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MDK-Prüfung (Qualitätsaspekt 2.1 / Medikamentöse Therapie)
Mit
80 Lebensjahren sind zwei oder drei chronische Erkrankungen eher die
Regel als die Ausnahme. Jedes dieser Leiden wird wiederum mit mehreren
Pillen, Tabletten oder Dragees behandelt. Ohne die Hilfe der
Pflegekräfte können viele Senioren diese Medikamentenmengen nicht
handhaben.
MDK-Prüfung (Qualitätsaspekt 2.1 / Medikamentöse Therapie)
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Rundum gesunde und vitale Senioren gibt es nur
im Werbeblock vor den 19-Uhr-Nachrichten. Ein Vergleich dazu: Stellen
Sie sich eine Gruppe von zehn Senioren vor. Diese zehn Personen stehen
stellvertretend für die gesamte Altersgruppe über 65 Jahre.
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Nur einer dieser zehn Senioren ist tatsächlich gesund. Er hat also kein chronisches Leiden.
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Vier der zehn Personen plagen sich mit einer oder mit zwei chronischen Erkrankungen herum.
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Vier weitere Senioren haben sogar drei oder vier dieser Diagnosen.
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Und einer dieser zehn Menschen vereint mindestens fünf chronische Erkrankungen.
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Von diesen chronisch Kranken nimmt mindestens
ein Drittel regelmäßig vier oder mehr Arzneimittel ein. Das ist fatal,
denn ab fünf Arzneimittelaplikationen pro Tag ist die Grenze zur
Polypharmazie erreicht. Selbst erfahrene Ärzte und Apotheker können
dann nicht mehr vorhersagen, wie sich diese Medikamente gegenseitig
beeinflussen. Die Medikamentierung erfolgt in solchen Fällen nach dem
Versuch-und-Irrtum-Prinzip.
Frage: Entspricht die Unterstützung bei der Medikamenteneinnahme der ärztlichen An- bzw. Verordnung?
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Um diese Vorgabe zu erfüllen, muss die
Pflegekraft die Verordnungen erst einmal kennen. Im Idealfall tragen
alle Ärzte sämtliche Verordnungen korrekt in das Medikamenten- und
Verordnungsblatt ein. Dann wären dort alle Informationen gebündelt.
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In der Praxis berufen sich viele schreibfaule
Mediziner auf ihre Berufsordnung. Diese verpflichtet sie zur
Schriftform bei der Formulierung von Verordnungen. Die Eintragungen
müssen aber nicht zwangsläufig in der Dokumentation erfolgen. Genau
genommen ist bereits das Rezept eine Verordnung, solange dort oder auf
einem separaten Zettel die Dosierung vermerkt ist. Mit etwas gutem
Zureden und Schmeicheleien lassen sich immerhin einige der Mediziner
dazu motivieren, direkt in die Dokumentation einzutragen.
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Mitunter sind die Pflegebedürftigen gar nicht
bereit, ihren Konsum im Detail offenzulegen. Dieses etwa, wenn eine
Medikamentensucht vertuscht werden soll. Dann verschreiben mehrere
Ärzte parallel. Oder wenn gewisse Defizite im Bereich der männlichen
Standhaftigkeit mit kleinen blauen Pillen angegangen werden. Nach
Ansicht vieler Betroffener gehen solche Dinge selbst die
Bezugspflegekraft nichts an.
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Letztlich kann sich eine Pflegekraft also
niemals sicher sein, einen umfassenden Gesamtüberblick über die
Medikamentierung und über alle ärztlichen Anordnungen zu haben.
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Zumindest die bekannten und erfassten
Verordnungen und Anordnungen müssen präzise beachtet werden. Allzu viel
Eigenengagement sollten Pflegekräfte bei der Medikamentenversorgung
nicht entwickeln. Die Entscheidung über den Einsatz von Arzneimitteln
trägt nur der Arzt. Bei nicht rezeptpflichtigen Medikamenten kann
alternativ der Apotheker zu Rate gezogen werden. Die Aufgabe der
Pflegekräfte beschränkt sich darauf, die Wirkstoffe korrekt zu lagern,
zu applizieren, die Wirkungsweise zu beobachten und alles Relevante an
den Arzt zu melden. Pflegekräfte planen keine eigenen Therapieversuche
und sprechen auch keine Empfehlung für bestimmte Medikamente aus,
selbst wenn diese ohne Rezept verfügbar sind. Oder anders formuliert:
Das Pflegeheim darf ohne Absprache nicht mal eine Kopfschmerztablette
geben, wenn diese nicht angeordnet ist.
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Anders ist die Lage, sofern der Bewohner aus
eigenem Antrieb handelt. Wenn er Kopfschmerzen hat, nimmt er eine
Paracetamol-Tablette. Plagen ihn Verstopfungen, greift er zu Kapseln
mit Rizinusöl. Falls er Hilfe bei der Einnahme braucht, liegt es an den
Pflegekräften, ihn dabei zu unterstützen, also etwa ein Glas Wasser zum
Nachspülen anzureichen.
Frage: Erfolgen die Lagerung und die Vorbereitung der Medikamente fachgerecht?
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Im Fall der Medikamentenlagerung geben die
Qualitätsprüfungs-Richtlinien überaus detailliert vor, was der MDK
vorzufinden wünscht.
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Die gerichteten Medikamente müssen mit den Angaben in der Dokumentation übereinstimmen.
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Die Arzneimittel müssen personenbezogen beschriftet aufbewahrt werden.
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Falls notwendig müssen Präparate im
Kühlschrank gelagert werden. Dieser soll eine Temperatur von zwei bis
acht Grad Celsius aufweisen. Für die Temperaturmessung sollte ein
Thermometer im Kühlschrank liegen.
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Betäubungsmittel sind verschlossen und gesondert aufzubewahren.
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Bei Medikamenten mit einer begrenzten
Haltbarkeit muss nach dem ersten Öffnen der Verpackung das Anbruchs-
oder das Verbrauchsdatum vermerkt werden. Es reicht also nicht, nur ein
Datum zu vermerken. Es muss auch klar sein, was damit gemeint ist. Also
das Anbruchsdatum oder das Verbrauchsdatum.
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Medikamente in Blisterpackungen müssen mit
dem Namen des Bewohners, Angaben zum enthaltenen Medikament mit
Chargenkennzeichnung, Verfallsdatum, Einnahmehinweisen, eventuellen
Lagerungshinweisen und dem Namen der abgebenden Apotheke versehen sein.
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Das alles ist nicht neu. Diese Vorgaben stehen nahezu wortwörtlich auch in den alten Qualitätsprüfungs-Richtlinien.
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Keine großen Veränderungen sind auch bei der
Vorbereitung der Medikamente zu verzeichnen. Pflegeteams, die die
6R-Regel verinnerlicht haben, werden hier keine Probleme mit dem
MDK-Prüfer bekommen.
Frage: Erhält die versorgte Person die ihrem Bedarf entsprechende Unterstützung zur Einnahme / Applikation der Medikamente?
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Verschiedene Grunderkrankungen erschweren es
dem Bewohner, seine Medikamente eigenständig zu nehmen. Sehbehinderte
Senioren etwa können das Arzneimittel nicht korrekt erkennen. Alte
Menschen mit rheumatischen Erkrankungen in den Händen und Fingern
wiederum scheitern ggf. daran, die Tabletten zu zerteilen.
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In all diesen Fällen wird der MDK erwarten,
dass die Pflegekräfte Hilfe leisten. Diese soll aber dem “Bedarf
entsprechen”. Das bedeutet, dass auch hier die Vorgaben der aktivieren
Pflege greifen. Einem Erblindeten wird daher beispielsweise nur der
Name der Tablette vorgelesen, damit er die weitere Einnahme selbst
durchführen kann. Der Rheumatiker erhält einen Tablettenteiler mit
Anti-Rutsch-Funktion. Und Demenzpatienten werden lediglich daran
erinnert, dass es nun an der Zeit ist, die Arzneimittel einzunehmen.
Die Pflegekraft überwacht die Einnahme, greift aber nicht ohne Grund
ein.
Frage: Entspricht die Kommunikation mit der Ärztin oder dem Arzt den individuellen Erfordernissen?
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Der Informationsaustausch zwischen Hausärzten
und Pflegekräften ist manchmal so kompliziert, dass beide Seiten
eigentlich eine Paartherapie bräuchten. Ruft die Pflegekraft in der
Praxis an, wird sie zunächst gefühlte Ewigkeiten in der telefonischen
Warteschleife geparkt. Hat sie endlich eine Praxisangestellte in der
Leitung, ist das Wartezimmer leider gerade rappelvoll. Der Arzt hat
keine Zeit. Und wenn der Mediziner um 19 Uhr endlich zur Ruhe kommt und
zum Telefonhörer greift, ist der Tagdienst im Pflegeheim gerade zur Tür
hinaus. Die Nachtwache weiß von nichts.
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Wie also kommunizieren? Whatsapp und eMail
wären bequem, rufen aber Datenschützer auf den Plan. Bleibt folglich
nur das Fax. Ein Informationsaustausch per Fax ist zwar mühselig, aber
erstaunlich effektiv. Pflegekräfte können alle relevanten Beobachtungen
weiterleiten und Fragen stellen. Damit lässt sich nicht nur etwas
Verantwortung abschieben, sondern auch bei der MDK-Prüfung glänzen.
Denn die neuen Qualitätsprüfungs-Richtlinien fordern eine
funktionierende Kommunikation mit dem Hausarzt, die sich an den
individuellen Erfordernissen orientiert.
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Ärzte erscheinen nicht selten unangekündigt zum
Hausbesuch, vielleicht weil sie gerade zufällig in der Nähe sind. Dann
jedoch treffen sie oftmals keinen Ansprechpartner an, der zum Befinden
des Pflegebedürftigen umfassend informiert ist. Oder der Bewohner ist
gerade zum Essen im Speisesaal. Die ideale Lösung ist daher ein fester
Besuchstag im Pflegeheim. Der Hausarzt besucht alle seine stationär
versorgten Patienten und gewinnt vielleicht noch ein paar neue hinzu.
Da der Termin bereits im Kalender steht, organisieren sich die
Pflegekräfte entsprechend und haben Zeit. Sie können den Arzt
begleiten. Falls ein komplizierter Verband zu wechseln ist, steht also
eine Assistenz zur Verfügung. Pflegekräfte sollten im Gegenzug den Arzt
bitten, kurze Mitteilungen zur ärztlichen Einschätzung des
Bewohnerzustands in der Pflegedokumentation zu hinterlegen.
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Rezeptwünsche sollten vorab an die Praxis
gefaxt werden. Der Arzt muss dann beim Hausbesuch nicht per Hand
mehrere Rezepte schreiben, am Ende gar noch eine komplizierte
BTM-Verordnung.
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Beim Hausbesuch kann gleich noch eine
“Medikamentenvisite” durchgeführt werden. Hierbei gleicht der Arzt die
derzeitige Medikamentierung mit dem tatsächlichen Bedarf ab. Dadurch
wird der Konsum von Arzneimitteln vermieden, die nicht mehr nötig sind.
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Kommt ein Bewohner aus dem Krankenhaus, sollten
Pflegekräfte den Arztbericht sofort an die Praxis faxen. Im Idealfall
gibt es dann zeitnah die notwendigen Verordnungen.
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Wenn die Einrichtung diese Punkte umsetzt, sind alle Wünsche des MDK erfüllt. Zumindest fast:
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Die Diagnosen und die Therapieziele des Hausarztes sollten in der Pflege- und Maßnahmenplanung berücksichtigt werden.
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Prüfen Sie, ob die Hausärzte an gemeinsamen
Fallbesprechungen interessiert sind. Die Chancen dafür sind gering.
Aber einen Versuch ist es wert.
Noch ein paar Tipps:
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Eine mangelhafte Kommunikation mit dem Arzt
wird nicht nur diesen Qualitätsaspekt ruinieren. Nahezu alle
Expertenstandards fordern verbindlich einen engen Informationsaustausch
zwischen der Pflege und dem Hausarzt. Gibt es diesen nicht, sind die
Vorgaben des Expertenstandards logischerweise nicht erfüllt. Das
Problem: Die Expertenstandards wiederum sind die Grundlage für
zahlreiche andere Qualitätsaspekte quer durch die gesamte MDK-Prüfung.
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Es gibt Pflegedokumentationssysteme, die es
auch dem Arzt erlauben, per Webbrowser auf bestimmte Inhalte
zuzugreifen. Er kann Inhalte einsehen und Anmerkungen machen. Sofort
nach der Erfassung ist eine aktualisierte Verordnung für alle
Beteiligten z. B. im Medikationsplan des Bewohners sichtbar. Und sogar
Rezeptanforderungen werden online eingeleitet, überwacht und
abgearbeitet.
Mögliche Konfliktpunkte:
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Mit einer B-Wertung reagiert der MDK auf
kleinere Lücken in der Pflegedokumentation, die aber im fachlichen
Dialog mit den Pflegekräften aufgeklärt werden können. Wenn also nicht
jede Kommunikation mit dem Arzt nachweisbar ist, wirkt sich das nicht
negativ auf die Prüfung aus, sofern die Pflegekräfte die wichtigsten
Eckpunkte der aktuellen Versorgung mündlich darstellen können.
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Gravierende Fehler führen zu einer “C-Wertung”.
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Der MDK erwartet, dass alle An- und
Verordnungen zur Medikamentierung präzise in der Dokumentation
abgebildet sind, also die Applikationsform, die vollständige
Bezeichnung des Medikaments bzw. des Wirkstoffs, die Dosierung, die
Häufigkeit sowie die tageszeitlichen Vorgaben.
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Auch Mängel bei der Lagerung oder bei der
Vorbereitung der Medikamente führen zu einem “C”. Dafür ein Beispiel:
Der MDK überprüft die Lagerung der Medikamente und wird mehr als
fündig: Tropfen und Salben sind nicht mit Anbruchdatum versehen, obwohl
sie nach der ersten Anwendung nur eine begrenzte Zeit haltbar sind.
Arzneimittel, die eigentlich dunkel zu lagern sind, wurden “nur kurz”
im Fensterbrett neben den Kakteen zwischengelagert. Ebenfalls in der
Sonne stapeln sich Medikamente, die eigentlich in den Kühlschrank
gehören. Überdies ist der Medikamentenschrank verschmutzt.
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Die Medikamente müssen vorschriftsmäßig
gekennzeichnet sein, sonst ist eine “C-Wertung” fällig. Beispiel: Der
MDK wirft einen Blick in den Medikamentenschrank. Die
Namensbeschriftungen auf den Originalverpackungen sind unleserlich. Die
Beipackzettel fehlen.
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Das nächste “C” im Wertungsbogen droht, wenn
der MDK das Stellen der Medikamente unter die Lupe nimmt. In keinem
Fall sollte die Angabe in der Pflegedokumentation vom tatsächlich
verabreichten Wirkstoff abweichen.
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Bei Injektionen ist der MDK ebenfalls
pingelig. Etwa dann, wenn er einen Praktikanten dabei erwischt, wie er
subkutan Heparin appliziert.
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Pflegekräfte müssen auf gesundheitliche
Reaktionen, die mit der Medikation zusammenhängen könnten, zeitnah
reagieren. Beispiel: Der Bewohner hat erhebliche Rückenschmerzen und
kann sich kaum bewegen. Der Hausarzt kommt zur Visite und gibt eine
Kortisonspritze. Daraufhin klagt der Bewohner über Kopf- und über
Nackenschmerzen, dazu über Übelkeit und über Müdigkeit. In solchen
Fällen muss die Pflegekraft zum Telefonhörer greifen und den Hausarzt
informieren. Ist dieser nicht unverzüglich erreichbar, ist der Notarzt
zu alarmieren.
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Verschiedene Mängel rechtfertigen auch eine Abwertung auf die Stufe “D”:
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Der Bewohner erhält das falsche Medikament.
Das kann viele Gründe haben. Der Apotheker hat das verkehrte
Arzneimittel ausgehändigt, die Pflegekraft hat nicht nachkontrolliert.
Oder die Pflegekraft selbst hat beim Stellen der Medikamente in die
falsche Box gegriffen. Das geht schnell. Manche Handelsnamen sind sich
zum Verwechseln ähnlich, etwa Olmesartan (senkt den Bluthochdruck) und
Omeprazol (zur Behandlung von Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren).
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Der Bewohner erhält ein für ihn vorgesehenes
Medikament nicht. Das kann etwa passieren, wenn die Pflegekraft am
Freitag um 15 Uhr feststellt, dass die Nachbestellung bei der Apotheke
irgendwie vergessen wurde. Der Vorrat ist leer. Der Pflegebedürftige
muss bis Montag warten.
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Die Medikamentengabe weicht von der
ärztlichen Verordnung ab, ohne dass hierfür nachvollziehbare, fachliche
Gründe vorliegen. Beispiel: Eine Bewohnerin leidet unter einer akuten
Migräneattacke. Der Arzt hat für einen solchen Fall
Sumatriptan-Tabletten verordnet. Die wirken aber nicht. Die Praxis ist
am Samstag geschlossen. Da beschließt die Pflegekraft, die Dosis zu
erhöhen.
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Demenziell erkrankte Bewohner erhalten keine
ausreichende Unterstützung bei der Einnahme der Medikation. Etwa so:
Frau Müller leidet unter Diabetes mellitus, unter Bluthochdruck und
unter Osteoporose. Sie muss jeden Tag verschiedene Medikamente
einnehmen. Inzwischen ist sie etwas altersverwirrt und kommt immer
öfter mit der Einnahme durcheinander. Die Bezugspflegekraft
unterschätzt die kognitiven Beeinträchtigungen und verzichtet auf eine
Anleitung bei der Medikamentenapplikation.
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Bewohner mit anderen Beeinträchtigungen
erhalten keine ausreichende Hilfestellung bei der Einnahme der
Medikation, obwohl sie darauf angewiesen sind. Beispiel: Ein Bewohner
erkrankt an einem Offenwinkelglaukom. Er muss Prostaglandine tropfen.
Da er gleichzeitig unter Morbus Parkinson leidet, treten in den Armen
Ataxien auf. Damit ist es natürlich schwierig, die Tropfen sicher zu
applizieren. Trotzdem klagt er beim MDK-Prüfer darüber, dass er keine
Unterstützung durch die Pflegekräfte erhält.
Die Medikamente eines Bewohners sind sein Eigentum. Pflegekräfte können
mit diesen Arzneimitteln nicht bedenkenlos disponieren. Falls dieses
doch notwendig ist, muss das “Ausleihen” sorgfältig dokumentiert
werden. Sonst droht Ärger:
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Herr Müller hat Bluthochdruck. Er bekommt
Metoprolol succinat, also einen “Betablocker”. Leider hat die
Bezugspflegekraft vergessen, rechtzeitig ein neues Rezept anzufordern.
Der Hausarzt ist im Sommerurlaub. Sein Vertretungsarzt in der Praxis
gilt überall als sturer Unsympath. Zum Glück bekommt Frau Meier im
Nebenzimmer das gleiche Medikament. Und sie hat einen übervollen
Vorrat. Was liegt näher, als sich die Tabletten auszuborgen und den
Bestand in zwei Wochen wieder auszugleichen? Leider kommt vorher der
MDK und zählt die Tabletten nach. Es fehlen einige Dutzend Einzeldosen.
Auch ohne Taschenrechner kann sich der Prüfer ausrechnen, dass Frau
Meier offensichtlich mit einer doppelten Wirkstoffmenge versorgt wird.
Denn wie sonst ist der massive Abgang an Betablockern zu erklären?
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Herrn Schulze wird vom Arzt ein Schmerzmittel
als Bedarfsmedikation verschrieben. Da er Schluckstörungen hat, erhält
er den Wirkstoff in Tropfenform. Das Problem: Die Pflegekraft achtet
beim Stellen der Medikamente nicht auf die persönliche Zuordnung. Sie
tropft für mehrere Bewohner aus einer Flasche. Das geht schneller.
Obendrein sind dann nicht so viele Flaschen offen. Bei der Prüfung
lässt sich der MDK den Bestand zeigen. Ein Abgleich mit der
Dokumentation zeigt, dass bisher rund 20 Milliliter verbraucht sein
sollten. Die 50-Milliliter-Flasche ist aber so gut wie leer. Der MDK
vermutet folglich, dass die Pflegekräfte hier eine eigenmächtige
Therapie durchgeführt haben.
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Herr Schwarz ist verstorben. Da kurz vor seinem
Ableben alle Medikamente frisch beschafft wurden, hinterlässt er einen
beträchtlichen Vorrat an allerlei Wirkstoffen; vieles ungeöffnet. Statt
diese Präparate an den Apotheker zu retournieren, verteilen die
Pflegekräfte den Bestand auf die anderen Bewohner. Damit hebeln sie
nicht nur die Apothekenpflicht aus, sondern schaffen auch weiteren
Konfliktstoff bei einer MDK-Kontrolle. Denn vorher kommen jetzt die zu
hohen Lagerbestände bei Frau Weiß oder bei Herrn Braun? Erhalten sie
ihre Medikamente nicht mehr?
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