pqsg mobil
Start Suche Service
Diese Seiten wurden für Smartphones optimiert. Für die PC-Version klicken Sie bitte hier.

Standard "Pflege bei Blasenverweilkatheter"

Das korrekte Legen eines Katheters ist schwierig genug. Noch kniffliger ist es, das Harnableitungssystem über Tage hinweg keimfrei zu halten. Der Spielraum für Hygienemängel ist denkbar gering. Schon kleinste Verkeimungen führen zu einer Blaseninfektion.


Standard "Pflege bei Blasenverweilkatheter"


Definition:

  • Die Nutzung eines Blasenverweilkatheters ermöglicht den sicheren Urinabfluss bei Senioren, die auf regulärem Weg kein Wasser lassen können. Gleichzeitig jedoch stellt die Nutzung solcher Systeme hohe Ansprüche an die Hygiene.
  • Keime können einerseits bereits bei der Katheterisierung in die Blase eingebracht werden. Sie wandern aber auch bei einem bereits liegenden Katheter entlang der Harnröhrenwand ein. Und mitunter werden sie vom Katheter selbst in die Blase gespült, wenn der Urin aus dem Urinbeutel in die Blase zurückfließt. In der Folge erleidet der Bewohner eine Zystitis, also eine Entzündung der Harnblase und der Harnleiter.
  • Hinzu kommt, dass es durch das Legen eines Katheters zu Verletzungen der Schleimhaut kommen kann. Diese Läsionen dienen als Eintrittspforten für Keime, die sich auf dem Blutweg ausbreiten.
  • Eine auf die Blase begrenzte Infektion ist zumeist einfach zu behandeln. Dehnt sich der Keimbefall auf die oberen Harnwege aus, kann es zu schwerwiegenden Komplikationen kommen, etwa zur Urosepsis oder zur Niereninsuffizienz.
  • Die Katheter sind zweilumig; sie haben also zwei Kanäle. Einer dient als Auslassleitung, der andere ermöglicht das Blocken und das Entblocken des Katheters mittels eines kleinen Ballons.
Hinweis:
  • Die korrekte Versorgung bei einem liegenden Blasenverweilkatheter ist in der Literatur nicht einheitlich beschrieben. Tatsächlich finden sich in der Fachwelt mitunter erstaunlich abweichende Empfehlungen. Die in diesem Standard beschriebenen Abläufe bilden die Mehrheitsmeinung ab. Dennoch ist es ratsam, das genaue Vorgehen mit dem behandelnden Hausarzt abzusprechen.
  • Die hygienische Katheterisierung von Männern und von Frauen ist in separaten Standards beschrieben.

Grundsätze:

  • Eine lückenlose Hygiene ist der entscheidende Faktor bei der Zystitisprophylaxe. Lückenlos bedeutet: Schon eine einzige Nachlässigkeit kann eine ansonsten gut funktionierende Hygiene aushebeln.
  • Der Schutz vor einer Blaseninfektion ist wichtiger als die Aktivierung des Bewohners zu einer eigenständigen Intimhygiene. Da die meisten Senioren mit den hohen Hygieneanforderungen überfordert sind, nehmen wir ihnen diese Maßnahme ggf. frühzeitig ab.
  • Wir stellen sicher, dass ein Blasenverweilkatheter sofort entfernt wird, wenn die Indikation nicht mehr gegeben ist.

Ziele:

  • Durch eine konsequente Umsetzung hygienischer Standards wird die Verschleppung pathogener Keime von der Harnröhrenmündung in die Blase und somit eine Infektion der Blase und der Nieren verhindert.
  • Infektionen werden frühzeitig erkannt und zeitnah behandelt.
  • Der Bewohner ist über die Wichtigkeit der Intimhygiene informiert. Im Rahmen seiner Fähigkeiten beteiligt er sich an den notwendigen Maßnahmen.
  • Ein freier Harnabfluss wird gewährleistet.

Vorbereitung:

Erkennung von Harnwegsinfektionen

  • Der Zustand des Bewohners wird engmaschig überwacht, um eine sich entwickelnde Infektion zeitnah zu entdecken und bereits im Frühstadium zu therapieren. Wir achten auf relevante Anzeichen, etwa:
    • Der Bewohner klagt über Schmerzen im Unterbauch.
    • Die Körpertemperatur ist erhöht.
    • Der Urin ist verändert, insbesondere weicht er im Geruch, in der Farbe oder in der Menge vom Üblichen ab.
  • Der Bewohner wird über die Bedeutung einer frühzeitigen Krankheitserkennung informiert und für die Symptome sensibilisiert.

Intimpflege

  • Wir führen zweimal täglich eine Intimtoilette durch. Dabei werden der Katheter und der Intimbereich mit Einmalwaschlappen und mit Wasser gesäubert. Wenn wir Seife einsetzen, muss die Pflegekraft die Seifenreste mit klarem Wasser abspülen, um eine Reizung der Schleimhäute zu verhindern.
  • Wir achten stets darauf, nach der Intimpflege die Vorhaut über die Eichel zu ziehen. Ansonsten kann es zu einer Paraphimose kommen. Diese macht sich zunächst durch eine schmerzhafte Schwellung bemerkbar. Im späteren Verlauf kann es auch zu Durchblutungsstörungen und zur Bildung von Nekrosen kommen.
  • Sofern keine medizinischen Gründe dagegen sprechen, kann ein Bewohner trotz Katheter geduscht werden. Wegen des Risikos einer aufsteigenden Infektion sollte ein Wannenbad hingegen unterbleiben.
(Hinweis: Wir prüfen, ob der Bewohner in der Lage ist, die Intimpflege eigenständig durchzuführen. Wenn es daran Zweifel gibt, wird diese Maßnahme frühzeitig von den Pflegekräften übernommen.)

Beratung des Bewohners und seiner Angehörigen

  • Sofern keine entsprechende Kontraindikation vorliegt, sollte der Bewohner viel Flüssigkeit zu sich nehmen. Er sollte mindestens eineinhalb bis zwei Liter Flüssigkeit pro Tag ausscheiden. Damit werden Ablagerungen am Katheter und die Infektionsgefahr reduziert.
(Eine alternative Maßnahme zur Reduktion von Verkrustungen ist die medikamentöse Ansäuerung des Urins mittels L-Methionin / "Acimethin". Diese Wirkstoffe reduzieren gleichzeitig die Gefahr von Infektionen in den ableitenden Harnwegen.)
  • Wir suchen den Kontakt zu den Herstellern der Ableitungssysteme. Oftmals bieten diese Informationsmaterial an, mit dem Bewohner und Angehörige in die Handhabung eingewiesen werden können.
  • Wir erklären dem Bewohner, dass er jede Manipulation am Katheter unterlassen muss. Insbesondere darf er bei einer versehentlichen Diskonnektion des Kathetersystems die Enden nicht eigenmächtig wieder zusammenstecken. Er soll stattdessen die Pflegekraft informieren, die den potenziell verkeimten Bereich desinfiziert.

Durchführung:

Allgemeine Hygienemaßnahmen

Pflegekräfte müssen vor jeder Maßnahme am Katheter eine hygienische Händedesinfektion durchführen und unsterile Einmalhandschuhe tragen.


Reinigung des Katheters

  • Wir prüfen regelmäßig, ob der Katheter durchgängig ist. Jeder Harnstau begünstigt die Keimvermehrung und somit das Risiko einer Infektion der ableitenden Harnwege.
(Hinweis: Ggf. kann ein Katheterschlauch "gemolken" oder geknetet werden, um Rückstände zu entfernen. Ist dieses nicht erfolgreich, muss ggf. ein neuer Blasenkatheter gelegt werden.)
  • Für die Reinigung des Katheters nutzen wir Leitungswasser sowie Seifenlotion ohne antiseptische Substanzen.
(Hinweis: Die Verwendung von aggressiven Desinfektions- und Reinigungsmitteln würde die natürliche Keimflora zerstören.)
  • Häufig tritt aus der Harnröhre Sekret aus, das in der Nähe der Harnröhrenmündung zu Verkrustungen führt.
(Hinweis: Der Austritt von kleinen Ausflussmengen aus der Harnröhrenöffnung ist ggf. eine Reaktion des Körpers auf den Katheter, der als Fremdkörper behandelt wird.)
  • Wir tränken für die Reinigung Mullkompressen mit Wasser und entfernen die Ablagerungen, ohne dabei Zug auf den Katheter auszuüben.
(Hinweis: Alternativ können Ablagerungen mit einer dreiprozentigen Wasserstoffperoxid-Lösung / "H2O2" abgetragen werden. Dabei kann es jedoch zu einer Reizung des Harnröhreneingangs kommen.)
  • Die Bildung von Krusten kann beim Mann minimiert werden, indem eine trockene, keimarme Kompresse am Harnröhreneingang positioniert wird. Diese fängt das Sekret auf und reduziert die Keimbesiedelung.
  • Bei Frauen kann es leicht zu einer Kontamination des Katheters mit Stuhl kommen. In diesem Fall nutzen wir für die Reinigung sterile Kompressen mit einem Schleimhautantiseptikum. Die Einwirkzeit wird beachtet. Die Säuberung erfolgt nach dem Prinzip von innen nach außen; also ähnlich, wie es auch bei der Intimwaschung üblich ist.
  • Der außerhalb der Harnröhre liegende Abschnitt des Katheters wird gereinigt. Dieses erfolgt von der Harnröhrenöffnung weg in Richtung Urinauffangbeutel.

Umgang mit dem Harnableitungssystem

  • Der Beutel wird regelmäßig entleert. Wir nutzen dafür Schutzhandschuhe.
  • Die Pflegekraft achtet darauf, dass der Katheter und das Ableitungssystem nicht abknicken. Jede Harnstagnation steigert das Infektionsrisiko.
  • Der Auffangbeutel sollte immer frei hängen. Jeder Kontakt mit kontaminierten Flächen wie etwa mit dem Fußboden ist zu vermeiden.

  • Die Pflegekraft achtet darauf, dass der Beutel unter Blasenniveau befestigt wird. Wir nutzen die dafür vorgesehene Halterung. Der stetige Abfluss des Urins muss sichergestellt sein. Mobile Bewohner werden für die Problematik eines Harnrückflusses sensibilisiert.
(Hinweis: Beim Transfer mittels Rollstuhl ist häufig zu beobachten, dass der Urinbeutel an einer Armlehne und somit "zu hoch" befestigt wird.)
  • Bei verschiedenen Mobilisationen und Lagerungswechseln ist es erforderlich, den Beutel über das Blasenniveau anzuheben. In diesem Fall entleert die Pflegekraft zuvor den Beutel und klemmt den Zuleitungsschlauch ab.
(Hinweis: Ob der Beutel vor einer Umlagerung tatsächlich entleert werden muss, ist strittig. Unverzichtbar ist jedoch in jedem Fall das Abklemmen des Zuleitungsschlauchs.)
  • Die Tropfkammer arbeitet nur, wenn sie sich in vertikaler Position befindet.
  • Die Pflegekraft achtet darauf, dass die Drainageschläuche nicht durchhängen. Ansonsten würde der Harn im Schlauch stehen bleiben.
  • Wir achten darauf, dass der Katheter nicht unter mechanischer Spannung steht. Es kann im angrenzenden Genitalbereich zu Verletzungen kommen.
  • Die Verbindung zwischen Katheter und Ableitungssystem darf nur getrennt werden, wenn aseptische Bedingungen geschaffen werden, also etwa beim Wechsel des Systems.
  • Bei Frauen kann es dazu kommen, dass sich der Katheter vor dem Anus aufrollt. Um dieses zu vermeiden, wird er über den Oberschenkel geführt.
  • Bei Männern wird der Katheter unter den Oberschenkel geführt. Es kann überdies sinnvoll sein, unter dem Hoden eine etwa faustgroße Polsterung unterzulegen. Wir reduzieren damit das Risiko einer Nebenhodenentzündung. Diese ist die Folge der ständigen mechanischen Reizung durch den Katheter, die wiederum den Eintritt von Keimen befördert. Bei einer Nebenhodenentzündung schwillt dieser an und ist schmerzempfindlich.
(Hinweis: Bei Demenzpatienten müssen Katheterschläuche so gelegt werden, dass der Verwirrte möglichst wenig daran hantiert. Der Bewohner darf auch nicht auf dem Schlauch liegen. Katheterschläuche können Druckstellen verursachen. Daher muss die Haut regelmäßig inspiziert werden. )
  • Falls es zu einer potenziellen Verkeimung gekommen ist oder wenn eine Diskonnektion nicht vermieden werden konnte, wird die Verbindungsstelle vor einer erneuten Konnektion mit einem alkoholischen Hautantiseptikum desinfiziert.
  • Die Leerung des Urinbeutels muss erfolgen, bevor das Rückflussventil in den Urin eintaucht. In jedem Fall wird der Beutel einmal pro Schicht sowie vor jedem Transport des Bewohners entleert.
  • Der Urin wird in ein desinfiziertes Gefäß entleert. Die Pflegekraft achtet darauf, dass der Ablassschlauch das Auffanggefäß nicht berührt. Es ist sicherzustellen, dass kein Urin verspritzt wird. Danach desinfiziert die Pflegekraft den Ablassschlauch und bringt ihn an der vorgesehenen Halteschlaufe an.
(Hinweis: Die Frage, ob der Ablassschlauch desinfiziert werden muss, ist strittig.)
  • Jedes unnötige Verschieben des Katheters in der Harnröhre sollte unterbleiben, da es sonst zu Reizungen und zu Entzündungen kommen kann.
  • Bei einem liegenden Blasenverweilkatheter darf kein Blasentraining durchgeführt werden.

Umgang mit einem Beinbeutel

Bewohner mit erhaltener Mobilität werden mit einem Urinbeinbeutel versorgt. Hier lassen sich gelegentliche Diskonnektionen nicht vermeiden, wobei jedoch strenge Maßnahmen zur Desinfektion beachtet werden müssen.

  • Vor jeder Diskonnektion entkeimt die Pflegekraft die Konnektionsstelle mit einem alkoholischen Präparat per Wisch- oder Sprühdesinfektion.
  • Und auch vor jedem erneuten aseptischen Verbinden des Katheters mit dem Konus des Drainageschlauchs muss eine Wisch- oder Sprühdesinfektion mit einem alkoholischen Präparat durchgeführt werden.
  • Beinbeutel verfügen über keine Tropfkammer. Es besteht also das Risiko eines Keimaufstiegs. Daher ist ein täglicher Wechsel sinnvoll.
  • Während der Nachtruhe verbleibt der Beinbeutel am Bein. Zusätzlich dazu schließen wir am Auslass des Beinbeutels einen Bettbeutel an. Da die Verbindung zum Katheter nicht wiederholt unterbrochen werden muss, ist eine solche Kombination auch aus hygienischen Erwägungen vorteilhaft.
  • Urinproben werden nur an der Probenentnahmestelle nach vorheriger Wischdesinfektion abgeleitet.

Nachbereitung:

  • Alle relevanten Beobachtungen werden dokumentiert und ggf. dem behandelnden Hausarzt berichtet. Dieses gilt insbesondere für alle Krankheitszeichen einer potenziellen Harnwegsinfektion.
  • Bei einer Flüssigkeitsbilanzierung muss das Volumen des abgesetzten Urins gemessen und dokumentiert werden.
  • Verweilkatheter können je nach Materialeigenschaften und Neigung zu Verkrustungen über längere Zeit liegen bleiben und werden nach ärztlicher Anweisung gewechselt. Es erfolgt kein routinemäßiger Austausch, da jedes Hantieren eine erhöhte Gefahr der Keimverschleppung mit sich bringt.
(Hinweis: In der Praxis werden Latexkatheter nach fünf bis sieben Tagen gewechselt. Bei Silikonkathetern steigt die Liegezeit auf bis zu sechs Wochen. Silikon ist wärme- und wasserbeständiger als Latex.)
  • Ggf. wird die Pflegeplanung aktualisiert. Die Notwendigkeit einer Katheterisierung wird kritisch hinterfragt. Die Maßnahme wird stets so schnell wie möglich beendet.

Dokumente:

  • Berichtsblatt
  • Leistungsnachweis medizinische Behandlungspflege Fragen an den Arzt

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • Pflegefachkraft



pqsg Impressum, AGB / Datenschutz