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Konzeptstandard "Akute Schmerzen"

"Zwei zum Preis von einem" gibt es nicht nur beim Lebensmitteldiscounter, sondern auch bei der Umsetzung der Expertenstandards. Die Richtlinien zur Pflege bei akuten und bei chronischen Schmerzen weisen so viele Parallelen auf, dass es Sinn macht, beide Dokumente "in einem Rutsch" zu implementieren.


Konzeptstandard "Akute Schmerzen"


Definition:

  • Ein akuter Schmerz tritt plötzlich auf und hält einen begrenzten Zeitraum an. Er steht oft in einem klar ersichtlichen und direkten Zusammenhang mit einer Schädigung von Gewebe oder von Organen, etwa bei Knochenbrüchen, bei Verbrennungen oder bei Schnittverletzungen. Aber auch kurzzeitig auftretende Kopfschmerzen zählen dazu.
  • Akute Schmerzen haben eine wichtige Warnfunktion. Sie führen dazu, dass sich der Betroffene z. B. vorsichtiger bewegt und verletzte Gliedmaßen entlastet. Gleichzeitig wird er dazu animiert, einen Arzt aufzusuchen. Beispiel: Die Schmerzen eines vereiterten Zahns zwingen den Patienten dazu, einen Zahnarzt aufzusuchen.
  • Akut auftretende Schmerzen können fast immer leicht lokalisiert werden. Sie klingen von selbst ab, sobald deren Ursache geheilt und beseitigt worden ist. Dieses hat für viele Betroffene einen positiven Effekt. Der Patient spürt, dass die Genesung Fortschritte macht.
  • Akute Beschwerden sind zumeist mit bestimmten Erregungs- und Stressreaktionen verbunden. Dazu zählen etwa Herzklopfen, vertiefte Atmung sowie geweitete Pupillen.
  • Akute Schmerzen können die Wahrscheinlichkeit für Herz-Kreislauf-Komplikationen und für Wundheilungsstörungen erhöhen. Als intensiver Stressfaktor tragen sie erheblich zur postoperativen Morbidität bei. Aus diesem Grund gilt die Behandlung von akuten Schmerzen heute als wesentlicher Bestandteil der postoperativen Therapie.
  • In vielen Fällen ist ein akuter Schmerz vorhersehbar, also etwa bei medizinischen Eingriffen. Ein Zahnarzt anästhesiert daher vor einer schmerzhaften Behandlung den betroffenen Kieferbereich. Der Schmerz wird also bereits präventiv behandelt.
  • Es gibt keinen direkten Zusammenhang zwischen der Schmerzintensität und dem Umfang einer Operation. Anders als erwartet sind bei ‘kleineren’ Einschnitten etwa zur Entnahme der Mandeln, der Gallenblase oder des Blinddarms die Schmerzen häufig intensiver als bei umfangreichen chirurgischen Eingriffen.
  • Wenn akute Schmerzen und deren Auslöser nicht angemessen therapiert werden, kann es zu einem chronischen Beschwerdebild kommen. Der Schmerz hat dann keine Schutzwirkung mehr und tritt permanent oder phasenweise wiederkehrend auf. Die Beschwerden entwickeln sich letztlich zur eigenständigen Erkrankung.
Hinweise:
  • Dieser übergeordnete Konzeptstandard fasst die zentralen Inhalte des Themenbereichs akute Schmerzen in einem Dokument zusammen, ohne jedoch ins Detail zu gehen. Für eine präzise Beschreibung einzelner Pflegemaßnahmen verweisen wir auf den jeweiligen Pflegestandard. Diese sind unten auf der Seite im Bereich "Weitere Informationen zu diesem Thema" aufgelistet. Viele Standards stehen sowohl für ambulante als auch für die stationäre Pflege zur Verfügung.
  • Da es sich genau genommen um eine Dopplung bestehender Inhalte handelt, ist ein Konzeptstandard eigentlich verzichtbar. Allerdings wird ein solches Dokument von vielen Prüfern für sinnvoll erachtet und den Pflegeteams empfohlen.

Grundsätze:

  • Jeder Mensch hat einen Anspruch auf ein schmerzfreies oder zumindest auf ein möglichst schmerzarmes Leben und Sterben.
  • Wir arbeiten eng mit den Hausärzten unserer Bewohner zusammen.
  • Schmerzen sind Warnsignale, die auf potenzielle Verletzungen oder auf Krankheiten hindeuten. Im Interesse der Gesundheit unserer Bewohner sollte jeder Schmerz mit unbekannter Ursache medizinisch überprüft werden.
  • Schmerzen sind eine subjektive Erfahrung. Wir schenken dem Schmerzempfinden unserer Bewohner Glauben, selbst wenn es scheinbar keine medizinische Ursache für die Beschwerden gibt.
  • Das Klagen über Schmerzen kann auch ein menschlicher Hilferuf sein, etwa der unterschwellige Wunsch nach mehr Beachtung. Diesem Umstand sind wir uns immer bewusst.
  • Das Vorenthalten notwendiger Medikamente oder die Verabreichung von Placebos, also von unwirksamen Scheinmedikamenten, ist unethisch und wird nicht geduldet.
  • Wir wissen, dass sich die Schmerzschwelle im Alter keineswegs erhöht. Die häufig vertretene Ansicht, dass alte Menschen weniger schmerzempfindlich sind, ist falsch.
  • Wir wissen, dass Menschen mit Demenz oder im Delir häufig nicht in der Lage sind, ihr Schmerzempfinden mitzuteilen. Daher achten wir bei diesen Bewohnern besonders intensiv auf entsprechende Signale.
  • Wir beachten kulturelle und religiöse Vorbehalte hinsichtlich der Verwendung von Narkotika.
  • Wir tolerieren alternative Methoden zur Schmerzbekämpfung. Das gilt insbesondere, wenn diese bereits vom Bewohner praktiziert werden.

Ziele:

  • Idealerweise wird der Schmerzauslöser beseitigt oder (wenn dieses nicht möglich ist) zumindest reduziert.
  • Der Bewohner hat keine Schmerzen. Ist dieses nicht möglich, wird zumindest eine stabile Schmerzsituation erreicht. Dabei wird ein vorhandener Schmerz so weit therapiert, dass die Lebensqualität nicht unnötig beeinträchtigt wird.
  • Der Bewohner kann uns mitteilen, wenn er Schmerzen hat.
  • Die Zeitspanne zwischen dem Auftreten des Schmerzes und der Behandlung wird auf ein Minimum verkürzt.
  • Bei demenziell erkrankten Senioren gelingt uns eine fundierte Fremdeinschätzung der Schmerzsituation.
  • Der Bewohner führt ein selbstbestimmtes und erfülltes Leben.
  • Die Selbstpflegekompetenz des Betroffenen wird gefördert. Er erhält eine fundierte Beratung hinsichtlich des Einsatzes von Schmerzmitteln. Auf dieser Basis kann er eigenverantwortlich Entscheidungen treffen.
  • Der Betroffene hat keine unbegründeten Ängste vor einer Medikamentenabhängigkeit und vor anderen seltenen Nebenwirkungen, die im Zusammenhang mit der Schmerztherapie auftreten.
  • Wir finden eine Schmerzmitteldosierung, mit der die Beschwerden effektiv gelindert werden. Gleichzeitig wird die Einnahme einer unnötig hohen Wirkstoffmenge vermieden. Insbesondere reduzieren wir damit unerwünschte Wechselwirkungen.
  • Wir stellen sicher, dass die Schmerzmittelapplikation endet, wenn die auslösende Schädigung ausgeheilt ist. Es ist zu vermeiden, dass sich eine Analgetikatherapie etwa nach einer Operation verselbstständigt.
  • Für die Schmerzmittelapplikation nutzen wir bevorzugt nicht invasive Methoden, also etwa eine orale Verabreichung. Die Kooperationsbereitschaft des Schmerzpatienten bleibt möglichst lange erhalten.

Vorbereitung:

Organisation

  • Wir achten auf ein Pflegeteam, dessen Zusammensetzung die kulturelle und die weltanschauliche Vielfalt unserer Bewohner widerspiegelt. Je nach gesellschaftlicher Prägung und Rollenverständnis werden Bewohner ggf. ungewohnt extrovertiert über Schmerzen klagen oder sich im Gegenteil völlig zurückziehen und die Beschwerden verleugnen. Die Folge ist dann häufig eine medikamentöse Über- oder Unterversorgung. Oftmals werden auch ungewohnte Wortbilder zur Schmerzbeschreibung verwendet, die ohne soziokulturelle Kenntnisse unbeachtet bleiben.
    • (Siehe: Standard "Kultursensible Altenpflege: Islam")
  • Wir nutzen das Prinzip der Bezugspflege. Nur durch einen täglichen persönlichen Kontakt kann eine Pflegekraft einschätzen, ob der Bewohner Schmerzen hat und wie sich diese auf seine Lebensqualität auswirken. Zudem kann eine Bezugspflegekraft auch missverständliche Schmerzbezeichnungen richtig einordnen, etwa wenn ein von Koliken geplagter Bewohner lediglich sagt, dass ihm "nicht wohl" sei.
  • Eine Pflegekraft erhält die Fortbildung zum Schmerzmanager ("Pain Nurse"). Darüber hinaus werden alle Pflegekräfte regelmäßig per Inhouseschulung  weitergebildet. Wichtig ist insbesondere, dass Schmerzskalen einheitlich ausgefüllt werden.
  • Wir stellen sicher, dass der Bewohner von einem fähigen Hausarzt versorgt wird. Wenn etwa aufgrund des Heimeinzugs ohnehin ein Arztwechsel erfolgen muss, vermitteln wir ihm einen Mediziner, der nach unserer Erfahrung qualifiziert ist. Wichtig ist auch die Bereitschaft, die notwendigen Schmerzmittel (insbesondere Opioide) zu verschreiben, wenn der Zustand des Bewohners dieses erfordert.
  • Wenn absehbar ist, dass der Bewohner bald Schmerzen haben wird, stellen wir gemeinsam mit dem behandelnden Arzt sicher, dass der Pflegebedürftige rechtzeitig vorab Schmerzmittel erhalten wird. Beispiel: Der Verband einer Operationswunde muss gewechselt werden.
  • Wir arbeiten eng mit Schmerzambulanzen zusammen. Wenn wir den Eindruck gewinnen, dass die hausärztliche Versorgung die Schmerzsituation nicht dauerhaft verbessern wird, empfehlen wir die Überweisung an eine solche Fachklinik.

Informationssammlung

  • Bereits im Rahmen des Erstgesprächs und des Heimeinzugs sprechen wir das Thema Schmerzen an. Wir erklären dem Bewohner, dass er sich jederzeit bei einer Pflegekraft melden sollte, wenn er plötzlich Schmerzen spürt. Sie verdeutlichen dem Pflegebedürftigen, dass auch bei akuten Erkrankungen der Schmerz nicht automatisch "dazugehört" und folglich bekämpft werden kann und sollte. Der Bewohner erhält Informationsmaterial.
(Hinweis: Insbesondere bei religiös geprägten Menschen ist die Ansicht verbreitet, Schmerz sei eine Strafe; also eine Prüfung, die man auszuhalten habe. Entsprechend gering ist dann oftmals die Zustimmung für eine Analgetikatherapie. Solche Widerstände sollten ggf. in Kooperation mit Geistlichen und mit der Gemeinde abgebaut werden.)
  • Wir erfragen, welche Strategien der Bewohner bisher nutzte, um Schmerzen zu lindern oder um sich von ihnen abzulenken; etwa fernsehen, Zeitung lesen oder Musik hören.
    • (Siehe: Standard "Erstgespräch")
  • Jeden Tag wird jeder Bewohner einmal zu etwaigen Schmerzen befragt. Bei demenziell erkrankten Senioren achten wir auf eine veränderte Gestik, entsprechende Mimik oder auf ein verändertes Verhalten.
  • Wir fragen ebenfalls nach Beschwerden, wenn es zu einem Ereignis gekommen ist, das beim Bewohner Schmerzen verursachen könnte. Beispiel: Der Pflegebedürftige hat sich geschnitten oder gestoßen.
  • Eine engmaschige Schmerzerfassung ist auch notwendig, wenn der Bewohner nach einer ärztlichen Behandlung in die Einrichtung zurückkehrt. Beispiele: Ambulante Operationen, Versorgung einer Fraktur oder eine genähte Schnittverletzung.
  • Falls wir aufgrund der ersten Einschätzung den Eindruck gewinnen, dass der Bewohner höchstwahrscheinlich keine Schmerzen hat und keine haben wird, sind keine weiteren Schritte notwendig.
  • Wenn die Schmerzen auf eine gesundheitliche Gefährdung schließen lassen, rufen wir den Notarzt. Dazu zählen etwa Beschwerden im Brustkorb als Folge eines Herzinfarkts oder Schmerzen im Hüftgelenk als Symptom einer Schenkelhalsfraktur.
  • Wenn ein Bewohner aus dem Krankenhaus zurückkehrt, prüfen wir, ob er dort Analgetika erhalten hat. Wir klären, ob die Notwendigkeit für eine Schmerzmittelversorgung weiterhin besteht. Wir bitten den behandelnden Arzt falls notwendig um eine entsprechende Verschreibung.
    • (Siehe: Checkliste: Wiederaufnahme nach Klinikaufenthalt)
  • Der Bewohner erhält eine umfassende Beratung. Wir erklären ihm insbesondere, welche Möglichkeiten es gibt, um Schmerzen zu verhindern oder zu therapieren. Er erhält eine Beratungsbroschüre. Wir prüfen, ob es eine übertriebene Angst vor Schmerzmitteln und deren Suchtpotenzial gibt. Wenn der Bewohner die Behandlung mit Analgetika ablehnt, versuchen wir im Dialog, die Gründe dafür zu erfahren und Fehlinformationen zu korrigieren.
    • (Siehe: Informationsbroschüre "Schmerzbehandlung")
  • Wenn der Bewohner trotz der Beratung keine medikamentöse Therapie wünscht, so akzeptieren wir dieses. Wir stellen jedoch sicher, dass er seine Entscheidung jederzeit ohne Gesichtsverlust korrigieren kann.
  • Die Schmerzmittelversorgung des Bewohners wird regelmäßig kontrolliert und kritisch hinterfragt. Insbesondere prüfen wir, ob der Betroffene Analgetika parallel von mehreren Ärzten erhält. Wir klären, ob er frei verkäufliche Schmerzmittel beschafft und einnimmt. Wir prüfen auch stets, ob es Anzeichen für eine Medikamentenabhängigkeit gibt.
    • (Siehe: Protokoll "Pflegevisite Medikamente")
  • Bei orientierten Betroffenen kann eine Skala ("Schmerzschieber") für die Beschreibung der Schmerzintensität genutzt werden. Abhängig von den verbliebenen mentalen Fähigkeiten wird eine numerische Skala (Werte von 1 bis 10) oder eine Gesichterskala (lachende oder weinende Smileys) verwendet. Ist ein bestimmter Wert überschritten ("Cut-off-Punkt"), muss zwingend eine Schmerzbehandlung eingeleitet werden.
    • (Siehe: Standard "Schmerzanamnese bei kognitiv nicht eingeschränkten Senioren")
  • Bei der Schmerzanamnese hat die Selbstauskunft Vorrang vor der Fremdauskunft. Im Umgang mit verwirrten Senioren ist jedoch häufig keine hinreichende Kommunikation mehr möglich. Durch eine genaue Beobachtung von Demenzpatienten schätzen wir ein, ob und in welchem Maß diese unter Schmerzen leiden. Grundlage dabei ist die BESD-Skala oder die BISAD-Skala. Wir beachten stets, dass diese Form der Schmerzeinschätzung vergleichsweise ungenau ist.
    • (Siehe: Standard "Schmerzerkennung bei Demenz")
(Hinweis: Es ist wichtig, dass möglichst immer nur ein Messinstrument angewendet wird. Ansonsten lassen sich die Daten nicht über einen längeren Zeitraum miteinander vergleichen.)
  • Wir stellen sicher, dass der Bewohner eine angemessene Schmerzmittelversorgung erhält. Dazu zählen eine effektive Dauermedikation sowie eine Bedarfsmedikation zur Linderung von Schmerzspitzen.
    • (Siehe: Muster für die Verordnung einer Bedarfsmedikation)
  • Die aktuelle Schmerzsituation wird mindestens einmal täglich erfasst. In unkritischen Fällen kann dieses etwa im Rahmen der täglichen Grundpflege erfolgen. Die Pflegekraft befragt den Bewohner nach etwaigen Beschwerden. Bei komplexeren Schmerzzuständen erfolgt die Erfassung mehrmals täglich, also etwa einmal pro Schicht.
  • Wir erfragen die aktuelle Schmerzbelastung auch nach einer Medikamentenapplikation. Die Analgetika sollten spätestens nach 30 Minuten (i.v.-Gabe) bzw. nach 60 Minuten (orale Gabe) wirksam sein. Schmerzpflaster erreichen die volle Wirksamkeit nach einigen Tagen. Ist dieses nicht der Fall, wird der behandelnde Arzt informiert.

Durchführung:

Maßnahmen zur Schmerzbekämpfung

  • Wir prüfen zunächst, ob eine nichtmedikamentöse Schmerztherapie die Beschwerden hinreichend lindern kann. Dazu zählen insbesondere Wärme- und Kälteanwendungen, aber auch Atemübungen sowie Massagen.
    • (Siehe: Standards "nichtmedikamentöse Schmerztherapie", "Kälteanwendungen" u. A.)
  • Wir verwenden auch Hausmittel, wenn diese beim Bewohner eine biografische Verankerung haben. Das umfasst etwa Ganzkörperwaschungen und Einreibungen. Geeignet sind auch solche Mittel, deren Effektivität wissenschaftlich nicht belegbar ist, die aber offenkundig im individuellen Fall schmerzlindernd wirken, etwa Weihrauch, Bachblüten oder Heilsteine.
    • (Siehe: Standards "anregende Ganzkörperwaschung" sowie "atemstimulierende Einreibung")
  • Wir vermitteln dem Betroffenen Techniken, um sich im Bett eigenständig umzulagern und dadurch Schmerzen zu reduzieren.
    • (Siehe: Standard "Transfer in eine sitzende Position mittels Bettleiter", "Hochbewegen im Bett" sowie "Hochbewegen im Bett per Kiste")
  • Wir prüfen, ob die "transkutane elektrische Nervenstimulation (‚TENS')" die Schmerzbelastung senken kann. Der Betroffene wird in die richtige Handhabung eingewiesen.
    • (Siehe: Standard "transkutane elektrische Nervenstimulation")
  • Wir nutzen die Basale Stimulation, um Schmerzen zu lindern. Dieses ist insbesondere bei demenziell erkrankten Senioren sinnvoll.
    • (Siehe: Standard "basale Aktivierung")
  • Wenn nichtmedikamentöse Therapieansätze keinen Erfolg zeigen, erhält der Bewohner nichtopioide Analgetika. Wir beachten, dass die Suchtrisiken bei dieser Wirkstoffklasse häufig unterschätzt werden.
    • (Siehe: Standard "Schmerzbekämpfung mit nichtopioiden Analgetika")
  • Falls die Schmerzbelastung trotz der Applikation von nichtopioiden Analgetika unerträglich bleibt, erfolgt die Schmerzbekämpfung ggf. mittels Opioiden. Im Rahmen des Möglichen versuchen wir, die zu erwartenden Nebenwirkungen der Opioide zu lindern.
    • (Siehe: Standard "Schmerzbekämpfung mit Opioiden")
  • Soweit dieses möglich ist, soll der Bewohner die Schmerzmitteleinnahme eigenständig steuern. Bei oral einzunehmenden Schmerzmitteln kann er beispielsweise den Einnahmezeitpunkt und die tägliche Dosis innerhalb der ärztlich vorgegebenen Parameter selbst wählen. Bei schweren Schmerzzuständen kann dieses etwa über eine "PCA-Pumpe" erfolgen.
    • (Siehe: Standard "Anwendung einer PCA-Pumpe")
  • Ergänzend zu schulmedizinischen Therapien können Anwendungen der Alternativmedizin genutzt werden, etwa pflanzliche Wirkstoffe oder Homöopathie. Die Nutzung von Placebos ist ausgeschlossen. Der ärztlich überwachten Verwendung von Cannabis zur Schmerzreduktion stehen wir offen gegenüber.
  • Wir prüfen, ob der Kontakt mit Haustieren oder mit Besuchstieren die Beschwerden zumindest zeitweilig lindert.
    • (Siehe: Standard "Umgang mit Haustieren")
  • Wir ermuntern den Bewohner, sich an unserem Gymnastikprogramm zu beteiligen. Wir erläutern ihm, dass er damit sowohl Schmerzen vorbeugt und sich gleichzeitig von bereits vorhandenen Schmerzen ablenken kann.
    • (Siehe: Standards "Bewegungstraining" und "Bewegungsübungen im Bett bei Immobilität")

weitere Maßnahmen

  • Die Vitalwerte des Bewohners werden regelmäßig erfasst, insbesondere Puls, Blutdruck und Atmung. Wir beachten, dass bei einer Opioidtherapie eine engmaschigere Überwachung notwendig ist.
    • (Siehe: Standards "Messung des Blutdrucks", "Beobachtung der Atmung" sowie "Beobachtung des Pulses".)
  • Wir fördern den Kontakt des Bewohners mit Seelsorgern und den spirituellen Austausch mit anderen Menschen seiner Glaubensrichtung.
  • Wir ermuntern den Bewohner, den Kontakt zu Freunden und zur Familie nicht abreißen zu lassen. Wir prüfen, ob sich die Schmerzbelastung nach einem Familienbesuch zumindest zeitweilig bessert.
  • Wir prüfen, inwieweit die Beschwerden zu einer Störung des Nachtschlafs führen. Im Rahmen der Möglichkeiten versuchen wir, dem Bewohner eine erholsame Nachtruhe zu ermöglichen.
    • (siehe: Formular "Schlafanamnese", Standardpflegeplan "Schlafstörungen" und Standardmaßnahmenplan "Schlafstörungen")
  • Schmerzen können den Appetit eines Bewohners mindern und langfristig zu einer Kachexie führen. Das Gewicht von Schmerzpatienten wird daher regelmäßig überwacht. Falls notwendig passen wir die Ernährung an, um den BMI zu normalisieren.
    • (Siehe: Standard "Untergewicht und Kachexie")
  • Schmerzzustände sowie Opioidtherapien führen bei vielen Betroffenen zur Obstipation. Durch eine Anpassung der Ernährung sowie durch eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr versuchen wir, eine Kotverstopfung abzuwenden. Kommt es dennoch zu einer Obstipation, treffen wir Maßnahmen, um diese möglichst schonend zu beseitigen.
    • (Siehe: Standards "Obstipationsprophylaxe", "Klistier und Microklist", "Darmeinlauf" sowie "Kolonmassage")
  • Schmerzen erhöhen die Anfälligkeit des Bewohners für Angsterkrankungen und für Panikattacken. Wir vermitteln dem Bewohner wirksame Entspannungstechniken und nutzen die Basale Stimulation, damit er wieder eine vertrauensvolle Beziehung zum eigenen Körper aufbaut.
    • (Siehe: Standards "Pflege von Senioren mit Angststörungen" und "Basale Stimulation")
  • Schmerzen können bei Demenzpatienten herausforderndes Verhalten auslösen. Wir setzen verschiedene Assessments ein, um die Ursachen für das herausfordernde Verhalten zu finden.
    • (Siehe: Standards "herausforderndes Verhalten" sowie "Schreien mit unbekannter Ursache")
  • Schmerzen steigern häufig die Gewaltneigung. Im Umgang mit aggressiven Senioren achten wir gleichermaßen auf ein gutes zwischenmenschliches Verhältnis aber auch auf die Eigensicherung.
    • (Siehe: Standard "Pflege von Bewohnern mit gesteigerter Gewaltneigung")
  • Schmerzen sind häufig mitursächlich für Weglauftendenzen. Bei demenziell erkrankten Schmerzpatienten ist daher eine sorgfältige Überwachung sinnvoll.
    • (Siehe: Standard "Pflege von Bewohnern mit Weglauftendenz / Hinlauftendenz")
  • Schmerzen gelten als zentraler Auslöser für Depressionen, für Selbstschädigung sowie für Selbsttötungen. Wir achten daher sehr sorgfältig auf Stimmungsschwankungen und wirken im Rahmen unserer Möglichkeiten stabilisierend auf den Bewohner ein.
    • (Siehe: Standards "Erkennung von Depressionen", "Pflege und Betreuung von Senioren mit depressiven Störungen" und "Suizidprävention")
  • Schmerzen können zur Immobilität führen. Mangelnde Bewegung wiederum steigert das Risiko für viele Komplikationen wie etwa Dekubitus, Kontrakturen oder Pneumonien. Wir intensivieren daher die entsprechenden Prophylaxemaßnahmen. Wichtig ist auch eine umfassende Deprivationsprophylaxe.
    • (Siehe: Standards: "Dekubitusprophylaxe", "Deprivationsprophylaxe" u. A.)
  • Schmerzen am Bewegungsapparat sind ein wichtiger Risikofaktor für Stürze. Wir setzen daher die Maßnahmen im Rahmen der Sturzprophylaxe um. Insbesondere sollte der Bewohner ggf. einen Hüftprotektor tragen.
    • (Siehe: Konzeptstandard "Sturzprophylaxe")
  • Schmerzen können zu einer gesteigerten Schweißbildung führen, die wiederum mitursächlich für viele Hautschädigungen ist. Wir treffen Maßnahmen, um die negativen Auswirkungen zu begrenzen.
    • (Siehe: Standard "Pflege von stark schwitzenden Senioren")
  • Immobile Bewohner mit starken Schmerzen werden nur dann aus dem Bett mobilisiert, wenn es zwingend notwendig ist. Dieses wird insbesondere bei der Körperpflege und beim Bettenmachen berücksichtigt.
    • (Siehe: Standard "Bettenmachen bei immobilen Senioren", "Ganzwaschung im Bett" sowie "Haarwäsche im Bett")
  • Senioren mit Schmerzen werden besonders vorsichtig mobilisiert. Ggf. nutzen wir "En Bloc"-Transfers.
    • (Siehe: Standards "Transfer aus der Rückenlage ins Sitzen an der Bettkante en bloc" sowie "Bewegung aus der Rückenlage in die Seitenlage und zurück mit stabilisiertem Rumpf")
  • Viele Schmerzpatienten bekämpfen Schmerzen mit Alkohol und geraten damit in eine Abhängigkeit. Wir intensivieren die Beratung und Betreuung gefährdeter Bewohner.
    • (Siehe: Standard "Pflege von alkoholabhängigen Senioren")

Auslösende Ereignisse und Grunderkrankungen

(Hinweis: Es gibt zahllose denkbare Auslöser für akute Schmerzen. Im Folgenden haben wir nur eine kleine Auswahl möglicher Ursachen aus verschiedenen Bereichen gelistet.)

  • Nach einem Sturz ist zunächst zu klären, ob es zu Bandrupturen oder zu Frakturen gekommen ist. Auch wenn dieses ärztlich ausgeschlossen wurde, können in den folgenden Tagen erhebliche Schmerzen auftreten. In vielen Fällen lassen sich die Beschwerden durch Kälteanwendungen lindern.
    • (Siehe: Standards "Maßnahmen nach einem Sturz" und "Kälteanwendungen")
  • Auch kleine Verbrennungswunden ("Bagatellverbrennungen") können erhebliche Schmerzen verursachen. Der Hautbereich wird gekühlt. Wir nutzen dafür Gel oder Lotionen, also etwa ein Brand- und Wundgel. Alternativ verwenden wir feuchte Umschläge.
    • (Siehe: Standard "Verbrennungswunden")
  • Schmerzen nach ärztlich versorgten Frakturen reduzieren sich, wenn die betroffene Extremität erhöht gelagert wird. Wir stellen zudem eine angemessene Versorgung mit Analgetika sicher.
    • (Siehe: Standard "Pflege von Senioren nach einer Knochenfraktur")
  • Eine vermutete Luxation ("Verrenkung") wird stets zunächst vom Arzt in Augenschein genommen. Nach der medizinischen Versorgung werden betroffene Gelenke gekühlt und schmerzarm gelagert.
    • (Siehe: Standard "Luxation nach einem Sturz")
  • Bagatellwunden werden schonend versorgt und desinfiziert, um die Schmerzbelastung zu minimieren. Wir nutzen bevorzugt wässrige Lösungen, wie etwa Octenidin-Lösung oder PVP-Iod-Lösung. Alkoholische Lösungen sollten nicht genutzt werden.
    • (Siehe: Standard "Versorgung von Bagatellwunden")
  • Viele Schmerzzustände lassen sich durch Lagerungen lindern, etwa die Stufenbettlagerung bei Lumbago ("Hexenschuss"). Wir befragen dafür den Bewohner, in welcher Körperhaltung die Beschwerden nachlassen.
    • (Siehe: Standard "Lumbago")
  • Bei leichten Bindehautentzündungen prüfen wir, ob kühlende Auflagen die Schmerzbelastung senken.
    • (Siehe: Standard "Bindehautentzündung")
  • Schmerzen bei Tonsillitis werden mit Lutschtabletten gelindert. Der Bewohner erhält (kalte oder heiße) Wickel mit Quark, Zwiebeln, Zitronensaft, Leinsamenbrei oder zerquetschten Kartoffeln.
    • (Siehe: Standard "Pflege von Senioren mit akuter Tonsillitis")
  • Harnwegsinfektionen können erhebliche Schmerzen verursachen. Bei krampfartigen Schmerzen bitten wir um die Verschreibung von Spasmolytika und Analgetika. Auch lokale Wärmeanwendungen können Beschwerden lindern.
    • (Siehe: Standard "Pflege von Bewohnern mit Harnwegsinfektionen")
  • Bei einem Magengeschwür kann vor allem eine erhöhte Lagerung die Schmerzen reduzieren. Außerdem muss ggf. die Ernährung angepasst werden.
    • (Siehe: Standard "gastroduodenale Ulkuskrankheit")

Nachbereitung:

  • Alle Beobachtungen und Pflegemaßnahmen werden sorgfältig dokumentiert.
  • Wenn sich die Schmerzintensität ändert, passen wir unsere Maßnahmen entsprechend an. Die Pflegeplanung / Maßnahmenplanung wird entsprechend aktualisiert. Zudem bitten wir den behandelnden Arzt um eine Anpassung der Medikation.
  • Der Zustand von Bewohnern mit akuten Schmerzen wird regelmäßig in Fallbesprechungen diskutiert. Wir tauschen Informationen sowie Strategien zur Schmerzlinderung aus.
    • (Standard "Fallbesprechung")

Dokumente:

  • Pflegedokumentation
  • Schmerzprotokoll

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Pflegefachkräfte



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