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Pflegestandard "Versorgung von Senioren mit einer Schlafapnoe"

Wenn ein Pflegebedürftiger den ganzen Tag nicht "in die Gänge kommt", werden allzu schnell Psychopharmaka, Antriebslosigkeit oder Demenz als Ursachen dafür ausgemacht. Viel häufiger jedoch ist die Schlafapnoe für Tagesschläfrigkeit verantwortlich. Wir zeigen Ihnen, wie betroffene Senioren optimal versorgt werden.


Pflegestandard "Versorgung von Senioren mit einer Schlafapnoe"


Definition:

  • Eine Schlafapnoe liegt vor, wenn die Nachtruhe eines Bewohners durch Atempausen von mindestens zehn Sekunden Dauer unterbrochen wird. Diese Pausen treten mindestens fünfmal pro Stunde auf. In einigen Fällen dauern die Aussetzer bis zu zwei Minuten.
  • Durch die Atemunterbrechung reduziert sich stetig der Sauerstoffgehalt im Blut, bis es zu einer Alarmreaktion des Körpers kommt. Der Bewohner wacht kurz auf und holt Luft. Die Sauerstoffkonzentration steigt wieder und der Bewohner schläft wieder ein. Obwohl sich dieser Ablauf mehrfach wiederholt, können sich die meisten Betroffenen am nächsten Morgen an diese Vorfälle nicht mehr erinnern. Diese Ereignisse beeinträchtigen jedoch die Regeneration, sodass es am Tag zu starker Müdigkeit und zu Konzentrationsschwäche kommt.
  • Die weitaus häufigste Form dieser Atemstörung ist die obstruktive Schlafapnoe. Hierbei wird der Luftstrom im Bereich des Nasen-Rachen-Raums unterbrochen, etwa durch ein Zurückfallen der Zunge. Der weiche Gaumen und die Zungenmuskulatur verlegen dann den Luftstrom.

Grundsätze:

  • Die Behandlung einer Schlafapnoe erfordert vom betroffenen Bewohner oftmals eine grundlegende Umstellung seiner Lebens- und Konsumgewohnheiten. Wir sind uns bewusst, dass viele Senioren dazu nicht bereit sind. Ablehnende Entscheidungen sind zu akzeptieren.

Ziele:

  • Eine Schlafapnoe wird frühzeitig erkannt und korrekt behandelt.
  • Der Bewohner gewinnt seine mentale und körperliche Leistungsfähigkeit zurück.
  • Die Lebensfreude des Bewohners kehrt zurück.
  • Der Bewohner wird vor den zahlreichen negativen Langzeitfolgen einer Schlafapnoe geschützt.

Vorbereitung:

Symptome

Wir prüfen, ob Symptome auf eine Schlafapnoe hindeuten.

  • Der Bewohner schnarcht über einen gewissen Zeitraum laut und regelmäßig, bis die Atemgeräusche plötzlich für längere Zeit vollständig verstummen. Danach setzt die Atmung mit einem lauten Schnarchen oder mit anderen Atemgeräuschen wieder ein. (Hinweis: Häufig sind dem Bewohner diese Vorfälle gar nicht bewusst.)
  • Wir befragen den Lebenspartner bzw. Zimmergenossen (im Mehrbettzimmer), ob dieser entsprechende Beobachtungen machte.
  • Der Bewohner ist am Morgen kraftlos und wirkt übernächtigt.
  • Es kommt zu einer morgendlichen Mundtrockenheit.
  • Der Bewohner leidet unter einer erhöhten Tagesschläfrigkeit. Er nickt bei vielerlei Gelegenheiten kurzzeitig ein, etwa sitzend im Rollstuhl.
  • Die intellektuelle Leistungsfähigkeit ist reduziert.
  • Es kommt zu Persönlichkeitsveränderungen. Der Bewohner ist insbesondere leicht reizbar. Oft kommt es auch zu depressiven Phasen.
  • Der Bewohner klagt über Kopfschmerzen.
  • Er leidet unter Herzrhythmusstörungen, Hypertonie und Rechtsherzbelastung.
  • Sofern der Bewohner noch sexuell aktiv ist, kommt es zu Potenzstörungen sowie zum Libidoverlust.

Mithilfe bei der Diagnosestellung

  • Wenn es hinreichende Anzeichen für eine Schlafapnoe gibt, wird der Bewohner dem Hausarzt vorgestellt. Zunächst erfolgt eine eingehende körperliche Untersuchung.
  • Falls nötig werden in der Nacht die Atembewegungen, die Sauerstoffsättigung im Blut, die Körperlage, der Puls und der Atemluftstrom von einem Messgerät aufgezeichnet. Der Bewohner erhält dafür leihweise ein Messgerät zur Mitnahme nach Hause. Die Pflegekraft hilft ihm beim Anlegen des Geräts.
(Hinweis: Die technische Handhabung eines derartigen Messgeräts kann viele Senioren überfordern; insbesondere bei einer einsetzenden demenziellen Erkrankung. In solchen Fällen ist es sinnvoll, dass der Bewohner von einem Angehörigen oder von einem Mitarbeiter der Einrichtung zum Arzt begleitet wird. Diese lassen sich ebenfalls in die richtige Anwendung des Messgeräts einweisen.)

Durchführung:

allgemeine Therapie

  • Wir prüfen, welche eingenommenen Medikamente die Schlafapnoe ausgelöst haben könnten. Vor allem sedierende Arzneimittel sind dabei kritisch zu hinterfragen. Auch Betablocker können die Symptomatik intensivieren.
  • Der Bewohner sollte einen übermäßigen Alkoholkonsum einschränken. Er sollte auch das Rauchen einstellen oder zumindest deutlich reduzieren.
  • In den späten Abendstunden sollte der Bewohner auf den Konsum von opulenten Mahlzeiten verzichten.
  • Ggf. vorhandenes Übergewicht sollte abgebaut werden. Wir verdeutlichen dem Bewohner, dass 80 Prozent aller Patienten mit Schlafapnoe übergewichtig sind.
  • Alternativ kann der Bewohner einen sog. “Anti-Schnarch-Rucksack” tragen. Dieser verhindert, dass er sich in der Nacht in die Rückenlage dreht. Ein weiteres Hausmittel ist ein Tennisball, der in die Rückenpartie des Schlafanzugs eingenäht wird. Wir beachten, dass derartige Hilfsmittel immer auch Ursachen für ein Druckgeschwür sein können.
  • Bei leichten bis mittelgradigen Verläufen führt eine Unterkieferprotrusionsschiene ("Anti-Schnarchschiene") oft zu einer Abnahme der Symptomatik. Diese Schiene wird wie eine Zahnspange vor dem Schlafengehen eingesetzt und am Morgen wieder entfernt. Sie schiebt den Unterkiefer etwas vor und vergrößert damit den Atemraum hinter der Zunge. Gleichzeitig wird die Rachenmuskulatur gestrafft.
  • Eine Schlafapnoe kann während eines operativen Eingriffs mit Narkose zu Komplikationen führen. Wir stellen sicher, dass alle behandelnden Ärzte über die Problematik informiert sind.

CPAP-Maske

  • Wenn die Ausschaltung der Risikofaktoren keine Besserung bringt, kann die Symptomatik durch eine nächtliche Überdruckbeatmung mittels CPAP-Maske gelindert werden. Diese Nasenmaske führt dem Bewohner in der Nacht Sauerstoff zu. Die Atemarbeit wird verringert und der Sauerstoffaustausch wird erleichtert.
  • Ablagerungen von Hautfetten können die Dichtigkeit der Maske beeinträchtigen. Daher ist es notwendig, die Maske jeden Morgen nach dem Aufstehen zu reinigen. Wir nutzen dafür eine milde Seifenlauge. Scharfe Reinigungsmittel sollten nicht verwendet werden. Die Maske wird am Tag trocken und geschützt vor direktem Sonnenlicht gelagert.
  • Wenn die Maske aufgrund der Materialermüdung an Elastizität verloren hat und vom Gesicht abrutscht, sollte diese ersetzt werden.
  • Das Gerät wird regelmäßig auf Funktionsfähigkeit überprüft. Insbesondere muss der Luftfilter regelmäßig gewechselt werden.

Aufgaben der Nachtwache

  • Der Bewohner sollte in Seitenlage schlafen. Die Rückenlage ist zu vermeiden. Ggf. wird die Nachtwache instruiert, den Bewohner am Abend daran zu erinnern und in der Nacht die Lage ggf. zu korrigieren. Bei einer hohen Dekubitusgefahr können andere Lagerungen genutzt werden, etwa die 135°-Lagerung.
  • Es ist wichtig, dass die Nachtwache ggf. den korrekten Sitz der CPAP-Maske überprüft. Es sollten nur durchsichtige Masken verwendet werden. Der Zustand des Bewohners ist dann leichter zu überwachen, etwa wenn er sich übergeben hat.
  • Die Nachtwache achtet bei ihren Beobachtungsgängen stets auch auf ungewöhnlich lautes Schnarchen sowie auf Atempausen. Relevante Beobachtungen werden an den Tagdienst und an den behandelnden Hausarzt weitergegeben.

Nachbereitung:

Prognose und Gefahren

  • Die bloße Vermeidung der Rückenlage im Schlaf ist zumeist nicht ausreichend, um die Schlafapnoe abklingen zu lassen.
  • Leichtere Formen können insbesondere durch eine Gewichtsreduktion in ihrer Symptomatik in einigen Fällen gebessert werden. Ein Gewichtsabbau um zehn bis fünfzehn Prozent des Ausgangsgewichts kann bei Männern mit moderatem Übergewicht die Häufigkeit der nächtlichen Atemaussetzer um rund die Hälfte verringern.
  • Verengungen im Nasen-Rachen-Raum lassen sich oft durch einen kleinen operativen Eingriff beheben.
  • Eine CPAP-Therapie ist zwar aufwendig und erfordert eine Eingewöhnungszeit, ist dafür aber zumeist erfolgreich. Ggf. ist es erforderlich, mehrere Masken zu testen, bis die individuell passende Maske gefunden wird.
  • Wenn eine Behandlung der Erkrankung unterbleibt, kommt es ggf. zu verschiedenen Komplikationen:
    • Wir beachten, dass aufgrund der Müdigkeit die Sturzgefahr erhöht ist. Die Maßnahmen im Rahmen der Sturzprophylaxe werden nach einer entsprechenden Risikoanalyse ggf. intensiviert.
    • Es kann zu einer Hypertonie oder auch zu Herzrhythmusstörungen kommen. Auslöser sind die vermehrt ausgeschwemmten Hormone, etwa Adrenalin.
    • Viele Betroffene erkranken an Arteriosklerose. Das Risiko, einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden, ist somit erhöht.
    • Die chronische Sauerstoffunterversorgung im Gehirn kann das Fortschreiten von Demenzsymptomen beschleunigen.
    • Die Schlafapnoe kann eine gastrooesophageale Refluxkrankheit intensivieren.

weitere Maßnahmen

  • Alle relevanten Beobachtungen werden dokumentiert.
  • Die Pflegeplanung / Maßnahmenplanung wird ggf. aktualisiert.

Dokumente:

  • Berichtsblatt
  • Medikamentenblatt
  • Bewegungsplan
  • Pflegeplanung / Maßnahmenplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Pflegekräfte



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