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Standard "Pflege von Senioren mit Divertikulose / Divertikulitis"

"Altersrunzeln" bilden sich nicht nur im Gesicht, sondern auch im Kolon. Und während Stirnfalten ein eher ästhetischer Makel sind, können Divertikel zu zahlreichen Pflegeproblemen führen. Manch vermeintliches Darmgrummeln führt letztlich in den Operationssaal.


Standard "Pflege von Senioren mit Divertikulose / Divertikulitis"


Definition:

  • Divertikel, also Ausstülpungen der Schleimhaut im Kolon, treten bei jedem zweiten 70-Jährigen auf. Betroffen ist zumeist der Dickdarm. Wenn Divertikel in großer Zahl auftreten, handelt es sich um eine Divertikulose.
  • Hauptursachen für eine solche Deformation sind eine Bindegewebsschwäche im Alter, ballaststoffarme Kost sowie erhöhter Druck im Kolon.
  • Divertikel verursachen in 90 Prozent der Fälle keine Beschwerden. Sie werden daher zumeist erst im Rahmen einer Koloskopie oder bei einem Kontrastmitteleinlauf entdeckt.
  • Darmdivertikel sind also für sich genommen keine Erkrankung, die behandelt werden muss. Dieses ist erst dann notwendig, wenn es zu Blutungen oder zu einer Entzündung ("Divertikulitis") kommt.
  • Eine Divertikulitis tritt auf, wenn es als Folge einer Stuhlverstopfung zu einer bakteriellen Besiedelung und zu einer Entzündung kommt. Diese Entzündung ist mit einer erheblichen Schmerzbelastung verbunden und kann bei weiterem Fortschreiten die Gesundheit und sogar das Leben des Bewohners gefährden.
  • Die Beschwerden können sich auch chronifizieren. Es kommt dann zu wiederkehrenden Schmerzen im linken Unterbauch mit unregelmäßigem und ggf. blutigem Stuhlgang.

Grundsätze:

  • Divertikulose und Divertikulitis zählen zu den vielen Krankheiten, die zumindest in Teilen das Resultat einer Fehlernährung und von Bewegungsarmut sind. Eine Behandlung ohne die Kooperation des Bewohners wird daher zu keinem Ergebnis führen.
  • Der Bewohner ist frei in der Wahl seiner Nahrungsmittel. Pflegekräfte können den Bewohner nur beraten, aber keine Vorschriften machen.

Ziele:

  • Der Bewohner erkennt, dass seine Lebens- und Ernährungsgewohnheiten den Krankheitsverlauf beeinflussen. Er ist motiviert, die notwendigen Änderungen mitzutragen.
  • Durch eine angepasste Ernährung wird der Darminnendruck reduziert. Die Ausbildung von Divertikeln wird gebremst.
  • Eine Divertikulitis wird frühzeitig erkannt und angemessen therapiert. Gesundheitsbedrohende Komplikationen werden damit vermieden.
  • Die Schmerzbelastung wird auf ein Minimum reduziert.

Vorbereitung:

Prophylaxe

  • Bei einer Divertikulose ist es notwendig, die Maßnahmen im Rahmen der Obstipationsprophylaxe zu intensivieren. Dazu zählt insbesondere auch eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, die wir ggf. per Trinkplan sicherstellen.
  • Ggf. bitten wir unsere Diätassistentin, gemeinsam mit dem Bewohner einen individuellen Ernährungsplan zu erarbeiten.
  • Wir raten dem Bewohner zu einer ballaststoffreichen Kost. Insbesondere eine Beimengung von Füll- und Quellstoffen kann sinnvoll sein.
  • Der Bewohner soll Vollkornprodukte nutzen, wie etwa Vollkornbrot, Vollkornnudeln usw.
  • Der Bewohner soll faserige Lebensmittel meiden, da diese in den Divertikeln hängen bleiben und dann zu einer Entzündung führen. Problematisch sind also z. B. grobkörniges Vollkornbrot, grobes Müsli usw. Auch Sonnenblumenkerne, Kürbiskerne, Sesam, Mohn und Nussstücke können ggf. zu Beschwerden führen.
  • Der Bewohner soll seine Speisen gut kauen. Wir stellen sicher, dass er über einen ausreichend guten Zahnstatus verfügt.
  • Wir prüfen, ob der Bewohner statt dreier Hauptmahlzeiten fünf Mahlzeiten erhalten sollte, die gleichmäßig über den Tagesverlauf verteilt werden.
  • Der Bewohner sollte stopfende Lebensmittel nur in geringen Mengen zu sich nehmen, also etwa Schokolade, Bananen oder auch Weißmehlprodukte.
  • Im Rahmen seiner Möglichkeiten soll der Bewohner körperlich aktiv bleiben.
  • Wir regen die Reduktion von etwaigem Übergewicht an.
  • Wir raten dem Bewohner, beim Stuhlgang nicht übermäßig zu pressen.
  • Die Vitalwerte des Bewohners werden engmaschig erfasst. Insbesondere ermitteln wir die Körpertemperatur (rektal und axillar).
  • Soweit möglich, wird der ausgeschiedene Stuhl auf krankhafte Veränderungen überprüft.

Symptome

Wir achten auf die typischen Symptome einer Divertikulitis.

  • Es kommt zu Völlegefühl, Übelkeit und Blähungen.
  • Der Bewohner führt nicht mehr zu den gewohnten Zeiten ab, also etwa morgens nach dem Frühstück.
  • Stuhlunregelmäßigkeiten treten auf, also insbesondere Verstopfung und Durchfall sowie Blähungen.
  • Der Stuhlgang erinnert an Schafskot mit zusätzlichem Schleimabgang.
  • Der Bewohner berichtet über Blasenentleerungsstörungen.
  • Es werden Blutbeimengungen im Stuhl beobachtet.
  • Der Bewohner hat krampfartige Schmerzen im linken Unterbauch. Die Beschwerden nehmen nach dem Essen zu. Sie vermindern sich nach dem Stuhlgang.
  • Es treten subfebrile und febrile Temperaturen auf. Oftmals ist der rektal ermittelte Wert um rund 0,8 °C höher als die Temperatur, die unter den Achseln gemessen wird.
  • Die Bauchdecke ist hart. Beim Abtasten des Bauches erhöht sich die Anspannung der Bauchdeckenmuskulatur reflexartig (sog. "Abwehrspannung").
  • Wenn ein Abtasten möglich ist, kann die Pflegekraft im linken Unterbauch eine "verdickte Walze" erspüren.
(Hinweis: Die Beschwerden ähneln dem Bild einer Appendizitis, treten jedoch auf der linken Seite auf. In jedem Fall ist es sinnvoll, den Bewohner zeitnah beim behandelnden Arzt vorzustellen.)

Durchführung:

Ernährungsanpassung bei Divertikulitis

  • Wenn eine Divertikulitis entstanden ist, muss zeitweilig von der ballaststoffreichen Kost auf eine ballaststoffarme Kost umgestellt werden.
  • Ggf. muss der Bewohner eine Nahrungskarenz einhalten. Er wird bei Bedarf parenteral ernährt.

medikamentöse Maßnahmen bei Divertikulitis

  • Bakterielle Infektionen sprechen zumeist auf eine Antibiotikatherapie gut an. Wir stellen sicher, dass der Bewohner die verordneten Medikamente (i.d.R. ein Breitbandantibiotikum) über den vollen Zeitraum einnimmt und nicht nach dem Nachlassen der Beschwerden eigenmächtig absetzt.
  • Wir prüfen, ob der Bewohner entkrampfende Medikamente ("Spasmolytika") erhalten sollte.
  • Die Nutzung von Laxanzien sowie von Einläufen erfolgt nur nach sorgfältiger Prüfung, da durch die Peristaltikanregung die Gefahr eines Darmdurchbruches ("Perforation") steigt.

allgemeine Pflegemaßnahmen bei Divertikulitis

  • Bei einer Divertikulitis ist oftmals Bettruhe erforderlich. Wir intensivieren dann die entsprechenden Prophylaxemaßnahmen, insbesondere zur Vermeidung eines Dekubitus und einer Pneumonie.
  • Bei schweren Krankheitsverläufen ist i.d.R. eine stationäre Behandlung im Krankenhaus erforderlich. Wir bereiten die Einweisung des Bewohners vor und sorgen insbesondere für einen guten Informationsaustausch mit den dort behandelnden Ärzten und Pflegekräften.
  • Wenn der Bewohner über Schmerzen klagt, kühlen wir den betroffenen Bauchbereich. Wir prüfen auch, ob wir durch eine veränderte Lagerung die Bauchdeckenspannung und somit auch die Schmerzen lindern können.
  • Bei Nahrungskarenz und bei parenteraler Nährstoffzufuhr ist eine gute Mundpflege erforderlich. Insbesondere intensivieren wir die Soor- und Parotitisprophylaxe.

  • Das Körpergewicht wird regelmäßig erfasst. Falls der Bewohner immobil ist, nutzen wir einen Patientenlifter mit eingehängter Waage (Bild). Voraussetzung dafür ist, dass eine sitzende Position dem Bewohner keine Schmerzen bereitet.

Nachbereitung:

Prognose

  • Wenn sich die Entzündungen häufen, kommt es im betroffenen Kolonbereich zu einem narbigen Gewebeumbau. Der Darmabschnitt schrumpft. Durch die Verengung kann es zu einem mechanischen Ileus kommen. In diesem Fall muss der verengte Teil des Darmes operativ entfernt werden.
  • Bei einigen Betroffenen bilden sich Fisteln, also Verbindungsgänge zu anderen Organen wie etwa der Blase oder der Vagina. Diese Fehlbildungen werden chirurgisch wieder geschlossen.
  • Bei Perforation eines Blutgefäßes kann es zu einer massiven Darmblutung und letztlich zu einem Volumenmangelschock kommen. In den meisten Fällen stoppt die Blutung spontan. Ansonsten ist eine endoskopische Blutstillung oder eine Entfernung des geschädigten Darmabschnitts erforderlich.
  • Besonders riskant ist eine Perforation der Darmwand. Der Austritt von Kot in den Bauchraum führt in kurzer Zeit zu einer Peritonitis.
  • Wenn die konservative Behandlung nicht erfolgreich ist, muss der divertikeltragende Darmbereich chirurgisch entfernt werden. Ggf. ist es dann notwendig, einen künstlichen Darmausgang ("Kolostoma") anzulegen. Dieser wird i.d.R. nach Abheilung des Darmes wieder zurückverlegt. 

weitere Maßnahmen

  • Die Pflegeplanung wird regelmäßig an den aktuellen Zustand des Bewohners angepasst.
  • Der behandelnde Hausarzt wird über alle relevanten Veränderungen informiert.

Dokumente:

  • Leistungserfassung
  • Berichtsblatt
  • Ein- und Ausfuhrbilanzierung
  • Pflegeplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  •  alle Pflegekräfte



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