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Standard "schwerkraftgesteuerte Infusion über eine Venenverweilkanüle"

Das Legen der Kanüle fällt noch in die Zuständigkeit des Arztes. Alle weiteren Tätigkeiten werden dann gerne an Pflegekräfte weitergereicht. Und das mitsamt einer langen Liste möglicher Komplikationen. Immerhin lassen sich die Haftungsrisiken mit einem möglichst detaillierten Standard deutlich reduzieren.


Standard "schwerkraftgesteuerte Infusion über eine Venenverweilkanüle"


Definition:

  • Isotone Elektrolytlösungen wie etwa NaCl-0,9%-Lösungen enthalten neben Wasser auch Salze. Sie eignen sich sowohl als Flüssigkeitsersatz zur Therapie einer Dehydratation als auch als Träger für Medikamente.
  • Darüber hinaus ist auch eine vollständige parenterale Ernährung möglich. Der Bewohner erhält dann eine hochprozentige Zuckerlösung, Aminosäuren, Fett und Vitamine.

Grundsätze:

  • Wir beachten den Willen des Bewohners, wenn er die Infusion als lebensverlängernde Maßnahme ablehnt. Eine entsprechende Patientenverfügung ist für uns bindend.
  • Eine Infusion erfolgt nur auf ärztliche Anordnung.
  • Die ausführende Pflegefachkraft hat die Durchführungsverantwortung und kann bei Fehlern haftbar gemacht werden.
  • Bei allen Infusionen wird die "6-R-Regel" angewendet (Verhinderung von Fehlmedikamentierungen).

Ziele:

  • Die Infusion wird korrekt durchgeführt.
  • Komplikationen werden frühzeitig bemerkt. Gesundheitsschäden werden durch eine zeitnahe Reaktion vermieden.
  • Der Bewohner fühlt sich sicher.

Vorbereitung:

personelle Qualifikation

  • Die Platzierung einer Venenverweilkanüle ist immer eine ärztliche Aufgabe. (Hinweis: Pflegekräfte mit einer entsprechenden Weiterbildung im Bereich der Anästhesie- und der Intensivpflege dürfen ggf. ebenfalls Kanülen anlegen.)
  • Das Starten und das Wechseln von Infusionen können an Pflegefachkräfte delegiert werden; nicht jedoch an Pflegehilfskräfte sowie an Pflegeschüler.

allgemeine Maßnahmen

  • Die Infusion wird vorbereitet (siehe Standard "Vorbereitung der Infusionslösung").
  • Die auf dem Infusionsplan vorgegebene Reihenfolge der Infusionen wird eingehalten. Ist eine Modifikation zwingend erforderlich, wird der Arzt informiert.
  • Die Pflegekraft sorgt für gute Lichtverhältnisse während der Infusion.
  • Das Tablett und der Arbeitsbereich werden desinfiziert.
  • Der Bewohner wird über den Zweck der Infusion aufgeklärt und um Zustimmung gebeten. Auch bewusstlose Bewohner werden über die Maßnahme informiert.
  • Der Bewohner erhält die Möglichkeit für einen Toilettengang.
  • Vor jeder Manipulation an einer Verweilkanüle, an den Zuleitungen oder an den Verbindungsstücken ist eine hygienische Händedesinfektion erforderlich.

Durchführung:

starten der Infusion

  • Die Pflegekraft führt eine Händedesinfektion durch.
  • Die Pflegekraft zieht Handschuhe an.
  • Der Bewohner wird bequem gelagert. Störende Kleidungsstücke werden entfernt.
  • Ein Luer-Lock-Anschluss wird desinfiziert.
  • Das Überleitungssystem wird an die liegende Venenverweilkanüle angeschlossen.
  • Ggf. austretendes Blut wird mit einem Zellstofftupfer aufgenommen, bevor es das Pflaster verschmutzt oder den Arm herabläuft.
  • Die Pflegekraft öffnet die Rollklemme.
  • Gemäß der ärztlichen Vorgabe wird die Tropfgeschwindigkeit eingestellt.
  • Die Pflegekraft fixiert den Infusionsschlauch falls nötig auf dem Unterarm, um ein Abknicken zu vermeiden. Sie nutzt dafür einen Pflasterstreifen.

  • Der Bewohner sollte den Arm nicht unnötig bewegen. Die Tropfgeschwindigkeit könnte dadurch beeinflusst werden. Ggf. prüfen wir, ob der Arm mit einer Unterarmschiene fixiert werden sollte. Alternativ kann ein Kissen genutzt werden (Bild).
  • Der Füllstand der Tropfkammer wird regelmäßig kontrolliert.
  • Die Pflegekraft bleibt, bis die ersten ml der Lösung appliziert wurden. Sie achtet auf Nebenwirkungen. Erst danach kann sie den Raum verlassen.
  • Demenziell erkrankte Bewohner werden ggf. überwacht. Die Pflegekraft verhindert, dass diese am Schlauch ziehen oder an der Einstichstelle manipulieren.
  • Der Zustand des Bewohners wird engmaschig überwacht, wenn mit Komplikationen gerechnet werden muss. Insbesondere werden bei Bedarf die Vitalwerte erfasst, also Blutdruck, Pulsfrequenz und die Körpertemperatur. Ein Anstieg der Körpertemperatur deutet auf eine sich entwickelnde Infektion hin.

Komplikationen

Wir achten auf die möglichen Komplikationen, die im Rahmen der Infusionstherapie auftreten können:


allergische Reaktionen Symptome:

  • Hautrötungen, Juckreiz, Bildung von Quaddeln
  • generalisiertes Ödem
  • Zungenbrennen
  • Frösteln
  • kalter, klebriger Schweiß
  • Blutdruckabfall und Pulsanstieg
  • Sehstörungen und Kopfschmerzen
  • Schmerzbelastung im Bereich der Gelenke
  • Unruhezustände, Angstgefühle
  • Konzentrationsstörungen
  • Brechreiz, Erbrechen
  • Anstieg der Körpertemperatur, Hitzewallungen
  • Zyanose, Atemnot als Folge eines Spasmus der Bronchialmuskulatur
Maßnahmen:
  • Die Pflegekraft unterbricht unverzüglich die Infusion.
  • Die Venenverweilkanüle verbleibt in der Vene.
  • Der Arzt / Notarzt wird sofort über die Lage informiert.
  • Bis zum Eintreffen des Arztes oder des Notarztes bleibt die Pflegekraft beim Bewohner.
  • Der Zustand des Bewohners wird erfasst, also insbesondere der Blutdruck, die Pulsfrequenz, die Gesichtsfarbe, Schweißbildung sowie Angaben des Bewohners zum Befinden.
  • Wir überwachen die Atmung des Bewohners, also insbesondere die Atemfrequenz, Tiefe der Atemzüge, Atemgeräusche, Auftreten von Zyanose und Nutzung der Atemhilfsmuskulatur. Falls nötig wird der Bewohner in eine Oberkörperhochlagerung gebracht. Atemwege werden frei gehalten. Er erhält ggf. (auf Arztanordnung!) Sauerstoff oder Antihistaminika.
  • Falls nötig wird der Bewohner in eine Schocklagerung gebracht.
  • Falls nötig erfolgt eine Wiederbelebung.
  • Die Krankenhauseinweisung wird vorbereitet.
Anmerkung:
  • Je rascher die Symptome während der Infusion eines Medikaments auftreten, umso bedrohlicher ist der Zustand.

Luftembolie Symptome:

  • unvermittelt auftretende stechende Schmerzen im Brustkorb
  • Atemnot
  • Zyanose der Mundschleimhäute und der Lippen
  • Tachykardie, Hypotonie
  • Schockanzeichen, also flacher Puls oder Bewusstlosigkeit
Maßnahmen:
  • Die Pflegekraft trennt die Verbindung zwischen dem Infusionssystem und der Venenverweilkanüle. Sie verschließt den Zugang.
  • Der Arzt wird sofort über die Lage informiert.
  • Der Bewohner wird in eine Kopftieflage gebracht.
  • Bis zum Eintreffen des Arztes oder des Notarztes bleibt die Pflegekraft beim Bewohner.
  • Der Zustand des Bewohners wird erfasst (siehe oben).
Anmerkungen:
  • Luftembolien treten selten auf.
  • Eine Luftembolie lässt sich vermeiden, indem die Infusionsflasche gewechselt wird, bevor der Flüssigkeitsspiegel in der Tropfkammer abfällt.

Blutverlust Symptome:

  • Austritt größerer Blutmengen aus der Venenverweilkanüle. (Hinweis: Demenziell veränderte Senioren manipulieren ggf. an der Kanüle. Oder diese verrutscht im Schlaf.)
Maßnahmen:
  • Wenn die Kanüle geöffnet ist, wird diese wieder verschlossen.
  • Der Arzt wird sofort über die Lage informiert.
  • Der Zustand des Bewohners wird erfasst (siehe oben).
Anmerkung
  • Die Menge des ausgetretenen Bluts kann in der Praxis überschätzt werden. Senioren können leicht in Panik geraten.

Thrombophlebitis Symptome:

  • Entzündungsreaktionen im Venenverlauf
  • hohe Schmerzbelastung für den Bewohner
Maßnahmen:
  • Die Pflegekraft unterbricht unverzüglich die Infusion.
  • Ggf. wird die Kanüle entfernt.
  • Der Arzt wird sofort über die Lage informiert.
  • Wir bereiten uns darauf vor, dem Arzt beim Legen einer neuen Kanüle zu unterstützen.

Sepsis

  • schneller Anstieg der Körpertemperatur, hohes Fieber
  • Schüttelfrost
  • septischer Schock mit Blutdruckabfall, Nierenversagen, schneller, flacher Atmung und eventuell Blutungen
Maßnahmen:
  • Die Pflegekraft unterbricht unverzüglich die Infusion.
  • Der Arzt wird sofort über die Lage informiert.
  • Die Katheterspitze wird nicht verworfen, sondern für eine spätere mikrobiologische Untersuchung aufbewahrt.

Nachbereitung:

allgemeine Maßnahmen

  • Der Bewohner soll sich melden, bevor die Infusion durchgelaufen ist. Er soll ebenfalls nach der Pflegekraft klingeln, wenn ihm unwohl ist oder wenn Schmerzen auftreten. Die Rufanlage wird in Reichweite des Bewohners abgelegt.
  • Wenn die Infusion mit einer neuen Flasche fortgesetzt werden soll, zieht die Pflegekraft den Dorn aus der leeren Flasche heraus. Ohne den Dorn zu berühren, sticht sie nun in die neue Infusionsflasche ein. Diese wurde zuvor desinfiziert.
  • Eine Infusion ist zu beenden bzw. zu wechseln, wenn die Infusionsflasche leer ist, die Tropfkammer aber noch gefüllt ist. Wenn dieser Zeitpunkt verpasst wurde, ist es erforderlich, ein neues Infusionssystem vorzubereiten.
  • Wenn die Infusion beendet ist, bricht die Pflegekraft den Einstichdorn am Gummistopfen ab. Sie zieht ihn nicht heraus, da dieses die Gefahr einer Stichverletzung erhöhen würde.
  • Eine Thrombosierung des Kanülenvolumens lässt sich verhindern, indem die Venenverweilkanüle nach dem Einlaufen der Infusion mit NaCl 0,9% durchgespült wird. Sie wird danach mit einem sterilen Verschluss (Luer-Lock) verschlossen.
  • Alternativ kann eine Verschlusskappe mit Mandrin genutzt werden. Wir achten darauf, dass die Länge des Mandrins stimmt. Ein zu kurzer Mandrin würde die Verstopfung der Kanüle nicht verhindern. Ein zu langer Mandrin könnte die Vene schädigen. Wir achten daher darauf, dass die Größenbezeichnung und die Farbmarkierung den Vorgaben entsprechen. Auf ein Durchspülen der Kanüle kann dann verzichtet werden.
  • Wenn ein Zugang verstopft ist, wird der Arzt informiert. In keinem Fall werden bereits verstopfte Venenzugänge freigespritzt. Es ist ebenfalls darauf zu verzichten, das Überleitungssystem abzuknicken und dann durch ein Zusammendrücken den Zugang "freizupressen". Falls sich im Kanülenlumen ein Blutgerinnsel gebildet hat, würde es dadurch in die Blutbahn geraten.
  • Wenn der Bewohner mobilisiert werden soll, achtet die Pflegekraft darauf, dass die Verbindungsstücke, der Dreiwegehahn und die Infusion sicher miteinander verschraubt sind.
  • Falls die Venenverweilkanüle entfernt werden muss, drückt die Pflegekraft zunächst mit einem sterilen Tupfer auf die zuvor desinfizierte Einstichstelle. Die Kanüle wird gezogen. Die Pflegekraft komprimiert die Einstichstelle, bis kein Blut mehr austritt. Die Einstichstelle wird mit einem Schnellverband versorgt. Bei Bedarf wird ein leichter Druckverband angelegt. Der Bewohner wird darauf hingewiesen, dass er sich an der Einstichstelle nicht kratzen sollte.
  • Die Materialien werden weggeräumt und ggf. entsorgt.
  • Die Kleidung des Bewohners wird gerichtet. Der Bewohner wird bequem gelagert.
  • Die Pflegekraft führt eine Händedesinfektion durch.
  • Wenn dem Bewohner Flüssigkeit in größerer Menge mittels Infusion zugeführt wird, ist eine Flüssigkeitsbilanzierung sinnvoll. Überdies regen wir beim behandelnden Arzt regelmäßige Blutuntersuchungen an.

Dokumentation

Die Maßnahme wird präzise dokumentiert. Insbesondere:

  • genaue Bezeichnung aller Infusionen, das applizierte Volumen, ggf. medikamentöse Zusätze, vorgegebene Tropfenzahl, Start- und Endzeitpunkt der Infusion
  • Beschreibung von unerwarteten Ereignissen, die eine Unterbrechung oder einen Abbruch der Infusion erforderten
  • bei Komplikationen: Beschreibung der Komplikation, Erstmaßnahmen, Reaktionen des Arztes
  • durchgeführte Pflegemaßnahmen, also z.B. Austausch des Infusionssystems, Verbandswechsel an der Venenverweilkanüle oder Anpassungen der Tropfgeschwindigkeit

Dokumente:

  • ärztliches Verordnungsblatt
  • Durchführungsnachweis
  • Berichtsblatt

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • Pflegefachkräfte



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