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Qualitätsindikator "Erhaltene Selbstständigkeit (Teil 3 / Ernährung)"

Essen ist wesentlich mehr als die bloße Zufuhr von Nährstoffen. Für die meisten Senioren sind die Mahlzeiten Teil der Lebensqualität. Daher macht es Sinn, die Eigenständigkeit in diesem Bereich als Kennzahl zu erfassen.

Qualitätsindikator "Erhaltene Selbstständigkeit (Teil 3 / Ernährung)"


  • Der Abschnitt zur Nahrungsaufnahme umfasst drei Teilbereiche: Die Vorbereitung der Nahrung (etwa das Zuschneiden des Fleisches), das Essen sowie das Trinken. Die Einschätzungssystematik bleibt unverändert. Selbstständig ist ein Bewohner nur dann, wenn er wirklich alle Maßnahmen ohne jede Hilfe ausführt. Es darf dann nicht einmal die Aufsicht durch eine Pflegekraft notwendig sein. Eine Unselbstständigkeit liegt nur dann vor, wenn der Pflegebedürftige wirklich keinen relevanten Beitrag mehr leisten kann.
Mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen von Getränken
  • Viele im Alter auftretende Probleme lassen sich durch eine gute Organisation schon im Vorfeld vermeiden. Auf die Speisenkarte kommen nur solche Mahlzeiten, die wenig motorische Ansprüche stellen. Weiches Fleisch lässt sich einfacher schneiden als harte Bratenkrusten, Fisch mit Gräten oder gar Krustentiere. Flaschen mit schwer lösbaren Schraubverschlüssen werden bereits geöffnet und der Inhalt gleich in Krüge umgefüllt. Manche Caterer bieten sogar fix und fertig belegte Brötchen an. Pflegeheime schaffen also ein Umfeld, das den Senioren ein möglichst umfassendes Gefühl von Selbstständigkeit vermittelt.
  • Hinsichtlich der Qualitätsindikatoren ist das jedoch eine Illusion. Selbstständigkeit hat hier eine andere Bedeutung. Basis für die Einschätzung ist die Lebenswirklichkeit vor dem Heimeinzug, also das selbstbestimmte Leben in der eigenen Wohnung. Hier kommen die Flaschen fest verschlossen aus dem Supermarkt. Die Knack&Back-Brötchen sind weder vorbelegt noch vorgeschnitten. Der Käse steckt in einer schwer zu öffnenden Plastikverpackung. Könnte der Pflegebedürftige auch unter solchen Bedingungen sein Frühstück, sein Mittagessen und sein Abendbrot vorbereiten? Die Pflegekraft muss vieles abschätzen. Etwa, ob der Bewohner belegte Brotscheiben, Obst oder andere Speisen in mundgerechte Stücke zerteilen kann. Auch das Kleinschneiden von Fleisch und das Zerdrücken von Kartoffeln zählen zu den Alltagskompetenzen. Es ist zu hinterfragen, ob der Bewohner Getränkeflaschen öffnen und deren Inhalt “unfallfrei” in ein Glas bzw. in eine Tasse eingießen kann.
  • Die Nutzung von Hilfsmitteln mindert eine etwaige Selbstständigkeit nicht. Dazu zählen etwa Anti-Rutschbretter, Einhänderbesteck, Griffverdickungen oder Flaschenöffner. Das ist sinnig. Auch viele zuhause lebende Senioren nutzen gerne solche Utensilien und sind gerade deshalb noch selbstständig.
  • Selbstständig: Der Bewohner kann die Speisenzubereitung ohne personelle Hilfe durchführen.
    • Herr Meister wohnt im Pflegeheim, weil er einen Schlaganfall erlitten hat. Die einseitige Lähmung hat sich glücklicherweise in Teilen zurückgebildet. Den verbliebenen Einschränkungen begegnet Herr Meister mit einer erstaunlichen Kreativität und Entschlossenheit. Er nutzt verschiedene Hilfsmittel wie etwa Einhand-Schneidebretter, Schneidegabeln und Einhand-Behälter. Trotz seiner erheblichen Behinderungen hat er sich in diesem Bereich somit seine Selbstständigkeit bewahrt.
    • Frau Haake leidet unter krankhaften Veränderungen im Mundraum. Sie ernährt sich vorzugsweise von Suppen und von Breien. Der HNO-Arzt hält eine solche Ernährung nicht für notwendig, kann Frau Haake aber nicht überzeugen. Auch die Bezugspflegekraft hat sie erfolglos zu den Risiken dieser Ernährung beraten. Sie isst dennoch keine Brötchen, kein Fleisch oder andere Beilagen. Logischerweise führt sie hierfür auch keine vorbereitenden Maßnahmen durch, die beurteilt werden könnten. Die Bezugspflegekraft kann also nur schätzen, ob sie die dafür notwendigen Ressourcen hat. Die Pflegekraft ist sich dennoch sicher: Frau Haake könnte prinzipiell die Vorbereitung konventioneller Gerichte ohne fremde Hilfe leisten. Sie tut es zwar nicht, aber sie könnte es, wenn sie es denn wollte. Die Pflegekraft beurteilt Frau Haake somit als “selbstständig”.
  • Überwiegend selbstständig: Der Pflegebedürftige ist punktuell auf Hilfe angewiesen, etwa beim Öffnen einer Flasche oder beim Schneiden von sehr harten Nahrungsmitteln.
    • Herr Stein legt großen Wert auf seine Autonomie. Er nimmt nur so viel Hilfe an, wie unbedingt notwendig. Das zeigt sich etwa beim Frühstück. Herr Stein mag die harten Ciabatta-Brötchen. Diese schneidet die Pflegekraft auf. Er schmiert dann die Hälften mit Butter und legt Käse oder Wurst auf.
  • Überwiegend unselbstständig: Der Bewohner kann bei der Speisenvorbereitung nur in einem geringen Maß mithelfen. Er belegt beispielsweise Brotscheiben mit Aufschnitt, hantiert aber aus Sicherheitsgründen nicht mit einem Messer. Wenn er aus einer Flasche Wasser ins Glas gießt, verschüttet er dabei den Inhalt jedoch regelmäßig.
    • Herr Müller leidet als Folge seiner Parkinsonerkrankung unter einem starken Tremor in beiden Armen. Wenn er sich Kaffee einschenkt, landet ein Teil des Getränks auf der Untertasse oder auf der Tischdecke. Obwohl die Pflegekraft deshalb zumeist das Eingießen für ihn übernimmt, hat er sich dennoch einen Teil seiner Ressourcen bewahrt. Denn zumindest ein großer Teil des Kaffees gelangt wie geplant in den Becher. Herr Müller ist somit nicht “unselbstständig” sondern doch zumindest “überwiegend unselbstständig”.
    • Frau Franze leidet unter Alzheimerdemenz. Sie verkennt z. B. die Funktion des Bestecks. Sie versucht, das Brötchen mit einem Löffel aufzuschneiden. Zum Auftragen ihrer Schokoladencreme verwendet sie die Hände. Daher ist es notwendig, sie bei der Speisenvorbereitung permanent zu beaufsichtigen. Die Pflegekraft muss ihr kleinschrittig jeden Arbeitsgang erklären oder - noch besser - vormachen.
  • Unselbstständig: Der Bewohner kann nicht oder nur minimal mithelfen.
Essen
  • Nachdem es im vorherigen Punkt um die direkte Vorbereitung der Mahlzeit geht, beurteilt dieses Kriterium die eigentliche Nahrungsaufnahme. Ein gesunder Mensch nimmt Speisen auf verschiedene Weisen zu sich. Brötchen, Kekse und Obst werden üblicherweise mit den Fingern gegessen. Bei den Mittagsmahlzeiten kommen Messer, Gabel oder Löffel zum Einsatz. Der Bewohner sollte die Speisen zum Mund führen, ggf. abbeißen, kauen und schlucken können.
  • Relevant ist auch die Selbstständigkeit bei der Steuerung der Nahrungsaufnahme, also die Frage, ob der Bewohner den Teller leert und somit ausreichend Nahrung aufnimmt. Bei vielen Demenzkranken lässt der Appetit nach. In Kombination mit einem Bewegungszwang und dem dadurch gesteigerten Kalorienverbrauch kommt es dann schnell zu einem erheblichen Gewichtsverlust.
  • Die Beurteilung erfolgt auch dann, falls die Nahrungsaufnahme ganz oder teilweise über eine Sonde bzw. parenteral erfolgt. Zumeist liegt dann jedoch eine Unselbstständigkeit vor. Auch verschiedene Diagnosen, etwa eine Dysphagie als Folge eines Schlaganfalls, führen fast automatisch zu einer Einschätzung als “unselbstständig”.
  • In diesem Kriterium wird nur die Nahrungsaufnahme bewertet. Für das Trinken gibt es ein eigenes Kriterium, das direkt hier anschließend folgt.
  • Selbstständig: Der Bewohner nimmt die Nahrung zu sich, ohne dass die Pflegekraft dabei Unterstützung leisten müsste.
    • Frau Bothe ist altersverwirrt. Bei der Vorbereitung der Speisen ist sie noch auf Hilfe durch eine Pflegekraft angewiesen. Beim Essen hingegen besteht kein Unterstützungsbedarf. Sofern die Nahrung mundgerecht zerteilt ist, kann Frau Bothe eigenständig essen. Sie benötigt weder Anleitung noch Aufsicht.
  • Überwiegend selbstständig: Der Pflegebedürftige kann weitgehend eigenständig essen. Er benötigt aber punktuelle Anleitung. Er muss beispielsweise aufgefordert werden, mit dem Essen zu beginnen oder weiter zu essen. Eine überwiegende Selbstständigkeit liegt auch vor, falls punktuell Unterstützung geleistet werden muss. Dazu zählt das Zurücklegen von Speisen, die aus der Hand oder von der Gabel gerutscht sind. Manchen Senioren muss auch das Besteck in die Hand gelegt werden.
  • Überwiegend unselbstständig: Die Pflegekraft muss permanent anwesend sein, etwa weil sich der Bewohner verschlucken könnte und somit eine Aspiration droht. Andere Pflegebedürftige müssen ständig zur Nahrungsaufnahme motiviert werden. Oder aber die Pflegekraft muss die Nahrung größtenteils anreichen.
    • Herr Grüne leidet unter Morbus Alzheimer. Die hirnorganische Veränderung beeinträchtigt offenbar auch das Hungergefühl. Während der Mahlzeiten isst er häufig nur einen kleinen Teil der Speisen. Dann steht er auf und will den Speisesaal verlassen. Die Pflegekraft muss Herrn Grüne immer wieder “einfangen”, ihn zu seinem Platz zurückführen und dazu überreden, noch etwas mehr zu essen. Mitunter kann die Pflegekraft den Bewohner aber dazu animieren, Nahrung zu sich zu nehmen, wenn er diese von ihr angereicht bekommt.
  • Unselbstständig: Die Nahrung muss komplett (oder nahezu komplett) angereicht werden. Auch bei einer Sondenernährung ist in den allermeisten Fällen davon auszugehen, dass der Bewohner als “unselbstständig” angesehen werden muss.
    • Frau Weiß befindet sich im Wachkoma. Sie wird über eine PEG versorgt.
Trinken
  • Die Flüssigkeitsaufnahme wird getrennt von der Nahrungsaufnahme ausgewertet. Die Logik dahinter ist nicht wirklich einleuchtend. In den allermeisten Fällen gehen Einschränkungen in beiden Bereichen Hand in Hand. Wenn ein Pflegebedürftiger eigenständig isst, so trinkt er zumeist auch ohne Hilfe. Scheitert er jedoch bei der Nahrungsaufnahme, gilt dieses fast immer auch bei der Flüssigkeitsaufnahme.
  • Nur eine Konstellation ist vergleichsweise häufig. Ein Bewohner nimmt zwar ausreichend Nahrung zu sich, vergisst jedoch regelmäßig das Trinken. Eine Mangelversorgung kann naturgemäß insbesondere an warmen Sommertagen zu einem Risiko werden. Hier muss die Pflegekraft also immer wieder an die Flüssigkeitsaufnahme erinnern.
  • Das Kriterium prüft also, ob der Bewohner bereitstehende Getränke aufnimmt. Die Nutzung von Hilfsmitteln ist ausdrücklich möglich und mindert den Grad an Selbstständigkeit nicht. Wenn der Bewohner also einen Strohhalm oder einen Spezialbecher mit Trinkaufsatz verwendet und (wichtig!) dabei keine Hilfe durch eine Pflegekraft benötigt, ist er insgesamt dennoch selbstständig.
  • Die Beurteilung wird auch dann vorgenommen, wenn die Flüssigkeitsaufnahme ganz oder teilweise über eine Sonde bzw. parenteral erfolgt. Dann jedoch ist i. d. R. von einer Unselbstständigkeit auszugehen.
  • Selbstständig: Der Bewohner trinkt eigenständig. Hilfe durch eine Pflegekraft benötigt er nicht.
  • Überwiegend selbstständig: Der Pflegebedürftige trinkt ohne direkte Hilfe. Dieses funktioniert aber nur, wenn das Glas oder die Tasse in seiner Griffreichweite (oder besser gesagt in seinem Sichtfeld) abgestellt wird. In der Praxis wird diese Hilfeleistung häufig nicht korrekt gewertet. Viele Senioren denken “von allein” nicht an das Trinken. Stellt man ihnen den Tee oder den Kaffee jedoch direkt “vor die Nase”, trinken sie ausreichend. Der Bewohner ist also nicht “selbstständig”, sondern nur “überwiegend selbstständig”. Von einer überwiegenden Selbstständigkeit ist auch auszugehen, wenn der Bewohner regelmäßig verbal ans Trinken erinnert werden muss.
    • Beispiel: Frau Braun hat eine Läsion der Sehbahn erlitten. Es liegt eine Hemianopsie (“Halbseitenblindheit”) vor. Wenn das Getränk auf der ausgeblendeten Seite abgestellt wird, kann es Frau Braun nicht sehen. Sie trinkt es dann auch nicht. Die Pflegekraft muss also darauf achten, dass die Tasse oder das Trinkglas auf der nicht betroffenen Seite abgestellt wird.
    • Beispiel: Herr Mahler ist demenzkrank. Er trinkt zu wenig. Wenn die Pflegekraft ihn an die Flüssigkeitsaufnahme erinnert, nippt er kurz am Glas und stellt es wieder weg. Durch Zufall entdeckt ein Kollege jedoch die Lösung für das Problem. Er nimmt sich ebenfalls ein Glas, stößt mit dem Bewohner an, sagt “Prosit” und trinkt mit ihm. Herr Mahler leert dann fast das gesamte Glas.
  • Auch Vorbehalte gegen das Trinken können eine überwiegende Selbstständigkeit begründen.
    • Beispiel: Herr Dannemann ist vor drei Wochen auf dem Weg zur Toilette gestürzt. Seitdem hat er vor einem erneuten Unfall große Angst. Er reduziert die Trinkmenge, um dadurch die Toilettengänge zu verringern. Tatsächlich jedoch führt der stärker konzentrierte Harn zu einer Reizung der Blasenschleimhaut und somit zu intensivem Harndrang. Die Pflegekräfte müssen Herrn Dannemann immer wieder dazu motivieren, ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen.
  • Überwiegend unselbstständig: Die Pflegekraft muss dem Bewohner das Trinkgefäß beispielsweise immer wieder in die Hand legen. Eine überwiegende Unselbstständigkeit liegt auch vor, wenn der Pflegebedürftige permanent (“Schluck für Schluck”) zum Trinken motiviert werden muss. Bei vielen Senioren ist auch eine ständige Aspirationsgefahr gegeben. Die Pflegekraft ist daher beim Trinken immer anwesend, um bei einem Verschlucken sofort eingreifen zu können.
  • Unselbstständig: Getränke müssen (nahezu) komplett gereicht und eingegeben werden.



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