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Befähigungsnachweis ("Spritzenschein")

Die rechtliche Einordnung eines Spritzenscheins ist unter Juristen heiß umstritten. Eines jedoch ist klar: Diese Befähigungsnachweise schützen so ziemlich jeden, nur nicht die ausführende Pflegekraft.


Standard "Spritzenschein"


Definition:

  • Der Spritzenschein ist eine schriftliche Bestätigung dafür, dass der Arzt eine andere Person damit beauftragt, eine Injektion durchzuführen. Der delegierende Arzt muss sich davon überzeugen, dass die bevollmächtigte Pflegekraft die Injektionstechnik korrekt beherrscht. Er muss überdies prüfen, ob die Pflegekraft richtig reagieren kann, falls es aufgrund von Injektionsfehlern oder Unverträglichkeiten des Medikaments zu Komplikationen kommt.
  • Der Arzt ist während der Delegationsdauer zu gezielten Kontrollen verpflichtet. Er muss die ordnungsgemäße Durchführung der delegierten Aufgaben sicherstellen.
  • In einem Spritzenschein werden die übertragenen Aufgaben präzise definiert. Der Befähigungsnachweis ist personengebunden. Er kann vom delegierenden Arzt jederzeit zurückgenommen, eingeschränkt, erweitert oder in seiner zeitlichen Gültigkeit begrenzt werden.
  • Ein Spritzenschein dient als Nachweis dafür, dass eine Pflegekraft über die notwendigen Fähigkeiten für eine Injektion verfügt. Er mindert daher haftungsrechtliche Risiken des Arztes und der Einrichtung.
(Hinweis: Das bedeutet im Umkehrschluss, dass dieser Befähigungsnachweis für Pflegekräfte im Fall von haftungsrechtlichen Auseinandersetzungen kaum Hilfe bietet. Sicherheit schafft letztlich nur die Zusicherung des Heimbetreibers, dass er alle Kosten übernimmt, sofern die Pflegekräfte in Rechtsstreitigkeiten verwickelt werden sollten.)
  • Einige Bewohner verspüren große Angst, wenn die Injektion nicht vom Arzt, sondern von einer Pflegekraft durchgeführt wird. Für eine Delegation ist daher stets die Zustimmung des Bewohners notwendig. Er kann der Wirkstoffapplikation durch eine Pflegekraft widersprechen.
(Hinweis: Die Thematik des Spritzenscheins ist unter Juristen sehr umstritten. Sowohl die Schutzfunktion als auch die richtige Formulierung ist ungesichert. Urteile, aus denen eine grundsätzliche Einordnung der Risiken abgeleitet werden kann, gibt es nicht. Die Nutzung von Spritzenscheinen bietet also in der Praxis keine Garantie für Rechtssicherheit.)

Grundsätze:

  • Ärzte haben gegenüber Pflegekräften in unserem Haus kein Weisungsrecht. Jede Pflegekraft kann und muss die Delegation von Injektionen ablehnen, wenn sie eine Gefährdung eines Bewohners befürchtet.

Ziele:

  • Der Bewohner erhält alle verordneten Injektionen. Gesundheitsrisiken bei der Applikation werden minimiert.
  • Die Einrichtung und die Pflegekräfte werden vor Haftungsrisiken geschützt.
  • Wir schaffen ein kooperatives Arbeitsverhältnis zu den Ärzten unserer Bewohner.

Vorbereitung:

Organisation

  • Pflegehelferinnen mit zweijähriger Berufspraxis bieten wir die Teilnahme an Seminaren, in denen das theoretische Grundwissen für einen Spritzenschein vermittelt wird. Danach ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich, dass diese behandlungspflegerische Leistungen erbringen.
  • Jeder Mitarbeiter wird bereits im Rahmen der Einarbeitung über die Bedeutung eines Spritzenscheins und die organisatorischen Abläufe in unserem Haus informiert.
  • Wir suchen den Kontakt zu allen behandelnden Ärzten unserer Bewohner. Wir entwickeln im Dialog gemeinsam Organisationsstrukturen, um Delegationen sicher umzusetzen.

Ausstellung des Spritzenscheins

  • Wir stellen sicher, dass der Spritzenschein nur solche Tätigkeiten abdeckt, für die die Pflegekraft fachlich qualifiziert ist. Entscheidend ist dabei nicht die bisherige Ausbildung, sondern der aktuelle Wissensstand. Beispiel: Eine Pflegefachkraft ist aufgrund ihrer Qualifikation eigentlich dazu in der Lage, eine Injektion durchzuführen. Aufgrund einer mehrjährigen Babypause verspürt sie dabei aber eine erhebliche Unsicherheit.
  • Die Pflegekraft muss den delegierenden Arzt sowie die Wohn- bzw. Pflegedienstleitung ebenfalls darüber informieren, wenn die übertragene Aufgabe für den Bewohner ihrer Meinung nach mit einem erheblichen Gesundheitsrisiko verbunden wäre. Bis die Zweifel ausgeräumt werden, muss die Pflegekraft die Durchführung einer Injektion verweigern. Die Applikation von Zytostatika, Herzmedikamenten und anderen riskanten Wirkstoffen lehnen wir in jedem Fall ab.
  • Ein Spritzenschein darf nicht als Generalvollmacht missverstanden werden. Daraus folgt, dass der Spritzenschein als schriftliche Delegation stets personengebunden ist. Jeder Hausarzt muss selbstständig überprüfen, ob die Pflegekraft tatsächlich in der Lage ist, die delegierten Aufgaben zu übernehmen. In keinem Fall darf ein anderer Arzt ungeprüft die Delegation eines Kollegen als Grundlage für seine Delegation nutzen. Wenn mehrere Ärzte eine Aufgabe an eine Pflegekraft übertragen möchten, muss jeder einzelne Arzt selbst den Spritzenschein unterschreiben.
  • Wir bieten dem behandelnden Arzt die Nutzung unserer Muster für Spritzenscheine an. Falls dieser auf einem selbst formulierten Dokument besteht, stellen wir sicher, dass der Spritzenschein alle formalen Kriterien erfüllt. Dazu zählen der Name des delegierenden Arztes, der Name der beauftragten Pflegekraft, die Beschreibung der übertragenen Tätigkeiten, mögliche Einschränkungen der Delegation sowie die Bestätigung der fachlichen Überprüfung durch den delegierenden Mediziner.

Durchführung:

Nutzung eines bereits ausgestellten Spritzenscheins

  • Wir stellen sicher, dass der Bewohner in groben Zügen über die Delegationsproblematik informiert ist. Er muss wissen, dass die Durchführung einzelner Tätigkeiten vom Arzt auf eine Pflegekraft delegiert werden kann. Falls ein Bewohner strikt darauf besteht, dass eine Maßnahme von seinem Arzt zu leisten ist, wird diese in keinem Fall gegen seinen Willen von einer Pflegekraft ausgeführt. Wir informieren dann den delegierenden Arzt, damit dieser im Dialog die Bedenken des Bewohners ausräumen kann.
  • Wir beachten, dass die Gültigkeit eines Spritzenscheins infrage steht, wenn sich der Gesundheitszustand eines Bewohners erheblich verändert und zusätzliche Risiken auftreten. Beispiel: Ein Bewohner verliert so erheblich an Körpergewicht, dass die Pflegekraft eine subkutane Injektion nicht mehr sicher durchführen kann.
  • Eine Ablehnung der Delegation ist auch notwendig, wenn die erforderliche Überwachung nach einer Medikamentenapplikation aufgrund von mangelnder personeller Besetzung nicht gewährleistet werden kann.

Nachbereitung:

  • Wir stellen sicher, dass ein zeitlich begrenzter Spritzenschein rechtzeitig erneuert wird.
  • Wenn eine Delegation aufgrund einer mangelnden Qualifikation abgelehnt werden musste, prüfen wir, ob die betreffende Pflegekraft eine Nachschulung oder eine Weiterbildung erhalten sollte.

Dokumente:

  • Befähigungsnachweis / Spritzenschein

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Pflegekräfte
Muster für einen Spritzenschein

 Befähigungsnachweis ("Spritzenschein") Die Pflegekraft XYZ, geb. am xx.xx.19xx, Ausbildung zur xxxxxxxx, verfügt über die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten, um subkutane und intramuskuläre Injektionen durchzuführen. In der Zeit vom xx.xx.201x bis zum xx.xx.201x hat sie mit Erfolg an einer 15-stündigen Fortbildungsveranstaltung teilgenommen. Die Themen umfassten Anatomie und Physiologie, Pharmakagruppen, Hygiene bei Injektionen, korrekte Durchführung der subkutanen und intramuskulären Injektion sowie rechtliche Fragen zur Delegation. Unterschrift der Pflegedienstleitung Unterschrift des Arztes



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