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Standard "Maßnahmen nach einem
Sturz"
Wenn Senioren gestürzt sind, unterlaufen Pflegekräften in
der Hektik schnell fatale Fehler - und das nicht nur bei der Ersten
Hilfe. Mindestens ebenso häufig sind Missgriffe bei der Dokumentation.
Diese sind nicht nur eine Steilvorlage für klagefreudige Krankenkassen.
Weil gleich zwei der neuen Qualitätsindikatoren betroffen sind, droht
eine spürbare Abwertung beim Pflege-TÜV.
Standard "Maßnahmen nach
einem Sturz"
Definition:
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Als Sturz bezeichnet man den unkontrollierten
freien Fall eines Körpers aus dem Stehen, aus dem Sitzen oder aus dem
Liegen.
(Hinweis: Alternative Definition laut Expertenstandard: Ein Sturz ist
ein Ereignis, bei dem der Betroffene unbeabsichtigt auf dem Boden oder
auf einer anderen tieferen Ebene aufkommt.)
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Bedingt durch die reduzierte Knochenmasse,
durch nachlassende Reflexe und durch den Abbau der schützenden
Muskulatur führen Stürze bei Senioren häufiger zu Frakturen und zu
anderen Verletzungen. Diese Ereignisse stehen dann häufig am Anfang
einer stetig fortschreitenden Immobilität.
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Jeder dritte Senior über 65 Jahre stürzt
mindestens einmal pro Jahr. Bei über 80-Jährigen erleidet jeder Zweite
mindestens einen Sturz innerhalb dieses Zeitraums. Noch höher ist diese
Rate bei stationär versorgten Senioren. Hier stürzt jeder Bewohner
durchschnittlich fast eineinhalb Mal pro Jahr.
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Bei über 65-Jährigen führt durchschnittlich
jeder zehnte Sturz zu Verletzungen, die ärztlich versorgt werden
müssen. Davon ist die Schenkelhalsfraktur mit 120.000 Fällen pro Jahr
der weitaus häufigste Frakturtyp.
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Ein Sturz kann überdies erhebliche finanzielle
Folgen haben. Die Kosten für den Krankenhausaufenthalt, für operative
Eingriffe und für Rehabilitationsmaßnahmen erreichen ggf. fünfstellige
Eurobeträge. Ist ein Sturz die Folge eines Fehlverhaltens einer
Pflegekraft oder eines organisatorischen Mangels der Einrichtung, wird
die Krankenkasse den Verursacher an den Kosten beteiligen. Dazu
addieren sich Schmerzensgeldansprüche des Bewohners. Überdies kann es
zu strafrechtlichen Ermittlungen kommen.
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Seit Oktober 2019 sind Pflegeheime
verpflichtet, die Anzahl der Stürze mit Verletzungsfolgen statistisch
zu erfassen und an die Datenauswertungsstelle zu melden. Basierend auf
diesen Daten werden zwei Qualitätsindikatoren errechnet. Einmal für
Bewohner, die nicht oder nur wenig geistig beeinträchtigt sind und
einmal für Bewohner, die erheblich oder schwer geistig beeinträchtigt
sind. Diese Kennzahlen geben an, wie hoch die Anzahl der Stürze in
unserem Haus im Vergleich zum Durchschnittswert aller Einrichtungen in
Deutschland ist. Diese Qualitätsindikatoren sind öffentlich einsehbar
und folglich sehr wichtig für unsere Außendarstellung.
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Dabei zählen nur solche Stürze, die sich in
unserem Einflussbereich ereigneten. Andere Stürze haben keine Relevanz
für die Qualitätsindikatoren. Beispiele:
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Ein Bewohner wird von seinen Angehörigen zum
Eisessen abgeholt. Er stürzt im Eiscafé.
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Ein Bewohner wird in ein Krankenhaus verlegt.
Wir übergeben ihn dazu an die Besatzung eines Krankentransportwagens.
Beim Transfer in den Wagen stürzt er von der Trage.
Grundsätze:
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Nach einem Sturz entscheidet vor allem das
besonnene Handeln der Pflegekräfte über das Ausmaß der gesundheitlichen
Schäden. In der Praxis kann durch falsche oder durch verzögerte
Reaktionen ebenso viel Schaden angerichtet werden wie durch den Sturz
selbst.
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Wenn hinreichende Anzeichen für eine Fraktur
oder für innere Verletzungen sprechen, wird immer ein Notarzt gerufen.
Die Folgen eines oder ggf. auch mehrerer Fehlalarme wiegen weniger
schwer als eine verzögerte Behandlung bei einem echten Notfall.
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Der Notruf erfolgt auch dann, wenn der Bewohner
diesen nicht wünscht, etwa weil er die Gefährdung nicht korrekt
einschätzt.
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Nur bei kleineren äußeren Verletzungen
verzichten wir darauf, einen Arzt zu rufen.
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Jedes Ereignis, das auf einen Sturz hindeutet,
wird ernst genommen. Selbst wenn der Bewohner zunächst nicht über
Schmerzen klagt, wird sein Zustand in den folgenden Stunden engmaschig
kontrolliert.
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Jeder Sturz wird sorgfältig und unverzüglich
protokolliert. Dieses gilt auch für Ereignisse, die keine Pflegekraft
beobachtet hat, die aber die Folge eines Sturzes sein könnten.
Beispiel: Ein demenziell erkrankter Bewohner wird neben seinem Bett
sitzend vorgefunden. Er kann keine Aussage über die Geschehnisse machen.
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Nur die Pflegedienstleitung und die Heimleitung
sind in Schadensfällen berechtigt, im Namen der Einrichtung schriftlich
oder telefonisch mit der Krankenkasse zu kommunizieren. Dazu zählt
insbesondere das Verschicken von Dokumentationskopien, Unfallberichten
usw.
Ziele:
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Eine etwaige Gesundheitsschädigung des
Bewohners wird korrekt erkannt. Wir leiten zeitnah eine angemessene
medizinische Versorgung ein.
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Die Schmerzbelastung und der emotionale Stress
des Bewohners werden minimiert.
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Der behandelnde Arzt erhält alle Informationen,
die für die Diagnose und für die Therapie relevant sind.
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Der Vorfall und unsere Maßnahmen werden präzise
und umfassend dokumentiert. Es gibt keine Lücken und keine Widersprüche
in den Unterlagen.
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Die Einrichtung und die Mitarbeiter werden vor
unangemessenen Schadensersatzansprüchen geschützt.
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Wir erfassen die Ursachen des Sturzes. Diese
Informationen werden im Rahmen der Sturzprophylaxe berücksichtigt.
Vorbereitung:
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Wir achten auf eine fundierte Sturzprophylaxe
für alle Bewohner. Der Standard "Sturzprophylaxe" wird sorgfältig
umgesetzt.
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Die richtigen Maßnahmen nach einem Sturz werden
regelmäßig im Rahmen der Erste-Hilfe-Ausbildung thematisiert.
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Die korrekte Dokumentation eines Sturzes sowie
die rechtlichen Folgen werden regelmäßig in internen und in externen
Fortbildungen vermittelt.
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Alle Pflegekräfte werden instruiert, bei
telefonischen oder bei schriftlichen Anfragen der Krankenkasse
hinsichtlich eines Sturzes auf die Pflegedienstleitung zu verweisen und
selbst keine inhaltlichen Angaben zu machen.
Wichtig: Im Beisein von Ärzten, Angehörigen oder anderen dritten
Personen darf eine Pflegekraft in keinem Fall über die Ursache des
Vorfalls spekulieren. Die Pflegekraft wird stets korrekt antworten,
dass sie den Auslöser nicht kennt. Denn: Kommt es zu einem
Haftungsprozess, sind diese Personen ggf. Zeugen!
-
Wir achten darauf, dass die Pflege- und
Maßnahmenplanung stets den aktuellen Hilfebedarf des Bewohners
widerspiegelt. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich der
Gesundheitszustand des Bewohners bessert. Wir vermeiden damit, dass es
zu Widersprüchen hinsichtlich der laut Pflege- und Maßnahmenplanung
notwendigen Hilfeleistungen und der am Tag des Ereignisses geleisteten
Hilfe kommt. Beispiel: Der Bewohner wird laut veralteter Pflege- und
Maßnahmenplanung bei jedem Gang ins Badezimmer begleitet, war am Tag
des Sturzes aber allein unterwegs. Dieses lag daran, dass er seit
einigen Wochen wieder sicher gehen konnte und nach Ansicht der
Bezugspflegekraft keine Begleitung mehr benötigte.
Durchführung:
erste Maßnahmen nach
dem Sturz bzw. nach dem Auffinden des Bewohners
-
Der Bewohner wird mit seinem Namen angesprochen
und beruhigt.
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Bei Herz- und Atemstillstand beginnen wir
sofort mit einer Mund-zu-Nase-Beatmung und mit einer Herzmassage. Wir
rufen den Notarzt.
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Die Pflegekraft prüft, ob der Bewohner bei
Bewusstsein ist.
-
Bei Bewusstlosigkeit wird der Bewohner in eine
stabile Seitenlage gebracht, der Notarzt wird gerufen und es wird ggf.
eine Wolldecke gegen die Auskühlung verwendet.
-
Bis zum Eintreffen des Arztes werden permanent
die Vitalwerte ermittelt. Ggf. wird der Bewohner reanimiert.
-
Hinweis zur Bewusstseinsprüfung: Wir stellen
einfache Fragen, die einer ggf. vorhandenen demenziellen Erkrankung
angemessen sind, etwa nach dem eigenen Vornamen oder dem Vornamen der
Mutter/des Vaters. Wir beobachten den Bewohner genau, während er
antwortet.
(Hinweis: Die Prüfung der Pupillenweite erfolgt mittels einer
diagnostischen Stiftlampe, die jede Pflegekraft am Schlüsselbund tragen
sollte.)
-
Die Pflegekraft misst Puls und Blutdruck. Diese
Daten dienen bei späteren Kontrollen als Vergleichswert.
-
Bei Diabetikern wird der Blutzucker gemessen.
-
Die Pflegekraft kontrolliert, ob eine
Gehirnerschütterung vorliegt. Anzeichen dafür sind:
-
Übelkeit oder Erbrechen
-
Erinnerungslücken, insbesondere zum
Sturzhergang
-
Änderung der Pupillenweite
-
Kopfschmerzen
-
Schwindel
-
Die Aussagekraft der Symptome ist begrenzt.
Leicht werden Ursache und Wirkung verwechselt. Es ist wichtig, den
Bewohner nach den Geschehnissen direkt vor dem Sturz zu befragen,
soweit dieses möglich ist.
-
Beispiel A: Dem Bewohner wurde nach dem Essen
plötzlich schlecht. Er eilt in Richtung Toilette und stürzt. Die
Übelkeit und ggf. ein Erbrechen sind dann keine Anzeichen für eine
Gehirnerschütterung.
-
Beispiel B: Der Bewohner verspürt nachts
Harndrang. Er stolpert über den Teppich und verliert in der Aufregung
Harn. Dieser Urinverlust ist kein Anzeichen für eine Fraktur (siehe
unten).
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Wir prüfen, ob der Bewohner beim Ereignis seine
Brille oder sein Hörgerät verloren hat.
-
Die Pflegekraft fragt den Bewohner nach
Schmerzen. Dabei rechnet sie stets damit, dass Schmerzen durch den
Schock vielleicht unterdrückt werden.
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Wir prüfen, ob äußerliche Verletzungen
erkennbar sind. Wir inspizieren auch Bereiche, die durch Kleidung
verdeckt sind. Insbesondere wird die Hose geöffnet, um die Knie, Unter-
und Oberschenkel in Augenschein zu nehmen.
(Es ist hier ggf. wichtig, übereifrige Praktikanten und Hilfskräfte zu
bremsen, die den Bewohner sofort wieder auf die Füße stellen wollen.
Der Bewohner bleibt am Boden liegen, bis Frakturen und schwere innere
Verletzungen ausgeschlossen sind.)
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Bei Schmerzfreiheit: Alle vier Extremitäten
werden vorsichtig durchbewegt, um Frakturen ausschließen zu können. Die
Pflegekraft fordert den Bewohner auf, sich auf den Bauch zu drehen.
Danach hilft die Pflegekraft dem Bewohner dabei, in den Vierfüßlerstand
zu kommen. Der Bewohner soll zunächst ein Bein aufstellen und sich dann
aufrichten.
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Wenn Bewohner über Schmerzen klagen, sich nicht
bewegen können, in unnormaler Lage am Boden liegen oder unfreiwillig
Harn verlieren, gehen wir von einer Fraktur aus. Dieses auch bei einem
hörbaren Knirschen der Gelenke. Eine Pflegekraft alarmiert den Notarzt.
Der Bewohner wird nicht in sein Bett gebracht, da durch den Transfer
die gesundheitlichen Schäden größer werden könnten. Eine Decke schützt
den Bewohner vor der Auskühlung.
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Der Bewohner wird bis zum Eintreffen des Arztes
von einer Pflegekraft überwacht. Wir sprechen mit dem Bewohner zur
Beruhigung über vertraute Themen. (Diese ergeben sich aus dessen
Biografie).
-
Falls sich der Bewohner übergibt, halten wir
die Atemwege frei.
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Ggf. wird die Krankenhauseinweisung
vorbereitet. Insbesondere stellen wir sicher, dass der Weg zum
Rettungswagen freigeräumt ist, da der Bewohner liegend transportiert
wird.
-
Wenn der Bewohner trotz offensichtlicher
Verletzungen das Rufen des Notarztes ablehnt, suchen wir den Dialog mit
dem Bewohner und dringen auf eine Änderung seiner Entscheidung. Dafür
wird ggf. eine zweite Pflegekraft als Zeuge hinzugezogen. Wenn wir
glauben, dass der Bewohner akut verwirrt ist (als Folge des Sturzes),
wird dennoch der Notarzt gerufen. Dieses auch, wenn der Bewohner
aufgrund einer demenziellen Erkrankung keine Entscheidungen treffen
kann.
(Hinweis: Nicht selten sind es auch die
Pflegekräfte, die zögern, einen Arzt zu informieren oder den Bewohner
in die Arztpraxis fahren zu lassen. Hier spielt vor allem die Angst
eine Rolle, dass sich der Vorfall als Bagatelle erweist und der
Mediziner verärgert ist. Es ist wichtig, dass Pflegekräfte dennoch im
Zweifel immer den Arzt rufen. Sie sichern sich und die Einrichtung
damit auch rechtlich ab.)
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Verbleibt der Bewohner in der Einrichtung, so
wird jeweils nach 1, 2, 6, 12 und 24 Stunden der Gesundheitszustand des
Bewohners erfasst. Kriterien sind:
-
Bewusstseinszustand
-
Vitalwerte
-
Veränderung der Pupillengröße
-
Schmerzzustand
-
Beweglichkeit
-
Schwellungen / Hämatome
-
In den folgenden Tagen wird der Bewohner
beobachtet; insbesondere hinsichtlich von Veränderungen im Gangbild.
(Hinweis für die ambulante Pflege: Die Überprüfung des Zustandes des
Patienten erfolgt ggf. im Rahmen eines oder mehrerer zusätzlicher
Kontrolleinsätze.)
Maßnahmen bei
Verletzungen
-
Bagatellverletzungen, also etwa Abschürfungen,
werden versorgt. Wenn die Beweglichkeit des Gelenks gegeben ist und
keine weiteren Verletzungen zu befürchten sind, ist keine Information
an den Hausarzt erforderlich. Aber auch bei Bagatellverletzungen ist es
notwendig, den Bewohner in den folgenden Stunden regelmäßig erneut zu
besuchen und seinen Zustand zu überprüfen.
-
Offene Wunden werden steril bedeckt und ggf.
Blutungen mittels eines Druckverbandes gestoppt. Wir fordern ärztliche
Hilfe an.
-
Jede größere Wunde sollte von einem Arzt
untersucht werden.
-
Bewohner mit Nasenbluten werden aufgefordert,
den Kopf nach vorne zu beugen und das Blut in einer Nierenschale zu
sammeln. Die Pflegekraft legt dem Bewohner kalte Kompressen in den
Nacken. Wenn der Bewohner viel Blut verloren hat, wird ein Arzt
informiert.
-
Besondere Vorsicht ist geboten bei Bewohnern,
die Antikoagulanzien ("Gerinnungshemmer") einnehmen. Der Arzt muss
darüber informiert werden.
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Eine Kühlung von verletzten Körperbereichen
bewirkt eine Schmerzlinderung, reduziert Schwellungen und hemmt die
Bildung von Hämatomen.
Informationsbeschaffung
für die spätere Dokumentation
-
Der Bewohner wird zum Verlauf des Sturzes
befragt. Wir fragen insbesondere nach Fremdverschulden, etwa ob er von
einem Mitbewohner gestoßen wurde.
-
Die Pflegekraft prüft, ob Mitbewohner den Sturz
beobachtet haben.
-
Der Sturzort wird in Augenschein genommen. Die
Pflegekraft prüft, ob ein Auslöser des Sturzes zu erkennen ist.
Nachbereitung:
Abgrenzung Sturz
-
Es ist wichtig, dass nur solche Vorkommnisse
als Sturz dokumentiert werden, die auch tatsächlich Stürze sind. In der
Praxis wird der Begriff "Sturz" mitunter übereilt und unreflektiert
auch für solche Ereignisse verwendet, deren genauer Verlauf unbekannt
ist. Das hat verschiedene negative Auswirkungen für die Einrichtung:
-
Die Qualitätsindikatoren zu "schwerwiegenden
Sturzfolgen" werden beeinträchtigt. Diese Kennzahlen sind im Internet
für jeden Heimplatzinteressenten einsehbar. In der Außendarstellung
wird unsere Einrichtung ungerechtfertigt negativ wahrgenommen.
-
Es besteht das Risiko, dass die Einrichtung
oder deren Mitarbeiter für Verletzungsfolgen haftbar gemacht werden,
die tatsächlich weder Sturzfolgen sind, noch durch uns verantwortet
wurden.
-
Solange nicht feststeht, dass es sich bei dem
Ereignis um einen Sturz handelte, wird der Begriff "Sturz" in der
Dokumentation nicht verwendet, sondern ggf. "Ereignis" oder
"Vorkommnis". Die Pflegekraft unterlässt es auch, im Dialog mit dem
Bewohner den Begriff "Sturz" zu verwenden, da der Pflegebedürftige
diesen unterbewusst aufnehmen und als zutreffend übernehmen würde.
Einige Beispiele:
-
Herr Müller und Herr Schulze sind beide nicht
zur Situation orientiert. Herr Müller leidet an Morbus Alzheimer. Bei
Herrn Schulze liegt ein Korsakow-Syndrom vor. Es kam zwischen beiden
Personen immer wieder zu tätlichen Zusammenstößen. Die Pflegekraft
findet Herrn Müller im Vierfüßlerstand im Aufenthaltsraum vor. Seine
Oberlippe ist so erheblich verletzt, dass die Wunde mit mehreren
Stichen genäht werden muss. Er kann keine Angaben zum Ereignis machen.
Auch Herr Schulze äußert sich nicht. Es gibt keine anderen Zeugen. Da
beide Personen kurz zuvor allein im Aufenthaltsraum waren, ist es
plausibel anzunehmen, dass die Verletzung die Folge einer
Gewaltanwendung sein könnte. Dann wäre es also kein Sturz gewesen.
-
Frau Schulze wird sitzend neben der Toilette
mit einer Platzwunde am Kopf vorgefunden. Sie ist teilweise orientiert,
kann sich aber an das ursächliche Ereignis nicht erinnern. Das Letzte,
an das sie sich erinnern kann, ist, dass ihr eine Parfümflasche zu
Boden gefallen ist und dass sie sich danach bückte. Tatsächlich finden
sich an der Außenkante des Waschbeckens Anhaftungen, bei denen es sich
um Blut handeln könnte. Es ist also durchaus realistisch, dass sich
Frau Schulze nach dem Flakon bückte, mit dem Waschbecken kollidierte
und sich dann vor Schmerzen kontrolliert auf den Boden setzte. Auch
hierbei handelt es sich also um keinen Sturz. Insbesondere ist die
Verletzung nicht die Folge eines Sturzes.
-
In der Dokumentation werden lediglich objektive
Beobachtungen, nicht jedoch Mutmaßungen festgehalten. In keinem Fall
wird versucht, Stürze durch eine geschickte Formulierung zu
verheimlichen.
Richtlinien zur
Dokumentation des Sturzes mittels des Sturzprotokolls
-
Das Ereignis wird noch am gleichen Tag
sorgfältig dokumentiert. Dazu gehört in jedem Fall auch die
Beschreibung der später durchgeführten Kontrollmaßnahmen.
-
Jedes Ereignis wird dokumentiert. Dieses
unabhängig davon, ob es zu Verletzungen kam.
-
Es darf kein relevanter Faktor ausgelassen
werden. Aus dem Bericht muss klar hervorgehen:
-
wann und wo das Ereignis stattfand
-
welche Pflegekraft als erste vor Ort war
-
in welchem Zustand und in welcher Position
der Bewohner vorgefunden wurde
-
ob es Zeugen gab
-
ob der Bewohner Angaben zum Hergang machen
konnte
-
ob er sich verletzt hat
-
ob er sich bewegen kann
-
welche Maßnahmen getroffen wurden
-
ob es vor Ort offensichtliche Auslöser des
Sturzes gab
-
Wenn der Bewohner nach einem Unfall schmerzfrei
gehen kann, wird dieses explizit dokumentiert, da dann zumeist kein
Oberschenkelhalsbruch vorliegt.
-
Fotokopien der Sturzberichte werden in einem
separaten Ordner zur späteren statistischen Analyse gesammelt (siehe
unten).
weitere Maßnahmen
-
Die Pflegedienstleitung wird über den Sturz
informiert.
-
Die nachfolgende Schicht wird über das Ereignis
und über die ggf. notwendigen Kontrollen in Kenntnis gesetzt.
-
Ggf. schreibt die Pflegedienstleitung einen
Unfallbericht.
-
Ggf. wird die Pflege- und Maßnahmenplanung des
Bewohners um weitere Komponenten der Sturzprophylaxe erweitert.
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Wir prüfen, ob zusätzliche Hilfsmittel
notwendig sind (Gehstock, Rollstuhl usw.).
-
Wir prüfen, ob (als letztes Mittel)
Fixierungsmaßnahmen sinnvoll sind (Bauchgurt im Rollstuhl, Bettgitter
usw.).
-
Wir helfen dem Bewohner oder dessen Angehörigen
beim Ausfüllen des an ihn gerichteten Unfallbogens. Wir bitten um
Erlaubnis, eine Kopie des Bogens machen zu dürfen, bevor er an die
Krankenkasse verschickt wird.
-
Wir stellen sicher, dass alle Angaben des
Unfallberichts für die Krankenkasse stimmen und mit unserer
Pflegedokumentation - insbesondere mit dem Berichtsblatt -
übereinstimmen.
-
Wir stellen sicher, dass sich der Bewohner in
den folgenden Tagen nicht überanstrengt. So soll er sich z. B. bei der
Sitztanzgruppe u.ä. Aktivitäten schonen.
Prognose
-
Je nach Schwere der Verletzung ist mit einer
erhöhten Sterblichkeit zu rechnen. Bei einer Schenkelhalsfraktur
überlebt rund jeder 10. Betroffene die Operation nicht oder nur
kurzzeitig. Jeder vierte Betroffene verstirbt binnen eines Jahres an
den Folgen der Verletzung.
-
In den folgenden Wochen muss die Entstehung
einer Sturzphobie verhindert werden, also eine gesteigerte Angst vor
weiteren Stürzen. Bewohner bewegen sich dann ungewöhnlich vorsichtig
und weniger elastisch. Dieses kann zu Störungen im Bewegungsablauf
führen und steigert erneut das Sturzrisiko.
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Dieses Problem betrifft im gleichen Maße die
Pflegekräfte. Im Bestreben, den Bewohner vor Stürzen zu schützen, kann
es zu einer Überversorgung kommen. Dieses widerspricht unserem
Anspruch, aktivierend zu pflegen.
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Wenn der Bewohner immobil wird, verlagert sich
das Risiko. Er kann zwar nicht mehr stürzen, erleidet dafür aber
gehäuft einen Dekubitus, eine Embolie oder etwa eine Pneumonie.
Auswertung
-
Ergänzend zur Protokollierung jedes einzelnen
Vorfalls erfolgt alle sechs Monate eine statistische Auswertung aller
Stürze. Uns liegen somit immer verlässliche Zahlen zur Häufigkeit von
Stürzen und zur Anzahl der gestürzten Personen vor. Wir erfassen zudem
die Folgen der Stürze, also etwa die Schwere der Verletzungen, die
Anzahl der Krankenhauseinweisungen usw.
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Die ermittelten Zahlen dienen einerseits dazu,
die Wirksamkeit unserer Sturzprophylaxe im Verlauf mehrerer Jahre zu
messen. Überdies erlauben diese Zahlenwerte einen objektiven Vergleich
mit anderen Einrichtungen, etwa im Rahmen eines Benchmarkings oder der
Qualitätsindikatoren.
Dokumente:
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Berichtsblatt
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Vitaldatenblatt
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Unfallbericht
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Sturzprotokoll / Ereignisprotokoll
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Pflege- und Maßnahmenplanung
Verantwortlichkeit
/ Qualifikation:
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