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Standard "Fernsehkonsum bei Demenz"
Das
liebste Hobby vieler Senioren ist fernsehen. Vier, fünf oder sechs
Stunden täglicher TV-Konsum sind eher die Regel als eine Ausnahme. Beim
Fortschreiten einer demenziellen Erkrankung lassen die Probleme nicht
lange auf sich warten.
Standard "Fernsehkonsum bei Demenz"
Definition:
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Der tägliche Fernsehkonsum ist bei den meisten
Bewohnern ein integraler Bestandteil der Freizeitgestaltung. Bereits
bei der arbeitenden Bevölkerung liegt die TV-Nutzung bei mehr als drei
Stunden pro Tag. Nach Eintritt in das Rentenalter steigt dieser Wert
noch einmal deutlich auf rund fünf Stunden an.
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Das Fernsehprogramm ist für viele Senioren
wichtig, um den Tag zeitlich zu strukturieren. So gehört das
Morgenmagazin oftmals fest zum Frühstücksritual. Die Tagesschau
wiederum ist ein wichtiger Orientierungspunkt bei der Gestaltung des
Abends.
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Für viele Senioren sind TV-Sendungen überdies
die zentrale Informationsquelle. Das Fernsehen ermöglicht also bis ins
hohe Alter die Teilnahme an der politischen Willensbildung sowie am
kulturellen Leben.
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Kognitiv gesunde Menschen können beim Fernsehen
ausspannen. Bei einer fortschreitenden demenziellen Erkrankung hingegen
wird der Bewohner anfälliger für eine Reizüberflutung. In diesem
Zustand nimmt der Bewohner mehr Reize auf, als er verarbeiten kann.
Diese Überforderung äußert sich bei Demenzkranken häufig in
körperlichen und in mentalen Unruhezuständen.
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Mitverantwortlich dafür ist auch die
beschleunigte Erzählweise moderner Film- und Fernsehproduktionen. Die
schnelle Schnittfolge sowie die Nutzung des "Wackelkamera-Stils"
überfordern Senioren. Sie sind an ruhige Einstellungen und an eine
behutsame Kameraführung gewöhnt. Hinzu kommt die Tongestaltung heutiger
Sendungen. Dialoge werden mit Soundeffekten und mit Musik unterlegt und
sind daher für Demenzkranke kaum zu verstehen. Dieses ist insbesondere
der Fall, wenn der Demenzkranke zusätzlich unter einer Hörschädigung
leidet.
Grundsätze:
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Fernsehen ist als Medium weder "gut" noch
"schlecht". Es ist immer eine Frage der Qualität und der Quantität. Bei
richtiger Wahl der Sendung und bei einer Begrenzung des täglichen
Konsums kann ein demenziell erkrankter Bewohner vom Fernsehen
profitieren.
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Wir werden dem Bewohner niemals Vorschriften
zum Fernsehkonsum machen. Die Entscheidung, was er sieht und wie lange
er zusieht, liegt immer beim Bewohner.
Ziele:
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Der Bewohner hat Spaß beim Fernsehen und kann sich entspannen.
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Er kann seine mentalen Defizite für einen Moment hinter sich lassen und neuen Lebensmut finden.
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Beim gemeinsamen Fernsehen wird der soziale Zusammenhalt innerhalb der Einrichtung gestärkt.
Vorbereitung:
Organisation
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Wann immer möglich sollten Bewohner zusammen
fernsehen. Wir bieten daher regelmäßige Filmabende an. Die Nutzung
eines Beamers und einer Leinwand erzeugt Kinoatmosphäre, die bei einem
entsprechenden biografischen Hintergrund als angenehm empfunden wird.
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Die Vorlieben und die Abneigungen für bestimmte
Programminhalte (Sport, Krimis, Operette usw.) werden bereits im Rahmen
des Erstgesprächs erfragt. Ggf. bitten wir die Angehörigen um Auskunft.
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Sendungen, auf die der Bewohner gut reagiert,
können ggf. aufgezeichnet werden. Dass es sich um Wiederholungen
handelt, werden Betroffene ab einer mittelgradigen Demenz nicht mehr
wahrnehmen bzw. wird es sie nicht mehr stören.
(Anmerkung: Auch kognitiv nicht eingeschränkte Menschen haben
Lieblingssendungen und Lieblingsfilme, die sie gerne mehrfach sehen.)
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Ggf. kann es sinnvoll sein, einen
VHS-Videorekorder zu nutzen. Diese Geräte sind seit Anfang der
80er-Jahre verfügbar. Ihre Nutzung ist vielen Senioren sehr vertraut.
Die tief gehende biografische Verankerung erlaubt es Demenzkranken, das
Gerät auch in fortgeschrittenen Krankheitsphasen selbstständig zu
bedienen.
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Es kann auch geprüft werden, ob der Bewohner
einen DVD-Spieler verwenden kann. Diese wurden Mitte der 90er-Jahre
eingeführt. Bei einer gewissen technischen Affinität des Bewohners
können also auch sie biografisch verankert sein. Für diese Geräte
spricht eine größere Filmauswahl sowie die Robustheit des Mediums.
Nachteilig sind die hohen taktilen Anforderungen beim Einlegen einer
DVD in das Abspielgerät.
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Die Handhabung eines Festplattenrekorders hingegen würde einen Demenzkranken überfordern.
(Hinweis: Eine überaus aktivierende Wirkung haben Videos der eigenen
Familie. Also etwa Videoaufnahmen von zurückliegenden Familienfeiern,
Urlauben usw. Hier ergänzt der VHS-Rekorder das Fotoalbum.)
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Die Nutzung von Mediatheken und von
Streamingangeboten ist zweischneidig. Positiv ist das große
Angebot auch von solchen Inhalten, die für Demenzkranke geeignet sind.
Nachteilig hingegen sind die kognitiven Anforderungen. Demenzkranke
sind in den allermeisten Fällen nicht mehr in der Lage, das
Streamingangebot zu steuern. Der Pflegebedürftige ist darauf
angewiesen, dass eine Pflegekraft oder eine andere Person die Sendung
startet.
(Hinweis: Erstaunlicherweise gilt dieses nicht für Tablet-PCs. In
verschiedenen Studien wurde geprüft, ob Demenzkranke ein iPad verwenden
können. Bei den Testpersonen gab es in den allermeisten Fällen keine
Berührungsängste.)
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Demenzkranke sind mit modernen Fernbedienungen
häufig überfordert. Wir raten dem Bewohner oder dessen Angehörigen,
eine spezielle Fernbedienung für Senioren zu beschaffen. Diese haben
lediglich sechs bis acht Tasten, mit denen sich jeder Fernseher und
Receiver steuern lassen. Es gibt Tasten für “an”, “aus”, “lauter”,
“leiser”, “Programm hoch” sowie “Programm runter”.
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Wenn der Bewohner immobil ist, achtet die Pflegekraft darauf, dass die Fernbedienung in Reichweite seiner Hände liegt.
Reizüberflutung
Wir prüfen, ob eine Reizüberflutung vorliegt. Diese äußert sich bei Demenzkranken durch verschiedene Reaktionen:
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Der Bewohner ist nicht in der Lage, die Sendung
konzentriert zu verfolgen. Er steht aus seinem Sessel auf, geht einige
Schritte und setzt sich dann wieder.
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Der Bewohner stellt immer wieder
Verständnisfragen zur Sendung. Oder er schimpft anhaltend über das
seiner Meinung nach niveaulose Fernsehprogramm. Einige Demenzkranke
suchen das Gespräch mit anderen Zuschauern, die sich davon gestört
fühlen.
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Es liegt eine Verkennung der Situation vor. Der
Bewohner hört Stimmen aus dem Fernseher und glaubt, dass sich Personen
in seinem Zimmer befinden. Folge: Der Bewohner spricht mit dem
Fernseher.
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Der Bewohner fühlt sich durch das Geschehen auf
dem Fernseher bedroht. Er hält die Tiere einer Dokumentation für echt
und zeigt Angstreaktionen.
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Keine Reizüberflutung liegt vor, wenn sich der
Bewohner beim Fernsehen offenkundig wohlfühlt. In diesem Fall zeigt
sich das Wohlbefinden z. B. durch die Mimik. Ggf. gibt der Bewohner
Kommentare zum Gesehenen ab, die zeigen, dass er den Inhalt weitgehend
versteht.
Durchführung:
allgemeine Maßnahmen
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Während längerer Pflegemaßnahmen (etwa der
morgendlichen Grundpflege) sollte der Fernseher ausgeschaltet bleiben.
Hier ist es wichtig, dass sich der Bewohner auf die Pflegehandlung und
insbesondere auf seine eigene aktive Beteiligung daran konzentrieren
kann. Auch die Kommunikation zwischen Bewohner und Pflegekraft würde
durch einen laufenden Fernseher massiv erschwert.
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Vor allem aber schalten Pflegekräfte während
ihrer Anwesenheit im Zimmer des Bewohners nicht das TV-Gerät auf einen
anderen Sender um, dessen Programm dem Mitarbeiter (aber nicht dem
Pflegebedürftigen) besser gefällt.
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Wenn wir das Gefühl haben, dass sich der
Bewohner lediglich vom Fernseher "berieseln" lässt, fragen wir ihn, ob
wir das Gerät abschalten sollen.
Wahl der richtigen Fernsehsendung
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Wir prüfen, ob der Bewohner kooperativ ist und
unsere Ratschläge hinsichtlich des Fernsehprogramms annimmt. In diesem
Fall wählen wir Sendungen aus, die für demenziell erkrankte Senioren
geeignet sind. Wir berücksichtigen, dass sich die Kriterien beim
Fortschreiten der Erkrankung verändern werden.
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Demenzkranke verlieren die Fähigkeit, Realität
von Fiktion zu unterscheiden. Daher sind Spielfilme zunehmend
problematisch. Dieses insbesondere, wenn sie Parallelen zur
Bewohnerbiografie aufweisen; etwa Filme über Krieg, Gewalt oder
Vertreibung.
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Romantische Filme mit linearem Erzählstrang
(also ohne Zeitsprünge) hingegen werden deutlich besser akzeptiert;
bestes Beispiel: Rosamunde-Pilcher-Filme.
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Spielfilme sollten eindeutige Leit- und
Identifikationsfiguren aufweisen. Ambivalente Charaktere würden die
kognitiven Fähigkeiten eines Demenzkranken überfordern. Dialoge mit
Ironie und mit Zweideutigkeiten können von hirnorganisch erkrankten
Senioren oftmals nicht korrekt interpretiert werden.
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Bei der Musikuntermalung ist es wichtig, dass
einfache und wiedererkennbare Melodien verwendet werden. Die Musik muss
emotional beruhigend sein und kann zum Mitsingen auffordern.
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Filme aus den 40er- und 50er-Jahren sind i. d.
R. gut biografisch verankert. Die Filmstars dieser Zeit sind den
meisten Senioren gut bekannt.
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Serien mit kurzer Dauer pro Episode sowie mit
gleichbleibenden Inhalten erleichtern es dem Bewohner, sich zu
orientieren. Dieses trifft insbesondere auf Telenovelas sowie auf
"Daily Soaps" zu. Wichtig ist hier der hohe Wiedererkennungswert der
Charaktere.
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Viele Sendungen laufen im Zweikanalton. Die
zusätzliche Audiospur enthält oft gesprochenen Text, der die Handlung
besser erklärt.
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Sender mit häufigen Werbeunterbrechungen sind ungeeignet.
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Quizsendungen sollten vermieden werden. Die
Fragen beziehen sich oft auf moderne Themen, die nicht mehr Teil der
Lebenswelt unserer Bewohner sind. Demenzkranken werden ihre Defizite
vorgeführt. Das Gleiche gilt ggf. auch für Sendungen mit
tagespolitischer Ausrichtung.
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Kindersendungen sind für die meisten Senioren ungeeignet, da die Betroffenen diese als entwürdigend betrachten.
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Sportprogramme werden häufig gut angenommen, da
es bei vielen Bewohnern einen biografischen Bezug etwa zum Fußball oder
zur Leichtathletik gibt.
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Positive Reaktionen gibt es zumeist auch bei Musiksendungen, also etwa bei Volksmusik oder bei Operetten.
Nachbereitung:
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Die Reaktionen des Bewohners auf bestimmte
Programminhalte werden beobachtet und etwa im Rahmen von
Fallbesprechungen thematisiert. Vorlieben und Abneigungen werden in der
Pflegeplanung / in der Maßnahmenplanung festgehalten.
Dokumente:
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Pflegeplanung / Maßnahmenplanung
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
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