Diese Seiten wurden für Smartphones optimiert.
Für die PC-Version
klicken Sie bitte hier.
Standard "Pflege von Senioren mit Hypotonie"
Senioren
mit niedrigem Blutdruck leiden doppelt: Erstens unter ständiger
Kraftlosigkeit, Müdigkeit und der Angst vor dem nächsten Blackout.
Zweitens unter mangelndem Verständnis ihrer Mitmenschen, die angesichts
der "traumhaften" Blutdruckwerte dem Betroffenen das Kranksein
absprechen.
Standard "Pflege von Senioren mit Hypotonie"
Definition:
-
Bei einer Hypotonie ist der Blutdruck so weit herabgesetzt, dass die Versorgung des Körpers mit Sauerstoff beeinträchtigt ist.
-
Als Grenzwert gilt ein wiederholt(!) gemessener Druck von weniger als 100/60 mmHg.
-
Die tatsächlichen Auswirkungen einer Hypotonie
auf den Organismus sind jedoch abhängig von der individuellen
physischen Konstitution. So werden bei vielen gut trainierten Sportlern
im Ruhezustand ebenfalls sehr niedrige Blutdruckwerte gemessen, ohne
dass diese unangenehme Symptome spüren. Es handelt sich bei diesen
Menschen um eine nicht-krankhafte, also "physiologische Hypotonie".
-
Anhand der jeweiligen Ursache wird die Hypotonie in verschiedene Formen eingeteilt:
-
Bei der primären oder essenziellen Hypotonie
ist die Ursache unbekannt. Betroffen sind oftmals junge Frauen mit
einem geringen Körpergewicht. Mitunter waren bereits deren Mütter und
Großmütter ebenfalls von Hypotonie betroffen.
-
Bei der sekundären Hypotonie ist die
Blutdruckerniedrigung die Folge von anderen Erkrankungen, etwa
Herzinsuffizienz, Herzinfarkt, Aortenstenose,
Nebennierenrindeninsuffizienz, Fieber oder Hypovolämie. Auch
Verbrennungen sowie die versehentliche Überdosierung von
Blutdrucksenkern können dazu führen.
-
Die orthostatische Hypotonie tritt auf etwa
beim Übergang vom Liegen oder vom Hocken zum Stehen. Es kommt zu einer
Blutverschiebung in die untere Körperhälfte. Das Blut "versackt" und
dem Betroffenen wird "schwarz vor Augen". Zusätzlich können Ohrensausen
und Schwindel auftreten. Dieser Effekt macht sich häufig nach einer
längeren Phase der Bettlägerigkeit bemerkbar. Jeder vierte Mensch über
65 Jahre ist betroffen.
-
In jungen Jahren kann der Körper eine Hypotonie
kompensieren. Doch mit steigendem Alter nehmen diese
Regulationsfähigkeiten ab. Es kommt also häufiger zu einer kritischen
Durchblutungssituation im Gehirn, in den Nieren und im Herzen selbst.
Entsprechend intensiver ist bei Senioren die Symptomatik. Dazu kommt
ein im Alter häufig nachlassendes Durstgefühl. Die reduzierte
Trinkmenge verursacht eine Volumenmangelsituation und verschlechtert
die Durchblutung.
Grundsätze:
-
Wir akzeptieren, dass jeder Bewohner seinen
"Wohlfühlblutdruck" hat. Ein Bewohner, der sich trotz Hypotonie
körperlich wohlfühlt, benötigt keine Behandlung.
-
Der Aussagewert von einzelnen
Blutdruckmessungen ist gering. Verlässliche Aussagen über eine etwaige
Hypotonie sind erst nach mehreren Messungen über mehrere Tage möglich.
-
Das Hauptrisiko einer Hypotonie ist nicht der reduzierte Blutdruck, sondern vor allem die Sturzgefahr als Folge des Schwindels.
-
Wenn sich keine Ursache für die Hypotonie bestimmen lässt, stehen Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität im Mittelpunkt.
Ziele:
-
Die Ursache der Hypotonie wird gefunden.
-
Die auslösende Grunderkrankung wird therapiert.
-
Der Bewohner bleibt körperlich mobil. Insbesondere wird ein Sturz vermieden.
-
Die Lebensqualität des Bewohners wird erhalten.
-
Der Bewohner fühlt sich sicher.
-
Der Bewohner erhält die notwendige Unterstützung.
Vorbereitung:
Symptome:
Wir achten auf Symptome, die für eine Hypotonie sprechen:
-
Der Bewohner fühlt sich körperlich schwach.
-
Der Bewohner friert häufig. Seine Hände und Füße sind kalt.
-
Der Bewohner ist ständig müde. Er kann aber dennoch nicht richtig schlafen. Insbesondere die Nachtruhe ist nicht erholsam.
-
Der Pflegebedürftige klagt darüber, dass ihm schwarz vor Augen wird. Das Sehvermögen ist vorübergehend eingeschränkt.
-
Dem Bewohner ist schwindelig. Es kommt gehäuft zu einem Kollaps.
-
Der Bewohner ist immer wieder für einige Minuten desorientiert (als Folge des Sauerstoffmangels im Gehirn.)
-
Dem Bewohner ist übel. Er klagt über Kopfschmerzen.
-
Es kommt zu Stimmungsschwankungen, insbesondere leidet der Bewohner immer wieder unter kurzen depressiven Phasen.
-
Der Bewohner berichtet von Stichen in der Herzgegend.
Informationssammlung
Wir stellen alle relevanten Informationen zusammen. Diese werden dem behandelnden Hausarzt zur Verfügung gestellt.
-
Seit wann ist die Hypotonie bekannt?
-
Wurde der Bewohner wegen der Hypotonie in der
Vergangenheit bereits ärztlich behandelt? Welche Medikamente wurden ihm
verschrieben?
-
Erhält der Bewohner andere Arzneimittel, die
die Symptomatik erklären könnten, etwa Diuretika? Insbesondere zu
Beginn einer hypotensiven Therapie kann es zu ungewollten
Überdosierungen der Blutdrucksenker kommen. Auch die Einnahme von
Psychopharmaka lässt ggf. den Blutdruck sinken.
-
Leidet der Bewohner unter einer Unterfunktion der Schilddrüse oder der Nebennierenrinde?
-
Nimmt der Bewohner zu wenig Flüssigkeit zu
sich? Gibt es Faktoren, die zu einem Flüssigkeitsdefizit führen können,
etwa häufige Durchfälle?
-
Welche Strategien hat der Bewohner im Laufe seines Lebens entwickelt, um mit der Hypotonie umzugehen?
Durchführung:
Allgemeine Maßnahmen
-
Wir animieren den Bewohner, an unseren Gymnastikstunden teilzunehmen.
-
Der Bewohner sollte die Beine hoch lagern.
-
In vielen Fällen fühlen sich Bewohner morgens wohler, wenn das Kopfelement ihres Bettes in der Nacht um 20° aufgestellt war.
-
Der Bewohner sollte ein plötzliches Aufstehen
aus dem Bett vermeiden und ggf. per Klingel eine Pflegekraft
herbeirufen. Generell sollte er erst einige Minuten auf dem Bettrand
sitzen.
-
Ggf. sollte der Bewohner vor dem Wechsel aus
der Liegeposition Bewegungsübungen im Bett durchführen, um die
Wadenpumpe zu aktivieren, etwa "Fahrrad fahren".
-
Der Bewohner soll längeres Stehen (vor allem in der Sonne) vermeiden. Auch Aufenthalte in einer Sauna sollten unterbleiben.
-
Viele betroffene Bewohner brauchen morgens
länger, um "in Gang zu kommen". Sie sind nach dem Aufstehen mitunter
schlecht gelaunt oder wirken traurig. Dieses muss bei der Planung der
morgendlichen Pflegemaßnahmen berücksichtigt werden.
-
Wir achten auf Gangunsicherheiten. Ggf.
intensivieren wir die Sturzprophylaxe. Es sollte geprüft werden, ob der
Bewohner Hüftprotektoren und Gehhilfen nutzen sollte.
-
Falls der Bewohner dieses toleriert, sollte er Wechselduschen oder Wassertreten durchführen.
-
Der Bewohner erhält Bürstenmassagen.
-
Der Bewohner soll viel Flüssigkeit zu sich
nehmen, sofern dieses nicht kontraindiziert ist. Wir prüfen, ob Kaffee
und Tee anregend auf den Bewohner wirken. Insbesondere bei nächtlicher
Hypotonie mit dadurch ausgelösten Schlafstörungen kann eine Tasse
Kaffee vor dem Einschlafen helfen. Einen vergleichbaren Effekt hat eine
Tasse Kaffee, wenn diese vor dem Aufstehen noch im Bett getrunken wird.
-
Wir stellen sicher, dass der Bewohner ausreichend Salz zu sich nimmt.
-
Vor anstrengenden Pflegemaßnahmen wie Duschen oder Baden werden die Vitalwerte ermittelt.
-
Der Bewohner sollte sich beim Waschen
hinsetzen. Falls ihm schwindelig wird, sollte er das Waschen abbrechen
und nach einer Pause fortsetzen.
-
Bei längerem Stehen kann der Bewohner auf den Zehen wippen, die Bauchpresse einsetzen oder andere Muskelbewegungen ausführen.
-
Wenn der Bewohner spürt, dass eine Ohnmacht
naht, sollte er isometrische Muskelübungen durchführen. Er kann im
Stehen die Beine kreuzen. Nun spannt er die Bein-, Bauch- und
Gesäßmuskulatur an. Durch die Übungen erhöht er den Widerstand der
Blutgefäße und reduziert das Versacken des Blutes.
-
Auch die Pflegekraft kann mit etwas Übung schon
einige Momente vor der Ohnmacht diese erkennen. Sie sollte dann z.B.
eine Mobilisierung abbrechen oder einen bereits stehenden Senioren zu
einem Stuhl begleiten. Typische Frühwarnzeichen sind eine Hautblässe,
schweißige Hände, Gangunsicherheiten oder das plötzliche Verstummen
eines sonst sehr kommunikativen Senioren.
-
Ggf. sollte der Bewohner Kompressionsstrümpfe
tragen, sofern dieses nicht aufgrund einer anderen Erkrankung
kontraindiziert ist. Damit wird ein Versacken des Blutes vermieden.
Alternativ werden die Beine gewickelt.
Verhalten bei einer akuten Hypotonie
-
Folgende Erstmaßnahmen sind einzuleiten:
-
Der Bewohner wird soweit möglich in sein Bett transferiert und dort in eine Rückenlage gebracht.
-
Die Beine werden hoch gelagert, sofern dieses
nicht kontraindiziert ist (z.B. bei arterieller Verschlusskrankheit) .
Dieses erhöht den Blutfluss.
-
Hinweis: Im Zweifel ist es besser, den
Bewohner zunächst auf dem Boden zu belassen. Ein übereilter Transfer in
einen Sessel oder in ein Bett bringt zusätzliche Risiken mit sich.
-
Wir sorgen dafür, dass der Bewohner gut atmen kann. Wir lockern enge Kleidung und öffnen die Fenster.
-
Wenn der Bewohner bei Bewusstsein ist, wird ihm ein Glas Wasser angeboten.
-
Die Pflegekraft bleibt beim Bewohner, bis sich die Symptomatik bessert. Wir wirken beruhigend auf ihn ein.
-
Bei einer Ohnmacht sind zusätzlich folgende Maßnahmen sinnvoll:
-
Ggf. erhält der Bewohner zusätzlichen Sauerstoff, etwa über eine Sauerstoff-Nasensonde.
-
Wenn der Bewohner bewusstlos ist, aber noch
atmet, wird er in die stabile Seitenlage gebracht. Falls die Atmung
aussetzt, werden Wiederbelebungsmaßnahmen eingeleitet.
-
Die Vitalzeichen werden wiederholt kontrolliert, insbesondere der Puls und an beiden Armen der Blutdruck.
-
Wenn der Bewohner an Diabetes mellitus oder
an Alkoholismus leidet, wird der Blutzucker (per BZ-Stick) ermittelt.
Die Symptome der vermuteten Hypotonie könnten tatsächlich von einer
Unterzuckerung hervorgerufen werden.
-
Der Arzt / Notarzt wird gerufen, wenn sich keine schnelle und umfassende Besserung einstellt.
-
Soweit eine Bedarfsmedikation besteht, wird nun das verordnete Medikament verabreicht.
-
Wir prüfen, ob wir Anzeichen einer
Sekundärverletzung finden können. Sobald der Bewohner wieder bei
Bewusstsein ist, sollte er nach Schmerzen befragt werden. Beispiel: Der
Bewohner ist gestürzt, ohne dass wir dieses bemerkt haben. Die
Bewusstlosigkeit ist dann die Folge des Sturzes.
-
Wenn der Bewohner nach dem Aufwachen
neurologische Ausfälle wie etwa Sprachstörungen zeigt, war i.d.R. keine
orthostatische Hypotonie der Auslöser. Auch eine längere
Bewusstlosigkeit spricht dagegen. Wahrscheinlich ist eine andere
Schädigung die Ursache. Ggf. liegt also ein Notfall vor.
-
Der Bewohner wird erst wieder allein
gelassen, wenn er das Bewusstsein vollständig wiedererlangt hat oder
wenn er ärztlich versorgt wurde.
Nachbereitung:
-
Alle Beobachtungen werden im Berichtsblatt dokumentiert.
-
Alle relevanten Veränderungen werden umgehend dem Hausarzt mitgeteilt.
-
Die Pflegeplanung wird regelmäßig aktualisiert und auf Umsetzbarkeit kontrolliert.
Dokumente:
-
Berichtsblatt
-
Fragen an den Arzt / ärztliche Verordnungen
-
Vitaldatenblatt
-
Pflegenachweis
-
Flüssigkeitsbilanzierung / Trinkprotokoll
-
Mobilisierungs- und Bewegungsplan
-
Pflegeplanung
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
|