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Standard "Unterstützung von Hemiplegiepatienten beim Gehen"

Endlich wieder allein gehen können. Für die meisten Schlaganfallpatienten ist das der sehnlichst erwartete "große Schritt", den sie im Rahmen ihrer Rehabilitation erreichen möchten. Motivation allein reicht aber nicht aus. Unser umfangreich bebilderter Standard zeigt, welche Faktoren ebenso wichtig sind.


Standard "Unterstützung von Hemiplegiepatienten beim Gehen"


Definition:

  • Für viele Schlaganfallpatienten und für deren Angehörige ist das Wiedererlernen des Gehens der wichtigste Fortschritt der Rehabilitation. Die Überwindung der Immobilität wird häufig als Anzeichen gewertet, dass sich das Leben langsam wieder normalisiert.
  • Viele Fortschritte bei der Gesundung können nur Pflegekräfte objektiv erfassen und messen, wie etwa die Linderung des Schulter-Hand-Syndroms oder die Verbesserung des Sprachbilds. Die Bedeutung der ersten eigenen Schritte seit dem Schlaganfall hingegen ist auch für den Bewohner und für seine Angehörigen sofort offensichtlich.
  • Um dieses Ziel zu erreichen, mobilisieren viele Senioren oftmals ihre gesamten Energien. Jedes neue Erfolgserlebnis erhöht die Motivation zusätzlich.

Grundsätze:

  • Uns ist bewusst, dass die Mobilisierung ins Gehen eine deutliche Sturzgefahr mit sich bringt. Wir werden dennoch bei jedem Bewohner so früh wie möglich damit beginnen, da die gesundheitlichen Risiken einer fortdauernden Immobilität um ein Mehrfaches größer sind.
  • Bei der Unterstützung beim Gehen gilt: Weniger Hilfe ist oft die bessere Hilfe. Wer den Bewohner zu sehr unterstützt, nimmt ihm den Anreiz zur eigenen Aktivität, verändert seine Bewegungsmuster und fördert letztlich die Immobilität.
  • Wir beschränken daher auch die Nutzung von Hilfsmitteln auf ein Minimum, da diese langfristig dem eigenständigen Gehen schaden.

Ziele:

  • Der Bewohner gewinnt die Fähigkeit zum eigenständigen Gehen zurück.
  • Der Bewohner stürzt nicht.
  • Der Bewohner hat keine übertriebene Furcht vor dem Gehen.
  • Das Gehen funktioniert wieder "automatisch", damit sich der Bewohner beim Gehen auch auf andere Dinge konzentrieren kann. Insbesondere sollte eine Ablenkung während des Gehens nicht dazu führen, dass der Bewohner stolpert.
  • Langfristig ist der Bewohner in der Lage, mühelos und flüssig zu gehen. Es ist ihm möglich, auch größere Distanzen zu überwinden, ohne sich körperlich zu verausgaben.
  • Der Bewohner verzichtet auf unnötige Hilfsmittel wie etwa auf einen Stock.

Vorbereitung:

Voraussetzungen

Wir prüfen, ob der Bewohner über die notwendigen körperlichen und mentalen Voraussetzungen verfügt:

  • Der Bewohner muss in der Lage sein, sich aus dem Sitzen in den Stand zu bewegen.
  • Der Kreislauf des Bewohners muss so weit stabilisiert sein, dass dem Bewohner auch bei körperlicher Aktivität im Stehen nicht schwindelig wird.
  • Der Bewohner muss dazu fähig sein, die Lage seines Körpers zu erspüren und das Gleichgewicht zu halten.
  • Der Kopf muss beweglich sein, damit sich der Bewohner im Raum orientieren kann.
  • Der Oberkörper muss so weit beweglich sein, dass ihn der Bewohner zur Stabilisierung nutzen kann.
  • Der mehr betroffene Arm sollte weder hypoton ("schlaff") noch hyperton ("verkrampft") sein.
(Hinweis: Das Gewicht des Arms kann die Körperhaltung erheblich stören. Dieses ist vor allem dann der Fall, wenn der Arm noch hypoton ist. In diesem Fall zieht die Masse des Arms den Schultergürtel nach unten. Die stärker betroffene Schulter hängt also herab. Der Bewohner gleicht dieses aus, indem er andere Körperabschnitte verschiebt. Letztlich ist dann die gesamte Körperhaltung asymmetrisch. Dieser Effekt ist auch bei einem hypertonen Schultergürtel möglich, also bei zu hoher Muskelspannung.)
  • Der Bewohner muss seine Beine und Füße frei bewegen können. Unverzichtbar sind auch die notwendige Muskelkraft und die Stabilität, um das eigene Körpergewicht tragen zu können.
  • Der Bewohner darf keine übertriebene Angst vor dem Gehen und vor etwaigen Stürzen haben.

Kooperation mit der Therapeutin und mit den Angehörigen

  • In welcher Form der Bewohner beim Gehen unterstützt wird, legt die Therapeutin fest. Die ersten Gehversuche erfolgen unter ihrer Anleitung. Von ihren Vorgaben wird nicht ohne vorherige Rücksprache abgewichen.
  • Ggf. kann in Zusammenarbeit mit der Physiotherapie und dem Hausarzt über eine Peronaeusschiene nachgedacht werden. Diese Schiene kommt bei einer Fußheberschwäche zum Einsatz und kann das Gangbild verbessern.
  • Wenn die Vorgaben der Therapeutin von diesem Standard abweichen, lassen wir uns von ihr in die jeweiligen Details einweisen und die Übungen demonstrieren. Dabei übernehmen wechselseitig die Pflegekraft und die Therapeutin die Rollen des Bewohners und die der Hilfsperson.
  • Wir stellen sicher, dass auch die Angehörigen in die Grundlagen einer angemessenen Unterstützung eingewiesen werden, wenn diese z. B. mit dem Bewohner spazieren gehen.

Organisation

  • Die Unterstützung erfolgt durch eine Pflegekraft, zu der der Bewohner ein Vertrauensverhältnis aufgebaut hat. Idealerweise hat diese Pflegekraft den Bewohner in den Tagen zuvor schon zum Sitzen an der Bettkante und weiter in den Stand mobilisiert.
  • Wir stellen sicher, dass der Bewohner solides Schuhwerk mit einer rutschfesten Sohle trägt. Geeignet sind bereits eingetragene Schuhe, da diese den Fuß vor Blasen und vor Druckstellen schützen. In keinem Fall sollte der Bewohner Pantoffeln tragen. Diese bieten keinerlei Halt und verändern überdies das Gangbild. Ebenfalls nachteilig sind Lauf- und Turnschuhe, insbesondere wenn diese extra für das Training beschafft wurden und sonst nicht getragen werden. Die flexiblen Sohlen dämpfen die Spürinformationen.
  • Wir prüfen, ob der Bewohner Orthesen ("Schienen") nutzen sollte. Damit kann z. B. der Fuß stabilisiert werden. Allerdings können diese Hilfsmittel auch den Bewegungsablauf stören.
  • Wir prüfen, ob der Bewohner eine Gehhilfe verwenden sollte. Völlig ungeeignet sind i. d. R. Drei- und Vierpunktstöcke, da diese nur dann Halt bieten, wenn sich der Bewohner stark in ihre Richtung lehnt. Ein Gehstock hingegen kann die Ängste vor einem Sturz lindern und gute Dienste als Balancehilfe leisten. Allerdings muss der Bewohner in die richtige Handhabung eingewiesen werden, damit sich auch hier durch die einseitige Unterstützung die Körperhaltung nicht zu stark verändert. In keinem Fall darf der Bewohner eine Gehhilfe insgeheim, also ohne vorherige Zustimmung durch die Therapeutin nutzen.
  • Das Aufstehen erfolgt gemäß dem Standard "Bobath-Konzept: Transfer aus dem Sitzen in den Stand mit seitlicher Unterstützung". Alternativ wird der Standard "Bobath-Konzept: Transfer vom Sitzen in den Stand und zurück mit frontaler Unterstützung" genutzt.

Durchführung:

Option 1:

  • Die dem Bewohner nähere Hand umgreift den mehr betroffenen Oberarm. Die Pflegekraft nimmt damit das Armgewicht ab. Gleichzeitig korrigiert sie die Innenrotation des Schultergelenks am Oberarm.
  • Die andere Hand ergreift die mehr betroffene Hand in Funktionsstellung. Die Pflegekraft führt den Arm des Bewohners im Ellenbogen gestreckt. Gleichzeitig übt sie über das Handgelenk einen leichten Druck in Richtung Schulter aus.
  • Wichtig ist, dass sich die rechte und die linke Schulter des Bewohners in der gleichen Höhe befinden.
(In der Praxis ist immer wieder zu beobachten, dass der Bewohner von der Pflegekraft seitlich an deren Oberkörper herangezogen wird. Dieses geschieht vor allem, um einen etwaigen Sturz zu verhindern. Tatsächlich jedoch reduziert die Pflegekraft die Bewegungsmöglichkeiten des Bewohners. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Bewohner später eigenständig gehen kann, wird langfristig herabgesetzt.) Option 2:

  • Viele Bewohner fühlen sich unsicher. In solchen Fällen ist es aus Sicherheitsgründen notwendig, eine Hand näher am Rumpf des Bewohners zu positionieren.
  • Die Pflegekraft umfasst mit einer Hand den mehr betroffenen Oberarm und nimmt damit dem Bewohner das Gewicht ab. Sie korrigiert gleichzeitig die Innenrotation des Schultergelenks. Die zweite Hand liegt am Becken an der weniger betroffenen Seite.
Option 3:

  • Bei einigen Bewohnern kann es jederzeit zu einem Verlust des Gleichgewichts kommen.
  • Die Pflegekraft umgreift mit beiden Händen das Becken des Bewohners. Sie hat nun eine sehr weitgehende Kontrolle über die Bewegungen des Bewohners.
Weiteres:
  • Wenn das Knie des Bewohners instabil wird, kann die Pflegekraft mit dem eigenen Knie entsprechenden Gegendruck ausüben.
  • Der Bewohner soll nun sein Gewicht auf das mehr betroffene Bein verlagern und mit dem weniger betroffenen Bein einen Schritt vorwärts gehen.
  • Danach wird das weniger betroffene Bein belastet, um das mehr betroffene Bein einen Schritt nach vorne zu verlagern. Die Pflegekraft kann diese Bewegung durch einen Schub der auf der Hüfte aufgelegten Hand nach vorne unterstützen.
  • Die Pflegekraft sollte während des Gehens permanent auf die richtige Distanz zum Bewohner achten. Ist sie zu weit entfernt, kann sie ihn bei einem sich anbahnenden Sturz nicht stabilisieren. Ist sie dem Bewohner zu nahe, wird der Rumpf des Bewohners durch den Oberkörper der Pflegekraft ungewollt stabilisiert.

Nachbereitung:

  • Wir hinterfragen stets kritisch, ob die Unterstützung noch dem aktuellen Hilfebedarf entspricht. Im Verlauf der Rehabilitation können sich die Reaktionen des Bewohners verändern. Wir kontaktieren dann die Therapeutin und erörtern eine Anpassung der Maßnahme.
  • Die Maßnahme wird im Lagerungs- und Bewegungsplan dokumentiert.
  • Alle relevanten Veränderungen der Gesundheit oder des Verhaltens des Bewohners werden dokumentiert.
  • Ggf. wird die Pflegeplanung (bzw. die Maßnahmenplanung) angepasst.

Dokumente:

  • Leistungsnachweis
  • Lagerungs- und Mobilitätsplan
  • Berichtsblatt
  • Dokumentenblatt "Meldungen an den Arzt"
  • Pflegeplanung / Maßnahmenplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • Pflegefachkräfte



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