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Standard "Pflege von Senioren mit Fixateur externe"

Die operative Versorgung von Trümmerbrüchen erinnert mitunter an ein Puzzlespiel. Mit einem “Fixateur externe” stellt das Chirurgenteam sicher, dass nach der OP alle Fragmente an Ort und Stelle bleiben. Die Anforderungen an die pflegerische Wundversorgung sind erheblich.


Standard "Pflege von Senioren mit Fixateur externe"


Definition:

  • Viele Frakturen lassen sich nicht mit einem konventionellen Gipsverband zur Abheilung bringen. Vor allem infizierte Frakturen, Knochenbrüche mit umgebenden Weichteilverletzungen sowie Trümmerfrakturen erfordern zumindest zeitweilig eine äußere Stabilisierung mittels “Fixateur externe”.

  • Dafür erfasst der Chirurg die Trümmerstücke mit Knochenschrauben (“Pins”), die aus der Haut nach außen ragen. Dort werden sie mit Metall- oder mit Karbonstäben verbunden. Alternativ oder ergänzend dazu können auch Drähte einsetzt werden, die der Chirurg mit der Konstruktion verspannt. Es entsteht eine individuell angepasste Struktur, die die Frakturelemente so lange an der richtigen Position hält, bis der Bruch zusammengewachsen ist. Selbst wenn einige Fragmente fehlen, kann der Knochen insgesamt ausheilen.
  • Hauptproblem dabei ist die Verbindung zwischen dem Knochen und der Außenwelt. Entzündungen an den Durchtrittsstellen der Schrauben an der Haut können sich in die Tiefe ausbreiten (sog. “Pin-Track-Infektion”). Erreichen die Keime den Knochen, kommt es im schlimmsten Fall zu einer Osteitis (“Knochenentzündung”).
(Hinweis: Die Wundversorgung kann auf verschiedene Weise erfolgen. Es kann entweder “non-touch” eine sterile Pinzette oder sterile Handschuhe benutzt werden, um die Kompressen zu führen. Zudem kursieren in der Literatur und in den Pflegeschulen verschiedene Vorgaben zur richtigen Reinigung des Fixateur externe, entweder mit Octenisept oder mit Kochsalzlösung. Sie sollten diesen Standard daher an die in Ihrem Team üblichen Abläufe anpassen. Sinnvoll ist es, dabei den behandelnden Arzt einzubeziehen.)

Grundsätze:

  • Die Stabilisierung von Knochenfragmenten per Fixateur externe ist eine radikale Maßnahme, die nur durch strikte Hygiene gelingen kann.
  • Nach einem Unfall und der Versorgung mit einem Fixateur externe werden viele Bewohner “von einem Tag auf den anderen” weitgehend immobil. Auch zuvor mobile und körperlich fitte Senioren haben unvermittelt ein sehr hohes Komplikationsrisiko. Wir dürfen uns also von einer ansonsten guten Konstitution nicht täuschen lassen.

Ziele:

  • Der geschädigte Knochen kann verheilen. Alle Bruchstücke wachsen wieder zusammen.
  • Der Bewohner erhält seine Mobilität zurück.
  • Die Wunde wird angemessen versorgt und kann ausheilen.
  • Die Schmerzbelastung wird minimiert.
  • Eine Keimausbreitung in Richtung Knochen wird zeitnah erkannt und behandelt.
  • Typische mit der Immobilität verbundene Komplikationen werden vermieden.

Vorbereitung:

Organisation

  • Wir stellen sicher, dass wir über alle Informationen verfügen, die für die Pflege und insbesondere für den Verbandswechsel notwendig sind. Bei Unsicherheiten kontaktieren wir frühzeitig den behandelnden Arzt und den Therapeuten.
  • Jede Fraktur, die mit einem Fixateur externe behandelt wurde, ist überaus gravierend. Folglich ist von einer erheblichen Schmerzbelastung auszugehen. Wir stellen sicher, dass der behandelnde Arzt für eine adäquate Analgetikatherapie sorgt. Dieses gilt insbesondere für demenziell veränderte Bewohner.
  • Ggf. ist beim Verbandswechsel eine zweite Pflegekraft erforderlich.

Symptome

  • Wir achten auf die typischen Symptome einer Pin-Track-Infektion:
    • Die Haut um die Eintrittsstelle ist gerötet. Wir bemerken eine seröse Sekretion aus der Wunde.
    • Wir nehmen weitere typische Anzeichen einer Infektion wahr, insbesondere eine Schwellung und Überwärmung.
    • Der Bewohner klagt über ungewöhnlich intensive Schmerzen im Bereich der Fraktur.
  • Wir informieren den Arzt, wenn wir derartige Symptome beobachten.
  • Bei entzündlichen Veränderungen wird auf Arztanordnung ein Abstrich vorgenommen.

Material

  • Wir stellen das notwendige Material für einen Verbandswechsel bereit:
    • Händedesinfektionsmittel
    • zwei Paar unsterile Schutzhandschuhe
    • sterile Kugeltupfer (“Pflaumen”) oder sterile Kompressen
    • sterile Pinzette (oder ein Paar sterile Handschuhe)
    • ggf. sterile Nierenschale
    • physiologische Kochsalzlösung mit Überleitungskanüle
    • alkoholfreies Haut- oder Wunddesinfektionsmittel, etwa Octenisept
    • Einmalunterlage
    • Verbandschere
    • Abwurfbehälter
    • ggf. weiteres Material zur Wundtherapie gemäß Arztanordnung
    • Schlitzkompressen
    • Mullbinde
    • bei großer Distanz der Durchtrittsstellen elastische Binde
    • ggf. Abstrichröhrchen

Weiteres

  • Wir raten dem Bewohner dazu, praktische Kleidung zu beschaffen oder bereits vorhandene Textilien zu modifizieren. Beispiel: Hosen mit aufgetrennten Nähten oder mit seitlichen Druckknöpfen.
  • Bei reizlosen Wundverhältnissen kann der Bewohner nach ärztlicher Erlaubnis auch duschen. Vor dem Duschen sollte er etwas Duschwasser durchlaufen lassen, um die Keimbelastung des Wassers zu senken. Nach dem Duschen reinigt die Pflegekraft die Eintrittsstellen und desinfiziert diese. Der Fixateur externe kann mit einem Handtuch getrocknet werden.
  • Wir stellen sicher, dass der Bewohner die vom Physiotherapeuten vorgegebenen Übungen regelmäßig durchführt.

Durchführung:

Verbandswechsel

  • Alle erforderlichen Gegenstände werden auf einer steril abgedeckten Arbeitsfläche vorbereitet und auf Vollständigkeit kontrolliert.
  • Der Bewohner wird über die geplante Maßnahme informiert. Dieses gilt auch für kognitiv beeinträchtigte Senioren.
  • Die Pflegekraft schließt Fenster und Türen. Sie bittet Besucher für kurze Zeit aus dem Zimmer.
  • Das Pflegebett wird auf eine Höhe gebracht, die ein Rücken schonendes Arbeiten ermöglicht.
  • Die Pflegekraft führt eine Händedesinfektion durch und zieht unsterile Einmalhandschuhe an.
  • Um die Lagerungsschiene vor Verunreinigungen zu schützen, legt die Pflegekraft eine neue Einmalunterlage ein.
  • Der alte Verband wird entfernt. Die Schmerzbelastung und der Arbeitsaufwand lassen sich senken, wenn der alte Verband nicht abgerollt, sondern entlang der Extremität durchgeschnitten und dann abgehoben wird. Falls Kompressen angetrocknet sind, kann die Pflegekraft diese mit Kochsalzlösung einweichen.
  • Das alte Material wird im Abwurf entsorgt.
  • Die Pflegekraft inspiziert den Zustand der Wunde. Sie achtet auf Blut, auf seröse Flüssigkeit und auf Eiter.
  • Die Handschuhe werden abgeworfen. Die Pflegekraft führt eine Händedesinfektion durch.
  • Die Pflegekraft bereitet das Material vor, das für die Reinigung der Metallstifte, der Wunde und der Wundumgebung benötigt wird. Sie öffnet die Verpackung der Kompressen und tränkt diese mit Kochsalzlösung.
  • Die Pflegekraft zieht neue Handschuhe an und ergreift mit der Pinzette die Kompressen.
  • Die Pflegekraft reinigt die Schrauben, Drähte und Stangen. Alle Krusten müssen beseitigt werden, da es sonst zu einem Sekretstau kommen kann.
  • Für jede Eintrittsstelle muss eine neue Kompresse verwendet werden. Wir vermeiden damit eine Keimverschleppung.
  • Die sterilen Schlitzkompressen werden vorbereitet.
  • Nun behandelt die Pflegekraft die Eintrittsstelle sowie die umgebenden Hautbereiche mit Desinfektionsmittel. Falls Weichteilverletzungen vorliegen, werden diese gemäß Arztanweisung abgedeckt.
  • Die Pflegekraft legt Schlitzkompressen um die Schrauben. Diese werden mit Mullbinde fixiert. Dabei sollte das verletzte Bein falls nötig von einer zweiten Pflegekraft gehalten werden.
  • Die Durchblutung, die Motorik und die Sensibilität (sog. “DMS-Kontrolle”) der geschädigten Extremität werden überwacht. Die Pflegekraft lässt den Bewohner beispielsweise mit den Zehen wackeln oder fordert ihn auf, die Finger zu bewegen. Falls notwendig, wird der Verband etwas gelockert.
  • Die Einmalunterlage wird wieder entfernt.

Lagerung

  • Die verletzte Extremität wird auf einer Hochlagerungsschiene oder erhöht auf einem Kissen gelagert, um Schwellungen zu vermeiden.
  • Das Abschwellen der erkrankten Extremität kann ebenfalls gefördert werden, indem das Fußende des Betts leicht erhöht wird.
  • Das Fußgelenk wird im Rahmen der Spitzfußprophylaxe in einer 90°-Stellung gelagert. Ggf. erfolgt die Positionierung des Beins leicht abduziert und außenrotiert. Die Ferse und die Achillessehne werden frei gelagert.
  • Hautbereiche mit oberflächlich gelegenen Nervenbahnen werden unterpolstert. Insbesondere das Wadenbeinköpfchen muss gut gepolstert werden, da dort als Folge der Lagerung eine Schädigung des Nervus Peronaeus droht.
  • Der Fixateur externe wird mit Schaumstoff oder mit Kissen abgepolstert, um die nicht betroffene Extremität vor Verletzungen zu schützen.
  • Wir stellen sicher, dass die Kunststoffkappen auf den Schraubenenden aufgesteckt sind.
  • Die Pflegekraft führt erneut eine Händedesinfektion durch.

Weiteres

  • Die Fraktur selbst sowie der Fixateur externe führen oft zu einer weitgehenden Immobilität des Bewohners. Dadurch steigt die Anfälligkeit für Druckgeschwüre, für Thrombosen, für Obstipation, für Pneumonien und für Kontrakturen. Folglich ist es notwendig, die entsprechenden Prophylaxen zu intensivieren.
  • Der Fixateur externe erschwert den Toilettengang, die Körperpflege sowie den Kleidungswechsel erheblich. Daher unterstützen wir den Bewohner dabei.
  • Der Bewohner soll im Sommer den Aufenthalt im Freien vermeiden, da sich ansonsten die Metallteile erhitzen können.
  • Haustiere dürfen i. d. R. keinen Kontakt zum Fixateur externe haben.
  • Mäßige Schwellungen sowie Schmerzen können mit Gelkühlkissen gelindert werden. Es ist wichtig, dass diese nur mit einer Schutzhülle aufgelegt werden, da sonst Kälteschäden drohen. Die Kühldauer sollte maximal 15 Minuten betragen.
  • Wir stellen sicher, dass der Bewohner keine Manipulationen am Fixateur externe vornimmt. Damit ist insbesondere bei demenziell erkrankten Senioren zu rechnen.

Nachbereitung:

Abschluss

  • Wir stellen sicher, dass die Rufanlage und das Telefon in Reichweite des Bewohners liegen.
  • Gebrauchte Materialien werden sachgerecht entsorgt.
  • Die Maßnahme sowie alle relevanten Beobachtungen werden in der Pflegedokumentation vermerkt.
  • Die Pflegemaßnahme sollte weitgehend schmerzarm sein. Wenn der Bewohner Schmerzreaktionen zeigt, ist dieses ein Indiz für eine Komplikation.
  • Wir leiten den Bewohner zur Selbstbeobachtung der Wunde an. Er soll sich bei einer Pflegekraft melden, sobald ihm Veränderungen auffallen, etwa ein Kribbeln oder Schmerzen.
  • Bei Komplikationen wird zeitnah der behandelnde Arzt aufgesucht. Dieses ist auch der Fall, wenn die Pflegekraft den Eindruck hat, dass sich der Fixateur externe gelockert hat.
  • Wir passen die Pflege- und Maßnahmenplanung an die aktuelle Gesundheitssituation des Bewohners an und berücksichtigen dabei insbesondere Änderungen der Mobilität.

 Prognose

  • Die Behandlung mit einem Fixateur externe dauert zwischen sechs Wochen bis zu mehr als einem Jahr.
  • Nach der Entfernung des Fixateur externe werden die Wundlöcher steril verbunden. Im weiteren Verlauf der Wundheilung reicht dann ein Pflaster.

Dokumente:

  • Leistungsnachweise "medizinische Pflege"
  • Pflegebericht
  • Pflegeplanung / Maßnahmenplanung
  • Bogen: Fragen an den Arzt

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • Pflegefachkraft



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