. Und danach immer wieder anlässlich der Pflegevisiten. Als Hilfsmittel können Assessmentinstrumente wie etwa PEMU eingesetzt werden. Das regelmäßige Wiegen von Pflegebedürftigen sollte auch inzwischen überall Standard sein. Und ansonsten ist es natürlich verdächtig, wenn Hosen und Röcke plötzlich ohne Gürtel nicht mehr halten.
  • Darüber hinaus wird der MDK erwarten, dass die Pflegekräfte die vielen kleinen Hinweise richtig deuten, die für eine sich entwickelnde Dehydratation sprechen. Also etwa trockene Schleimhäute und stehende Hautfalten.
  • Außerdem muss das Pflegeteam auf Nahrungsunverträglichkeiten sowie auf ein mögliches Aspirationsrisiko achten. Es macht also Sinn, auch diese beiden Punkte im Erstgespräch abzufragen.
  • Um die Gesamtsituation zu beurteilen, können Sie zusätzlich ein Ernährungs- und Flüssigkeitsprotokoll führen.
Frage: Erfolgt eine ausreichende, bedürfnisgerechte Unterstützung der versorgten Person bei der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme?
  • Die Daten zur Ernährungssituation zu erheben, reicht dem MDK nicht. Die Pflegekraft muss prüfen, welche Pflegemaßnahmen notwendig sind, um den Bewohner zu unterstützen. Diese Punkte werden in die Pflege- und Maßnahmenplanung übernommen. Und natürlich ist es wichtig, die hier beschriebenen Maßnahmen in der täglichen Praxis auch wirklich durchzuführen.
  • Der erste Schritt ist immer die Beratung und der Dialog mit dem Bewohner. So steht es schon im Expertenstandard. Ist ein Gewichtsverlust z. B. die Folge einer Radikaldiät, sollte die Pflegekraft den Bewohner auf die Risiken aufmerksam machen.
  • Sehr wichtig ist es, die Wünsche des Bewohners zu ermitteln und im Rahmen des Möglichen auch wirklich umzusetzen. Auch hier erfolgt die Informationssammlung primär im Rahmen des Erstgesprächs. Zudem sollte die Pflegekraft den Bewohner regelmäßig befragen, ob die Ernährung weiterhin seinen Vorstellungen entspricht.
  • Und natürlich sollte es in der Einrichtung Standard sein, mit dem behandelnden Arzt Rücksprache zu halten, wenn hinsichtlich der Ernährungssituation relevante Beobachtungen gemacht werden oder wenn die Pflegekraft gar eine mögliche Gefährdung erkennt. Die Ursache muss nicht immer eine schlimme Krankheit sein. In vielen Fällen bessert schon die Änderung einer bestehenden Medikation die Lage erheblich. Viele Medikamente dämpfen das Hungergefühl oder schlagen so auf den Magen, dass dem Bewohner jeder Appetit vergeht. Eine Mangelernährung kann überdies von einem schlechten Mund- und Zahnstatus sowie von depressiven Stimmungseintrübungen oder durch chronische Schmerzen verursacht werden. Beides erfordert eine zahn- bzw. fachärztliche Behandlung.
  • "Bedürfnisgerechte Unterstützung" bedeutet übrigens nicht zwangsläufig, dass die Pflegekraft dem Bewohner alle Aufgaben abnimmt. Aktivierende Pflege ist auch in der neuen MDK-Prüfung wichtig. Der Bewohner sollte also möglichst viele Tätigkeiten selbst erledigen. Viele vermeintlich unselbstständige Senioren können ihr Brötchen selbst schneiden, mit Butter bestreichen und mit Käse belegen, wenn sie entsprechend angeleitet und unterstützt werden. Es gibt heute auch viele Hilfsmittel, wie etwa ein Einhänder-Frühstücksbrettchen.
  • Bei Demenzkranken in fortgeschrittenen Krankheitsphasen muss ebenfalls umgedacht werden. "Bedürfnisgerechte Unterstützung" bedeutet hier ggf., dass der Betroffene ohne Messer und ohne Gabel essen kann ("Fingerfood"). Senioren mit demenziell bedingtem Laufzwang profitieren davon, wenn sie "im Vorbeigehen" essen können ("eat by walking"). Zudem sollte der Abstand zwischen den Mahlzeiten nicht mehr als 10 Stunden betragen. Das bedeutet, dass in den späten Abendstunden und auch früh am Morgen zumindest Snacks bereitliegen, also etwa ein Joghurt, Obst oder ein Butterbrot.
Frage: Werden erforderliche Hilfsmittel zur Unterstützung der Ernährung und Flüssigkeitsaufnahme fachgerecht eingesetzt?
  • Um diesen Punkt zu erfüllen, muss die Pflegekraft zunächst prüfen, welche Hilfsmittel überhaupt geeignet sind, um ein Selbstversorgungsdefizit zu kompensieren.
  • Danach müssen die Hilfsmittel falls notwendig angepasst werden. Darunter fällt etwa die Wahl der richtigen Griffverdickung beim Besteck. Bei einem Besteckhalter muss die Pflegekraft ggf. den Klettverschluss der Schlaufe anpassen, damit der Halter nicht aus der Hand rutscht. Und auch das richtige Zuschneiden von Anti-Rutsch-Unterlagen fällt in diesen Bereich.
  • In jedem Fall muss die Pflegekraft bei der Nutzung der Hilfsmittel die notwendige Unterstützung leisten. Wer weder einen Löffel noch eine Gabel halten kann, wird einen Tellerranderhöher nicht anbringen können. Wichtig ist auch die sorgfältige Anleitung, etwa zur richtigen Nutzung eines Fixierbretts oder eines Öffners für Schraubverschlüsse.
  • Ganz sicher wird der MDK den Bewohner befragen. Es wird geprüft, ob die Hilfsmittel wirklich vorhanden und für den Bewohner nutzbar sind.
Mögliche Konfliktpunkte
  • Dokumentationsmängel verlieren an Bedeutung und wirken sich nicht mehr nachteilig auf die Bewertung aus. Voraussetzung ist, dass die Pflegekraft die fehlenden Daten im Fachgespräch mit dem MDK nachreichen kann. Auch die Aussagen des Bewohners sind eine wichtige Informationsquelle, mit der sich Lücken in den schriftlichen Aufzeichnungen ausbügeln lassen.
  • Damit ist die Nachsicht des MDK aber auch schon erschöpft. Für viele andere Mängel gibt es sehr schnell die C-Wertung:
  • Wenn eine Pflegekraft trotz Anzeichen für eine reduzierte Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme untätig bleibt, wird das der Prüfer kritisieren. Es nützt also nichts, wenn der Bewohner jede Woche gewogen wird, bei stetigem Gewichtsverlust aber keine Reaktion erfolgt. Dazu zählen etwa die Information des Hausarztes oder das Hinzuziehen eines Logopäden bei einer Halbseitenlähmung.
  • Die Art der Nahrung muss zum Krankheitsbild passen. Bei Schluckstörungen etwa ist auf eine gleichmäßige Konsistenz der Nahrung zu achten. Wer einem Senioren mit Schluckstörungen einen Erbseneintopf mit Bauchfleisch und geschnittenen Würstchen anbietet, darf sich über eine C-Wertung nicht wundern.
  • Auch D-Wertungen vergibt der MDK schnell:
  • Eine unzureichende Unterstützung bei der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme führt nahezu immer zur Abwertung. Beispiel: Ein Bewohner klagt darüber, dass er Hilfe bei der Nahrungsaufnahme braucht. Trotz Nachfrage haben aber die Pflegekräfte meistens keine Zeit dafür. Oder: Ein Linkshänder erhält Besteck, das zur falschen Seite abgewinkelt ist, sodass er das Messer und die Gabel nicht mit der gewohnten Hand führen kann.
  • Auch ein Übergehen der Wünsche des Bewohners führt zur D-Wertung. Falls also der Bewohner Vegetarier ist oder religiöse Ernährungsvorschriften einhalten möchte, muss das berücksichtigt werden. Auch wohlmeinende "Erziehungsmaßnahmen" wird der MDK nicht hinnehmen. Sofern ein Alkoholkranker am Abend das Bier trinken möchte, das ihm sein Enkel vorbei brachte, darf die Pflegekraft ihm dieses Getränk nicht verweigern.
  • Eine Dehydration schlägt ebenfalls mit einer D-Wertung zu Buche; dieses möglicherweise selbst dann, wenn daran die Einrichtung keine Mitschuld trägt. Oftmals ist die Austrocknung nicht die Folge einer Nachlässigkeit der Pflegekräfte. Viele Senioren weigern sich aus verschiedensten Beweggründen, ausreichend zu trinken.
  • Beim Gewichtsverlust ist der MDK nachsichtiger. Hier führen nur solche Abmagerungen zur D-Wertung, die von der Einrichtung verursacht wurden. Leiden Bewohnern mit einem krankheitsbedingt erhöhten Energie- und Nährstoffbedarf unter Kachexie, schadet dieses dem Prüfergebnis nicht. Dazu zählen etwa Tumorpatienten oder Demenzkranke mit starkem Bewegungsdrang.
Hinweise:
  • Das Pflegeteam sollte konsequent darauf hinweisen, wenn die Ernährungsprobleme nicht durch die Einrichtung verursacht wurden. Eine Influenzainfektion etwa kann in kürzester Zeit eine Dehydration auslösen. Noch gravierender ist eine Noroerkrankung mit Brechdurchfall.
  • Wichtig ist immer die Biografiearbeit. Beispiel: Eine betagte Frau war Tänzerin, gehörte seit den 60er-Jahren zum Deutschen Fernsehballett. Hier ist ein Ernährungszustand nahe einer Kachexie trotz Beratung nichts Ungewöhnliches. Vermutlich wog die Betroffene noch niemals in ihrem Leben mehr als 50 Kilogramm. Und auch eine jahrzehntelang praktizierte strenge Ernährungsdisziplin wird die Seniorin nicht mehr ablegen können, auch wenn dieses einer Essstörung gleichkommt. All das muss dem Prüfer mitgeteilt werden.
  • Das Hinzuziehen einer Ernährungsberaterin kann mitunter gute Resultate bringen. Diese Experten führen intensive Gespräche mit dem Bewohner und dessen Angehörigen, um seine Essgewohnheiten sowie die gesundheitliche Verfassung zu analysieren. Auf dieser Basis entwickeln sie danach einen individuell auf den Senioren abgestimmten Ernährungsplan.
  • Grundlage für die Feststellung, ob eine Kachexie vorliegt, ist der Body-Mass-Index, kurz BMI. Dieses System berücksichtigt allerdings nicht die individuelle Zusammensetzung von Muskel- und Fettgewebe. Der BMI-Wert als solcher taugt nur bedingt zur Bewertung des Ernährungszustands. Viel wichtiger ist immer der Gewichtsverlauf der letzten Wochen und Monate.
  • Die Auswirkung einer Mangelernährung auf die MDK-Bewertung greift schnell um sich. Eine Kachexie erhöht deutlich das Dekubitusrisiko und hemmt die Wundheilung. Das ist brisant, denn das Auftreten von Druckgeschwüren wird durch einen weiteren Qualitätsindikator gemessen. Gleichzeitig führt Kachexie zum Nachlassen der Beweglichkeit, was zusätzlich den Qualitätsindikator "Erhaltene Mobilität" verschlechtert.



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