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Standard "Dekubitusprophylaxe:
Hautpflege"
Noch immer kann die Pflegewissenschaft viele Fragen zur
Entstehung eines Druckgeschwürs nicht beantworten. Dazu zählt der
Streitpunkt, welche Bedeutung die Hautpflege bei der
Dekubitusprophylaxe tatsächlich hat. Den aktuellen Stand der Forschung
haben wir in unserem Standard zusammengefasst.
Standard
"Dekubitusprophylaxe: Hautpflege"
Definition:
-
Bei gesunder Haut ist keine
besondere Pflege mit Cremes oder mit Lotionen erforderlich, da die Haut
alle schützenden Substanzen selbst herstellt. Die Applikation
zusätzlicher Hautpflegeprodukte ist im Gegenteil oft sogar schädlich,
da sie die Haut abdichtet oder austrocknet.
-
Bei alten Menschen sind
aufgrund der sinkenden Talkproduktion die Rückfettungsmechanismen
reduziert. Wenn also die Haut beispielsweise mit einer alkoholischen
Lösung entfettet wird, so vergehen Stunden, bis sich der Fettschutzfilm
regeneriert hat. Während dieser Zeit ist die Haut einer erhöhten
Verdunstung ausgesetzt und trocknet aus.
-
Gleichzeitig nehmen im Alter
die Belastbarkeit und die Elastizität der Haut ab. Diese wird spröde
und rissig. Durch die sich bildenden Mikroverletzungen können Keime
eindringen und Infektionen auslösen.
-
Bei gefährdeten Bewohnern
ist eine sorgfältige Hautpflege ein wichtiger Eckpfeiler der
Dekubitusprophylaxe. Wir versuchen, die Haut vor äußeren schädlichen
Einflüssen wie etwa Urin, Schweiß oder Stuhl zu schützen.
-
Äußerliche Anwendungen
können allerdings weder die Hautdurchblutung nachhaltig fördern noch
den Druck mindern. Nur durch konsequentes Umlagern, Mobilisieren und
gesunde Ernährung ist es möglich, einen Dekubitus zu verhindern.
Dieser Standard sollte
kombiniert werden mit allen Standards zur Körperpflege, etwa den
Standards "Duschen", "Ganzwaschung im Bett", "Ganzwaschung am
Waschbecken", "Haarwäsche im Bett" sowie "Voll- und Teilbad".
Grundsätze:
-
Eine gute Hautpflege ist
eine Selbstverständlichkeit und sollte unabhängig vom Dekubitusrisiko
erfolgen.
-
Eine gezielte Hautpflege
kann das Dekubitusrisiko senken. (Diese Feststellung ist bislang nicht
wissenschaftlich bewiesen, wir halten sie aber dennoch für
naheliegend.) Ein Wundermittel gibt es aber nicht. Keine Salbe kann die
Haut vor Druck schützen.
-
Ungeeignete Pflegemaßnahmen
können die Haut schädigen und das Dekubitusrisiko steigern.
-
Jeder Wasserkontakt schwächt
den Säureschutzmantel. Daher muss es für jede Waschung einen
hinreichenden Grund geben.
-
Es gibt keine
allgemeingültigen Vorgaben für die Hautpflege. Jeder Hauttyp erfordert
eine individuelle Pflege.
Ziele:
-
Ein Dekubitus wird vermieden.
-
Die Schutzfunktion der Haut
wird erhalten bzw. wiederhergestellt.
-
Die Haut wird von
Verschmutzungen befreit. Sie macht einen gepflegten Eindruck.
-
Ein Wundwerden und eine
Aufweichung der Haut werden vermieden.
-
Hautveränderungen werden
schnell bemerkt.
-
Persönliche Vorlieben des
Bewohners für bestimmte Hautpflegemittel werden berücksichtigt.
Vorbereitung:
-
Wir suchen den Kontakt mit
dem Hausarzt und stimmen unsere Pflegemaßnahmen mit ihm ab.
-
Wenn eine fachärztliche
Hautuntersuchung sinnvoll erscheint, bitten wir zeitnah um eine
Überweisung.
-
Wir suchen den Kontakt zu
Herstellerfirmen und zu Lieferanten von Hautschutzmitteln. Wir stehen
neuen Produkten stets offen gegenüber, sofern deren Wirkung hinreichend
belegt ist.
Durchführung:
Beseitigung
von Feuchtigkeit
Feuchtigkeit
lässt die oberen Hautschichten aufquellen und macht diese empfindlicher
für Verletzungen. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen feuchter Haut
und einem gesteigerten Dekubitusrisiko ist derzeit nicht belegbar. Aus
Gründen der Risikominimierung vermeiden wir dennoch jede
Feuchtigkeitseinwirkung auf die Haut.
-
Bei stark schwitzenden
Bewohnern muss die Wäsche in einem kürzeren Abstand gewechselt werden.
-
Kleidung,
Matratzenschutzbezüge und vergleichbare Textilien sollten atmungsaktiv
sein. Wir vermeiden den Einsatz von Kunststoffen. Effekte wie etwa ein
Hitzestau oder ein starkes Schwitzen sollten vermieden werden.
-
Im Rahmen der
Inkontinenzversorgung bevorzugen wir offene Systeme, um auch hier einen
Wärmestau oder starkes Schwitzen zu minimieren.
-
Inkontinenzmaterial wird
zeitnah gewechselt. Wir beugen damit Hautschädigungen wie etwa
Mazerationen, Rötungen oder einer Kontaktdermatitis vor.
Körperreinigung
-
Die Körperreinigung dient
nicht nur dem Entfernen von Schmutz. Bei vielen Senioren mit hohem
Dekubitusrisiko haben diese Maßnahmen auch eine hohe Bedeutung bei der
Erhaltung des Körperbilds. Betroffene sind i. d. R. immobil und werden
auf weichen oder gar auf superweichen Matratzen gelagert. In der Folge
sind die Arme und die Beine oftmals aus dem Körperbild ausgeblendet.
Die Ganzwaschung kann nun helfen, diese Extremitäten wieder in das
Bewusstsein zu bringen.
-
Die Haut wird nicht häufiger
als notwendig gewaschen. Längere Bäder sollten unterbleiben.
-
Sofern der Bewohner nicht
sichtbar verschmutzt ist, wird dieser nur mit körperwarmem Wasser
gereinigt. Nur bei sichtbarer Verschmutzung (z. B. mit Kot) werden
überhaupt in Maßen Waschzusätze zugesetzt.
-
Das Waschwasser sollte nur
so warm sein, wie es für den Komfort erforderlich ist, also wenige
Grade über der Körpertemperatur. Warmes Wasser schädigt den
Säureschutzmantel mehr als kühleres Wasser.
-
Bei trockener Haut sollte
W/O-Emulsion ("Wasser-in-Öl") genutzt werden, da bei diesen Präparaten
nach dem Auftragen ein Fettfilm auf der Haut zurückbleibt.
Problemfall
Seife
-
Selbst hautfreundliche
Seifen sind immer eine Belastung für den Säureschutzmantel. Daher muss
der Einsatz von Seife abgewogen werden. Sinnvoll ist die Nutzung etwa
unter den Achseln und im Intimbereich.
-
Problematisch ist die
kombinierte Nutzung eines festen Stücks Seife und eines Waschlappens.
Durch den Waschlappen wird die Seife in hoher Konzentration auf die
Haut aufgetragen. Besser ist es, eine Flüssigseife in das Waschwasser
zu geben. Ansonsten haben Flüssigseifen die gleiche (schädliche)
Wirkung wie feste Seifen und werden daher ebenfalls sparsam eingesetzt.
-
Alle Seifenreste müssen
sorgfältig von der Haut entfernt werden. Wir waschen eingeseifte
Hautflächen daher mit klarem Wasser nach.
-
Wir verwenden keine
parfümierten Seifen oder Cremes, da deren Inhaltsstoffe unerwünschte
Hauteffekte auslösen können. Dies gilt vor allem für "Deoseifen".
-
Nach Möglichkeit verwenden
wir Syndets statt Seifen. Neuere Syndets bieten eine Rückfettung und
vermeiden damit weitgehend eine Entfettung der Haut. Der
Säureschutzmantel wird geschützt.
-
Syndets sind etwa als
Waschstücke oder als Waschlotion verfügbar.
kontraindizierte
Maßnahmen
Verschiedene
traditionell überlieferte Maßnahmen und Wirkstoffe kommen bei uns nicht
mehr zur Anwendung:
-
Lotionen und Cremes werden
nicht einmassiert. Solche Massagen können die lokale Blutversorgung
beeinträchtigen. Zusätzlich können Massagen bereits druckbelastete
Hautbereiche zusätzlich schädigen, indem dabei kleine Gefäße verletzt
werden.
-
Durchblutungsfördernde
Produkte (ABC-Salbe u. Ä.) können ebenfalls das Dekubitusrisiko nicht
senken. Wir nutzen sie daher nicht.
-
Haut wird nur dann
desinfizierend gewaschen, wenn eine entsprechende Infektionsgefährdung
vorliegt, etwa bei Immunschwäche oder bei MRSA. Ansonsten sollte auf
derartige Präparate verzichtet werden, da diese sowohl die körpereigene
Bakterienflora als auch den Säureschutzmantel beeinträchtigen. In der
Folge steigt dann sogar die Infektionsgefahr.
-
Wir vermeiden die Nutzung
von mentholhaltigen Pflegeprodukten, da diese die Funktion der
Druckrezeptoren der Haut beeinträchtigen. Die reduzierte
Druckwahrnehmung schwächt ggf. den Impuls zur selbstständigen
Gewichtsverlagerung.
-
Wärme-Kälte-Anwendungen
("Eisen und Föhnen") werden strikt unterlassen. Diese Maßnahme ist
unwirksam. Zudem verteilt der Föhn zusätzliche Keime auf der Haut. Bei
nachlässiger Anwendung drohen Gewebeschäden durch Vereisung und durch
Verbrennungen.
-
Alkoholische Lösungen wie
etwa Franzbranntwein werden nicht genutzt. Diese Wirkstoffe entfetten
die Haut und machen sie rissig. Durch die Verletzungen können Keime
eindringen.
-
Wir verzichten auf
Zinkpasten und auf Zinksalben. Diese trocknen die Haut aus und
erschweren die Hautbeobachtung.
-
Die Anwendung von Puder
unterbleibt. Puder bindet zwar Feuchtigkeit, bildet in Kombination mit
Wasser aber scharfkantige Partikel. Diese können die Haut schädigen,
insbesondere sobald es zu Reibe- und zu Scherbewegungen kommt.
Beratung
des Bewohners
-
Wir diskutieren, in welcher
Intensität die regelmäßige Körperpflege notwendig und sinnvoll ist. Ein
routinemäßiges und rituelles Reinigen der Haut ohne jede Reflexion über
den Nutzen ist zu vermeiden.
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Wir erfragen, welche
Produkte der Bewohner bislang zur Körperpflege nutzte. Soweit diese das
Dekubitusrisiko nicht relevant steigern, können die Präparate weiterhin
genutzt werden.
-
Wir informieren den
Bewohner, dass Pflegemittel mit pflanzlichen Wirkstoffen nicht allein
deswegen automatisch harmlos sind. Auch bei diesen Produkten muss die
Nutzung kritisch hinterfragt werden. Dieses gilt ebenso für Produkte
aus der Kinderpflege (etwa Babyöl).
-
Der Bewohner und seine
Angehörigen werden zur Bedeutung der Hautpflege beraten. Wir
informieren diese über empfehlenswerte Hautpflege- und Reinigungsmittel.
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Wir demonstrieren dem
Bewohner die richtige Anwendung der Produkte. Wir assistieren, leiten
ihn an und prüfen die richtige Durchführung. Soweit möglich, sollte der
Bewohner die Pflegemittel selbstständig verwenden.
Nachbereitung:
-
Alle Maßnahmen und deren
Wirkung werden sorgfältig dokumentiert.
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Relevante Beobachtungen
werden umgehend dem Hausarzt mitgeteilt.
-
Ggf. wird die Pflegeplanung
angepasst.
Dokumente:
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Wunddokumentation
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Berichtsblatt
-
ärztliches Verordnungsblatt
-
Kommunikationsblatt mit dem
Arzt
-
Pflegeplanung
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
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