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Richtig auf Krisen reagieren

Auf der Jagd nach dem nächsten "Pflegeskandal" gehen soziale Medien, Fernsehen und Lokalpresse nicht zimperlich vor. Fakten werden oftmals verdreht, aufgebauscht oder erfunden. Und garantiert findet sich irgendwo noch ein verärgerter Ex-Mitarbeiter, der sich nur zu gerne als Zeuge für die Missstände anbietet. Fertig sind alle Komponenten für einen "Shitstorm". In dieser Woche zeigen wir Ihnen, wie Pflegeheime und ambulante Dienste solche Krisen frühzeitig erkennen, verhindern oder zumindest den Schaden begrenzen.

Richtig auf Krisen reagieren

  • Der Ablauf ist fast immer ähnlich: Im Pflegeheim "X" verstirbt der Bewohner "Y", ohne dass damit so plötzlich zu rechnen gewesen wäre. Die Angehörigen von "Y" stellen die PDL zur Rede, die sich vor lauter Aufregung im Gespräch kräftig verhaspelt. Die Angehörigen glauben nun um so fester an Schlamperei und stellen Strafanzeige.
  • Prompt steht die Polizei vor der Tür - mit dem MDK und der Heimaufsicht im Schlepptau. Die Prüfer finden in der Dokumentation die eine oder andere Lücke und vielleicht sogar einen unentdeckten (oder sei es auch nur einen nicht dokumentierten) Dekubitus.
  • Die Angelegenheit "sickert" irgendwann zur Presse durch. Ein Lokaljournalist stöbert schließlich eine vor wenigen Monaten entlassene Pflegekraft auf, die sich plötzlich an ganz ähnliche Todesfälle "erinnert". Und schon ist er da, der Pflegeskandal!
  • Wer erst jetzt handelt, reagiert meistens unüberlegt, hektisch und wenig glaubwürdig. Glück für den, der bereits ein fertiges Konzept in der Schublade liegen hat. Folgende Punkte sollte Ihr Konzept umfassen:
Vor der Krise:
  • Haben Sie ein offenes Ohr für Mitarbeiter, wenn diese über interne Missstände berichten. Wenn Beschwerden konsequent ignoriert werden, entwickeln sich frustrierte Pflegekräfte irgendwann zum "Whistleblower". Sie werden den MDK kontaktieren. Oder noch schlimmer: die Presse.
  • Klären Sie vorab, wer im Fall der Fälle Informationen an die Presse geben darf. Im obigen Beispiel kommt die PDL für diesen Job sicherlich nicht infrage. Der "Krisenfachmann" sollte die Journalisten vor Ort kennen und im Umgang mit der Presse geübt sein. Denken Sie ggf. darüber nach, ein spezielles PR-Seminar oder ein Rhetorik-Training zu buchen.
  • Gibt es ein festes "Krisenreaktionsteam"? Also eine Gruppe von Führungskräften, die im Fall einer Krise klar definierte Aufgaben haben? Sind die Zuständigkeiten bei Urlaub oder bei Krankheit geklärt?
  • Sicherer Umgang mit der Presse will gelernt sein. Trainieren Sie bei "erfreulichen" Anlässen den Kontakt mit den Lokaljournalisten (etwa: Jubiläen, Spendenübergaben oder Sommerfeste).
  • Sammeln Sie die Namen und Kontaktdaten der infrage  kommenden Journalisten. Wenn sich ein "Pflegeskandal" ankündigt, sind diese Personen wichtige Gesprächspartner. Außerdem: Treue Anzeigenkunden werden von der Redaktion i.d.R. weniger hart angepackt als Firmen, die noch nie eine Anzeige bei der Zeitung gebucht haben.
  • Stillschweigen auch gegenüber Medien sollte im Arbeitsvertrag verankert sein. Trichtern Sie Ihren Pflegekräften ein, niemals ohne Rücksprache mit Journalisten über Vorgänge in der Einrichtung zu reden. Wenn das Kamerateam erst vor dem Pflegeheim steht und Ihre Mitarbeiter auf dem Weg vom Parkplatz abfängt, ist es dafür zu spät. Jeder Mitarbeiter sollte in diesem Fall stattdessen lächeln, schweigen - und weitergehen.
  • Gibt es Mitarbeiter, die in der Lage sind, eine Pressemitteilung zu schreiben? Oder: Gibt es einen zuverlässigen Kontakt zu einer externen Person, die im Fall der Fälle eine Meldung verfassen kann?
  • Wissen alle Mitarbeiter, wie sie im Notfall die Vorgesetzten rund um die Uhr erreichen können? Im Zeitalter der Mobiltelefone sollte das kein Problem sein.
  • Viele Krisen kündigen sich in einschlägigen Internetforen, auf Twitter oder auf Facebook an. Sind die Mitarbeiter instruiert, die Vorgesetzten über rufschädigende Postings zu informieren, wenn sie diese zufällig finden? Das gleiche gilt für Lokalzeitungen, das lokale Radio usw. Auch hier sollten Pflegekräfte auffällige Meldungen sofort an die Vorgesetzten melden.
  • Hat die Einrichtung schnellen Zugriff auf die eigene Homepage, um dort eine eigene Darstellung der Geschehnisse zu veröffentlichen? (Hinweis: Oftmals werden Internet-Präsenzen von externen Agenturen gepflegt, die nicht immer zeitnah reagieren.)
In der Krise:
  • Das Wichtigste zuerst: Es geht nicht um Ihre persönliche Ehre. Es ist nicht Ihre Aufgabe, diesen Konflikt zu "gewinnen", denn es gibt hier nichts zu gewinnen. Sie können nur verlieren, und zwar mit jeder Woche mehr, in der die Vorwürfe noch kursieren. Viel wichtiger ist es daher, die Angelegenheit so schnell und so geräuschlos wie möglich zu bereinigen.
  • Analysieren Sie die Situation gründlich, statt überhastet zu reagieren. Auf eine Stunde mehr oder weniger wird es nicht ankommen.
  • Holen Sie sich Hilfe von Ihrem Verband (VDAB, bpa usw.). Diese können ggf. auch externe Experten vermitteln, die Sie beratend unterstützen können. Alternativ können Sie einen professionellen Krisen-PR-Berater engagieren.
  • Informieren Sie jeden Mitarbeiter über die Krise, egal ob diese im Dienst sind oder freihaben. Weisen Sie jeden Angestellten erneut darauf hin, dass er ohne Rücksprache keine Interviews gibt.
  • Wenn es um Vorwürfe wie etwa Körperverletzung geht, schalten Sie sofort einen Anwalt ein.
  • Was tun, wenn ein Fernsehmagazin einen Besuch ankündigt, in Ihrer Einrichtung drehen will und ein Interview erbittet? Oder wenn das Kamerateam unangekündigt vor der Tür steht? Einfache Antwort: Es bleibt draußen. Grundsätzlich. Wer 400 Kilometer oder mehr fährt, will keinen Werbefilm für Sie drehen. Das Fernsehteam hofft auf Bilder, die eine bereits vorgefasste Meinung unterstützen. Eine stotternde, schwitzende und sich verhaspelnde Pflegedienstleitung mit einer Kamera vor dem Gesicht ist wie ein Lottogewinn für den Sender. Außenaufnahmen vom Bürgersteig aus können Sie zwar nicht verhindern, aber richtig interessant sind diese Bilder für den Zuschauer aber eben auch nicht. Wenn Sie Glück haben, stirbt die "Story", weil es keine schönen Aufnahmen dafür gibt.
  • Nicht jeder Journalist kündigt seinen Besuch an. Insbesondere in größeren Einrichtungen kann sich ein Journalist ggf. frei im Haus bewegen, da er von den Pflegekräften für einen Angehörigen gehalten wird. Wenn Mitarbeiter eine Person nicht kennen, sollte diese stets gefragt werden, welchen Bewohner sie besuchen will. Kann die Person keinen Namen glaubhaft nennen, wird der "Besucher" freundlich zur Heimleitung begleitet. Oder zur Tür.
  • Glücklicherweise arbeiten die meisten Redaktionen seriöser. Antworten Sie auf deren Journalistenanfragen entsprechend dem aktuellen Stand der Erkenntnisse. Wenn Ihnen wichtige Informationen fehlen, ist es besser, dieses offen zuzugeben. Sagen Sie zu, dass Sie die Vorwürfe prüfen werden. Versichern Sie, dass sie etwaige Probleme so schnell wie möglich beheben werden.
  • Falls Sie eine Pressekonferenz planen, laden Sie dazu einflussreiche Persönlichkeiten ein, die Ihnen und Ihrer Einrichtung positiv gegenüberstehen. Bei einer kirchlichen Einrichtung sollten etwa hochstehende Kirchenvertreter anwesend sein.
  • Wenn der Heimbeirat Ihnen freundlich gesonnen ist, sollte auch er zur Pressekonferenz eingeladen werden. Diese Interessenvertretung kann die Vorwürfe auch im Namen der Bewohner zurückweisen und betonen, wie wohl sich alle Pflegebedürftigen in der Einrichtung fühlen. Der Heimbeirat hat eine hohe Glaubwürdigkeit.
  • Wenn die Einrichtung ein eigenes Facebook-Profil hat, sollte ein Mitarbeiter die Kommentare überprüfen und beleidigende Einträge löschen.
  • Sobald Ihre Strategie zur Begrenzung der Krise feststeht, sollten Sie erneut alle Mitarbeiter informieren. Dadurch beugen Sie Gerüchten vor. Zu diesem Zeitpunkt ist es ggf. auch sinnvoll, ein Rundschreiben an alle Bewohner und an deren Angehörige zu verfassen. Diese sollten Ihre Sicht der Dinge erfahren.
  • Einige Medien führen mitunter die Kampagne fort, obwohl die Vorwürfe inhaltlich widerlegt sind. In diesem Fall kann es im Einzelfall sinnvoll sein, die weitere Berichterstattung durch eine einstweilige Verfügung zu unterbinden und danach eine Gegendarstellung zu erwirken.
  • Und warum nur im Einzelfall? Das ergibt sich aus einer realistischen Betrachtung der Medienwelt. Die meisten "Pflegeskandale" sind nach ein oder nach zwei Tagen aus den Schlagzeilen verschwunden, da sich die Medien dem nächsten Thema zuwenden. Dann ist es besser, nicht aus persönlichem Kränkungsgefühl nachzutreten. Lassen Sie einfach Gras über die Sache wachsen.
Nach der Krise:
  • Viele Krisen werden von "Whistleblowern" ausgelöst. Also von Mitarbeitern, die sich an die Presse oder an den MDK wenden und über angebliche oder reale Missstände berichten. Es ist i.d.R. nicht sinnvoll, eine Suchaktion nach dem "Nestbeschmutzer" zu starten. Wer verdächtige Mitarbeiter in Einzelgesprächen "verhören" will, bringt nur unnötige Unruhe in das Team.
  • Bleiben Sie maßvoll bei den Reaktionen. In der ersten Aufregung kommt der Wunsch auf, "Köpfe rollen zu lassen". Es macht aber keinen Sinn, etwa eine PDL zu feuern, wenn diese nur teilweise für das Problem verantwortlich ist. Außerdem besteht natürlich immer die Gefahr, dass jetzt auch die eben entlassene PDL mit der Presse redet. Der "Skandal" geht dann schnell in Runde zwei.
  • Nach einiger Zeit kann es sinnvoll sein, Medienvertreter zu einem Presserundgang einzuladen. Zeigen Sie den Journalisten, dass die Probleme in Ihrer Einrichtung beseitigt sind.
  • Planen Sie außerdem einen Tag der offenen Tür ein, damit Interessierte und Angehörige sich von den Qualitätsfortschritten überzeugen können.



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