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Standard "Pflegevisite zur Medikamentenversorgung"

Der im Alter stetig steigende Medikamentenbedarf lässt sich nur teilweise mit realen Gesundheitsproblemen erklären. Häufig genug haben es Pflegekräfte mit Ärzten zu tun, die unabhängig voneinander Rezepte ausstellen. Und mit Bewohnern, die diese Arzneimittelsammlung mit rezeptfreien Präparaten kräftig aufstocken. Schon aus haftungsrechtlichen Gründen ist es wichtig, hier rechtzeitig einzugreifen.


Standard "Pflegevisite zur Medikamentenversorgung"


Definition:

  • Aufgrund des sich verschlechternden Allgemeinzustands benötigen viele unserer Bewohner regelmäßig Medikamente. Häufig müssen die Senioren mehr als ein Dutzend Arzneimittel täglich einnehmen, die vom Hausarzt und von Fachärzten verschrieben werden.
  • Zu den rezeptpflichtigen Wirkstoffen kommen in vielen Fällen frei verkäufliche Medikamente hinzu, die der Bewohner ohne Rücksprache beschafft hat; dieses oft ohne Rücksprache mit dem Mediziner.
  • Die Pflegevisite zur Medikamentenversorgung dient dazu, alle Informationen zum individuellen Arzneimittelkonsum zusammenzutragen.

Grundsätze:

  • Bei der Pflegevisite zur Medikamentenversorgung ist ein gewisses Maß an Misstrauen durchaus sinnvoll. Viele Bewohner werden Fragen zu diesem Thema nicht korrekt beantworten, etwa weil ihnen die eigenen Defizite peinlich sind oder weil eine Abhängigkeit vorliegt. Ärztliche Aufzeichnungen können veraltet, unvollständig oder unleserlich sein. Daher sollten zentrale Informationen stets mit einer zweiten Quelle geprüft werden.

Ziele:

  • Wir verschaffen uns ein umfassendes Bild über den Medikamentenverbrauch des Bewohners. Gemeinsam mit dem behandelnden Arzt gleichen wir den tatsächlichen Arzneimittelkonsum mit dem medizinisch notwendigen Bedarf ab.
  • Jeder Hausarzt und jeder Facharzt kennen die komplette Medikation des Bewohners, also sowohl die eigenen Verschreibungen als auch die der Kollegen.
  • Der Bewohner nimmt nur noch solche Medikamente ein, die zur Behandlung der vorhandenen Grunderkrankungen notwendig sind. Damit wird insbesondere der Umfang der Neben- und Wechselwirkungen auf ein Minimum zurückgeführt.
  • Der Bewohner kennt zumindest in groben Zügen die Wirkungsweise und die Nebenwirkungen der von ihm eingenommenen Medikamente. Er weiß, wie wichtig verschriebene Arzneimittel sind, und nimmt diese konsequent ein. Gleichzeitig ist er bereit, auf unnötige Wirkstoffe zu verzichten, auch wenn er diese schon seit Jahren konsumiert.
  • Eine etwaige Medikamentenabhängigkeit wird erkannt und angemessen therapiert.
  • Die finanziellen Ressourcen des Bewohners werden geschont. Er kauft keine unnötigen Medikamente. Der Bewohner leistet keinen weiteren Eigenanteil, sobald er die gesetzliche Zuzahlungsgrenze erreicht hat.

Vorbereitung:

Indikation

  • Die Pflegevisite zur Medikamentenversorgung erfolgt im Rahmen des Heimeinzugs.
  • Einmal im Jahr wird sie parallel zur allgemeinen Pflegevisite wiederholt.
  • Bei Auffälligkeiten wird eine unplanmäßige Überprüfung angesetzt, also etwa, wenn es Anzeichen für eine Übermedikamentierung oder für neue Selbstversorgungsdefizite gibt.

Organisation

  • Alle Pflegekräfte sind angewiesen, Auffälligkeiten beim Medikamentenkonsum an die Pflegedienstleitung weiterzumelden. Dieses gilt auch für Alkohol- oder für Drogenmissbrauch.
  • Wir führen regelmäßig Fallbesprechungen durch, in denen insbesondere auch der Medikamentenkonsum der Bewohner diskutiert wird. Alle Mitarbeiter tragen hier die Informationen zusammen.
  • Einige Tage vor der Pflegevisite werden der Bewohner und ggf. sein Betreuer über den Sinn dieser Anamnese informiert und um Zustimmung gebeten.
  • Die Pflegekraft legt den Dokumentationsbogen mit den ärztlichen Verordnungen sowie alle weiteren relevanten Unterlagen bereit.
  • Mit Zustimmung des Bewohners kontaktieren wir die behandelnden Ärzte und gleichen die dort hinterlegte Medikamentierung mit den Daten unserer Dokumentation ab. Ggf. befragen wir auch die Apotheke des Bewohners.
  • Wir prüfen auch besondere Darreichungsformen wie Augentropfen, Inhalatoren, Pflaster oder Sprays.
  • Wenn der Bewohner aufgrund einer demenziellen Erkrankung keine sinnvollen Angaben machen kann, bitten wir ggf. Angehörige zur Pflegevisite hinzu.

Durchführung:

Prüfung der Selbständigkeit

  • Es wird kontrolliert, ob der Bewohner in der Lage ist, den Beipackzettel zu lesen und zu verstehen. Überprüft wird auch, ob der Bewohner die Medikamentenverpackung sicher öffnen und die Arzneimittel korrekt dosieren und einnehmen kann.
  • Es wird abgeschätzt, ob die Gedächtnisleistung des Bewohners ausreicht, um die regelmäßige Einnahme der Medikamente sicherzustellen.
  • Wir kontrollieren, ob der Bewohner das ärztlich vorgegebene Dosierungsschema einhält. Wir fragen ihn, ob er ab und zu eine Dosis vergisst oder auslässt. Wir klären beim behandelnden Arzt die Abstände der ausgestellten Rezepte. Der Bestand an Medikamenten wird mit dem täglichen Bedarf abgeglichen. Wenn der Bewohner über zu hohe Bestände verfügt, ist dieses ein Anzeichen dafür, dass er gehäuft die Einnahme vergessen hat oder die Dosis eigenmächtig verringert. Verdächtig ist es auch, wenn er deutlich weniger Rezepte abruft, als er anhand der täglich vorgegebenen Dosis benötigen würde.

Allgemeines

  • Der Bewohner wird befragt, wie er die Wirksamkeit jedes Medikaments einschätzt und ob sich diese Wirkung in den letzten Monaten verändert hat. Ebenfalls erfasst werden Nebenwirkungen.
  • Es wird ermittelt, welche Folgen der Bewohner befürchtet, wenn er ein bestimmtes - mutmaßlich unnötiges - Medikament absetzt.
  • Im Dialog mit dem Bewohner stellen wir offene Fragen, die den Bewohner nicht in Bedrängnis bringen. Wir fragen also nicht: „Nehmen Sie die Arzneimittel so ein, wie sie der Arzt verordnet hat?“. Wir fragen: „Bitte sagen Sie mir, wie Sie die Arzneimittel einnehmen“.
  • Der Bewohner wird zu seinem Tabak- und Alkoholgenuss befragt.
  • Der Bewohner wird befragt, welche Geldmittel er für seine Medikamentenversorgung aufwendet, insbesondere für rezeptfreie Arzneimittel und Nahrungsergänzungen. Es wird festgestellt, wie die Belege für verschriebene Medikamente gesammelt werden.

Rezeptfreie Medikamente und Nahrungsergänungsmittel

  • Der Bewohner wird gebeten, alle rezeptfreien Medikamente, die er regelmäßig nimmt, zu sammeln und uns zu zeigen. Wir fragen explizit nach frei verkäuflichen Wirkstoffen, Nahrungsergänzungsmitteln, pflanzlichen Präparaten sowie traditionellen Heilmitteln.
  • Häufig verfügen Bewohner über eine Medikamententasche oder zumindest über abgerissene Medikamentenetiketten. Wir fragen aktiv danach.
  • Er wird befragt, in welcher Dosierung, wie häufig und wie lange er diese Medikamente nimmt. Die Gründe für den Medikamentenkonsum werden erfragt.
  • Der Bewohner soll erläutern, wo und wie er die Medikamente lagert. Diese Angaben werden mit den Anforderungen verglichen, die im Beipackzettel vermerkt sind. Die Haltbarkeit der Medikamente wird kontrolliert.

Nachbereitung:

  • Das Protokoll "Pflegevisite Medikamente" wird fertiggestellt und mit dem Hausarzt diskutiert.
  • Dem Bewohner wird ggf. eine umfassende Unterstützung bei der Einnahme der Medikamente angeboten, wenn Defizite bei der Pflegevisite sichtbar wurden.
  • Wir erläutern dem Bewohner das System der gesetzlichen Zuzahlungen bei Medikamenten. Wir bieten ihm Hilfe, wenn er die Zuzahlungsgrenze erreicht hat und sich von weiteren Zahlungen freistellen lassen möchte. Ggf. wird die Sammlung der Quittungen für Medikamente optimiert.
  • Die Pflegedokumentation wird ergänzt und aktualisiert. Insbesondere wird die Pflegeplanung / Maßnahmenplanung an die aktuellen Selbstversorgungsdefizite angepasst.
  • Bei Medikamentenmissbrauch werden nach Anweisung des Hausarztes die notwendigen Maßnahmen eingeleitet.
  • Aufgetretene Probleme werden im Qualitätszirkel thematisiert.

Dokumente:

  • Pflegedokumentation
  • Protokoll "Pflegevisite Medikamente"
  • Verzeichnis der Hausärzte

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • Bezugspflegekraft
  • Pflegedienstleitung



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