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Standard "Backgruppe in der Tagespflege"

Nach 50 oder mehr Jahren Erfahrung als Hausfrau fällt es vielen Seniorinnen schwer, sich versorgen zu lassen. Eine fundiert geführte Backgruppe kann bis ins hohe Alter auf diesen Fähigkeiten aufbauen. Denn die Handgriffe und Abläufe sind oft so tief in den Erinnerungen verwurzelt, dass sie selbst durch eine demenzielle Erkrankung nicht ausgelöscht werden.


Standard "Backgruppe" in der Tagespflege


Definition:

  • Wir bieten in unserer Tagespflegeeinrichtung eine Backgruppe an. Einmal in der Woche stellen unsere Tagesgäste unter Anleitung der dafür geschulten Mitarbeiter Kuchen, Kekse und andere einfache Backwaren her.
  • Das Backen weckt bei Seniorinnen andere Erinnerungen als etwa das Kochen. Kochen zählt zu den alltäglichen Routineaufgaben, die insbesondere werktags unter Zeitdruck erfüllt werden mussten. Das Backen hingegen assoziieren die meisten unserer Tagesgäste mit Sonn- und Feiertagen, an denen die Familie gemütlich und entspannt zusammenkommt.
  • Backen eignet sich insbesondere auch für die Betreuung von demenziell veränderten Senioren. Die einzelnen Schritte lassen sich gut voneinander abgrenzen und entsprechend den individuellen Fähigkeiten zuteilen. Zudem führt Backen zu schnellen Erfolgen; die Senioren können ihre Produkte zumeist noch am gleichen Tag probieren.
  • Backen folgt einem bestimmten Rhythmus, etwa beim Kneten der Zutaten oder beim Auswalzen des Teigs. Die Bewegungen werden gleichförmig und immer in der gleichen Geschwindigkeit durchgeführt. Die Fähigkeit dafür bleibt auch bei degenerativen Erkrankungen des Gehirns lange erhalten.
  • Eine Backgruppe ist insbesondere sinnvoll, um depressive Senioren mit Untergewicht und bei Nahrungsverweigerung wieder zu einer regulären Nahrungsaufnahme zu motivieren.

Bild: Das Backen entspricht zumeist nicht dem Rollenverständnis von älteren Männern. Entsprechend schwierig ist es, sie für diese Tätigkeit zu motivieren. Oftmals hilft der Hinweis, dass beim beruflichen Backen Männer in der Überzahl sind. Nur rund 42 Prozent aller Konditoren sind weiblich.


Grundsätze:

  • Die Backgruppe richtet sich vornehmlich - aber nicht ausschließlich - an weibliche Tagesgäste. Auch Männer können daran teilnehmen. Wir respektieren es aber, wenn diese ihrem Rollenbild entsprechend daran kein Interesse zeigen.
  • Wir beachten die Vorgaben der aktivierenden Pflege. Die Übungsleiterin greift nur dann helfend ein, wenn dieses notwendig ist. Ansonsten sollten die Teilnehmer alle Schritte selbst durchführen, auch wenn dieses aufgrund der körperlichen Einschränkungen mühselig ist und länger dauert.
  • Die Hygienevorschriften werden streng beachtet. Überkommene Zubereitungstechniken werden nicht eingesetzt, vor allem nicht die Nutzung von rohen Eiern. Wir nutzen stattdessen Ersatzprodukte, etwa Vollei aus dem Tetrapack.
  • Die produzierten Speisen werden ausschließlich innerhalb der Gruppe der Teilnehmer verzehrt. Die Backwaren sollten insbesondere nicht auf dem Basar verkauft werden. Wir könnten sonst in Haftung genommen werden, wenn Personen aufgrund von Hygienemängeln zu Schaden kommen.
  • Der spielerische Faktor hat Vorrang vor ästhetischen Ansprüchen. Die Backgruppe soll unseren Tagesgästen Spaß machen und nicht zur Pflicht werden. Es ist nicht schlimm, wenn Kekse nicht rund sind oder wenn der Teig ungleichmäßig dick ist.
  • Tagesgäste sollen für ihr Engagement ausführlich gelobt werden.
  • Wir legen Wert auf einen freundschaftlichen Umgang unter den Senioren. Der Übungsleiter wird daher Tagesgäste mit geringen hauswirtschaftlichen Fähigkeiten vor Spott in Schutz nehmen.

Ziele:

  • Hauswirtschaftliche Kompetenzen werden erhalten und gefördert.
  • Erinnerungen werden wachgerufen.
  • Das Gemeinschaftsgefühl ("Wir-Gefühl") der Tagesgäste wird gefördert.
  • Das Selbstvertrauen wird durch Erfolgserlebnisse gestärkt. Die Tagesgäste können ihre Lebenserfahrung und ihr Wissen auf diesem Gebiet einbringen.
  • Die Wahrnehmungsfähigkeiten werden gefördert, etwa der Geruchssinn, der Geschmackssinn und der Tastsinn.
  • Die feinmotorischen Fähigkeiten werden erhalten und gefördert.
  • Durch das Backen von jahreszeitlichen Speisen (etwa Weihnachtsplätzchen) wird die zeitliche Orientierung gefördert.

Vorbereitung:

  • Als Übungsleiter setzen wir erfahrene Pflegekräfte, Ergotherapeuten, Hauswirtschaftskräfte oder Sozialpädagogen ein. Qualifikation:
    • Erfahrungen in Gruppenarbeit
    • umfangreiche hauswirtschaftliche Fähigkeiten
    • Kommunikationsfähigkeit
    • Kenntnisse über Lehrmethoden in der Erwachsenenbildung
    • Kenntnisse über gerontopsychiatrische Krankheitsbilder
  • Die Backgruppe findet einmal in der Woche statt. Die Planung wird mit der Hauswirtschaft abgestimmt.
  • Die genauen Termine für die Backgruppe werden regelmäßig am Schwarzen Brett, auf der Homepage und in Kundenrundschreiben bekannt gegeben. Terminverschiebungen werden allen teilnehmenden Tagesgästen rechtzeitig mitgeteilt. Die Teilnehmer werden aufgefordert, geeignete Kleidung, ihr Hörgerät mit geladenen Batterien und ihre Brille mitzubringen.
  • Verschiedene Krankheitsbilder machen die Teilnahme von Tagesgästen unmöglich:
    • mangelhafte Körperhygiene
    • aggressives Verhalten und suizidale Tendenzen (Umgang mit gefährlichen Küchenutensilien)
    • Erbrechen und Durchfall (Infektionsgefahr!)
  • Die Gruppenleiterin stellt geeignete Rezepte zusammen.
    • Die Rezepte sollten den Teilnehmern bekannt und insbesondere regional verwurzelt sein.
    • Bei der Auswahl der Zutaten sollte die jeweilige Jahreszeit maßgeblich berücksichtigt werden. Sobald etwa die Zeit der Erdbeer-, der Kirsch- oder etwa der Apfelernte ansteht, sollten entsprechende Rezepte gewählt werden.
    • Bei mental sehr eingeschränkten Teilnehmern sollten die Zutaten bereits komplett portioniert und abgewogen auf dem Tisch bereitgestellt werden.
    • In der Weihnachtszeit backen wir Plätzchen, Kekse usw.
    • Rezepte, die auf exotischen Früchten basieren, sind zumeist eher ungeeignet. Dieses gilt auch für "Moderezepte" wie etwa eine "After-Eight-Torte" u.Ä. (Hinweis: In der Praxis ist es jedoch mitunter sinnvoll, auch komplett unbekannte Rezepte auszuprobieren. Dieses hat den Vorteil, dass dann alle Teilnehmer auf dem gleichen Stand sind. Die Gruppe wird dann nicht von ein oder zwei besonders erfahrenen Hausfrauen dominiert.)
    • Wichtig ist auch, dass sich die Abläufe in mehrere einzelne klar abgegrenzte Arbeitsschritte aufteilen lassen.
    • Verschiedene Rezepte sehen längere Wartezeiten vor, etwa für das Abkühlen von Zutaten, für das Aufgehen von Teigen oder für notwendige Ruhezeiten. Diese Rezepte kommen nicht in unsere erste Wahl. Als Obergrenze sollte eine Gesamtarbeitszeit von 45 bis 90 Minuten eingehalten werden.
    • Problematisch sind auch Rezepte mit harten Krusten oder mit harten Zutaten, wie etwa Nüsse, Mandeln, Trockenobst usw. Diese können bei Senioren mit schlechtem Gebisszustand zu Kauproblemen führen.
    • Die Pflegekraft informiert sich über individuelle Diätvorschriften sowie ggf. vorhandene Allergien etwa gegen Steinobst. Für Senioren mit Diabetes mellitus können Diätrezepte ausprobiert werden.
  • Ideal ist eine Teilnehmerzahl von 5 bis 8 Tagesgästen. Wenn diese Größe deutlich überschritten wird, teilen wir die Tagesgäste in zwei Gruppen auf, um eine individuelle Betreuung sicherzustellen. Eine Gruppenteilung ist ebenfalls notwendig, wenn das mentale Leistungsniveau innerhalb der Gruppe stark variiert.
  • Ggf. kann ein Praktikant, ein ehrenamtlicher Mitarbeiter oder ein Pflegeschüler bei der Durchführung der Backgruppe mithelfen.
  • Die Übungsleiterin stellt die Einkaufsliste zusammen. Die Zutaten können über die zentrale Küche beschafft werden. Alternativ kann die Übungsleiterin mit ausgewählten Tagesgästen die Komponenten selbstständig einkaufen.
  • Wir bitten ggf. Angehörige um Spenden, um teurere Zutaten kaufen zu können. Alternativ können Angehörige Obst und Früchte aus dem eigenen Garten beisteuern.
  • Der Raum wird gut gelüftet und beheizt.
  • Die Übungsleiterin stellt sicher, dass der Verbandskasten gefüllt ist und bereit steht.
  • Butter und Margarine werden rechtzeitig warm gestellt.
  • Wir prüfen, ob unsere Tagesgäste lieber "moderne" Geräte nutzen, etwa einen elektrischen Mixer. Ansonsten bieten wir ihnen die herkömmlichen Hilfsmittel an, etwa ein Handrührgerät.
  • Alle notwendigen Kücheninstrumente werden (gut sichtbar für alle Tagesgäste) auf dem Tisch in der Küche abgelegt.
  • Wir sorgen für gute Lichtverhältnisse im Arbeitsbereich, da die visuellen Fähigkeiten vieler Teilnehmer eingeschränkt sein können.
  • Wir bieten allen Tagesgästen vor dem Backen einen Toilettengang an.

Durchführung:

Allgemeines

  • Wenn die Teilnehmergruppe aus vielen demenziell erkrankten Senioren besteht, sollten alle Tagesgäste an nur einer Kuchensorte arbeiten. Falls gleichzeitig verschiedene Kuchensorten hergestellt werden, würde das viele Tagesgäste überfordern.
  • Vor dem Backen müssen sich alle Tagesgäste sorgfältig die Hände waschen (und ggf. desinfizieren). Die Übungsleiterin überwacht die Reinigung und unterstützt ggf. die Tagesgäste. Die Reinigung ist zu wiederholen, wenn ein Tagesgast die Hände verschmutzt, etwa durch das Berühren von Müll oder von anderen kontaminierten Flächen.
  • Die Kleidung der Tagesgäste wird durch eine Schürze vor Verschmutzungen geschützt. Durch das Tragen von Bäckermützen kann zusätzliche "Backatmosphäre" geschaffen werden.
  • Die Gruppenleiterin liest das Rezept laut vor. Gemeinsam werden die Arbeitsschritte geplant und besprochen.
  • Bei Schlaganfallpatienten sollte der mehr betroffene Arm so weit wie möglich in das Geschehen eingebunden werden. So kann die mehr betroffene Hand eine Zutat halten, die mit der anderen Hand geschnitten wird.
  • Wir nutzen die vorhandenen Hilfsmittel, also etwa spezielle Schneidebretter bei Apoplexiepatienten, Griffvergrößerungen bei Arthrosepatienten usw.
  • Die Übungsleiterin bremst Tagesgäste, die ihre feinmotorischen Fähigkeiten überschätzen. Dieses insbesondere, wenn die Senioren mit heißem Wasser, mit Messern oder mit anderen potenziell gefährlichen Gegenständen hantieren.
  • Den Tagesgästen wird während des Backens regelmäßig ein Getränk angeboten. Durch die Abwärme der Geräte verlieren die Teilnehmer viel Flüssigkeit durch das Schwitzen.
  • Die Gruppenleiterin achtet darauf, dass die Teilnehmer ihre Kräfte nicht überanstrengen. Viele Senioren verbringen beim Backen viel Zeit im Stehen. Sie sollten sich immer wieder für einige Momente setzen und die Kräfte erholen.
  • Die Übungsleiterin versucht stets, beim Backen an die Biografie der Tagesgäste anzuknüpfen. Sie regt an, dass Tagesgäste über ihre Erlebnisse hinsichtlich des Backens sprechen. Häufige Themen sind etwa das Backen während der Kriegs- und Nachkriegsjahre oder die ersten elektrischen Haushaltsgeräte in den 50er-Jahren.
  • Die Übungsleiterin schlichtet, wenn es zu Meinungsverschiedenheiten bei der Herstellung kommt. Die meisten älteren Menschen haben jahrzehntelange Erfahrung und genaue Vorstellungen über die (einzig) richtige Vorgehensweise. In der Praxis gibt es jedoch viele verschiedene Möglichkeiten und Varianten beim Backen. Vom Pflaumenkuchen gibt es etwa moderne und klassische Ausführungen, die sich optisch und geschmacklich voneinander unterscheiden.

Nutzung eines Waffeleisens

  • Die Nutzung eines Waffeleisens durch Tagesgäste erfordert besondere Aufmerksamkeit durch die Gruppenleiterin.
    • Die Gruppenleiterin prüft vor jeder Nutzung, ob die Geräte technisch einwandfrei sind. Insbesondere dürfen keine Kabel beschädigt sein.
    • Die Waffeleisen dürfen nur auf einer hitzebeständigen Unterlage genutzt werden.
    • Die Gruppenleiterin ermahnt die Tagesgäste stets zu einem vorsichtigen Umgang mit dem Waffeleisen. Schwer demenziell erkrankte Senioren sollten kein Waffeleisen bedienen.
    • Wenn in der Gruppe viele Senioren mit einer kurzen Aufmerksamkeitsspanne sind, sollte die Gruppenleiterin den Waffelteig bereits vorab selbst herstellen. Die Teilnehmer backen dann lediglich die Waffeln.
    • Die Gruppenleiterin achtet auf eine ausreichende Belüftung. Waffeleisen sollten nicht in der Nähe von Rauchmeldern betrieben werden.
    • Das Backen von Waffeln ist eine gute Aktivierung für eingeschränkt mobile Senioren. Die Gruppenleiterin stellt das Waffeleisen auf einen Küchenwagen. Mit der "mobilen Backstelle" besucht sie dann Tagesgäste, die aufgrund von Mobilitätseinschränkungen nicht an der Backgruppe teilnehmen können.

Nachbereitung:

  • Die Tagesgäste können Rezepte für die nächste Backstunde vorschlagen.
  • Die Gruppe spült das Geschirr, trocknet es ab und räumt die Küche auf.
  • Die Maßnahme wird dokumentiert.
  • Die Backwaren werden je nach Haltbarkeit in den folgenden Tagen gemeinsam verspeist.

Dokumente:

  • Dokumentationsbogen für Beschäftigungsangebote in der Tagespflege
  • neues Strukturmodell / SIS: Berichtsblatt

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Mitarbeiter



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