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Standard "Pflege von Senioren mit Gallensteinen"

Gallensteinkoliken lassen Betroffene buchstäblich die "Wände hochgehen". Schmerzmanagement ist daher ein zentraler Faktor für eine angemessene Pflege und Betreuung. Weitere Eckpunkte unseres Standards sind die Ernährung sowie die Versorgung von Betroffenen nach einer operativen Entfernung der Gallenblase.


Standard "Pflege von Senioren mit Gallensteinen"


Definition:

  • Das Gallensteinleiden (Cholelithiasis) zählt zu den häufigsten Erkrankungen in den westlichen Industrienationen. Jeder zehnte Mensch ist von Gallensteinen betroffen, Frauen zwei- bis dreimal häufiger als Männer. Allerdings erleidet nur einer von fünf Betroffenen Schmerzen. In den anderen Fällen verläuft die Erkrankung symptomfrei. Diese sog. "stummen Steine" müssen nicht behandelt werden.
  • Gallensteine werden in der Gallenblase sowie in den Gallengängen gebildet. Sie bestehen aus Cholesterin sowie aus Gallenfarbstoffen (Bilirubin) oder aus Kalziumsalzen. Gallensteine können nur bei einer "übersättigten" Galle entstehen, wenn also ein Lösungsungleichgewicht entsteht. Es formen sich dann kleine Kristalle, die im weiteren Verlauf zu Steinen heranwachsen. Je nach Zusammensetzung wird unterschieden zwischen:
    • Cholesterinsteine. Diese bestehen nur selten aus reinem Cholesterin. Häufiger sind Mischsteine mit einem Cholesterinanteil von mindestens 50 Prozent. Sie sind zum Teil recht groß und oft gelblich gefärbt. Rund 80 Prozent aller Gallensteine sind Cholesterinsteine.
    • Pigmentsteine. Dabei handelt es sich häufig um Bilirubinsteine. Sie sind braun bis schwarz gefärbt und relativ klein. Ihr Anteil ist mit ca. 20 Prozent deutlich geringer.
  • Die ärztliche Diagnose erfolgt mittels Sonografie. Damit kann auch geprüft werden, ob bereits Komplikationen eingetreten sind. Dazu zählen insbesondere erweiterte Gallengänge oder entzündungsbedingte Verdickungen der Gallenblasenwand.

Grundsätze:

  • Gallensteine sind keine unabwendbare Gesundheitsstörung. Es ist richtig, dass sich viele Risikofaktoren wie das Geschlecht oder das Alter nicht ändern lassen. Das wichtigste Kriterium jedoch, die Ernährung, kann der Bewohner jederzeit und nachhaltig beeinflussen.
  • Wenn es hinreichende Anzeichen für eine Gesundheitsbedrohung gibt, wird in jedem Fall der Arzt/Notarzt gerufen.
  • Der Bewohner hat ein Anrecht auf eine angemessene Schmerzbehandlung.
  • Methoden der Pflanzenheilkunde können die konventionelle Therapie nur ergänzen, aber nicht ersetzen.

Ziele:

  • Der Bewohner wird von seinen Schmerzen befreit.
  • Komplikationen werden vermieden.
  • Der Bewohner ändert seine Lebens- und Konsumgewohnheiten, um in Zukunft die Gallensteinbildung zu vermindern.

Vorbereitung:

Risikofaktoren

Wir prüfen, welche Risikofaktoren für den Bewohner zutreffen. Je größer deren Zahl ist, umso wahrscheinlicher ist es, dass es sich bei abdominalen Beschwerden um eine Gallensteinkolik handelt.

  • weiblich
  • fortgeschrittenes Lebensalter
  • Hellhäutigkeit und blondes Haar
  • unausgewogene Ernährung, insbesondere Adipositas
  • Diabetes mellitus
  • Störungen des Cholesterinstoffwechsels
  • Schwangerschaft
  • Gallensteinleiden bei nahen Verwandten

Symptome

  • Im Frühstadium machen sich Gallensteine oftmals durch ein Druckgefühl oder durch ein Völlegefühl im rechten Oberbauch bemerkbar. Der Bewohner muss ggf. häufig aufstoßen und leidet unter Blähungen.
  • Der Bewohner klagt über Fettunverträglichkeit. Der Konsum von Eierspeisen und von Kaffee führt zu Beschwerden.
  • Wir achten auf die Symptome einer Gallensteinkolik:
    • heftige, krampfartige Beschwerden im rechten Ober- und Mittelbauch
    • ggf. abstrahlende Schmerzen in den Rücken oder in die rechte Schulter
    • vegetative Begleitsymptome wie etwa Schweißausbrüche, Übelkeit und Erbrechen
    • ggf. Kreislaufkollaps
    • leicht erhöhte Körpertemperatur (subfebrile Temperatur)
    • Druckschmerz oberhalb der Gallenblase
  • Die o.g. Beschwerden können Minuten bis Stunden anhalten. Sie lassen schnell nach, wenn der Stein abgegangen ist. Sie halten an, wenn der Stein stecken bleibt.
  • Unmittelbarer Auslöser einer Kolik ist oftmals eine umfangreiche und fettige Mahlzeit. Solche Speisen sind ein Impuls für die Gallenblase, sich zu entleeren. Dabei werden dann ggf. auch einzelne Steine freigegeben.
  • Wir achten auf Symptome eines Verschlussikterus:
    • Gelbfärbung der Haut (Ikterus) Juckreiz entfärbter Stuhl dunkler ("bierbrauner") Urin

relevante Informationen

Wir stellen alle Informationen zusammen, die für eine ärztliche bzw. notärztliche Versorgung relevant sind. Insbesondere:

  • Leidet der Bewohner an Hepatitis?
  • Sind Ulkuserkrankungen bekannt?
  • Litt der Bewohner in der Vergangenheit bereits einmal an Gallensteinen?

Durchführung:

Schmerzbehandlung / Medikation

  • Falls der Bewohner unter Schmerzen leidet, wird der Hausarzt informiert. Sofern kein sofortiger operativer Eingriff erforderlich ist, erhält der Bewohner die verordneten Medikamente, etwa:
    • Analgetika (schmerzstillende Arzneimittel)
    • Spasmolytika (Medikamente, die Verkrampfungen der glatten Muskulatur lösen und verhindern)
  • Die Medikamente werden ggf. intravenös appliziert.
  • Die Anwendung von Morphinen ist aufgrund eines möglichen Sphinkterspasmus (Schließmuskelkrampf) problematisch.
  • Wir prüfen, welche Lagerungen die Bauchdecke entlasten und vom Bewohner als angenehm empfunden werden. Eine Knierolle wirkt oftmals schmerzlindernd.
  • Wir nutzen warme Bauchwickel, um Krämpfe zu lindern. Auch eine Wärmflasche kann die Symptomatik lindern. (Hinweis: Bei entzündlichen Erkrankungen sind Wärmeanwendungen kontraindiziert.)
  • Verschiedene Heilpflanzen können Schmerzen lindern oder den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen, etwa Artischockenblätter,  Pfefferminzblätter, Schöllkraut, Löwenzahn oder Knoblauch.
  • Der Bewohner wird regelmäßig zur Schmerzbelastung befragt.
  • Wir prüfen, ob die Bauchdecke weich und eindrückbar ist. Ein harter Bauch ist ein Symptom für eine Peritonitis (Bauchfellentzündung).
  • Die Körpertemperatur, der Puls und der Blutdruck werden erfasst.
  • Ebenso wichtig ist ein empathischer Umgang mit den betroffenen Senioren. Je nach biografischer Prägung benötigen diese viel Zuspruch oder aber mehr Ruhe.

Ernährung / Mobilität

  • Nach einer Gallenkolik sollte der Bewohner einen Tag Bettruhe halten und keine Nahrung zu sich nehmen. Er erhält lediglich Tee. Wir kontrollieren, wie gut der Bewohner den Tee verträgt.
  • Wenn der Bewohner über einen längeren Zeitraum keinen Tee oder Wasser zu sich nehmen kann, ist letztlich eine parenterale Versorgung und somit eine Klinikeinweisung erforderlich.
  • Ein reduzierter Flüssigkeitskonsum kann zum Austrocknen des Mundraums führen. Daher ist eine gute Mundpflege erforderlich; insbesondere sollte der Mundraum regelmäßig angefeuchtet werden.
  • Ab dem zweiten oder dritten Tag nach einer Gallenkolik sollte die Kost vorsichtig wieder aufgebaut werden. Zunächst sollte der Bewohner Haferschleim und dann Weißbrot und Zwieback zu sich nehmen. Daran schließt sich dann z.B. Kartoffelbrei an.
  • Letztlich sollte der Bewohner auf eine Gallenschonkost umgestellt werden. Diese ist fettarm und ballaststoffreich. (Hinweis: Die Frage, ob sich damit Koliken vermeiden lassen, ist unter Medizinern umstritten.)
  • Die drei Hauptmahlzeiten werden auf fünf oder mehr kleinere Mahlzeiten verteilt.
  • Wir raten dem Bewohner vom Heilfasten ab, da dieses zu einer vermehrten Gallengrieß- und Steinbildung führen würde.
  • Der Bewohner soll den Konsum von Kaffee sowie von Alkohol einschränken oder im Idealfall einstellen.
  • Der Bewohner soll kalte Speisen und Getränke meiden.
  • Der Bewohner sollte Übergewicht abbauen. Diese Gewichtsreduktion sollte kontrolliert und über einen längeren Zeitraum erfolgen.

Pflege nach einer Gallenblasenentfernung

Häufig wird nach dem Abklingen der akuten Symptome eine Cholezystektomie (Gallenblasenentfernung) durchgeführt. Falls Gallensteine im Ductus choledochus eingeklemmt sind, ist ein sofortiger operativer Eingriff notwendig.

  • Nach vier Tagen hat sich der Zustand der meisten Bewohner so weit gebessert, dass eine Rückverlegung in unser Haus möglich ist.
  • Wenn die Operation gut verlaufen ist, ist der Bewohner nach dem Eingriff vollständig mobil. Ansonsten wird gemeinsam mit dem Arzt ein Mobilisierungsprogramm entwickelt.
  • Die Verbände werden regelmäßig inspiziert und gemäß den ärztlichen Vorgaben erneuert. Acht bis zehn Tage nach dem Eingriff werden die Fäden vom Arzt gezogen. Wenn die Wunde sich entzündet, blutet oder Galle austritt, wird der Arzt informiert.
  • Die Ernährung wird angepasst. Der Bewohner wird Speisen mit viel Fett nur noch eingeschränkt vertragen, da diese aufgrund der mangelnden Gallenflüssigkeit nicht mehr abgebaut werden können.
  • Der Bewohner sollte verschiedene Speisen in kleinen Mengen ausprobieren. Er wird bald herausfinden, welche Nahrungsmittel er verträgt und welche er in Zukunft meiden sollte.
  • Der Bewohner wird ermuntert, auch solche Speisen zu testen, die vor dem Eingriff für ihn unverträglich waren. Ggf. ist der Konsum jetzt unproblematisch.
  • Der Zustand des Bewohners wird engmaschig überwacht. Wichtig ist neben der Schmerzbelastung auch die Färbung von Urin und Stuhl.

Nachbereitung:

Prognose / Komplikationen

  • Wird die Erkrankung nicht angemessen behandelt, erleiden einige Betroffene teils ernsthafte Komplikationen.
    • Wenn ein oder mehre Steine im galleableitenden Kanal "Ductus choledochus" eingeklemmt werden, erleiden Betroffene einen sog. "Verschlussikterus". Ein Ikterus, auch "Gelbsucht" genannt, ist gekennzeichnet durch eine hell- bis dunkelgelbe Hautfärbung. Wir rufen in solchen Fällen den Notarzt.
    • Ein Verschluss des Gallenblasengangs "Ductus cysticus" führt zur Ausbildung eines sog. "Gallenblasenhydrops". Die Gallenblase vergrößert sich durch die fortgesetzte Schleimproduktion.
    • Bei einer sog. "Porzellangallenblase" verkalkt und verhärtet sich die Gallenblasenwand. Das Risiko eines Gallenblasenkarzinoms steigt.
    • Eine bakterielle Besiedelung führt zum sog. "Gallenblasenemphysem", also zu einer Eiteransammlung in der Gallenblase. Der Bewohner erleidet hohes Fieber und Schüttelfrost. Der Bereich um die geschwollene Gallenblase ist druckschmerzhaft.
    • Als Folge des Gallenstaus kann es zu einer bakteriellen Cholezystitis kommen, also zu einer Entzündung der Gallenblase. Möglich ist auch eine Cholangitis, also eine Entzündung der Gallenwege. Es droht eine Sepsis. Im ungünstigsten Fall kann es zum Kreislauf- und zum Nierenversagen kommen.
    • Eine Gallenblasenperforation liegt vor, wenn die Gallenblase als Folge einer Infektion platzt oder zerreist. Dabei kann es auch zu einem Gallensteinileus kommen, also zum Übertritt von Gallensteinen in den Darm und zum Verschluss des Darms.
    • Es kann zu einer Pankreatitis kommen, also zu einer Bauchspeicheldrüsenentzündung. Auslöser ist dann ein eingeklemmter Stein im Papillenbereich des Pankreas.
  • Erfolgt zeitnah eine Choleszystektomie, ist die Prognose i.d.R. sehr gut. Nach einer Übergangszeit kann der Bewohner zumeist wieder normal essen. Es kann aber ggf. zu einer erneuten Steinbildung im Gallengangssystem kommen.

allgemeine Maßnahmen

  • Alle Maßnahmen und Beobachtungen werden genau dokumentiert.
  • Abhängig von der Kooperationsbereitschaft des Bewohners wird die Pflegeplanung angepasst.

Dokumente:

  • Berichtsblatt
  • Leistungsnachweis medizinische Behandlungspflege
  • Fragen an den Arzt

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Pflegekräfte



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