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Standard "Legionellose"
Rund
40 Jahre nach ihrer Entdeckung hat sich die Legionärskrankheit zu einem
realen und alltäglichen Risiko entwickelt. Die ungewöhnlichen
Übertragungswege dieser Infektion unterlaufen konventionelle
Hygienekonzepte.
Standard "Legionellose"
Definition:
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Bei der Legionärskrankheit
(auch "Legionellose" oder "Veteranenkrankheit") handelt es sich um eine
Form der Pneumonie (Lungenentzündung).
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Auslöser ist "Legionella
pneumophila", ein Stäbchenbakterium, das weltweit verbreitet ist und
auch in Deutschland häufig respiratorische Infekte auslöst. Wasser mit
einer Temperatur von 25 °C bis 45 °C ist für den Krankheitserreger das
ideale Lebensumfeld; insbesondere Rohre mit Biofilmablagerungen. Das
Wasser muss zudem längere Zeit im Leitungssystem verweilen (sog.
"Stagnationswasser"). Solche Bedingungen sind vor allem in Duschen, in
warmen Badebecken (Whirlpools) sowie in Klimaanlagen zu finden.
Oberhalb von 60 °C kommt es zum Absterben der Erreger. Legionellen
können auch in kaltem Wasser vorkommen. Bei Temperaturen unter 20 °C
ist aber keine relevante Vermehrung möglich.
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Der Keim überträgt sich per
Inhalation erregerhaltiger Aerosole, also durch feinen Wassernebel.
Möglich ist eine Infektion auch, wenn eine Wunde mit kontaminiertem
Wasser gespült wird. Eine Übertragung ist zudem denkbar, wenn
kontaminiertes Wasser für einen Einlauf genutzt wird.
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Mensch-zu-Mensch-Infektionen
wurden bislang nicht beobachtet. Das Trinken von erregerhaltigem Wasser
gilt bei gesunden Menschen als ungefährlich.
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Die Inkubationszeit liegt zwischen 2 bis 10 Tagen.
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Die Legionellenerkrankung
ist eine opportunistische Infektion, die also vor allem bei
geschwächten und bei alten Menschen auftritt. Menschen mit einer
intakten Immunabwehr sind durch die Legionärskrankheit i. d. R. nicht
bedroht.
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Die Legionärskrankheit wurde
benannt nach ihrem ersten nachweisbaren Auftreten im Jahr 1976. Bei
einem Treffen amerikanischer Kriegsveteranen (Legionäre) in einem Hotel
in Philadelphia kam es zu einer Epidemie mit 180 Erkrankten und 29
Todesfällen.
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In Deutschland kommt es pro
Jahr zu rund 15.000 bis 30.000 Erkrankungen. Männer sind zwei- bis
dreimal häufiger als Frauen betroffen.
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Seit 2011 ist eine Anzeige- und Untersuchungspflicht für Großanlagen der Trinkwasserinstallation in Gebäuden vorgeschrieben.
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Legionellen sind unempfindlich gegen Chlor-Desinfektionen.
(Hinweis: Dieser Standard regelt
primär die Aufgaben der Pflegekräfte im Rahmen der Prophylaxe und der
Therapie einer Legionellose. Bauliche Faktoren sowie der
Verantwortungsbereich der Haustechnik bleiben hier unberücksichtigt.
Diese Punkte sollten in einem separaten Hygieneplan sowie in
Arbeitsanweisungen vermerkt werden.)
Grundsätze:
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Eine rechtzeitig erkannte
Legionärskrankheit kann mit guten Aussichten behandelt werden.
Verzögerungen jedoch sind lebensgefährlich. Daher werden wir stets
frühzeitig einen Arzt hinzuziehen, wenn verdächtige Symptome auftreten.
Ziele:
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Durch die konsequente Beachtung der Prophylaxemaßnahmen wird eine Erkrankung verhindert.
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Kommt es dennoch zu einer Legionellose, wird diese Infektion schnell erkannt und angemessen therapiert.
Vorbereitung:
Risikoerkennung
Wir
beachten, dass das Infektionsrisiko saisonal schwankt. Die individuelle
Gefährdung jedes Bewohners ist abhängig von etwaigen Grunderkrankungen.
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Das Risiko steigt im Sommer sprunghaft an, da Legionellen bevorzugt in gut temperiertem Wasser leben.
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Raucher, chronisch
Lungenkranke sowie Alkoholabhängige sind besonders gefährdet, da bei
diesen Personen die Flimmerepithelfunktion der Atemwege reduziert ist.
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Herz- und Nierenerkrankungen
steigern die Gefahr einer Erkrankung. Extrem gefährdet sind
Transplantatempfänger und andere abwehrgeschwächte Menschen.
Hygienemaßnahmen
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Vor dem Duschen lässt die
Pflegekraft das Wasser ein oder zwei Minuten laufen. Dadurch kann das
stehende Wasser aus den Rohren und Schläuchen abfließen. Der Bewohner
wird erst dann unter die Dusche gestellt, wenn das Wasser die
gewünschte Temperatur erreicht hat und einige Liter davon abgeflossen
sind.
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Selten benutzte
Wasserentnahmestellen werden jede Woche für ein bis zwei Minuten
geöffnet, um das stehende Wasser abzulassen. Dieses ist etwa der Fall,
wenn ein Bewohner nach einem Krankenhausaufenthalt in sein Zimmer
zurückkehrt. Auch vor dem Einzug eines neuen Bewohners wird die
Wasserentnahmestelle durchgespült, falls das Zimmer zuvor leer stand.
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Die Verwendung von stehendem
Wasser ist auch dann zu vermeiden, wenn dieses getrunken werden soll
oder für die Körperpflege dient. Beispiel: Die Pflegekraft bietet dem
Bewohner für die Tabletteneinnahme ein Glas Leitungswasser an, das
direkt aus einem selten benutzten Wasserhahn stammt. Die Gefährdung
steigt, wenn der Bewohner unter Schluckstörungen leidet.
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Bei immunsupprimierten
Bewohnern sollten die Mundpflege und Mundspülungen mit abgekochtem
Wasser durchgeführt werden. Dieses gilt auch für die Nutzung von
Mundduschen.
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Die Pflegekraft achtet bei
der Grundpflege auf die Sauberkeit der Siebe im Wasserhahn (Perlatoren)
und der Gummidichtungen. Wenn sie Kalkablagerungen, Rückstände,
verkrusteten Schmutz oder Rostablagerungen bemerkt, kontaktiert sie die
Haustechnik.
Symptome
Wir achten auf Symptome, die für eine Infektion sprechen:
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starke Glieder-, Kopf- und Brustschmerzen
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Schmerzen bei der Atmung
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rascher Fieberanstieg auf rund 40 °C
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Schüttelfrost
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unproduktiver Husten, ggf. mit Blutbeimengungen
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Dyspnoe (mit subjektiver Atemnot verbundene Erschwerung der Atemtätigkeit)
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Tachypnoe (beschleunigtes Atmen)
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Verwirrtheit
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Desorientiertheit
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Halluzinationen
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Lethargie
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Durchfall
Hinweise:
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Bei relevanten
Krankheitssymptomen wird umgehend der Haus- oder Notarzt gerufen. Das
klinische Bild allein ermöglicht keine Rückschlüsse auf den
ursächlichen Erreger. Folglich kann die Legionellenpneumonie nur durch
eine genaue Erregerdiagnostik bestimmt werden.
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Eine erste Diagnose wird
durch Röntgenaufnahmen des Thorax gestellt. Der genaue Erregerbeweis
gelingt durch eine Anzüchtung aus Bronchialsekret und durch einen
Antigennachweis. In Deutschland besteht eine Meldepflicht für
Legionellose.
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Wenn es bei grippeähnlichen
Beschwerden bleibt, handelt es sich um eine mildere Form der
Legionärskrankheit, genannt "Pontiac-Fieber". Diese ähnelt einer
moderaten Virusinfektion der oberen Luftwege. Der Betroffene klagt also
über Halskratzen, Husten und Schnupfen. Er hat mäßiges Fieber, ist
lichtempfindlich und leidet unter moderaten Glieder-, Kopf- und
Brustschmerzen. Nur in seltenen Fällen kommt es zu
Verwirrtheitszuständen. Die Krankheit klingt nach einer Woche wieder
ab. Zumeist sind weder eine Antibiotikatherapie noch eine
Krankenhauseinweisung erforderlich.
Durchführung:
Behandlung
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Bei schweren klinischen Verläufen ist eine stationäre Behandlung notwendig.
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Therapiert wird die
Legionärskrankheit durch eine zwei- bis dreiwöchige
Antibiotikatherapie. In den ersten Tagen erfolgt die Applikation ggf.
als Infusion.
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Zusätzlich erfolgt bei
Atemstörungen und bei anderen Komplikationen eine symptomatische
Behandlung. Insbesondere muss hohes Fieber gesenkt werden.
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Da eine
Mensch-zu-Mensch-Übertragung nicht möglich ist, kann auf Maßnahmen zur
Isolierung des Bewohners verzichtet werden. Auch für Kontaktpersonen
sind keine speziellen Schutzmaßnahmen notwendig.
Nachbereitung:
Prognose
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Wenn eine Behandlung
unterbleibt, besteht bei geschwächten Senioren höchste Lebensgefahr.
Selbst bei einer intensivmedizinischen Therapie sinkt die Letalität
nicht unter 15 Prozent. Gefährlich ist insbesondere eine septische
Ausbreitung mit Befall des Herzens, der Leber, des Pankreas und des
Darms.
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Eine durchlebte Erkrankung führt später zu keiner Immunität.
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Insbesondere ältere Menschen
brauchen eine Rekonvaleszenzzeit von mehreren Wochen. Als Spätfolge ist
häufig die Funktionsfähigkeit des Herzkreislaufsystems sowie der Nieren
beeinträchtigt. Mitunter kann als Folge der Erkrankung eine reduzierte
Lungenfunktion zurückbleiben oder eine Lungenfibrose auftreten.
weiteres
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Nach jeder
Legionelleninfektion wird gemeinsam mit der Haustechnik die
Infektionsquelle gesucht und die Gefahr beseitigt. Dabei
berücksichtigen wir die Inkubationszeit von zwei bis zehn Tagen vor
Erkrankungsbeginn.
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Alle Maßnahmen werden sorgfältig dokumentiert.
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Relevante Beobachtungen werden an den Hausarzt weitergegeben.
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Aufgetretene Hygieneprobleme werden im Rahmen des Qualitätszirkels diskutiert.
Dokumente:
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Berichtsblatt
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Vitalzeichenkontrollblatt
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ggf. Fieberkurve
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Trinkprotokoll / Bilanzierungsbogen
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Durchführungsnachweis
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Leistungsnachweis medizinische Pflege
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Fragen an den Arzt
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Pflegeplanung
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ggf. Meldebogen nach dem Infektionsschutzgesetz
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
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