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Standard "Abschließen der Haustür" (ambulante Pflege)

Pflegekräfte als Gefängniswärter? Zumindest aus juristischer Sicht ist diese Grenze schnell überschritten. Mitarbeiter eines ambulanten Dienstes sollten es sich zweimal überlegen, ob sie Demenzkranke in ihrer Wohnung einschließen. Mit einem Standard samt Mustertext für eine Genehmigung können Sie Ihr Team wirksam absichern.


Standard "Abschließen der Haustür" (ambulante Pflege)


Definition:

  • Viele Klienten (und deren Angehörige) tragen den Wunsch an uns heran, nach Abschluss der Versorgung die Haus- oder Wohnungstür abzuschließen. Sie versprechen sich davon etwa einen besseren Schutz vor Einbrechern. Andere Senioren nehmen Arzneimittel ein, zu deren Nebenwirkungen ggf. temporäre Verwirrtheitsphasen zählen, etwa Parkinson-Medikamente. Sie fürchten, im desorientierten Zustand das Haus zu verlassen.
  • Eine ganz ähnliche Problematik stellt sich bei Klienten, die demenziell erkrankt sind. Zum Krankheitsbild gehört oft auch eine Weglauftendenz. Der alte Mensch ist desorientiert und glaubt, dass er an seinem "Arbeitsplatz" oder "zu Hause" erwartet wird. Ohne Rücksprache mit den Angehörigen oder mit dem Pflegedienst entweicht er aus seiner Häuslichkeit und irrt dann orientierungslos umher. Eine vordergründig wirksame Lösung des Problems ist es, den Klienten in seiner Wohnung einzusperren. Der Pflegedienst erhält einen eigenen Schlüssel und verschließt dann nach jedem Einsatz die Tür.
  • Ein solches Vorgehen ist jedoch riskant.
    • So wird der Klient etwa bei einem Hausbrand daran gehindert, aus der Wohnung zu entkommen. Daran ändert auch ein zweiter Haustürschlüssel nichts, der für orientierte Senioren im Haus bereitgelegt wird. Durch die Panik sind Betroffene oft nicht in der Lage, die Haustür rechtzeitig wieder aufzuschließen.
    • Gleichzeitig wird das Betreten des Hauses etwa durch die Feuerwehr oder durch einen Notarzt erschwert und verzögert.
    • Eine weitere Gefährdung ergibt sich, wenn der eingeschlossene Klient nach alternativen Ausgängen sucht und z. B. aus dem Fenster mehrere Stockwerke in die Tiefe stürzt.
  • Rechtlich zählt das Einschließen in der Wohnung zu den freiheitsentziehenden Maßnahmen und ist strafbar, sofern keine Legitimation dafür vorliegt. Wenn der Klient einwilligungsfähig ist, kann er also dem Abschließen der Tür zustimmen. Bei altersverwirrten Menschen ist die Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht erforderlich.
  • Zu den freiheitsentziehenden Maßnahmen zählt auch das Wegnehmen der für die Mobilität notwendigen Hilfsmittel; etwa Schuhe, Kleidung, Brille, Rollstuhl und Rollator.

Grundsätze:

  • Wenn es auch nur geringste Zweifel an der rechtlichen Zulässigkeit gibt, wird der Klient unter keinen Umständen in seiner Häuslichkeit eingeschlossen.

Ziele:

  • Eine Gefährdung des Klienten wird minimiert.
  • Die Ängste der Angehörigen werden berücksichtigt.
  • Alle rechtlichen Vorgaben werden erfüllt. Insbesondere droht unseren Mitarbeitern keine juristische Verfolgung.

Vorbereitung:

  • Wir beraten Angehörige, wie sie ein Weglaufen des Klienten verhindern können, ohne die Tür abzuschließen. Häufig ist es ausreichend, den Ausgang mit einem Vorhang zu verdecken oder die Tür in der gleichen Farbe wie die Wand zu streichen.
  • Dem Klienten und seinen Angehörigen wird verdeutlicht, dass ein Einschließen bei einem Brand lebensgefährlich ist.
  • Der Klient und seine Angehörigen werden von uns zu möglichen Alternativen beraten. Dazu kann etwa ein GPS-Ortungssystem gehören. Hierfür ist eine Einwilligung oder auch eine gerichtliche Genehmigung notwendig.
  • Auch komplizierte Schließmechanismen gelten als freiheitsentziehende Maßnahmen, also z. B. Drehknöpfe, die nicht von allein geöffnet werden können sowie Schlösser mit Zahlencode.
  • Es wurde Vorsorge getroffen, dass der Klient im Notfall Hilfe holen kann, etwa über ein Rufsystem. Es ist gleichzeitig gewährleistet, dass ein Notarzt die Wohnung betreten kann. Dafür wurde ein Schlüssel z. B. beim Nachbarn hinterlegt.
  • Wir prüfen, ob die Fenster gegen ein ungewolltes Öffnen gesichert sind. Der Bewohner könnte sonst in Panik einen Weg durch die Fenster nach draußen suchen.
  • Wir verdeutlichen den Angehörigen, dass bei weiterem Fortschreiten der demenziellen Erkrankung eine stationäre Versorgung letztlich unvermeidbar wird. Der dauerhafte Einschluss in der eigenen Häuslichkeit ist keine langfristige Option.
  • Die Inhalte der Beratung werden von uns zur eigenen rechtlichen Absicherung dokumentiert.

Durchführung:

  • Wenn zwei Klienten in der Wohnung leben, müssen beide dem Zuschließen schriftlich zustimmen. Oder es muss für beide eine richterliche Genehmigung vorliegen. (Beispiel: Ein demenziell erkrankter Mann lebt mit seiner Frau zusammen. Diese würde durch das Verschließen der Haustür ebenfalls in ihrer Freiheit eingeschränkt.)
  • Nur ein mental orientierter Klient kann wirksam in das Verschließen der Haustür einwilligen. Eine kurze, formlose Einwilligung durch den Klienten liegt uns schriftlich vor.
  • Wir akzeptieren keine Zustimmung von Demenzpatienten, die offensichtlich die Tragweite der Thematik nicht überblicken. In diesem Fall regen wir ggf. die rasche Einleitung eines Betreuungsverfahrens an.
  • Ohne eine Einwilligung des Klienten erfolgt das Zuschließen der Haustür nur, wenn eine richterliche Genehmigung dafür vorliegt. Das Einverständnis von Ärzten, Angehörigen und rechtlichen Betreuern ersetzt keine richterliche Genehmigung!
  • Rechtlich unbedenklich ist es zumeist, wenn die Wohnung am Abend durch mitpflegende Angehörige verschlossen wird. Wir schließen dann lediglich die Wohnung am Morgen wieder auf, führen die Pflegemaßnahmen durch und verlassen die Wohnung dann wieder, ohne die Tür erneut zu verschließen.

Nachbereitung:

  • Bei allen Fragen zu freiheitsentziehenden Maßnahmen ist stets die Schriftform zu wählen. Insbesondere Genehmigungen müssen stets schriftlich und unterschrieben vorliegen. Mündliche Zusagen sind im Streitfall oftmals nicht beweisbar.

Dokumente:

  • Formular: "Auftrag zum Abschließen der Wohnungstür"

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Mitarbeiter

Mustertext: Auftrag zum Abschließen der Wohnungstür


Name des Klienten: Die Mitarbeiter des Pflegedienstes "Pflege mit Herz" werden damit beauftragt, die Haus- bzw. die Wohnungstür O nach jedem Pflegeeinsatz O in der Zeit von __ Uhr bis __ Uhr abzuschließen. Ort / Datum / Unterschrift des Klienten (Hinweis: Die Vorgaben des Standards "Abschließen der Haustür" sind zu beachten.)



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