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Standard "Pflege von Senioren mit rheumatoider Arthritis"

Eine Therapie "von der Stange" wird einem Arthritiskranken nicht helfen. Die individuell sehr unterschiedliche Symptomatik erfordert stattdessen maßgeschneiderte Pflegemaßnahmen und Medikamentengaben.


Standard "Pflege von Senioren mit rheumatoider Arthritis"


Definition:

  • Die rheumatoide Arthritis ist eine chronisch entzündliche Erkrankung des Binde-, Stütz- und Muskelgewebes. Die Erkrankung verläuft oftmals schubweise.
  • Bislang unbekannte Faktoren lösen im Gelenk Entzündungsreaktionen aus, in deren Folge die Knorpel geschädigt werden. Im weiteren Verlauf schränkt sich die Beweglichkeit der Gelenke mehr und mehr ein, bis es zum vollständigen Einsteifen kommt. Zudem kann die rheumatoide Arthritis durch eine Gefäßentzündung auf andere Organe übergreifen.
  • Rund ein Prozent der Bevölkerung leidet unter rheumatoider Arthritis. Frauen sind dreimal so häufig betroffen wie Männer. Der Altersgipfel der Erstmanifestation liegt in der zweiten Lebenshälfte, insbesondere zwischen dem 35. und dem 45. Lebensjahr. Die Erkrankung tritt familiär gehäuft auf.

Befallsmuster bei rheumatoider Arthritis

Befallsmuster der Hand bei rheumatoider Arthritis

Gehäuft aufretendende extraartikuläre Manifestationen bei rheumatoider Arthritis


Grundsätze:

  • Die Therapie muss frühzeitig einsetzen, um Folgeschäden zu minimieren.
  • Bei jedem Betroffenen zeigen sich ganz individuelle Symptome. Es gibt daher keine Standardtherapie, die allen Betroffenen hilft. Zumeist wissen die Betroffenen selbst am besten, was ihnen hilft. Sie werden im Laufe der Jahre zu Experten ihrer Krankheit.

Ziele:

  • Eine rheumatoide Arthritis wird zeitnah erkannt. Durch eine rasche Behandlung wird das weitere Fortschreiten der Schädigungen gebremst.
  • Die Mobilität und die Alltagskompetenz des Bewohners bleiben so lange wie möglich erhalten.
  • Die Schmerzbelastung wird auf ein Minimum reduziert. Gemeinsam mit dem behandelnden Arzt entwickeln wir eine individuell passende Schmerzmittelmedikation. Zudem finden wir nicht-medikamentöse Maßnahmen, um die Beschwerden zu lindern.

Vorbereitung:

Achten auf Symptome:

Wir achten auf Symptome, die dafür sprechen, dass ein Bewohner unter einer rheumatoiden Arthritis leidet. Wenn es hinreichende Anzeichen gibt, wird der Hausarzt über den Verdacht informiert.

  • Noch vor dem Auftreten der ersten Gelenksymptome berichtet der Bewohner über grippeähnliche Beschwerden. Dazu zählen etwa Abgeschlagenheit, Kraftlosigkeit, Schweißbildung und mitunter eine leichte subfebrile Temperaturerhöhung.
  • Das Gewicht des Bewohners reduziert sich.
  • Der Bewohner leidet unter Morgensteifigkeit, die mindestens eine Stunde anhält. Gleichzeitig treten an den betroffenen Gelenken Schwellungen und Druckschmerz auf.
  • Die Veränderungen werden zumeist als Erstes an den Handgelenken spürbar; insbesondere im Bereich der Fingergrundgelenke und der Fingermittelgelenke. Für den Bewohner ist folglich bereits ein Händedruck schmerzhaft.
  • Später weitet sich die Symptomatik auf die Arme, Beine und ggf. auch auf die Wirbelsäule aus. Typisch für das Krankheitsbild ist ein symmetrischer Befall.
  • Bei langjährig erkrankten Senioren kommt es zu Verformungen der Gelenke, die als Fehlstellungen insbesondere im Bereich der Hände deutlich zu erkennen sind. Im Umfeld der Gelenke bilden sich überdies Sehnenscheiden- und Schleimbeutelentzündungen.
  • Falls innere Organe betroffen sind, kommen verschiedene Symptome hinzu. Dazu zählen etwa Rheumaknoten an der Streckseite der Gelenke, Entzündungen der Augen oder eine chronische Mundtrockenheit. Der Bewohner ist anfällig für eine Pneumonie.

Durchführung:

Allgemeine Maßnahmen

  • Wir prüfen, ob die Beweglichkeit des Bewohners im Tagesverlauf schwankt. Pflegemaßnahmen, an denen sich der Bewohner aktiv beteiligen soll, werden auf entsprechende Tageszeiten gelegt. Dieses gilt insbesondere für die morgendliche Grundpflege, die sonst häufig in die Zeit der Morgensteifigkeit fällt. Wir sprechen mit dem Bewohner ab, welche Tätigkeiten er allein durchführen möchte und wann er Hilfe benötigt.
  • Wir berücksichtigen, dass die Arthritis und die Bewegungseinschränkungen die Sturzgefahr steigern. Falls zusätzlich eine Osteoporose vorliegt, besteht ein erhebliches Verletzungsrisiko. Folglich ist es notwendig, die Maßnahmen im Rahmen der Sturzprophylaxe zu intensivieren.
  • Wenn der Bewohner über trockene Augen klagt, prüfen wir die Applikation von Augentropfen oder von Augengel. Überdies ist es sinnvoll, den Bewohner regelmäßig einem Augenarzt vorzustellen, um Schäden am Auge rechtzeitig zu erkennen.
  • Das Austrocknen der Mundschleimhaut kompensieren wir durch ausreichende Flüssigkeitszufuhr, Mundspülungen sowie durch das Auswischen der Mundhöhle. Ergänzend bieten wir dem Bewohner Kaugummi sowie Eiswürfel aus Tee oder aus Saft an.
  • Die Deformationen der Fingergelenke können die Selbstständigkeit der Betroffenen erheblich einschränken. Gemeinsam mit der Ergotherapeutin vermitteln wir dem Bewohner entsprechende Hilfsmittel. Dazu zählen Spezialbesteck, Schreibhilfen mit verdicktem Griff, Reisverschlusshilfen oder Knopfschließer.
  • Im akuten Schub einer Arthritis können lokale Kälteanwendungen dem Bewohner Erleichterung verschaffen. Um Erfrierungen zu vermeiden, sollte stets ein dickes Tuch zwischen die Eispackung und die Haut gelegt werden. Die Kühlung sollte auf 15 bis 20 Minuten begrenzt werden. Ggf. können betroffene Hand- oder Fußgelenke für einige Momente in kaltem Wasser gebadet werden, dem Eiswürfel zugesetzt wurden. Vielen Betroffenen hilft auch die Auflage von essigsaurer Tonerde auf die betroffenen Stellen.
  • Bei chronischen Gelenkbeschwerden zwischen den Schüben lässt sich die Schmerzbelastung durch lokale Wärme reduzieren; insbesondere durch Rotlicht, Fango, Spreu- oder Kernkissen. Ggf. kann der Bewohner seine Hände in einer Schale mit vorgewärmtem Vogelsand, Trockenerbsen oder Trockenlinsen "baden". Wir wählen eine moderate Temperatur, um Verbrennungen zu vermeiden.
  • Regelmäßige physiotherapeutische Übungen können helfen, die Beweglichkeit der Gelenke möglichst lange zu erhalten. Üblich ist eine Kombination aus Dehnungsübungen und Krafttraining, deren genaue Durchführung von dem Physiotherapeuten vorgegeben wird.
  • Wir bewegen die betroffenen Gelenke überdies mehrmals täglich passiv im gesamten Spielraum durch. Wenn Widerstände spürbar werden, dürfen diese nicht mit Kraft überwunden werden. Wir beachten die Vorgaben der Standards zur Kontrakturenprophylaxe.
  • In keinem Fall sollte der Bewohner seine Mobilität aus Angst vor Schmerzen oder vor einem Sturz einschränken. Es ist wichtig, dass der Betroffene regelmäßig längere Strecken zu Fuß zurücklegt.
  • Ergänzend ist es hilfreich, wenn der Bewohner seine allgemeine Fitness verbessert. Ideal sind dafür alle Sportarten, die Kraft erfordern, ohne das Gelenk durch das Körpergewicht zu belasten; also etwa schwimmen oder die Nutzung eines Fahrradtrainers.
  • Während eines akuten Schubs sollte der Bewohner auf Sport verzichten.
  • Die Betthöhe wird so eingestellt, dass der Bewohner ohne Kraftaufwand und Schmerzen aufstehen kann.
  • Ein akut entzündetes Gelenk kann mittels einer Schiene oder eines Gipsverbands vorübergehend ruhiggestellt und geschont werden.
  • Ergänzend ist es wichtig, die Vitalfunktionen regelmäßig zu erfassen, insbesondere Puls, Blutdruck und Blutzucker. Wenn es Anzeichen für eine Perikarditis ("Herzbeutelentzündung") oder für eine andere Herzschädigung gibt, wird der Arzt bzw. Notarzt informiert.

Ernährung

Es gibt keine wissenschaftlichen Belege für die Wirksamkeit einer "Arthritisdiät". Bei vielen Betroffenen kann durch eine Ernährungsumstellung dennoch eine Linderung der Beschwerden erreicht werden. Die Details werden vom Arzt vorgegeben und gemeinsam mit der Hauswirtschaft umgesetzt.

  • Der Bewohner soll nur zwei Portionen Fleisch oder Wurst und zwei Eier pro Woche zu sich nehmen. Ideal ist lactovegetabile Kost, also vegetarische Ernährung mit Milchprodukten.
  • Förderlich sind überdies zwei Fischmahlzeiten pro Woche. Alternativ kann der Bewohner Fischöl in Kapseln zu sich nehmen.
  • Gemeinsam mit dem Arzt prüfen wir, ob der Bewohner zusätzliche Vitamine und Spurenelemente einnehmen sollte, also etwa Präparate mit Vitamin E, Vitamin C und Selen.
  • Zur Vermeidung einer Osteoporose sollte die Kost außerdem kalziumreich sein.
  • Die Speisen sollten schonend zubereitet werden, um Vitamine und Spurenelemente zu erhalten. Wichtig ist die Verwendung von Pflanzenöl wie etwa Raps-, Soja-, Lein- oder Walnussöl.
  • Der Bewohner soll den Konsum von Alkohol erheblich reduzieren oder - noch besser - einstellen. Viele Medikamente im Rahmen der Arthritistherapie belasten die Leber. Alkohol erhöht diese Beanspruchung zusätzlich.
  • Da der Nikotinkonsum die Prognose für rheumatoide Arthritis erheblich verschlechtert, sollte der Bewohner das Rauchen komplett einstellen.
  • Wenn der Bewohner adipös ist, erhält er eine Ernährungsberatung. Wir erklären ihm, dass Übergewicht die geschwächten Gelenke zusätzlich belastet. Wir streben einen Body-Mass-Index von unter 25 an.

Ärztliche Therapie

  • Durch eine sog. "Basistherapie" etwa mit Methotrexat oder mit Sulfasalzin soll eine Entzündungshemmung erreicht werden. Diese Therapie wird zumeist sehr frühzeitig begonnen, da bereits in den ersten Krankheitsstadien erhebliche Gelenkschädigungen entstehen.
  • Wir verdeutlichen dem Bewohner, dass die meisten dieser Arzneimittel erst nach mehreren Wochen oder Monaten dazu führen, dass die Schmerzen nachlassen oder dass die Beweglichkeit zunimmt. Es ist wichtig, dass der Bewohner die verordneten Wirkstoffe dennoch konsequent einnimmt und Geduld hat.
  • Wir achten auf typische Nebenwirkungen der Basistherapeutika. Dazu zählen Übelkeit, Appetitlosigkeit, Durchfall, Juckreiz sowie Hautrötungen. Wir stellen sicher, dass durch regelmäßige ärztliche Tests etwaige Blutbildveränderungen wie Nierenschädigungen erkannt werden.
  • Zur Linderung eines akuten Schubs kann Kortison verabreicht werden. Da dieser Wirkstoff erhebliche Nebenwirkungen verursacht, erfolgt der Einsatz aber nur kurzfristig. Damit der Bewohner den Wirkstoff am frühen Morgen nicht nüchtern einnehmen muss, legen wir für ihn eine Scheibe Brot oder einen Joghurt bereit. Alternativ erhält der Bewohner retardierende Kortisonpräparate, die auch am Abend eingenommen werden können.
  • Falls erforderlich bitten wir den Arzt um eine medikamentöse Schmerztherapie. Neben einer Dauermedikation ist ggf. eine Bedarfsmedikation wichtig, um auftretende Schmerzspitzen dämpfen zu können.
  • Die Einnahmezeitpunkte der Medikamente richten sich nach den individuellen Gegebenheiten und können i. d. R. entsprechend variiert werden. Wenn ein Bewohner nachts wegen der Schmerzen nicht schlafen kann, erhält er Analgetika am Abend. Andere Betroffene benötigen das Schmerzmittel morgens, damit die Ganzwaschung erträglich wird. Manche Senioren nehmen Medikamente, die Übelkeit auslösen, bevorzugt am Abend, da sie die Übelkeit dann "verschlafen" und ihr nicht tagsüber ausgesetzt sind.

Nachbereitung:

weitere Maßnahmen:

  • Wir suchen regelmäßig den Dialog mit dem Bewohner. Wir befragen ihn zu seinem Zustand und insbesondere zur Schmerzbelastung. Der Bewohner soll ein Schmerztagebuch führen. Falls sich der Bewohner aufgrund einer demenziellen Erkrankung nicht mehr zu seinen Beschwerden äußern kann, erfolgt die Schmerzeinschätzung durch Beobachtung des Pflegebedürftigen.
  • Die gewonnenen Informationen nutzen wir, um die Wirksamkeit der medikamentösen und der nichtmedikamentösen Schmerztherapie einzuschätzen. Falls notwendig passen wir die Maßnahmen an und bitten insbesondere den Arzt um eine Anpassung seiner Verschreibungen.
  • Wir dokumentieren sehr präzise die Verbesserung bzw. die Verschlechterung der Beweglichkeit der Gelenke.
  • Die Pflegeplanung des Bewohners wird regelmäßig aktualisiert. Wir berücksichtigen dabei insbesondere die notwendige Unterstützung bei der Bewältigung von Alltagstätigkeiten wie der Körperpflege oder der Nahrungsaufnahme.

Prognose:

  • Eine rheumatoide Arthritis ist durch Medikamente zumeist nicht heilbar. Bei 15 Prozent der Betroffenen klingen die Symptome aber von allein wieder ab und treten nicht erneut auf. Bei weiteren 15 Prozent kommt es zu schweren Verläufen, die innerhalb weniger Jahre zur Invalidität führen.
  • In den verbleibenden 70 Prozent der Fälle schreitet die Erkrankung langsam aber stetig fort. Die Bewegungsfähigkeit der Bewohner reduziert sich entsprechend. Letztlich führt die rheumatoide Arthritis bei fast jedem vierten Betroffenen zu einer Pflegebedürftigkeit.
  • Die Lebenserwartung von Erkrankten ist leicht reduziert, da sie aufgrund der Gefäßbeteiligung anfälliger für koronare Herzkrankheiten sind.

Dokumente:

  • Rheumapass
  • Pflegeplanung
  • Pflegebericht
  • ärztliches Verordnungsblatt

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Mitarbeiter aus den Bereichen Pflege und Hauswirtschaft



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