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Standard "Kochgruppe in der Tagespflege"

Mit gutem Grund zählen Kochgruppen inzwischen zum Standardangebot in der Tagespflege. Von dem Angebot profitieren vor allem Seniorinnen. Denn zwischen Kochtopf und Schneidebrett werden nicht nur Erinnerungen geweckt, sondern auch so manche verloren geglaubte Fähigkeit.


Standard "Kochgruppe in der Tagespflege"


Definition:

  • Kochen dient der Stimulation und der Wahrnehmung unterschiedlicher Gerüche und Geschmacksnuancen.
  • Die Kochgruppe knüpft direkt an die Biografie unserer Tagesgäste an. Der Lebensalltag der meisten Seniorinnen war jahrzehntelang von der Arbeit im Haushalt geprägt. Wir nutzen diese Erinnerungen, um insbesondere demenziell erkrankte Tagesgäste zu aktivieren und im "Jetzt und Hier" zu halten.
  • Die Kochgruppe umfasst das Aussuchen der Gerichte, das Erstellen der Einkaufsliste, das Einkaufen der Zutaten, die Zubereitung, das gemeinsame Essen sowie den Abwasch und das Aufräumen der Küche.
  • Das gemeinsame Kochen kann gleichzeitig genutzt werden, um untergewichtige Menschen zum Essen zu animieren. Das Arbeiten mit den Zutaten regt zumeist den Appetit beim anschließenden gemeinsamen Essen an.
  • Das gemeinschaftliche Kochen ist Bestandteil der Milieutherapie. Kochen eignet sich insbesondere auch für die Betreuung von demenziell veränderten Senioren. Die einzelnen Schritte lassen sich gut voneinander abgrenzen und entsprechend den individuellen Fähigkeiten zuteilen. Zudem führt Kochen zu schnellen Erfolgen; die Senioren können ihre Produkte noch am gleichen Tag probieren.
  • Kochen folgt einem bestimmten Rhythmus, etwa beim Umrühren von Suppen oder beim Stampfen von Kartoffelbrei. Die Bewegungen werden gleichförmig und immer in der gleichen Geschwindigkeit durchgeführt. Die Fähigkeit dafür bleibt auch bei degenerativen Erkrankungen des Gehirns lange erhalten.

Grundsätze:

  • Die Teilnahme an der Kochgruppe ist freiwillig. Sie richtet sich vornehmlich - aber nicht ausschließlich - an weibliche Tagesgäste. Auch Männer können daran teilnehmen. Wir respektieren es aber, wenn diese ihrem Rollenbild entsprechend daran kein Interesse zeigen.
  • Wir beachten die Vorgaben der aktivierenden Pflege. Die Übungsleiterin greift nur dann helfend ein, wenn dieses notwendig ist. Ansonsten sollten die Teilnehmer alle Schritte selbst durchführen, auch wenn dieses aufgrund der körperlichen Einschränkungen mühselig ist und länger dauert.
  • Die Hygienevorschriften werden streng beachtet. Überkommene Zubereitungstechniken werden nicht eingesetzt, vor allem nicht die Nutzung von rohen Eiern. Wir nutzen stattdessen Ersatzprodukte, etwa Vollei aus dem Tetrapack.
  • Der spielerische Faktor hat Vorrang vor therapeutischen Zielen. Die Kochgruppe soll unseren Tagesgästen Spaß machen und nicht zur Pflicht werden.
  • Tagesgäste sollen für ihr Engagement ausführlich gelobt werden.
  • Wir legen Wert auf einen freundschaftlichen Umgang unter den Senioren. Der Übungsleiter wird daher Tagesgäste mit geringen hauswirtschaftlichen Fähigkeiten vor Spott in Schutz nehmen.

Ziele:

  • Hauswirtschaftliche Kompetenzen werden erhalten und gefördert.
  • Der Tagesgast behält Kompetenzen beim Einkauf von Zutaten und im Umgang mit Geld.
  • Erinnerungen werden wachgerufen.
  • Das Gemeinschaftsgefühl ("Wir-Gefühl") der Tagesgäste wird gefördert.
  • Das Selbstvertrauen wird durch Erfolgserlebnisse gestärkt. Die Tagesgäste können ihre Lebenserfahrung und ihr Wissen auf diesem Gebiet einbringen.
  • Die Wahrnehmungsfähigkeiten werden gefördert, etwa der Geruchssinn, der Geschmackssinn und der Tastsinn.
  • Die feinmotorischen Fähigkeiten werden erhalten und gefördert.
  • Durch das Kochen von jahreszeitlichen Speisen (etwa Grünkohl im Herbst oder Spargel im Frühsommer) wird die zeitliche Orientierung gefördert.

Vorbereitung:

  • Als Übungsleiter setzen wir erfahrene Pflegekräfte, Ergotherapeuten oder Sozialpädagogen ein. Qualifikation:
    • Erfahrungen in Gruppenarbeit
    • umfangreiche hauswirtschaftliche Fähigkeiten
    • Kommunikationsfähigkeit
    • Kenntnisse über Lehrmethoden in der Erwachsenenbildung
    • Kenntnisse über gerontopsychiatrische Krankheitsbilder
  • Die Kochgruppe findet einmal in der Woche statt. Die Planung wird mit dem Pflegeteam und der Hauswirtschaft abgestimmt.
  • Die genauen Termine für die Kochgruppe werden regelmäßig am Schwarzen Brett, auf der Homepage und in Kundenrundschreiben bekannt gegeben. Terminverschiebungen werden allen teilnehmenden Tagesgästen rechtzeitig mitgeteilt. Die Teilnehmer werden aufgefordert, geeignete Kleidung, ihr Hörgerät mit geladenen Batterien und ihre Brille mitzubringen.
  • Verschiedene Krankheitsbilder machen die Teilnahme von Tagesgästen unmöglich:
    • mangelhafte Körperhygiene
    • aggressives Verhalten und suizidale Tendenzen (Umgang mit gefährlichen Küchenutensilien)
    • Erbrechen und Durchfall (Infektionsgefahr!)
  • Ggf. bilden wir eine "Schnippelgruppe". Diese beginnt schon am Vormittag damit, kleinteilige Zutaten wie etwa Bohnen vorzubereiten.
  • Ideal ist eine Teilnehmerzahl von 5 bis 8 Tagesgästen. Wenn diese Größe deutlich überschritten wird, teilen wir die Tagesgäste in zwei Gruppen auf, um eine individuelle Betreuung sicherzustellen. Eine Gruppenteilung ist ebenfalls notwendig, wenn das mentale Leistungsniveau innerhalb der Gruppe stark variiert.
  • Ggf. kann ein Praktikant, ein ehrenamtlicher Mitarbeiter oder ein Pflegeschüler bei der Durchführung der Kochgruppe mithelfen.
  • Die Übungsleiterin wählt die passenden Rezepte aus.
    • Diese sollten sich einfach umsetzen lassen. Wichtig ist auch, dass sich die Abläufe in mehrere einzelne klar abgegrenzte Arbeitsschritte aufteilen lassen.
    • Verschiedene Rezepte sehen längere Wartezeiten vor, etwa für das Abkühlen von Zutaten oder für längere Garzeiten. Diese Rezepte kommen nicht in unsere erste Wahl. Als Obergrenze sollte eine Gesamtarbeitszeit von 45 bis 90 Minuten eingehalten werden.
    • Die Übungsleiterin erfragt, ob bei bestimmten Tagesgästen Diätvorschriften beachtet werden müssen. Die Pflegekraft informiert sich über ggf. vorhandene Allergien / Unverträglichkeiten etwa gegen Milch, Sorbit, Fruktose oder Soja. Für Senioren mit Diabetes mellitus können Diätrezepte ausprobiert werden.
    • Wir sammeln alte Kochbücher und nutzen die Rezepte für die Kochgruppe.
    • Wir beachten religiöse und weltanschauliche Vorgaben, etwa der Verzicht auf Fleisch (insbesondere Schweinefleisch) oder alkoholhaltigen Soßen.
    • Wir achten auf den jahreszeitlichen Bezug. Beispiele: In den Gemüseeintopf kommen Gemüse der Saison. Der Salat enthält jahreszeitlich orientierte Zutaten, wie z. B. Kürbis.
  • Die Übungsleiterin stellt die Einkaufsliste zusammen. Die Zutaten können über die zentrale Küche beschafft werden. Alternativ kann die Übungsleiterin mit ausgewählten Tagesgästen die Komponenten selbstständig einkaufen.
  • Bei mental sehr eingeschränkten Teilnehmern sollten die Zutaten bereits komplett portioniert und abgewogen auf dem Tisch bereitgestellt werden.
  • Wir bitten ggf. Angehörige um Spenden, um teurere Zutaten kaufen zu können; etwa Spargel oder Filetfleisch. Alternativ können Angehörige Gemüse aus dem eigenen Garten beisteuern.
  • Der Raum wird gut gelüftet und beheizt.
  • Die Übungsleiterin stellt sicher, dass der Verbandskasten gefüllt ist und bereitsteht.
  • Wir prüfen, ob unsere Tagesgäste lieber "moderne" Geräte nutzen, etwa einen elektrischen Mixer. Ansonsten bieten wir ihnen die herkömmlichen Hilfsmittel an, etwa ein Handrührgerät. Wir benutzen auch "klassische" Gerätschaften wie etwa einen Spätzlehobel.
  • Alle notwendigen Kücheninstrumente werden (gut sichtbar für alle Tagesgäste) auf dem Tisch in der Küche abgelegt.
  • Wir sorgen für gute Lichtverhältnisse im Arbeitsbereich, da die visuellen Fähigkeiten vieler Teilnehmer eingeschränkt sein können.
  • Wir bieten allen Tagesgästen vor dem Kochen einen Toilettengang an.

Durchführung:

Organisation

  • Die Tagesgäste werden begrüßt. Die Übungsleiterin stellt das Rezept in groben Zügen vor.
  • Die Übungsleiterin schätzt die Fähigkeiten jedes Tagesgasts ein und verteilt die entsprechenden Aufgaben. Die Wünsche der Tagesgäste werden dabei berücksichtigt. Etwa:
    • Gemüse putzen, schneiden und zerkleinern
    • Fleisch schneiden
    • Kartoffeln schälen
    • Knödel formen
    • Tisch decken und nach der Mahlzeit wieder abräumen
    • abwaschen und abtrocknen
    • allgemeine Reinigung der Küche
  • Von den Tagesgästen werden nur solche Tätigkeiten übernommen, die als hygienisch unbedenklich anzusehen sind. Sie arbeiten ausschließlich mit Zutaten, die im weiteren Verlauf durcherhitzt werden.
  • Die Zubereitung von Speisen, die nicht mehr erhitzt werden, ist Aufgabe der Mitarbeiter. Dazu zählt insbesondere die Herstellung von Schnitt- und Feinkostsalaten sowie Süßspeisen.

Allgemeines

  • Vor dem Kochen müssen sich alle Tagesgäste sorgfältig die Hände waschen (und ggf. desinfizieren). Die Übungsleiterin überwacht die Reinigung und unterstützt ggf. die Tagesgäste. Die Reinigung ist zu wiederholen, wenn ein Tagesgast die Hände verschmutzt, etwa durch das Berühren von Müll oder von anderen kontaminierten Flächen.
  • Die Kleidung der Tagesgäste wird durch eine Schürze vor Verschmutzungen geschützt.
  • Die Gruppenleiterin liest das Rezept detailliert laut vor. Gemeinsam werden die Arbeitsschritte geplant und besprochen.
  • Bei Schlaganfallpatienten sollte der mehr betroffene Arm so weit wie möglich in das Geschehen eingebunden werden. So kann die mehr betroffene Hand eine Zutat halten, die mit der anderen Hand geschnitten wird.
  • Wir nutzen die vorhandenen Hilfsmittel, also etwa spezielle Schneidebretter bei Apoplexiepatienten, Griffvergrößerungen bei Arthrosepatienten usw.
  • Die Übungsleiterin bremst Tagesgäste, die ihre feinmotorischen Fähigkeiten überschätzen. Dieses insbesondere, wenn die Senioren mit heißem Wasser, mit Messern oder mit anderen potenziell gefährlichen Gegenständen hantieren.
  • Den Tagesgästen wird während des Kochens regelmäßig ein Getränk angeboten. Durch die Abwärme der Geräte verlieren die Teilnehmer viel Flüssigkeit durch das Schwitzen.
  • Die Gruppenleiterin achtet darauf, dass die Teilnehmer ihre Kräfte nicht überanstrengen. Viele Senioren verbringen beim Kochen viel Zeit im Stehen. Sie sollten sich immer wieder für einige Momente setzen und die Kräfte erholen.
  • Die Übungsleiterin versucht stets, beim Kochen an die Biografie der Tagesgäste anzuknüpfen. Sie regt an, dass Tagesgäste über ihre Erlebnisse hinsichtlich des Kochen sprechen. Häufige Themen sind etwa das Kochens während der Kriegs- und Nachkriegsjahre oder die ersten elektrischen Haushaltsgeräte in den 50er-Jahren.
  • Die Übungsleiterin schlichtet, wenn es zu Meinungsverschiedenheiten bei der Herstellung kommt. Die meisten älteren Menschen haben jahrzehntelange Erfahrung und genaue Vorstellungen über die (einzig) richtige Vorgehensweise. In der Praxis gibt es jedoch viele verschiedene Möglichkeiten und Varianten beim Kochen.

Variationen

  • "Rezepte aus armen Zeiten". Ausgewählt werden Rezepte aus der Kriegs- und Nachkriegszeit. Etwa: Möhrensuppe, Steckrübensuppe, Graupensuppe oder Kürbisauflauf. Häufig werden beim Kochen viele (auch unangenehme) Erinnerungen wachgerufen. Diese Themen können in der Gruppe besprochen werden. Dieses hilft bei der Verarbeitung.
  • "Spanischer Abend". Die Übungsleiterin stellt mediterrane Rezepte zusammen, die die Tagesgäste vom Urlaub in Spanien, Südfrankreich oder Italien kennen sollten. Möglich sind Minestrone, Makkaroni oder Tiramisu. In den neuen Bundesländern kann etwa auf die bulgarische Küche zurückgegriffen werden, etwa Yahniya (rotes Eintopfgericht) oder Musaka.

Nachbereitung:

  • Die Tagesgäste können Rezeptvorschläge für die nächste Veranstaltung vorschlagen.
  • Die Gruppe spült das Geschirr, trocknet es ab und räumt die Küche auf.
  • Die Maßnahme wird dokumentiert.

Dokumente:

  • Dokumentationsbogen für Beschäftigungsangebote in der Tagespflege
  • neues Strukturmodell / SIS: Berichtsblatt

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Mitarbeiter



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