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Standard "i.m.-Injektion in den Gesäßmuskel"
Eine
lange Liste von möglichen Komplikationen macht die i.m.-Injektion zu
einer kniffligen Aufgabe selbst für erfahrene Pflegekräfte. Schon das
Auffinden der richtigen Einstichstelle ist eine Kunst für sich.
Mit unserem ausführlich bebilderten Standard vereinheitlichen Sie diese
Maßnahme.
Standard "i.m.-Injektion in den Gesäßmuskel"
Definition:
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Bei der ventrogluteale i.m.-Injektion wird ein
Medikament in den Gesäßmuskel gespritzt. Der Wirkstoff wird von dort
schneller aufgenommen als bei einer subkutanen Injektion, jedoch
langsamer als bei einer intravenösen Applikation. Die i.m.-Injektion
ist sinnvoll bei der Verabreichung von Depotpräparaten, von Impfstoffen
sowie von Analgetika.
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Die Durchführung von i.m.-Injektionen erfordert
mehr Erfahrung als subkutane Injektionen. Bei fehlerhafter Handhabung
kann der Bewohner Nervenschädigungen erleiden.
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Ideal für eine i.m.-Injektion ist das Dreieck
zwischen dem Darmbeinkamm (Crista iliaca), dem vorderen Darmbeinstachel
(Spina iliaca anterior superior) und dem großen Rollhügel (Trochanter
major). In diesem Bereich befinden sich vergleichsweise wenige
Blutgefäße und Nervenbahnen. Folglich ist das Komplikationsrisiko
relativ gering. Zudem ist die Muskelschicht dort recht dick und daher
gut zu treffen.
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Wir nutzen die Methode "nach von Hochstetter",
da diese nach unserer Erfahrung ein sicheres Auffinden der optimalen
Einstichstelle erlaubt. Alternative Techniken wie etwa "nach
Sachtleben" werden nicht angewendet, da wir ein einheitliches Arbeiten
anstreben.
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Nur wenn keine Injektion in den Gesäßmuskel
möglich ist, sollte der Wirkstoff alternativ in den Oberschenkel oder
in den Oberarmmuskel appliziert werden.
Grundsätze:
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Wir arbeiten eng mit dem behandelnden Arzt zusammen. Alle Maßnahmen werden sorgfältig mit dem Arzt besprochen.
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Die ausführende Pflegefachkraft hat die Durchführungsverantwortung und kann bei Fehlern haftbar gemacht werden.
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Injektionen werden nur durchgeführt, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
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Der Bewohner hat dieser Maßnahme zugestimmt.
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Die Pflegefachkraft ist für die Injektion qualifiziert und autorisiert.
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Eine schriftliche Anordnung des Arztes liegt vor.
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Die Pflegefachkraft ist der Ansicht, dass das Material und das Medikament einwandfrei sind.
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Bei allen Injektionen wird die "6-R-Regel" angewendet (Verhinderung von Fehlmedikationen).
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Wir verwenden bei jeder Injektion Schutzsysteme
zur Verhinderung von Stichverletzungen (Sicherheitszylinder, Kanülen
mit Sicherheits-Clip usw.) Kanülen dürfen nicht nach der Benutzung in
die Schutzkappen zurückgesteckt werden ("recapping").
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Wir injizieren Medikamente stets unmittelbar nach dem Aufziehen.
Ziele:
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Das Medikament wird korrekt appliziert.
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Die Schmerzbelastung und die Gewebeschäden werden minimiert.
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Komplikationen werden vermieden; insbesondere kommt es zu keinen Infektionen.
Vorbereitung:
Qualifikation
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Die korrekte Applikation in den Gesäßmuskel ist
Bestandteil der Einarbeitung neuer Mitarbeiter. Die richtige
Durchführung wird zudem regelmäßig per Pflegevisite begleitet.
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Unsere Mitarbeiter werden regelmäßig zum Thema Arbeits- und Infektionsschutz fortgebildet.
Indikation / Kontratindikation
Indikation
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Der Bewohner kann gefahrlos für einige Minuten
in die Seitenlage mobilisiert werden. Insbesondere droht dabei kein
Dekubitus. (Die Injektion kann auch durchgeführt werden, wenn der
Bewohner auf dem Rücken liegt. Allerdings erfordert diese Durchführung
dann mehr Erfahrung.)
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Das Volumen des injizierten Medikaments sollte
2 bis 4 ml nicht überschreiten. Bei größeren Mengen steigt das Risiko
einer Komplikation.
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Die ventrogluteale Injektion nach von
Hochstetter ist ausschließlich geeignet für Erwachsene. Sie
funktioniert zudem nur dann verlässlich, wenn die Größe der Pflegekraft
und die des Bewohners nicht zu deutlich voneinander abweichen.
Beispiel: Die Pflegekraft ist klein und hat kleine Hände mit
entsprechend kurzen Fingern. Der Bewohner hingegen ist sehr groß. Mit
der Hochstetter-Technik kann in diesem Fall der Injektionspunkt nicht
sicher bestimmt werden.
Kontraindikation
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Bei verwirrten, aggressiven oder unruhigen Menschen besteht eine erhöhte Verletzungsgefahr.
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In erkranktes Gewebe wird nicht injiziert.
Dieses ist der Fall bei Entzündungen, Infektionen, Vernarbungen,
Verhärtungen oder bei Ödemen.
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Wenn der Bewohner mit Antikoagulanzien
behandelt wird oder unter Blutungsneigung leidet, wird diese
Applikationsform i.d.R. nicht durchgeführt.
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Bewohner unter Schock oder mit Verdacht auf
Herzinfarkt erhalten keine i.m.-Injektionen. Hier könnte die Diagnostik
im Krankenhaus erschwert werden, da die Injektion ggf. die Laborwerte
verfälscht.
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Bei sehr adipösen Bewohnern ist es selbst für erfahrene Pflegekräfte schwierig, das Muskelgewebe korrekt zu treffen.
Material
Folgende Materialien werden zurechtgelegt:
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ärztlicher Verordnungsplan
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Spritzentablett
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verordnete Injektionslösung
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ggf. Ampullensäge
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sterile Zellstofftupfer
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eine zur Einsatzart passende Kanüle (5 bis 6 cm Kanülenlänge)
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ggf. Aufziehkanüle
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richtige Spritze (Fertigspritze, 2-ml-Spritze usw.)
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Schnellverband
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Hautdesinfektionsmittel
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Schutzhandschuhe
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stichsicherer Abwurfbehälter
Hinweise:
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Das benötigte Material wird auf dem Beistelltisch/Nachttisch abgelegt und nicht auf dem Bett des Bewohners.
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Bei adipösen Bewohnern kann es leicht
passieren, dass zu kurze Kanülen genutzt werden. Die Injektion erreicht
dann die Muskelschicht nicht mehr. Sinnvoll sind Kanülenlängen von rund
7 cm.
Allgemeines
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Die Pflegekraft sorgt für gute Lichtverhältnisse während der Injektion.
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Das Pflegebett wird auf eine angenehme Arbeitshöhe gefahren.
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Es werden Maßnahmen zur Wahrung der Intimsphäre
getroffen (die Zimmertür wird geschlossen, etwaige Mitbewohner werden
kurz vor die Tür gebeten usw.)
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Der Bewohner wird über den Zweck der Injektion
aufgeklärt und um Zustimmung gebeten. Auch bewusstlose Bewohner werden
informiert.
(Dieses
Bild zeigt die Variante "Bewohner liegt auf der rechten Seiten. Die
Pflegekraft ist Linkshänderin." Es gibt drei weitere Varianten, die
weiter unten beschrieben sind. Rechtshänder messen mit der linken Hand ab und injizieren mit der rechten Hand.
Linkshänder messen mit der rechten Hand ab und injizieren mit der linken Hand.
Unabhängig davon kann die Pflegekraft -
wie hier abgebildet - vor oder hinter dem
Bewohner stehen. Bei ängstlichen Senioren, insbesondere bei
demenziellen Erkrankungen, ist es mitunter sinnvoll, vor dem Bewohner
zu stehen und den Blickkontakt zu halten.)
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Der Bewohner wird auf die Seite umgelagert. Das oben liegende Knie wird zur Entspannung der Muskulatur leicht angezogen.
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Eine Injektion im Stehen ist i.d.R. nicht
sinnvoll. Es könnte zu Scherbewegungen im Muskel kommen, die ggf.
Gewebeschäden oder sogar das Abbrechen der Kanüle verursachen.
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Störende Kleidung wird entfernt.
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Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch und zieht die Schutzhandschuhe an.
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Das Medikament wird vorbereitet. Siehe:
-
Standard "Aufziehen aus einer Glasampulle"
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Standard "Aufziehen aus einer Stechampulle"
Durchführung:
Auffinden der Injektionsstelle
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Die
folgende Abfolge bezieht sich auf diese Variante: Der Bewohner liegt
auf der rechten Seite. Die Pflegekraft ist Rechtshänderin. Sie misst
mit der linken Hand ab und injiziert mit der rechten Hand.
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Die Pflegekraft orientiert sich an drei Orientierungspunkten:
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dem vorderen Darmbeinstachel, Spina iliaca anterior superior (Kreuz oben links)
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dem Darmbeinkamm, Crista iliaca (Kreuz oben rechts)
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dem großen Rollhügel, Trochanter major (Kreuz unten).
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Der Zeige- und der Mittelfinger der linken Hand werden so weit wie möglich voneinander abgespreizt.
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Der Mittelfinger ertastet den Darmbeinstachel.
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Der Zeigefinger gleitet den Darmbeinkamm rund 7 cm entlang.
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Der Zeigefinger wird rund zwei Zentimeter nach unten gedreht, während der Mittelfinger seine Position beibehält.
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Der Handballen der Pflegekraft sollte jetzt auf dem großen Rollhügel liegen.
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Die Einstichstelle befindet sich im unteren Teil des Dreiecks, dass vom Zeige- und vom Mittelfinger gebildet wird.
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Die Stelle kann nun mit dem Daumennagel
markiert werden. Alternativ kann die Pflegekraft farbiges
Desinfektionsmittel nutzen. Oder die Pflegekraft löst durch das Reiben
mit dem Tupfer eine kurzzeitige Hautrötung aus.
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Der Bereich wird desinfiziert und die
Einwirkzeit wird abgewartet. Überschüssiges Desinfektionsmittel wird
mit einem sterilen Tupfer beseitigt. (Hinweis: Im Idealfall wird die
Hautdesinfektion zweimal durchgeführt. Also: sprühen, wischen, sprühen,
wischen, Einwirkzeit abwarten und dann noch einmal wischen.)
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Die Injektionsstelle wird wie beschrieben neu ertastet.
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Die Haut des Bewohners wird mit dem Zeige- und mit dem Mittelfinger gespannt.
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Die Kanüle wird senkrecht, also im 90°-Winkel, eingestochen.
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Beim Einstechen muss ein Teil der Kanüle noch zu sehen sein.
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Das Einstechen sollte schnell und zügig
erfolgen. Ein Zögern löst Abwehrspannungen der Muskulatur aus. In der
Folge wird mehr Gewebe als notwendig geschädigt; und es kommt zu
vermeidbaren Beschwerden.
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Wenn die Knochenhaut getroffen wird, muss die Kanüle einen Zentimeter zurückgezogen werden.
alternative Durchführung bei Linkshändern und / oder Lagerung auf der rechten Seite
Wenn die
Pflegekraft Linkshänderin ist oder der Bewohner auf der rechten Seite
liegt, muss die Durchführung abgewandelt werden. Es gibt also vier
Varianten:
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Der Bewohner liegt auf der rechten Seite; die
Pflegekraft ist Rechtshänderin und tastet mit der linken Hand: Der
Mittelfinger der linken Hand ertastet den Darmbeinstachel. Danach
gleitet der Zeigefinger rund 7 cm auf dem Darmbeinkamm.
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Der Bewohner liegt auf der rechten Seite; die
Pflegekraft ist Linkshänderin und tastet mit der rechten Hand: Der
Zeigefinger der rechten Hand ertastet den Darmbeinstachel. Danach
gleitet der Mittelfinger rund 7 cm auf dem Darmbeinkamm.
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Der Bewohner liegt auf der linken Seite; die
Pflegekraft ist Rechtshänderin und tastet mit der linken Hand: Der
Zeigefinder der linken Hand ertastet den Darmbeinstachel. Danach
gleitet der Mittelfinger rund 7 cm auf dem Darmbeinkamm.
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Der Bewohner liegt auf der linken Seite; die
Pflegekraft ist Linkshänderin und tastet mit der rechten Hand: Der
Mittelfinger der rechten Hand ertastet den Darmbeinstachel. Danach
gleitet der Zeigefinger rund 7 cm auf dem Darmbeinkamm.
Aspiration
Vor der
Applikation des Medikaments muss immer aspiriert werden. Damit kann die
Pflegekraft sicherstellen, dass die Kanüle kein Blutgefäß getroffen hat:
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Die (rechtshändige) Pflegekraft hält die Spritze mit der linken Hand.
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Nun ergreift die Pflegekraft mit der rechten Hand den Stempel und zieht diesen zurück.
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Falls ein Blutgefäß getroffen wurde, wird nun
Blut zu sehen sein. Falls sehr kleine Kanülen genutzt werden, wird das
Blut erst nach einer Verzögerung sichtbar. Daher muss die Aspiration
für einige Sekunden beibehalten werden.
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Falls Blut sichtbar wird, muss die Injektion
abgebrochen werden. Das gesamte Material wird verworfen und die
Applikation an anderer Stelle neu begonnen.
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Wenn kein Blut bemerkt wird, kann das
Medikament langsam injiziert werden. Vor allem große Dosen oder ölige
Wirkstoffe werden behutsam appliziert. Ein Wert von zwei Millilitern
pro Minute sollte nicht überschritten werden.
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Der Bewohner wird während der Applikation nach
der Schmerzbelastung und ggf. nach vorhandenen Missempfindungen
befragt. Ist ein Nerv getroffen, klagen Bewohner häufig über Schmerzen,
die sich bis in den Fuß ziehen. In solchen Fällen wird die Injektion
sofort abgebrochen.
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Danach wird die Kanüle zügig aus dem Stichkanal
gezogen. Dieser kann durch einen sterilen Tupfer komprimiert und somit
verschlossen werden. Kreisende Bewegungen mit dem Tupfer auf der Haut
werden vermieden.
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Falls notwendig wird die Einstichstelle mit einem Pflaster versorgt.
Nachbereitung:
Komplikationen
Bei
einer i.m.-Injektion kann es zu verschiedenen Komplikationen kommen. In
solchen Fällen brechen wir die Injektion ab und verständigen umgehend
den Arzt:
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Falls ein Gefäß perforiert wurde, kann es zur
Bildung von Hämatomen kommen. Ursache sind zumeist der unterlassene
Aspirationsversuch und die Nichtbeachtung von Kontraindikationen.
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Wenn die Injektionsstelle falsch bestimmt
wurde, kann ein Nerv getroffen werden. Häufig wird auch das Medikament
in unmittelbarer Nähe eines Nervs deponiert. In solchen Fällen wird der
Bewohner über starke Schmerzen klagen, die in das Bein abstrahlen. Es
kann auch zu Missempfindungen und zu Lähmungen kommen.
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Mangelhafte Desinfektion der Einstichstelle
kann einen Spritzenabszess auslösen, also zu einer schmerzenden
Vereiterung im Injektionsbereich. Gefährdet sind insbesondere Bewohner
mit einer geschwächten Immunabwehr. Die i.m.-Injektion ist die
Injektionsform mit der höchsten Infektionsgefahr.
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In seltenen Fällen kann die Kanüle abbrechen, etwa wenn das Material fehlerhaft ist oder die Haut stark verhornt ist.
Weiteres
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Die Pflegekraft befragt den Bewohner nach seinem Befinden.
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Der Bewohner wird darauf hingewiesen, dass er
sich an der Einstichstelle nicht kratzen sollte. Zudem soll er
Missempfindungen, Taubheit und Schmerzen sofort bei der Pflegekraft
melden. Das Rufsystem wird in Reichweite des Bewohners abgelegt.
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Die Einstichstelle und die Reaktionen des
Bewohners auf das Medikament werden beobachtet. Bei allergischen oder
sonstigen potentiell gefährlichen Reaktionen wird umgehend ein Arzt
benachrichtigt.
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Die Materialien werden weggeräumt und ggf.
entsorgt. Die Kanüle wird sofort nach der Injektion in einem
stichsicheren Abwurfbehälter entsorgt.
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Die Kleidung des Bewohners wird gerichtet. Der Bewohner wird bequem gelagert.
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Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch.
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Die Injektion wird dokumentiert. Wichtige
Kriterien dabei sind die Injektionsmethode, die Bezeichnung des
Medikaments, die Konzentration und Dosis sowie besondere Beobachtungen.
Dokumente:
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Medikamentenblatt
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Injektionsschema
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Berichtsblatt
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
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