Diese Seiten wurden für Smartphones optimiert.
Für die PC-Version
klicken Sie bitte hier.
MDK-Prüfung (Qualitätsaspekt 2.4 / Besondere medizinisch-pflegerische Bedarfslagen)
Je
unklarer ein Fragenkatalog formuliert ist, umso größer wird der
Ermessensspielraum des Prüfers. Im Fall der “besonderen
medizinisch-pflegerischen Bedarfslagen” räumt die QPR einen erheblichen
Freiraum ein. Den wird manch MDK-Mitarbeiter gerne nutzen.
MDK-Prüfung (Qualitätsaspekt 2.4 / Besondere medizinisch-pflegerische Bedarfslagen)
-
Im Abschnitt 2.4 werden zahlreiche
Pflegemaßnahmen aus dem medizinisch-pflegerischen Themenkomplex
zusammengezogen. Gewissermaßen also eine Sammelstelle für all jene
Tätigkeiten, die für einen separaten Qualitätsaspekt nicht wichtig
genug sind, die der MDK aber trotzdem prüfen möchte. Und so verbindet
diese Kriterien inhaltlich zunächst recht wenig:
-
Absaugen
-
Versorgung mit Beatmungsgerät
-
Sanierung von MRSA-Trägern mit gesicherter Diagnose
-
Versorgung von Drainagen
-
Versorgung mit einem suprapubischen Katheter
-
Perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG)
-
Versorgung mit Colo-/Ileo-/Uro- oder sonstigem Stoma
-
Versorgung mit einer Trachealkanüle
-
Versorgung mit einem zentralen Venenkatheter
-
Was alle Punkte jedoch gemeinsam haben: Die
betroffenen Bewohner sind zumeist in einem schlechten gesundheitlichen
Zustand. Und schon kleine Nachlässigkeiten im Bereich der Hygiene lösen
schnell bedrohliche Infektionen aus.
-
Wie schon in den vorherigen Qualitätsaspekten
ist die Pflegedokumentation auch hier die zentrale Informationsquelle.
Pflegeheime, die im Glauben an die Entbürokratisierung die
schriftlichen Aufzeichnungen vernachlässigen, können schnell in
Beweisnöte kommen.
Frage: Werden die Maßnahmen entsprechend der ärztlichen An- bzw. Verordnung erbracht?
-
Wie in vielen anderen Qualitätsaspekten besteht
die erste Hürde schon darin, den Arzt überhaupt dazu zu bewegen, eine
gut verständliche Verordnung schriftlich zu fixieren. Im Idealfall
erfolgt diese direkt in der Pflegedokumentation. Zur Not tut es aber
auch eine kurze Notiz auf einem Extrazettel.
-
Natürlich hinterfragt der MDK-Prüfer auch die richtige Umsetzung der Verordnungen.
-
Der erste Schritt ist die Befragung des
Senioren. Vielleicht ist dieser unzufrieden, etwa weil das Absaugen in
den letzten Wochen immer quälender wurde. Oder er berichtet, dass sich
manche Mitarbeiter die Hände nicht richtig desinfizieren, bevor sie an
seinem Urostoma hantieren.
-
Sobald der Prüfer weiß, wo “der Hase im
Pfeffer” liegt, geht es an das Fachgespräch mit den Mitarbeitern. Im
Idealfall können diese das eine oder andere Missverständnis aufklären.
Etwa, dass das Absaugen zuletzt schwieriger wurde, weil es in der
Trachea zu einer verstärkten Borkenbildung gekommen ist.
-
Wenn noch immer Unklarheiten bestehen, wird
der MDK einen Blick in die Dokumentation werfen. Im obigen Beispiel
wäre es also hilfreich, wenn dort die Borkenbildung als Pflegeproblem
erfasst wurde. Noch besser ist es, wenn auch Maßnahmen zur Abhilfe
durchgeführt und dokumentiert wurden, etwa die Nutzung eines
Inhalationsgeräts.
Frage: Ist im
Bedarfsfall (z. B. bei gesundheitlichen Veränderungen oder kurz vor
Ablauf des An- bzw. Verordnungszeitraums) eine Kommunikation mit der
verordnenden Ärztin oder dem verordnenden Arzt erkennbar?
-
Wie oben schon erwähnt: Wenn ein Bewohner
bereits beatmet wird und zusätzlich mit einer PEG versorgt wird, ist
sein Allgemeinzustand das, was Ärzte gerne als “stark reduziert”
verklausulieren. Mithin ist es keine gute Idee, bei auftretenden
Problemen darauf zu warten, bis der Arzt in den nächsten Tagen zur
Visite kommt. Die QPR fordern daher einen engen Informationsaustausch
zwischen dem Pflegeheim und der Praxis. Alle relevanten Informationen
sollten dem Arzt zeitnah (und bevorzugt schriftlich) zugeleitet werden,
damit dieser über das weitere Vorgehen entscheidet; etwa eine Anpassung
der Verordnung.
-
Beispiel: Die Pflegekraft bemerkt beim
Absaugen, dass es zu einer Bradykardie kommt. Sie stellt auch
Arrhythmien fest. Sofern sich der Zustand des Bewohners schnell
normalisiert, ist die Alarmierung des Notarztes nicht notwendig.
Dennoch sollte der Hausarzt zeitnah über die Vorkommnisse informiert
werden. In jedem Fall ist zu vermeiden, dass der MDK im Berichteblatt
über Einträge zur Bradykardie stolpert, aber kein Fax an den Arzt
vorfindet.
-
Für die MDK-Prüfung ist es nicht entscheidend,
ob der Arzt tatsächlich schnell und richtig auf die Berichte reagiert
hat. Dieses liegt naturgemäß außerhalb des Einflussbereichs einer
Pflegekraft. Wichtig ist vielmehr der Nachweis, dass das Pflegeheim
“erkennbar den Versuch unternommen hat”, den Mediziner auf dem
Laufenden zu halten. Dazu zählt auch ein nachweisbarer Widerspruch,
falls der Arzt Maßnahmen verordnet, die dem aktuellen Wissensstand
widersprechen und die dem Bewohner schaden könnten.
Frage: Werden Qualifikationsanforderungen berücksichtigt?
-
Hier trifft das Wunschdenken der Kassen auf die
Realität der täglichen Pflege. Natürlich wäre es am besten, wenn all
diese Maßnahmen von examiniertem Personal durchgeführt werden. Das
jedoch wächst nicht auf Bäumen. Nicht ohne Grund wird sogar im reichen
Bayern über eine Absenkung der Fachkraft-Quote gestritten. Daher: Ist
eine Durchführung durch eine Fachkraft nicht möglich, so muss diese
zumindest die Pflegehilfskraft überwachen.
-
Beispiel: Der MDK trifft auf eine
Pflegehilfskraft. Diese erzählt sichtlich stolz, dass sie in der
Einrichtung eigenständig absaugen darf und Drainagen versorgt.
Frage: Entspricht
die Durchführung der Maßnahme dem aktuellen Stand des Wissens und
etwaigen besonderen Anforderungen im Einzelfall?
-
Dieser Punkt ist eigentlich eine
Selbstverständlichkeit. Im Zeitalter der Expertenstandards müssen sich
Pflegekräfte permanent weiterbilden und ihr Wissen aktualisieren.
-
Die QPR verweist als fachlichen Bezug auf die
QPR-HKP, also die “Qualitätsprüfungs-Richtlinie häusliche
Krankenpflege”. Diese fordert für verschiedene Pflegemaßnahmen eine
“sachgerechte” Umsetzung, erklärt aber nur vage, was damit wohl im
Detail gemeint sein könnte. Glücklicherweise ist das
Robert-Koch-Institut da schon verbindlicher. Auf der RKI-Homepage sind
für nahezu alle Hygienefragen quasi “amtliche” Antworten zu finden, die
auch der MDK-Prüfer akzeptieren wird.
-
Es ist sinnvoll, für alle oben genannten
Pflegeprobleme dazu passende Pflegestandards zu erarbeiten. Bislang war
die bloße Existenz dieser Standards schon die “halbe Miete”. Jetzt gibt
es für bedrucktes Papier keine Fleißpunkte mehr. Vielmehr ist es
wichtig, die Standards auch wirklich in die Praxis umzusetzen, damit
beim Bewohner gute Versorgungsergebnisse ankommen.
Ein Beispiel für die praktische Umsetzung: Sanierung von MRSA-Trägern
-
Was das ganz konkret bedeutet, zeigt sich etwa
bei der Versorgung von Bewohnern mit MRSA. Hierbei handelt es sich um
Keime, die gegen herkömmliche Antibiotika resistent sind. Wie diesen
Erregern dennoch beizukommen ist, hat die Deutsche Gesellschaft für
Krankenhaushygiene (DGKH) herausgearbeitet.
-
Der erste Schritt besteht darin, sämtliche
Mitarbeiter und vor allem alle Pflegekräfte über die notwendigen
Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen zu informieren und ggf. zu schulen.
Bislang erfolgte dieses mitunter in “Alibi-Schulungen”. Diese wurden
primär dazu durchgeführt, um dem MDK die Teilnehmerlisten vorlegen zu
können. “Strukturqualität” in Reinform. Jetzt zählt nur noch das
Ergebnis. Im fachlichen Dialog mit einer Pflegekraft wird der Prüfer
schnell herausfinden, ob der Mitarbeiter die Bedeutung der
Händedesinfektion wirklich begriffen hat. Hat die Pflegekraft während
der Schulung also zugehört? Oder hat sie während der Schulung ihr
Snapchat-Profil aktualisiert?
-
Wie steht es um die Infektionsprophylaxe in der
Praxis? Im Idealfall kann der Prüfer einer Pflegekraft über die
Schulter sehen. Oder er befragt den Mitarbeiter oder gleich den
Bewohner. Achtet die Pflegekraft auf die Händehygiene? Nutzt sie
Einmalhandschuhe? Trägt sie (falls notwendig) einen Schutzkittel sowie
einen Mundschutz?
-
Falls eine Sanierung angegangen wird, müssen
zusätzliche Maßnahmen erfolgen. Hier kann der MDK nach häufigen
Durchführungsmängeln suchen, die immer wieder die dauerhafte
Beseitigung des Keims vereiteln. Also: Werden die antiseptisch
wirkenden Seifen oder Lösungen auch auf das Kopfhaar aufgetragen?
Erfolgt ein täglicher Wechsel der Bettwäsche, der Bekleidung und der
Utensilien zur Körperpflege?
-
Der vom MDK geforderte “aktuelle Stand des
Wissens” umfasst übrigens auch die Vermeidung von übertriebenen
Maßnahmen. So ist eine Isolierung eines MRSA-positiven Bewohners in den
allermeisten Fällen nicht erforderlich. Hier ist es sinnvoll, im
Zweifel das Gesundheitsamt oder die Heimaufsicht zu kontaktieren.
-
Mitunter können auch “Zufallsbefunde” für
Probleme sorgen. Diese unerwarteten Beobachtungen sind ausdrücklich als
Informationsquelle für die Qualitätsbewertung zugelassen.
-
Beispiel: Um eine Keimverschleppung zu
vermeiden, muss eine Pflegekraft die Hände vor und nach bestimmten
Pflegemaßnahmen desinfizieren; und zwar “sofort”. Dafür ist es
erforderlich, einen Desinfektionsmittelspender auf dem Pflege- bzw.
Verbandswagen zu montieren. Zur Not tut es auch eine personenbezogene
Kitteltaschenflasche. Fehlt beides, könnte der MDK-Prüfer zum Ergebnis
kommen, dass eine effektive Händehygiene unter diesen Umständen nicht
gewährleistet ist.
Mögliche Konfliktpunkte:
-
Kleine Dokumentationsmängel führen zu einer “B”-Wertung, bleiben also ohne Auswirkung auf das Endergebnis.
-
Beispiel: Die Verbandswechsel der PEG sind
nicht durchgängig dokumentiert. Einige Einträge und Handzeichen fehlen.
Die Eintrittsstelle macht jedoch einen gut gepflegten Eindruck. Es sind
keine Rötungen, Schwellungen oder Sekretionen sichtbar. Offenbar
erfolgten die Verbandswechsel also korrekt und regelmäßig.
-
Mängel in der Maßnahmenplanung führen zu einer Abwertung auf “C”.
-
Beim Bewohner liegen neurogene
Schluckstörungen vor. Um die Entwicklung einer Kachexie abzuwenden,
erhält er eine perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG). Die Anlage
liegt schon einige Wochen zurück. Genug Zeit also, um die
Maßnahmenplanung anzupassen. Allerdings findet der MDK-Prüfer hier
keinerlei Einträge zur Versorgung; weder zum Verabreichen von
Sondenkost noch zur Applikation von Arzneimitteln. Zum Glück kann der
Bewohner im Gespräch mit dem Prüfer etwaige Verdachtsmomente ausräumen.
Sowohl die Nahrungszufuhr als auch die Medikamentenversorgung erfolgen
regelmäßig und ohne Probleme.
-
Der Bereich einer “D-Wertung” ist schnell erreicht.
-
Beim Absaugen werden die Hygieneanforderungen
nicht ausreichend berücksichtigt. Beispiel: Der Bewohner berichtet dem
Prüfer, dass die Pflegekraft beim Absaugen keinen neuen Katheter nutzt,
wenn der aktuelle Katheter beim Auspacken möglicherweise kontaminiert
wurde. Der Pflegebedürftige klagt auch darüber, dass der Mitarbeiter
nicht immer sterile Handschuhe nutzt.
-
Mängel bei der Tracheostomaversorgung werden
mit einem “D” quittiert. Beispiel: Der Bewohner berichtet, dass beim
Wechsel des Systems die Kanüle nicht sorgfältig gereinigt wird. Zudem
verhindert die Pflegekraft bei der Stomareinigung nicht konsequent,
dass Flüssigkeit in das Stoma gelangt. Dafür müsste sie das Stoma mit
einer Kompresse abdecken.
-
Wenig überraschend ist, dass Verstöße gegen
ärztliche An- bzw. Verordnungen zur Abwertung auf “D” führen. Beispiel:
Ein Bewohner leidet unter MRSA. Der Hausarzt hat sich zu einer
Sanierung entschlossen. Er ordnet die Anwendung einer antibiotischen
Nasensalbe, Rachenspülungen sowie desinfizierende Haarspülungen an. All
das wurde offenbar nicht oder nur unzureichend ausgeführt. Die
Pflegedokumentation diesbezüglich ist lückenhaft. Der Bewohner
berichtet, dass die Sanierungsmaßnahmen wegen Personalmangel mehrere
Tage vergessen wurden. Die anwesende Pflegekraft ist ganz neu auf dem
Wohnbereich und deshalb nicht auf dem Laufenden.
-
Die Nutzung von Hausmitteln muss
unterbleiben, sofern diese nicht ausdrücklich vom Arzt angeordnet
werden. Beispiel: Die Pflegekraft spült die PEG mit Früchtetee. Dieser
lässt Nahrungsreste ausflocken und setzt die Sonde zu. Zudem vermischt
die Pflegekraft Medikamente mit der Sondennahrung, weil das “schnell
und einfach” geht. Der bereits zuvor halb verstopften Sonde gibt das
dann endgültig den Rest.
-
Generell wird der MDK zur “D-Wertung”
greifen, wenn er den Verdacht hegt, dass wichtige Pflegemaßnahmen nicht
ausgeführt werden. Beispiel: Er stößt auf einen schlecht fixierten
Venenkatheter. Das Wechselintervall wurde offenkundig nicht beachtet,
denn der Verband ist durch Nässe, Blut und Sekret verschmutzt.
-
Eine Übererfüllung der ärztlichen
Verordnungen bewertet der Prüfer gleichfalls mit “D”, falls der
Bewohner dadurch Schaden nimmt. Beispiel: Bei einem Bewohner wird eine
PEG angelegt. Der Verbandswechsel soll alle zwei Tage erfolgen. Die
Pflegekraft will es besonders gut machen und führt den Verbandswechsel
täglich durch - mitsamt einer Hautdesinfektion der Einstichstelle.
Ergebnis: Im Bereich der Sondeneinstichstelle ist die Haut durch
Mykosen und durch Ekzeme geschädigt. Es liegt also eine Schädigung des
Bewohners vor.
|