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Standard "Juckreiz (Pruritus)"
Der Zwang, sich 24 Stunden am Tag und in der Nacht
kratzen zu müssen, macht vielen Senioren das Leben zur Qual. Wenn keine
auslösende Grunderkrankung gefunden werden kann, liegt es an den
Pflegekräften, dem Betroffenen Linderung zu verschaffen. Unser Standard
fasst einige aussichtsreiche Strategien zusammen.
Standard "Juckreiz
(Pruritus)”
Definition:
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Der Juckreiz (auch "Pruritus") dient
dazu, dass Fremdkörper von der Haut durch Kratzen entfernt werden.
Dieses ist überaus sinnvoll, etwa wenn ein schädliches Insekt über die
Haut läuft.
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Allerdings können verschiedene Faktoren
dazu führen, dass ein unnötiger und ggf. sogar permanenter Juckreiz
ausgelöst wird. Das Kratzen auf der Haut lindert den Juckreiz nur
temporär. Langfristig werden die Beschwerden verstärkt.
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Juckreiz ist keine eigenständige
Krankheit, sondern ein im Alter sehr häufig auftretendes Symptom. Die
Folgen können so peinigend sein, dass die Lebensqualität erheblich
beeinträchtigt wird.
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Auslöser sind oftmals Nieren- oder
Leberfunktionsstörungen. Weitere mögliche Ursachen sind Vitaminmangel,
Schilddrüsenfunktionsstörungen, Krebserkrankungen oder Allergien.
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In vielen Fällen kann allerdings auch ein
psychologischer Hintergrund vermutet werden. Das Kratzen der Haut
ersetzt z. B. unterbewusst körperliche Zuwendung durch den
(verstorbenen) Partner.
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Das Kratzen führt häufig zu
Sekundärinfektionen.
Grundsätze:
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Jede Medikation wird mit dem behandelnden
Arzt abgesprochen. Ohne seine Anweisung werden keine Medikamente
abgesetzt oder deren Dosierung verändert. Wir raten dem Bewohner von
eigenmächtigen Therapieversuchen dringend ab.
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Jeder Juckreiz, der länger als drei Tage
anhält und keine bekannte Ursache hat, rechtfertigt die Vorstellung des
Bewohners beim Haut- oder Hausarzt.
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Wir zeigen stets Verständnis für die
Situation des Bewohners.
Ziele:
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Die Ursache für den Juckreiz wird
ermittelt und falls möglich beseitigt.
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Der Juckreiz selbst wird ausgeschaltet
oder zumindest spürbar gelindert.
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Der Bewohner kennt wirksame Maßnahmen zur
Linderung des Juckreizes und wendet diese eigenständig an.
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Das soziale Leben des Bewohners bleibt
erhalten.
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Infektionen, etwa durch kontaminierte
Kratzspuren, werden vermieden.
Vorbereitung:
Informationssammlung
Wir sammeln und
dokumentieren alle relevanten Informationen. Diese stellen wir auch dem
behandelnden Arzt zur Verfügung.
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Seit wann leidet der Bewohner unter
Juckreiz?
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Litt der Bewohner schon in der
Vergangenheit unter Juckreiz?
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Welche Medikamente nutzte der Bewohner
bislang, um den Juckreiz zu lindern? Wie wirksam waren diese?
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Wie ist die Haut des Bewohners
beschaffen? Ist sie besonders trocken?
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An welchen Hautbereichen tritt der
Juckreiz auf? Ist der Juckreiz auf bestimmte Körperpartien begrenzt
oder tritt er generalisiert auf?
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Gibt es Kratzspuren oder andere Läsionen?
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Ist die Haut bereits entzündet?
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Welche Auswirkungen hat der Juckreiz auf
die Lebensqualität des Bewohners? Leidet er unter Schlafmangel,
Abgeschlagenheit, Nervosität oder Depressionen?
(Hinweis: Die Intensität des Juckreizes kann mittels einer Analogskala
erfasst werden. Der Wert "0" steht für "kein Juckreiz" und der Wert
"10" für den stärksten vorstellbaren Juckreiz.)
Ursachenforschung
Wir prüfen, ob es
offensichtliche Auslöser für den Juckreiz gibt, etwa:
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trockene, rissige und spröde Haut
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eigenmächtige Einreibungen mit Alkohol
(Franzbranntwein)
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bekannte Haut- oder
Stoffwechselerkrankungen, etwa Neurodermitis oder Diabetes mellitus
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Nebenwirkungen von Arzneimitteln, etwa
Opiate, Hydroxyethylstärke (HAES) oder Acetylsalicylsäure (ASS)
-
allergische Reaktionen
-
zu häufiges Waschen mit alkalihaltiger
Seife
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psychogene Ursachen
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bekannte Lebererkrankung
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bekannte Nierenerkrankung
-
Leukämie
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Morbus Hodgkin
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Neuropathie
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Parasitenbefall, etwa durch Milben, Flöhe
oder Läuse
Prophylaxemaßnahmen
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Falls der Juckreiz auf eine Allergie
zurückgeführt werden kann, werden die auslösenden Allergene konsequent
gemieden.
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Wärme verstärkt oftmals den Juckreiz. Daher
sollte die Raumtemperatur maßvoll gesenkt werden. Gleichzeitig sollte
der Bewohner eine leichte Bettdecke nutzen.
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Der Bewohner sollte lockere und weiche Kleidung
tragen, unter der er nicht schwitzt. Bewohnerinnen sollten auf das
Tragen eines BHs oder auf Kleidung mit engen Bündchen verzichten.
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Der Bewohner sollte Kleidung aus
Naturmaterialien wählen, etwa (kratzfreie) Baumwolle oder Seide.
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Der Bewohner sollte ausreichend trinken und
eine Dehydration des Körpers vermeiden.
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Die Fingernägel sollten besonders kurz
geschnitten werden. Ecken und Kanten werden gefeilt. Damit werden
zusätzliche Läsionen durch das Kratzen vermieden.
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Nachts sollte der Bewohner Baumwollhandschuhe
tragen, damit er sich im Schlaf nicht unbewusst kratzt.
-
Der Bewohner wird aufgefordert, schwere
körperliche Aktivitäten zu vermeiden. Dieses vor allem, wenn er dabei
schwitzt.
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Wir verdeutlichen dem Bewohner, dass Stress die
Anfälligkeit für Juckreiz erhöht. Sofern er dieses wünscht, vermitteln
wir ihm die Grundtechniken des autogenen Trainings oder der
progressiven Muskelentspannung.
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Der Bewohner sollte Sonneneinstrahlung meiden.
Ist dieses nicht möglich, ist es wichtig, ein Sonnenschutzmittel mit
hohem Lichtschutzfaktor zu verwenden.
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Ebenso sollte der Bewohner extreme
Temperaturreize meiden, wie etwa heißes Föhnen, kalte Außenluft oder
heftigen Wind.
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Wir weisen den Bewohner auf die
Infektionsgefahren hin. Aufgekratzte Haut kann sich leicht entzünden.
Wir raten dem Bewohner, mit der Hand nur über die juckende Hautstelle
zu reiben und nicht mit den Fingernägeln zu kratzen. Alternativ kann er
einen Massageball über den betroffenen Bereich rollen lassen.
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Wir überprüfen, ob der Bewohner
Körperpflegemittel nutzt, die den Juckreiz verstärken. Nach Möglichkeit
sollte der Bewohner auf Seifen, Waschlotionen, Kosmetika sowie auf
Deodorants komplett verzichten.
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Der Bewohner sollte zur Körperpflege bevorzugt
duschen. Vollbäder sind zu vermeiden.
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Für die Hautpflege nutzen wir rückfettende und
Juckreiz lindernde Präparate, also etwa Harnstoff, Glyzerin, Arnica,
Polidocanol oder Bisabolol. Die Haut wird am besten täglich mit
rückfettenden Pflegeprodukten versorgt; mindestens jedoch nach jedem
Baden oder Duschen.
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Wir informieren alle behandelnden Ärzte über
die Erkrankung. Sie sollen bei der Verschreibung von Medikamenten
darauf achten, dass diese keinen Juckreiz auslösen oder verstärken.
Durchführung:
äußere Anwendungen
Wir nutzen
traditionelle Mittel zur Bekämpfung von Juckreiz:
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Wir führen Kälteanwendungen durch, legen
also z. B. eine kalte Kompresse oder feuchte Tücher auf die juckende
Haut auf.
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Alternativ führen wir einen Eiswürfel
über die Hautstelle.
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Wir nutzen ein Coldpack, das die
Pflegekraft zuvor in ein Handtuch eingewickelt hat.
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Wir führen Abreibungen der Haut mit
Essigwasser durch. Wir nutzen drei Teelöffel Weinessig auf einen Liter
Wasser.
medikamentöse
Anwendungen
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Soweit verordnet erhält der Bewohner
pharmazeutische Mittel gegen den Juckreiz. Insbesondere Glukokortikoide
und Antihistaminika können einen Juckreiz effektiv lindern.
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Wir beachten, dass Antihistaminika ggf.
(ähnlich wie Opioide) die Müdigkeit verstärken und das Sturzrisiko
erhöhen.
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Wirksam gegen Juckreiz sind auch
verschiedene Puder. Wir berücksichtigen, dass solche Puder die Haut
häufig austrocknen und entfetten.
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Hautbereiche mit sehr schmerzhaften
Schädigungen werden mit Oberflächenanästhetika in Form von
Trockenpinselungen behandelt, etwa 5-Prozent-Thesit.
psychologische
Faktoren
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Wenn dem Kratzen psychologische Ursachen
zugrunde liegen, regen wir eine Psychotherapie an, insbesondere eine
Verhaltenstherapie.
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Wenn sich der Bewohner stark aufgekratzt
hat, verspürt dieser später zumeist Schuldgefühle. Wir nehmen darauf
Rücksicht und halten uns mit Vorwürfen entsprechend zurück.
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Das ständige Kratzen kann zur Isolation
des Bewohners führen. Mitbewohner fühlen sich abgestoßen oder fürchten
eine Ansteckung. Dieser Entwicklung sollte durch gezielte Informationen
begegnet werden.
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Wir beachten, dass ein anhaltender
Juckreiz den Lebenswillen massiv beeinträchtigen kann. Dieses kann auch
zu Suizidtendenzen führen.
Nachbereitung:
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Wir dokumentieren die Hautveränderungen,
die dauerndes Kratzen verursacht, insbesondere Krusten,
Hyperpigmentierung, Vergröberung und Hautfelderung.
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Wenn Menschen aus dem Umfeld des
Bewohners ebenfalls über Juckreiz klagen, sollte ein sich ausbreitender
Parasitenbefall ausgeschlossen werden; etwa durch Läuse, Flöhe, Skabies
oder Wanzen.
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Aufgetretene Probleme bei der Pflege
werden im Qualitätszirkel thematisiert.
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Die Pflegeplanung des Bewohners wird
regelmäßig aktualisiert.
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Relevante Beobachtungen werden umgehend
dem behandelnden Arzt mitgeteilt.
Dokumente:
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Berichtsblatt
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Vitalzeichenblatt
-
Allergiepass
Verantwortlichkeit
/ Qualifikation:
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