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Standard "Stellen von Medikamenten"

Irren ist menschlich. Auch beim Stellen von Medikamenten kann es selbst bei größter Konzentration zu Verwechslungen kommen. Es gilt, Kontrollprozesse zu entwickeln, die bei vertretbarem Arbeitsaufwand möglichst viele dieser Fehler aufdecken und beseitigen.


Standard "Stellen von Medikamenten"


Definition:

  • Viele unserer Bewohner haben ein Selbstversorgungsdefizit im Bereich der Medikamenteneinnahme. Vor allem zwei Problemschwerpunkte treten gehäuft auf:
    • Beim Fortschreiten einer demenziellen Erkrankung sind viele Betroffene damit überfordert, die Arzneimittel regelmäßig einzunehmen. So kann es vorkommen, dass die Einnahme vergessen wird oder versehentlich doppelt erfolgt.
    • Andere Senioren sind in ihrer Feinmotorik so weit eingeschränkt, dass sie z. B. keine Tabletten aus der Verblisterung herausdrücken können.
  • Derartige Defizite werden kompensiert, indem wir die Medikamente für den Bewohner stellen und falls nötig die Einnahme überwachen.

Grundsätze:

  • Wir beachten das Prinzip der aktivierenden Pflege und begrenzen den Umfang der Unterstützung auf das Mindestmaß. Das Stellen der Medikamente für den Bewohner erfolgt nur dann, wenn dieser mit der eigenständigen Durchführung überfordert ist. Der Bewohner sollte falls möglich zumindest in Teilbereichen selbstständig handeln, also etwa die zuvor von uns gerichteten Arzneimittel eigenverantwortlich einnehmen.
  • Das Stellen von Medikamenten ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, die höchste Konzentration erfordert. Die dafür notwendigen zeitlichen und personellen Ressourcen werden stets bereitgestellt. Jede Form von Hektik bedeutet eine Gefahr für die Gesundheit unserer Bewohner.
  • Medikamente werden grundsätzlich nur nach schriftlicher ärztlicher Anordnung vorbereitet und verabreicht. Mündliche (also etwa telefonische) Arzneimittelverordnungen sind nur im akuten Notfall zulässig.
  • Wir arbeiten eng mit dem Hausarzt zusammen. Seine Vorgaben werden sorgfältig umgesetzt. Jede Abweichung wird dem Hausarzt umgehend mitgeteilt.

Ziele:

  • Jeder Bewohner erhält die für ihn vorgesehenen Medikamente. Die "6-R-Regel" wird genau befolgt.
  • Alle hygienischen Vorschriften werden genau beachtet.
  • Wir verschwenden keine Medikamente.
  • Die kontinuierliche Versorgung des Bewohners ist gesichert. Es gibt keine Versorgungsengpässe.

Vorbereitung:

Organisation

  • Im Dienstzimmer jedes Wohnbereichs gibt es einen eigenen separaten Arbeitsbereich für das Stellen der Medikamente. Dieser sollte nur wenige Schritte vom Medikamentenschrank entfernt sein.
  • Die Pflegekraft sorgt für ausreichend Freifläche am Arbeitsplatz. Nur dann ist es möglich, die erforderlichen Utensilien übersichtlich und in Griffweite anordnen zu können.
  • Die Pflegekraft sorgt für geeignete Lichtverhältnisse. Ideal sind Sonnenlicht oder reinweißes Kunstlicht. Nur dann ist es möglich, Farbveränderungen sicher zu erkennen.
  • Wir stellen unsere Medikamente täglich. Dieses bedeutet für uns zwar zunächst mehr Organisationsaufwand, reduziert aber viele Fehlerquellen. Insbesondere können wir flexibler auf kurzfristige Änderungen der Medikamentierung reagieren.
  • Tropfen werden maximal eine Stunde vor der Verabreichung gestellt.
  • Das Telefon und der Pieper werden abgestellt bzw. umgeleitet. Die Pflegekraft wird in der Zeit des Medikamentenstellens von einer Kollegin vertreten.
  • Auf dem Dienstplan wird ausreichend Zeit für das Medikamentenstellen eingeplant. Es sollte ein Zeitpunkt im Tagesverlauf gewählt werden, der erfahrungsgemäß vergleichsweise ruhig ist.
  • Medikamente können auch von Auszubildenden gestellt werden. In diesem Fall muss jedoch eine erfahrene Pflegefachkraft den Vorgang permanent genauestens überwachen.
  • Am besten sollten die Medikamente von der Pflegekraft gerichtet werden, die diese auch an den Bewohner ausgibt. Wenn die ausgebende Pflegekraft die Arzneimittel nicht eigenhändig vorbereitet hat, muss sie sich davon überzeugen, dass die Medikamente richtig gestellt wurden. Dieses ist auch erforderlich, wenn die Arzneimittel von einer Apotheke verblistert wurden.
  • Medikamente werden nicht vom Nachtdienst gestellt. Während der Nacht ist zumeist nur eine Pflegefachkraft anwesend, die folglich immer wieder von Bewohnern gestört wird. Die für das Stellen notwendige Ruhe ist nicht erreichbar. Ohnehin ist die Konzentrationsfähigkeit eines Mitarbeiters während der Nachtstunden eingeschränkt.
  • Wir verwenden farbig gekennzeichnete Tropfenbecher, morgens gelb, mittags rot und abends blau.
  • Die Pflegekraft stellt sicher, dass der Medikamentendispenser korrekt beschriftet ist, also mit dem Vornamen, mit dem Nachnamen und mit der Zimmernummer.
  • Ein ausreichend großer Vorrat an verschiedenfarbigen Tropfenbechern steht bereit, also etwa Gelb für morgens, Rot für mittags und blau für abends.
  • Die Pflegekraft muss die Wirkungsweise sowie die wichtigsten Neben- und Wechselwirkungen aller von ihr verarbeiteten Medikamente kennen. Bei Fragen liest sie den Beipackzettel.
  • Medikamente, die in einem Peel-off-Blister (zum Abziehen) stecken oder feuchtigkeitsanfällig sind, sollten erst kurz vor der Einnahme aus dem Blister entnommen werden. Sie dürfen nicht auf Vorrat entblistert werden.

Durchführung:

Kontrolle

  • Beim Umgang mit Medikamenten gilt das Prinzip der dreifachen Kontrolle. Geprüft wird:
    • bei der Entnahme des Arzneimittels aus dem Medikamentenschrank oder aus dem Vorratsbehälter
    • bei der Entnahme aus der Originalverpackung
    • beim Zurückstellen in den Medikamentenschrank.
  • Grundlage des Medikamentenstellens ist ausschließlich das ärztliche Dokumentationsblatt. Die ärztliche Verordnung sollte nicht auf andere Formulare übertragen werden, um Übertragungsfehler zu vermeiden. Insbesondere führen wir keine “Tropfenpläne”. Zudem ist beim ärztlichen Dokumentationsblatt eine saubere Handschrift besonders wichtig. Eintragungen, die nicht eindeutig lesbar sind, dürfen nicht ausgeführt werden.
  • Im Zweifel sollte die Pflegekraft die Medikation stets kritisch hinterfragen. Ihr muss bewusst sein, dass auch Ärzte Fehler machen. Bei einer ganz offensichtlich fragwürdigen Verordnung muss die Pflegekraft Rücksprache mit dem behandelnden Arzt halten. Diese Rücksprache wird dokumentiert. Ggf. wird der Arzt aufgefordert, unsere Bedenken zu quittieren.

  • Bevor die Pflegekraft die Einzeldosen entnimmt und in den Behältnissen für den jeweiligen Bewohner ablegt, prüft sie, ob der Name und der Vorname des Bewohners auf dem Medikamentendispenser bzw. Medikamententablett mit den Daten auf dem Verordnungsblatt übereinstimmen.
  • Anschließend stellt sie sicher, dass die Angaben auf der Arzneimittelverpackung mit der Verordnung hinsichtlich des Medikamentennamens, der Dosis, der Arzneiform sowie der Applikationsart übereinstimmen.
  • Die "6-R-Regel" wird beim Stellen der Medikamente strikt beachtet. Also:
    • Richtiger Bewohner. Besondere Vorsicht ist notwendig bei häufig vorkommenden Namen wie Maier oder Müller.
    • Richtiges Medikament. Völlig unterschiedliche Medikamente können ähnlich klingende Namen haben. Auch die Größe, die Farbe und das Schriftbild können ähnlich wirken.
    • Richtige Dosierung. Ein Präparat kann in unterschiedlichen Dosierungen und Konzentrationen verkauft werden.
    • Richtige Applikationsform. Das gleiche Medikament und der gleiche Wirkstoff können in unterschiedlichen Darreichungsformen verfügbar sein, also etwa als Saft, als Tabletten oder in Ampullen.
    • Richtige Zeit. Neben der Tageszeit können auch zeitliche Abstände zu anderen Medikamenten oder Ereignissen definiert werden; also etwa der richtige Spritz-Ess-Abstand bei Insulin.
    • Richtige Dokumentation. Die Verordnungsangaben müssen korrekt übertragen werden.
(Hinweis: In vielen Einrichtungen wird auch die 5-R-Regel verwendet. Andere Systeme steigern die Anzahl der “R” auf bis zu 10, die dann auch Aspekte wie etwa Entsorgung oder Risikomanagement enthalten.)
  • Vor der Verarbeitung stellt die Pflegekraft sicher, dass das Medikament intakt ist. Kriterien:
    • Das Verfallsdatum ist noch nicht erreicht.
    • Die Schutzverpackung (etwa Blister) ist unversehrt.
    • Die Medikamentenverpackung ist trocken und zeigt keine Flecken.
    • Es gibt keine Form- oder Farbveränderungen.
    • Bei Flüssigkeiten sind keine untypischen Ausflockungen, Trübungen, Geruchsveränderungen usw. bemerkbar.
  • Wenn die Arzneimittel hinsichtlich ihres Aussehens, ihres Geruchs oder ihrer Beschaffenheit verändert sind, werden diese nicht verabreicht. Im Zweifelsfall setzen wir uns mit der Apotheke in Verbindung.
  • Nach Abschluss des Stellens wird die gesamte Arbeit ggf. von einer zweiten Pflegekraft kontrolliert. (Die Intensität der Kontrolle ist abhängig vom Wissensstand des Mitarbeiters, dem Gefahrenpotenzial der Medikamente usw.)

weitere Maßnahmen

  • Die Verordnungsdaten müssen dem Medikamentenblatt zweifelsfrei zu entnehmen sein. Falls Fragen offenbleiben, bricht die Pflegekraft das Stellen ab und hält Rücksprache mit dem Arzt. Die Mindestkriterien für eine korrekte Verschreibung umfassen:
    • Name und Vorname des Bewohners
    • Bezeichnung des Medikaments
    • Arzneiform, etwa "Tablette"
    • Applikationsintervall, etwa "dreimal täglich"
    • Dosierung in 24 Stunden, etwa "60 mg"
    • Applikationsart, etwa "per os"
    • ggf. Befristung der Medikamentengabe.
  • Sofern dieses von der Apotheke noch nicht getan wurde, vermerkt die Pflegekraft alle wichtigen Informationen auf der Medikamentenverpackung. Etwa:
    • Lieferdatum
    • Anbruchdatum
    • Name des Bewohners
(Bei Medikamenten gibt der Hersteller ggf. eine bestimmte Aufbrauchfrist nach Anbruch vor, also etwa “verwendbar vier Wochen nach dem Anbruch”.  Direkt nach dem ersten Anbruch derartiger Medikamente notiert die Pflegekraft das Anbruchdatum auf das Medikamentenbehältnis und auf die Umverpackung.)
  • Die Fehlergefahr lässt sich senken, wenn sich die Pflegekraft während des Stellens die wichtigsten Daten selbst laut vorliest, also den Namen des Bewohners, die Bezeichnung des Präparats, die korrekte Dosis usw.
  • Je nach Dokumentationssystem erleichtert ggf. ein aufgelegtes Lineal die Orientierung innerhalb der Liste der Verordnungen.
  • Nach Möglichkeit wird die Einzeldosis bei folienverschweißten Tabletten durch Abtrennung an der Perforation oder durch Abschneiden entnommen. Dieses ist hygienischer und ermöglicht jederzeit eine zweifelsfreie Identifikation des Medikaments, insbesondere eine spätere Gegenkontrolle durch Dritte. Beim Abteilen der Blisterverpackung sollte darauf geachtet werden, dass auf jedem Teilstück der Name des Präparats noch lesbar ist.
  • Falls erforderlich können Tabletten zerteilt werden. Voraussetzung ist, dass die Teilung laut Beipackzettel zulässig ist. Die Existenz einer Bruchrille ist dafür ein Indiz. Allerdings gibt es auch Medikamente mit einer optisch ähnlichen Schmuckrille; diese allerdings hat keine Teilungsfunktion.
  • Dragees dürfen zumeist nicht zerteilt werden, da an den Bruchstellen der ggf. magensaftresistente Film fehlt.
  • Es kann vorkommen, dass der Bewohner ein anderes Präparat bekommt. Dieses etwa, weil er nun ein preisgünstigeres Generikum einnehmen soll. Wir stellen dann sicher, dass der Bewohner über diesen Wechsel informiert wird. Insbesondere bei demenziell erkrankten Senioren ist ansonsten zu befürchten, dass diese dem neuen Präparat misstrauen und es nicht einnehmen.
  • Beim Abzählen von Tropfen ist es wichtig, sich sehr zu konzentrieren. Insbesondere bei hohen Tropfenzahlen unterlaufen sehr schnell Fehler. Damit der Bewohner die Tropfen aufnehmen kann, werden diese ggf. mit Wasser verdünnt.
  • Flüssige Medikamente sollten grundsätzlich nicht miteinander vermischt werden, da es zu unvorhersehbaren chemischen Reaktionen kommen kann.
  • Manche Medikamente brauchen einen strikten Schutz vor Licht und eignen sich daher nicht für ein Stellen mit langem Vorlauf.
  • Wir beachten das Prinzip des "first in - first out" oder “alt vor neu”. Das bedeutet:
    • Die Dosis wird stets aus der Packung entnommen, deren Verfallsdatum am schnellsten abläuft. Wir stellen damit sicher, dass die ältesten Medikamente zuerst verbraucht werden.
    • Die Packungen von neu angefangenen Medikamenten werden mit einem roten Stift und einem “X” gekennzeichnet. Wir vermeiden damit, dass versehentlich immer wieder neue Packungen geöffnet werden, bevor die alten verbraucht wurden. Das Anbruchdatum wird auf der Verpackung vermerkt.
  • Arzneimittel lagern immer in der Originalverpackung. Die Pflegekraft stellt sicher, dass sich auch der Beipackzettel in diesem Karton befindet.

Hygiene

  • Vor dem Stellen der Medikamente säubert und desinfiziert die Pflegekraft den Arbeitsplatz.
  • Die Pflegekraft stellt sicher, dass die Medikamentenschälchen bzw. Medikamentendispenser hygienisch einwandfrei sind.
  • Die Pflegekraft wäscht sich vor dem Richten der Arzneimittel stets die Hände und führt eine hygienische Händedesinfektion durch.
  • Ggf. sollte die Pflegekraft Einmalhandschuhe tragen oder eine desinfizierte Pinzette bereitlegen.
  • Bei Durchdrückpackungen werden die Arzneimittel direkt in den Medikamentenbecher gedrückt. Ein Kontakt mit der Hand ist zu vermeiden. Falls notwendig, kann eine Pinzette genutzt werden, um die Arzneimittel zu entnehmen. Ein Handkontakt kann das Medikament kontaminieren. Zudem könnte ein kleiner Teil des Wirkstoffs über die Haut aufgenommen werden. Dieses könnte bei der Pflegekraft etwa allergische Reaktionen auslösen.
  • Wenn Medikamente auf den Boden fallen oder auf andere Weise potenziell kontaminiert wurden, werden sie in einem geeigneten Behälter entsorgt.
  • Bei der Zubereitung von Saft oder von Sirup muss der bewohnerbezogene Messlöffel als Dosierlöffel genutzt werden.

Nachbereitung:

  • Der Arbeitsplatz wird aufgeräumt.
  • Das verwendete Material wird ggf. sicher entsorgt.
  • Verschmutzte oder verklebte Originalverpackungen werden vor dem Zurückstellen in den Medikamentenschrank gereinigt oder ggf. verworfen. Ein Keimwachstum muss vermieden werden.
  • Wenn Medikamente während des Stellens kontaminiert oder zerstört wurden, sollte dieses schriftlich vermerkt werden. Insbesondere bei Opioiden ist es sinnvoll, die Namen von etwaigen Zeugen zu notieren, um späteren Vorwürfen entgegentreten zu können.
  • Beschädigte oder verunreinigte Medikamente werden im dafür vorgesehenen Abwurfbehälter entsorgt. Bis zur Rückgabe an die Apotheke muss sichergestellt werden, dass kein Unbefugter Zugriff auf diese Arzneimittel hat.
  • Die Arzneimittel werden stets an den gleichen Platz im Schrank gestellt, von dem sie entnommen wurden.
  • Fehlende oder in kurzer Zeit ausgehende Medikamente werden frühzeitig nachbestellt.
  • Nach dem Richten der Medikamente oder bei unerwarteten Arbeitsunterbrechungen wird das Tablett sicher gelagert. Bis zum Verteilen darf kein Unbefugter Zugriff erhalten. Der Schrank und der Arbeitsraum werden also ggf. abgeschlossen. Zudem müssen die gestellten Medikamente vor Staub, vor Feuchtigkeit, vor Licht und vor Wärme geschützt werden.
  • Die gesamte Maßnahme wird sorgfältig dokumentiert.
  • Auftretende Probleme beim Stellen von Medikamenten werden im Qualitätszirkel diskutiert.
  • Das korrekte Stellen von Medikamenten wird regelmäßig per Pflegevisite überprüft.
  • Im Rahmen der Erstellung der Pflegeplanung / Maßnahmenplanung wird stets kritisch hinterfragt, ob das Maß an Unterstützung sinnvoll ist. Mitunter ist es möglich, den Bewohner stärker an der Maßnahme zu beteiligen. Dieses z. B., wenn eine Fraktur des Handgelenks verheilt ist und der Bewohner die Medikamente wieder eigenständig aus der Verblisterung entnehmen könnte.

Dokumente:

  • Medikamentenblatt
  • Pflegeplanung / Maßnahmenplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • Pflegefachkräfte



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