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Standard "Bauchlagerung und 135°-Seitenlagerung von beatmeten Senioren in der Intensivpflege"

Der Einsatz der unbequemen Bauchlagerung ausgerechnet bei einer Beatmungstherapie wirkt auf den ersten Blick widersinnig. Tatsächlich jedoch führt diese Positionierung bei vielen Senioren mit Dyspnoe zu einer erstaunlichen Verbesserung des Gasaustausches.


Standard "Bauchlagerung und 135°-Seitenlagerung von beatmeten Senioren in der Intensivpflege"


Definition:

  • Bei einem akuten Atemnotsyndrom können die 135°-Seitenlagerung und die Bauchlagerung genutzt werden, um den Gasaustausch zu verbessern.
  • In der Literatur sind zahlreiche verschiedene Bezeichnungen für diese Lagerungen zu finden.
    • Die " 135°-Seitenlagerung" wird häufig alternativ als "150°-Lagerung" oder als "inkomplette Bauchlagerung" bezeichnet. Nicht selten kommen auch hierzulande die englischen Bezeichnungen zur Anwendung, also die "Near-Side-Prone-Position" kurz "NSPP" oder "Incomplete-Prone-Position" kurz "IPP".
    • Die "Bauchlagerung" ist auch als "komplette Bauchlagerung" sowie als "Complete Prone Position" kurz "CPP" bekannt.
  • In der Bauchlage können sich Lungenabschnitte besser entfalten, die in der Rückenlage durch das Herz komprimiert werden. Selbst Atelektasen (kollabierte Lungenabschnitte) werden wieder geöffnet. Gleichzeitig intensiviert die Körperlagerung den Sekretabfluss aus den oben liegenden Arealen der Lunge. Dadurch sinkt das Pneumonierisiko.
  • Die Bauchlagerung hat im Vergleich zur 135°-Seitenlagerung einen gesteigerten Effekt. Die Sauerstoffversorgung und die Sekretdrainage verbessern sich schneller. Im gleichen Maß jedoch intensivieren sich auch die Nebenwirkungen, etwa die gesteigerte Anfälligkeit für Druckgeschwüre und für Gesichtsödeme. Zudem ist die Akzeptanz der Bauchlagerung gegenüber der 135°-Seitenlagerung schlechter.

  • Die 135°-Seitenlagerung macht es im Vergleich zur Bauchlagerung einfacher, den Zustand des Bewohners zu überprüfen, etwa mittels Pupillenkontrolle oder durch das Abtasten des Abdomens. Aus diesem Grund wird die 135°-Seitenlagerung häufiger eingesetzt. Die Bauchlagerung kommt nur in ausgewählten Fällen zum Einsatz, etwa auf Intensivstationen bei einem akuten Lungenversagen.
  • Ob und wie schnell diese Lagerungen Wirkung zeigen, ist starken individuellen Schwankungen unterworfen. Bei vielen der Betroffenen steigt schon nach 30 Minuten die Sauerstoffversorgung spürbar an. In anderen Fällen vergehen Stunden bis zur gewünschten Oxygenierung. Letztlich zeigen diese Lagerungen bei 70 bis 80 Prozent der Bewohner das gewünschte Resultat. Manche Pflegebedürftige hingegen sprechen nicht oder erst nach mehreren Lagerungsintervallen an.
  • Für den Bewohner sind diese Lagerungen häufig mit einer erhöhten Stressbelastung verbunden. Vor allem bei einer kompletten Bauchlage ist ggf. eine Sedierung unverzichtbar.
  • Beide Lagerungen werden vergleichsweise lange durchgeführt, da mitunter viel Zeit bis zum Wirkungseintritt vergeht. Dieses kollidiert natürlich mit den Belangen der Dekubitusprophylaxe. Die Druckbelastung kann durch die Nutzung von Spezialbetten und durch Mikrolagerungen reduziert werden.

Grundsätze:

  • Die individuellen Wünsche des Bewohners sind uns wichtig und werden beachtet.
  • Das Lagern ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die viel berufliche Erfahrung erfordert. Daher werden Praktikanten, Bundesfreiwilligendienstler oder Pflegeschüler nur assistierend eingesetzt.

Ziele:

  • Die Lungenabschnitte werden gleichmäßig belüftet.
  • Wir optimieren die Sekretdrainage.
  • Der Bewohner liegt bequem und fühlt sich wohl. Wir schützen seine Haut vor Dekubitalgeschwüren.
  • Die Funktionsfähigkeit von zu- und ableitenden Systemen wird durch die Umlagerung nicht beeinträchtigt.

Vorbereitung:

Organisation

  • Abhängig vom Krankheitsbild des Bewohners sowie von seinem Körpergewicht sind häufig mehrere Pflegekräfte für das Umlagern notwendig. Insbesondere ist es sinnvoll, dass eine Pflegekraft am Kopfende des Betts steht und alle lebenswichtigen Zu- und Ableitungen ergreift und sichert, vor allem also die Beatmungsschläuche.
  • Vor der Umlagerung müssen alle notwendigen pflegerischen Maßnahmen abgeschlossen sein, insbesondere die Augenpflege, die Nasenpflege, die Mundpflege sowie etwaige Verbandswechsel.
  • Der Tubus ist in der Bauchlage nicht zugänglich. Ggf. ist ein geschlossenes Absaugsystem notwendig.
  • Die Magensonde wird abgeleitet.
  • Der Bewohner wird über die anstehende Maßnahme informiert. Dieses ist auch erforderlich, wenn er im Koma liegt oder aufgrund einer etwaigen Sedierung nicht ansprechbar ist.

Indikation / Kontraindikation

  • Beide Lagerungen werden bei schweren Lungenfunktionsstörungen eingesetzt, die nicht kardial bedingt sind. Die Anwendung erfolgt insbesondere bei Oxygenierungsstörungen im Rahmen eines akuten Atemnotsyndroms (ARDS).
  • Bei beiden Lagerungen ist im Notfall keine sofortige Reanimation möglich. Der Bewohner muss z. B. für eine Herzdruckmassage in die Rückenlage gedreht werden, was vor allem aus der Bauchlage heraus wertvolle Minuten kosten kann. Bei massiver Kreislaufinstabilität, dekompensierter Herzinsuffizienz sowie bei instabiler Angina pectoris ist diese Positionierung daher ggf. nicht sinnvoll.
  • Problematisch sind beide Lagerungen auch bei erhöhtem Hirndruck, da es durch den Transfer zu einem weiteren Anstieg kommen kann.
  • Bei einer instabilen Wirbelsäule, bei abdominalen Erkrankungen oder bei Gesichtsverletzungen sollte ebenfalls auf diese Lagerungen verzichtet werden.

Material

Wir stellen das notwendige Lagerungsmaterial bereit:

  • eine Bettdecke (längs aufgerollt), alternativ zwei oder drei Lagerungskissen
  • Material zum Lagern und zum Polstern des Kopfes

Durchführung:

Einleitende Schritte

  • Das Kopfteil des Betts wird flach gestellt. Das Kopfkissen wird entfernt.
  • Falls notwendig wird vor der Umlagerung die inspiratorische Sauerstoffkonzentration auf 100 Prozent erhöht.
  • Die Messung der Sauerstoffsättigung wird fortgeführt.
  • Die Pflegekraft stellt sicher, dass eine liegende Kanüle sicher im Arm fixiert ist und während des Umlagerns zugfrei gelagert werden kann. Falls notwendig wird eine zusätzliche Infusionsverlängerung eingesteckt.
  • Der orale Endotrachealtubus wird so positioniert, dass er im weiteren Verlauf der Lagerung nicht stört.

Weiteres Vorgehen bei einer 135°-Seitenlagerung

Die folgende Durchführung beschreibt die Umlagerung eines Bewohners vom Rücken in die linksseitige 135°-Seitenlagerung. Bei einer Positionierung in die rechtsseitige 135°-Seitenlagerung muss daher spiegelbildlich gearbeitet werden. Richtungsangaben (rechts / links) beziehen sich auf die Perspektive des Bewohners, wenn er im Bett in Rückenlage läge.

  • Der Bewohner wird in die Rückenlage ganz an den Rand des Betts mobilisiert. Bei einer linksseitigen 135°-Seitenlagerung liegt er also an der rechten Bettkante. Wir nutzen für den Transfer die Vorgaben, die im Standard "Seitwärtsbewegung im Bett in zwei Schritten" beschrieben sind.
  • Der Bewohner wird nun in eine stabile 90°-Seitenlagerung gebracht. Die Pflegekraft positioniert den unten liegenden (linken) Arm unter dem Körperstamm.
  • Falls EKG-Elektroden und Kabel auf dem vorderen Brustkorb befestigt sind, werden diese nun entfernt und ggf. auf den Rücken umgeklebt.
  • Die Pflegekraft positioniert die aufgerollte Bettdecke (oder alternativ die Lagerungskissen) auf der gegenüberliegenden Bettseite, in diesem Fall also entlang der linken Bettkante.
  • Der Bewohner wird nun aus der 90°-Seitenlagerung weiter in Richtung Bauchlage gedreht. Der Körper des Pflegebedürftigen liegt nun auf der aufgerollten Decke oder auf den Lagerungskissen. Die Pflegekraft verschiebt die unten liegende Schulter etwas nach hinten, um die Positionierung des Brustkorbs auf dem Lagerungsmaterial zu optimieren. Danach kann sie das Becken ein Stück nach hinten ziehen.
  • Der unten liegende Arm liegt nun wieder frei. Die Pflegekraft lagert ihn in einer leichten Innenrotation parallel zum Körperstamm. Wenn eine periphere Venenverweilkanüle am Handrücken liegt, wird die Hand entsprechend gepolstert.
  • Die Pflegekraft korrigiert die Lage des Kopfes. Er wird etwas in Richtung zur oben liegenden Körperseite gedreht. Wir unterlagern den Kopf mit einem kleinen Kissen. Die Pflegekraft achtet darauf, dass das unten liegende Auge keinem Auflagedruck ausgesetzt ist. Das unten liegende Ohr muss frei gelagert sein und darf nicht abgeknickt werden.
  • Der oben liegende Arm des Bewohners wird so umpositioniert und unterlagert, dass die Hand direkt neben dem Kopf liegt.
  • Die Pflegekraft lagert das oben liegende Bein auf der aufgerollten Bettdecke oder auf den Lagerungskissen. Sie stellt sicher, dass das Bein in einer physiologischen Mittelstellung liegt. Das unten liegende Bein kann gestreckt oder leicht angewinkelt werden. Die Pflegekraft sorgt dafür, dass die Fußgelenke in einem rechten Winkel gelagert werden.

Weiteres Vorgehen bei einer Bauchlagerung

  • Bei einer Bauchlagerung muss zunächst geprüft werden, über welche Seite der Bewohner aus der Rückenlage in die Bauchlage gedreht werden soll.
    • Wenn das Beatmungsgerät nicht am Kopfende, sondern an einer Bettseite steht, sollte der Pflegebedürftige über die in Richtung Respirator weisende Seite auf den Bauch transferiert werden. Dieses hat den Vorzug, dass die Beatmungsschläuche geringeren Zugkräften ausgesetzt sind.
    • Steht der Respirator am Kopfende, wird der Bewohner über die Körperseite gedreht, die weniger Verletzungen oder Zu- und Ableitungen aufweist.
  • Der Bewohner wird in Rückenlage ganz an den Rand des Betts mobilisiert. Das genaue Vorgehen ist im Standard "Seitwärtsbewegung im Bett in zwei Schritten" beschrieben.
  • Der Bewohner wird nun in eine stabile 90°-Seitenlagerung gebracht. Die Pflegekraft positioniert den unten liegenden Arm unter dem Körperstamm.
  • EKG-Elektroden und Kabel werden vom Brustkorb entfernt und ggf. auf den Rücken umgesetzt.
  • Die Pflegekraft positioniert die gefaltete Decke oder die Lagerungskissen direkt vor dem Brustkorb, vor dem Becken und vor den Unterschenkeln des Bewohners. Wir stellen damit sicher, dass diese Körperbereiche gut unterlagert sind. Der Bauchraum wird somit vom Auflagedruck entlastet. Ein hoher Druck auf das Abdomen löst einen Zwerchfellhochstand und somit eine Kompression der basalen Lungenabschnitte aus.
  • Der Bewohner wird nun aus der 90°-Seitenlagerung weiter in die Bauchlage gedreht. Er kommt auf dem Lagerungsmaterial zum Liegen.
  • Die Pflegekraft lagert den Kopf um. Sie stellt sicher, dass weder auf die Augen noch auf die Nase ein Auflagedruck einwirkt.
    • Sie kann dafür den Kopf etwas zur Seite drehen, ganz ähnlich wie bei der 135°-Seitenlagerung. Eine extreme Seitendrehung des Kopfes muss dabei verhindert werden.
    • Alternativ kann der Kopf ohne Seitwärtsdrehung gelagert werden. Das Gesicht zeigt also nach unten. Mittels Lagerungs- und Polstermaterial wird das Gesicht vom Auflagedruck entlastet. Dabei darf die Pflegekraft aber nur wenig Polstermaterial verwenden, da es sonst zu einer Überstreckung der Halswirbelsäule kommt.
    • Im Idealfall können spezielle Gel- oder Luftkissen für den Kopfbereich genutzt werden. Diese haben eine Aussparung im Gesichtsbereich, die eine freie Lagerung des Gesichts erlauben.
  • Die Pflegekraft korrigiert die Positionierung der Arme.
    • Die Arme können angewinkelt gelagert werden. Die Pflegekraft bringt dafür das Schultergelenk in die physiologische Mittelstellung. Sie winkelt die Ellenbogen an. Die Hände können neben oder oberhalb des Kopfes positioniert werden. Die Handflächen weisen dann nach unten.
    • Alternativ bringt die Pflegekraft die Arme in eine gestreckte Position und legt sie parallel zum Körperstamm ab. Die Hände liegen dann neben oder unterhalb des Beckens. Die Handflächen zeigen nach oben.
  • Danach positioniert die Pflegekraft die Beine. Sie muss sicherstellen, dass die Kniescheiben und die Füße keinem übermäßigen Auflagedruck ausgesetzt sind. Sie bildet dafür aus Lagerungskissen Keile und legt diese unter den Unterschenkeln ab.

weitere Maßnahmen

  • Die Augen des Bewohners sollten geschlossen sein.
  • Direkt nach der Umlagerung kann es zu einer temporären Verschlechterung der Herz-Kreislauf-Funktionen sowie der Atemsituation kommen. Dieser nachteilige Effekt tritt zumeist direkt nach der Umlagerung, speziell direkt nach der Drehbewegung aus der Rückenlage in Richtung Bauchlage. Nach 15 bis 20 Minuten kommt es i. d. R. zu einer langsamen, dann aber kontinuierlichen Normalisierung.
  • Das Ausmaß dieser zeitweiligen Beeinträchtigung ist individuell stark schwankend. Bei einigen Betroffenen verschlechtert sich der Zustand in einem Maß, das die Lagerung beendet werden muss.
  • In jedem Fall ist es notwendig die Vitalwerte engmaschig zu überwachen, insbesondere die Kreislauf- und Beatmungsparameter.

Nachbereitung:

Achten auf Komplikationen

Wir achten auf mögliche Komplikationen:

  • Die Zu- und Ableitungen können während der Umlagerung verrutschen oder abknicken. Es kann sogar zu einer versehentlichen Entfernung des zentralen Venenkatheters oder zu einer Extubation kommen.
  • Möglich sind auch Druckläsionen, dieses insbesondere an den Mamillen (Brustwarzen), an der Kniescheibe und an den Füßen. Gefährdet sind auch die Ohren, der Jochbogen, die Nase, das Kinn sowie die Schultern.
  • Bei einer unzureichenden Freilagerung der Augen erleidet der Bewohner ggf. Bindehautödeme.
  • Bei einer fehlerhaften Lagerung drohen Schäden an den Gelenken, an den Nerven, an den Sehnen und an den Bändern.
  • Wenn Mageninhalt aufsteigt, kann es zur Aspiration und somit zur Aspirationspneumonie kommen.
  • Als Folge der gesteigerten Sekretmobilisierung ist eine Verlegung der Atemwege möglich.

Abschluss

  • Die maximale Dauer dieser Lagerung wird vom Arzt vorgegeben. Mindestens alle zwei Stunden nutzen wir Mikrolagerungen, um einzelne Körperpartien zeitweise vom Auflagedruck zu entlasten.
  • Die Lagerung wird alle zwei Stunden überprüft. Insbesondere die Positionierung des Kopfes muss engmaschig kontrolliert werden.
  • Wir nutzen den Fingerdrucktest, um Gewebeschäden frühzeitig zu erkennen.
  • Vor allem muss die Pflegekraft darauf achten, ob der Bewohner versucht, Bronchialsekret abzuhusten.
  • Die Verbesserung des Gasaustausches durch die Bauchlage ist nur vorübergehend, da stattdessen nun die Ventilation in anderen Lungenbereichen beeinträchtigt ist. Nach Abschluss der Lagerung wird der Bewohner daher zurück in eine Seitenlage oder in die Rückenlage gebracht. Anschließend erfolgt erneut die Bauchlagerung oder eine 135°-Seitenlagerung. Diese Abfolge wird so lange wiederholt, bis sich die Atemsituation insgesamt deutlich verbessert hat.
  • Wenn bei einem Pflegebedürftigen die Lagerung keine Wirkung zeigt, kann nach einigen Wochen ein erneuter Test unternommen werden. Mitunter kommt es dann doch noch zum erwünschten Effekt.

Dokumente:

  • Berichtsblatt
  • ärztliches Verordnungsblatt
  • Lagerungs- und Bewegungsplan
  • Kommunikationsblatt mit dem Arzt
  • Pflegeplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • Pflegefachkräfte



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