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Standard "Benigne Prostatahyperplasie (BPH)"

Über das Thema "Prostatavergrößerung” reden Männer bestenfalls in Form von mehr oder minder derben Witzen. Kein Wunder, schließlich vereinigt dieses Leiden gleich mehrere Urängste des starken Geschlechts: Rektale Tastuntersuchungen, Inkontinenz und Erektionsstörungen. Bei der Pflege von Betroffenen ist folglich Einfühlungsvermögen und Diskretion ein nicht zu unterschätzender Erfolgsfaktor.


Standard "Benigne Prostatahyperplasie (BPH)"


Definition:

  • Die benigne Prostatahyperplasie (BHP) ist eine gutartige Vergrößerung der Prostata. Sie wird alternativ als “Prostataadenom” oder umgangssprachlich als “Altherrenkrankheit” bezeichnet.
  • Die Prostatavergrößerung ist bei Senioren die häufigste urologische Gesundheitsstörung. Betroffen sind fast ausschließlich Männer im mittleren bis hohen Lebensalter.
  • Bei 60 Prozent der über 50-Jährigen ist die Prostata vergrößert. In der Altersgruppe der über 80-Jährigen sind es neun von zehn Senioren.
  • Als Ursache für die Prostatahyperplasie wird ein hormonelles Ungleichgewicht zwischen Testosteron und Östrogen vermutet. Es kommt zu einem Wachstum des Prostatagewebes, das im weiteren Krankheitsverlauf mehr und mehr die Harnröhre einengt.
  • Zunächst beschränken sich die Beschwerden auf eine schmerzlose Abflussstörung als Folge der Harnwegsverlegung. Mit dem weiteren Fortschreiten der Erkrankung kommen eine Bildung von Restharn sowie vermehrte Harnwegsinfekte hinzu. Letztlich drohen eine Nierenschädigung sowie eine Harnvergiftung (Urämie).
  • Gleichzeitig gibt es viele asymptomatische Verläufe. Bei rund der Hälfte der Betroffenen ist die Prostata zwar vergrößert, es kommt aber zu keinen relevanten Beschwerden.
  • Die Behandlung erfolgt zunächst medikamentös. Der Betroffene erhält pflanzliche Präparate, etwa Kürbissamen und Brennnesselwurzel. Häufig werden auch selektive Alphablocker zur Reduktion des Blasenauslasswiderstands verschrieben. Mittels 5-Alpha-Reduktasehemmern kann häufig eine Verkleinerung des Prostatavolumens erreicht werden.
  • Wenn eine medikamentöse Therapie nicht erfolgreich ist, bleibt häufig nur ein operativer Eingriff. Dabei wird das übermäßige Prostatagewebe endoskopisch etwa mittels einer elektrischen Schlinge oder durch einen Laser entfernt. Bei einer sehr großen Prostata ist alternativ eine offene Operation notwendig.

Grundsätze:

  • Eine Prostatahyperplasie darf kein Tabuthema sein. Nur wenn wir über alle Symptome und Ängste offen sprechen, können wir dem Bewohner helfen.
  • Eine Harnentleerungsstörung ist keine normale Veränderung im Alter, die ohne Therapieversuch hingenommen werden sollte.

Ziele:

  • Der Bewohner ist möglichst lange in der Lage, seine Blase vollständig zu entleeren.
  • Eine sich entwickelnde Prostatahyperplasie wird erkannt.
  • Die Auswirkungen der Prostatavergrößerung auf die Lebensqualität des Bewohners werden korrekt eingeschätzt.
  • Der Betroffene kennt Risikofaktoren und Prophylaxemaßnahmen.
  • Der Bewohner wird motiviert, zeitnah einen Arzt aufzusuchen. Er erhält eine angemessene medikamentöse Therapie. Deren Wirksamkeit und Nebenwirkungen werden korrekt von uns erfasst.
  • Komplikationen als Folge der Prostatavergrößerung werden vermieden, insbesondere Harnwegsinfektionen und Nierenschädigungen.
  • Das Schamgefühl des Bewohners wird respektiert.
  • Er hat keine Schmerzen.

Vorbereitung:

Symptome

Wir achten auf Symptome, die auf eine sich entwickelnde Prostatahyperplasie hinweisen:

  • Der Betroffene verspürt mehrfach am Tag einen sehr starken Harndrang und muss die Toilette aufsuchen. Die jeweilige Harnmenge ist jedoch sehr gering. Die Nachtruhe wird von (mehrfachen) Toilettengängen unterbrochen.
  • Der Bewohner klagt darüber, dass sein Harnstrahl abgeschwächt ist. Das Wasserlassen setzt trotz Bauchpresse mit erheblicher Verzögerung ein, ist erschwert und dauert insgesamt länger. Der Betroffene berichtet von Schmerzen während des Toilettengangs.
  • Nach dem Wasserlassen kommt es zu einem Nachträufeln. Der Betroffene spürt, dass die Harnblase nicht vollständig geleert ist (sog. “Restharn”).
  • Alkoholkonsum führt zu einer Intensivierung der Beschwerden.
Maßnahmen:
  • Wenn hinreichende Anzeichen für ein benignes Prostatasyndrom vorliegen, raten wir dem Bewohner zu einer ärztlichen Untersuchung. Diese umfasst zumeist eine rektale Tastuntersuchung, eine Ultraschalldiagnostik der Prostata sowie eine Uroflowmetrie (Messung der Harnmenge und der Miktionsdauer).
  • Wir sammeln alle relevanten Informationen und stellen diese dem behandelnden Urologen zur Verfügung. Dieses ist unverzichtbar, wenn der Bewohner demenziell erkrankt ist und eine Kommunikation zwischen Arzt und Patient somit erschwert ist. Der Urologe muss umfassend über den Gesamtzustand des Betroffenen informiert sein. Dazu zählen etwa Nierenfunktionsstörungen, Herzerkrankungen sowie Allergien. Relevant ist auch eine Auflistung aller Dauermedikamente, die der Bewohner zur Therapie anderer Grunderkrankungen erhält.

Durchführung:

Beratung des Bewohners

Wir suchen den Dialog mit dem Bewohner und informieren ihn über die wichtigsten Verhaltensregeln:

  • Wir erklären dem Bewohner, dass ein mäßiges Nachlassen des Harnstrahls und vermehrte Toilettengänge mit steigendem Lebensalter kein Grund zur Sorge sind.
  • Wir verdeutlichen ihm, wie wichtig eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist. Wir raten dringend davon ab, aus Angst vor einer Inkontinenz die Trinkmenge zu verringern.
  • Eine Überdehnung der Blase ist zu vermeiden. Der Bewohner nimmt die tägliche Flüssigkeitsmenge gleichmäßig verteilt zu sich, konsumiert also keine großen Trinkmengen in kurzer Zeit.
  • Wir raten ihm, den Konsum von alkoholischen Getränken zu reduzieren oder idealerweise einzustellen.
  • Wenn der Bewohner Harndrang verspürt, sollte er zeitnah die Toilette aufsuchen. Das Wasserlassen wird nicht aufgeschoben.
  • Wir legen dem Betroffenen eine sorgfältige Intimhygiene nahe. Dieses geschieht insbesondere zur Vermeidung einer Harnwegsinfektion.
  • Der Bewohner sollte nicht zu lange sitzen; vor allem nicht auf kalten Flächen.
  • Wir raten dem Betroffenen, sich ausgewogen und ballaststoffreich zu ernähren. Etwaiges Übergewicht sollte abgebaut werden.
  • Der Bewohner sollte sich im Rahmen seiner Fähigkeiten sportlich betätigen. Wir verdeutlichen ihm, dass Sport einen großen Einfluss auf die Funktionsfähigkeit der Beckenbodenmuskulatur hat.
  • Wir ermuntern ihn, sich einer Operation zu unterziehen, wenn dieses vom behandelnden Arzt empfohlen wurde. Ein Eingriff ist spätestens dann notwendig, wenn wiederholter Harnverhalt, häufige Infekte der Harnwege sowie vermehrt Blutbeimengungen im Urin auftreten.

Pflegemaßnahmen

  • Der Bewohner soll regelmäßig die Harnblase entleeren. Er vermeidet damit eine Blasenüberdehnung.
  • Bei Verschmutzung der Kleidung mit Urin wird diese unverzüglich gewechselt.
  • Insbesondere im Winter wird der Bewohner konsequent vor Kälte geschützt. Er soll zudem den Konsum von kalten Getränken (direkt aus dem Kühlschrank) vermeiden.
  • Eine lokale Wärmebehandlung kann das Wasserlassen erleichtern, z. B. ein Sitzbad, ein warmer Waschlappen oder eine Wärmflasche auf die Blase legen.
  • Wir stellen sicher, dass der Bewohner keine zu enge Unterwäsche trägt.
  • In fortgeschrittenen Krankheitsstadien kann die Harnableitung mittels eines Blasendauerkatheters oder durch einen suprapubischen Blasenkatheter erfolgen. Die Versorgung erfolgt in beiden Fällen mittels eines Beinbeutels.
  • Alternativ zum Beinbeutel kann ein Kippventil verwendet werden. Dieses ermöglicht es, den Urin direkt aus der Blase in die Toilette abzulassen. Die Entleerung sollte tagsüber alle zwei Stunden erfolgen.
  • Ein Harnverhalt kann in jedem Stadium der Prostatahyperplasie auftreten.
  • Bei einem akuten Harnverhalt führt das Ablassen der gesamten Harnmenge mitunter zu Blutungen, da die Blasenschleimhaut zu plötzlich entlastet wurde ("Entlastungsblutung"). Diese Blutungen drohen vor allem bei einem großen Harnvolumen von mehr als 800 ml. Sinnvoll ist die schrittweise (“fraktionierte”) Entleerung um zunächst rund 500 ml.
  • Ein geregelter Stuhlgang reduziert den Druck im Bereich des Beckenbodens. Insbesondere führen wir alle Maßnahmen zur Obstipationsprophylaxe durch.

Komplikationen der Prostatahyperplasie

Wenn eine operative Behandlung zu riskant ist oder wenn der Bewohner einen Eingriff ablehnt, ist mit einem stetigen Fortschreiten der Erkrankung sowie mit Komplikationen zu rechnen. Bei einer möglichen Gesundheitsgefährdung wird zeitnah der behandelnde Arzt oder der Notarzt informiert.

  • Es kommt zu einem Harnverhalt. Der Bewohner klagt über erhebliche Schmerzen im Bauchraum bis hin zum akuten Abdomen. Die Blase ist gefüllt und deutlich tastbar.
  • Der Bewohner klagt über Beschwerden, die für eine Harnwegsinfektion typisch sind, also etwa über Schmerzen im Unterbauch, Blut im Urin sowie ein Brennen beim Wasserlassen.

Nebenwirkungen der Medikamente

  • Durch das Lesen des Beipackzettels informieren wir uns über die häufigsten Nebenwirkungen der verschriebenen Medikamente.
  • Wir legen gemeinsam mit dem Arzt fest, welche Nebenwirkungen erwartbar sind. Gleichzeitig definieren wir, ab welcher Intensität der Arzt informiert werden muss.
  • Unverzichtbar ist eine regelmäßige und engmaschige Erfassung der Vitalwerte, vor allem die Prüfung des Blutdrucks und die Erfassung der Pulsqualität.

Nachsorge nach operativen Eingriffen

  • Es ist damit zu rechnen, dass ein Bewohner nach einem operativen Eingriff relativ zeitnah aus dem Krankenhaus wieder in unsere Einrichtung zurückkehrt. Folglich ist es wichtig, den Zustand des Bewohners engmaschig zu überwachen, um potenzielle Komplikationen zu erkennen und einzuschätzen. Wir besprechen mit dem behandelnden Arzt, mit welchen kurz- und mittelfristigen Erscheinungen als Folge der Operation gerechnet werden muss. Falls wir Beobachtungen machen, die über das zu Erwartende hinausgehen, wird der Arzt oder der Notarzt informiert. Beispiele:
    • Es kommt zu erheblichen Blutbeimengungen im Urin, die die zu erwartende mäßige Rotfärbung des Harns deutlich übertreffen.
    • Nach dem Eingriff kann es zu einer Harninkontinenz kommen, die sich jedoch normalerweise einige Wochen nach der Operation zurückbildet. Ein bleibender ungewollter Harnverlust ist daher ein Anzeichen für eine unvollständige Abheilung.
    • Es kommt unvermittelt zu einem Harnverhalt.
    • Wir beobachten, dass der Bewohner unter Übelkeit, Erbrechen, Verwirrtheit und Unruhe leidet.
  • Bis zur vollständigen Abheilung des Wundgebiets sollte sich der Bewohner körperlich schonen. Die Teilnahme an unserer Sport- und Gymnastikgruppe ist erst nach vorheriger ärztlicher Erlaubnis möglich.
  • Der Bewohner soll keine schweren Gegenstände mit einem Gewicht von mehr als fünf Kilogramm heben. Zudem ist es sinnvoll, den Aufzug und nicht die Treppe zu nutzen. Die Verwendung eines Fahrradheimtrainers sollte unterbleiben.
  • Die Maßnahmen im Rahmen der Obstipationsprophylaxe werden fortgesetzt, um dem Bewohner beim Stuhlgang das Pressen zu ersparen.
  • Insbesondere bei umfangreichen operativen Eingriffen ist ein langsamer Kostaufbau notwendig. Auch hier halten wir Rücksprache mit dem behandelnden Arzt.
  • Bei erheblichen postoperativen Beschwerden erhält der Bewohner ggf. die ärztlich verschriebene Bedarfsmedikation an Schmerzmitteln.
  • Sofern der Bewohner durch eine offene Operation versorgt wurde, wird das Wundgebiet auf Veränderungen überwacht. Dieses erfolgt insbesondere im Rahmen des Verbandwechsels.
  • Es ist uns bewusst, dass viele Betroffene nach einer Operation um ihre Potenz fürchten, dieses aber gegenüber einer (weiblichen) Pflegekraft nicht thematisieren werden. Wir stehen daher dem Bewohner jederzeit für ein Gespräch zur Verfügung. Ideal ist dafür eine männliche Pflegekraft.

Nachbereitung:

Prognose

  • Es ist damit zu rechnen, dass ein unbehandeltes Prostatasyndrom immer weiter fortschreitet. Allerdings geschieht dieses häufig so langsam, dass ein Bewohner auch im hohen Alter keine gravierenden Beschwerden verspüren wird.
  • Nach einer Operation hat der Bewohner gute Aussichten auf eine umfassende Linderung der Beschwerden.
  • Nach dem Eingriff ist vorübergehend mit Inkontinenz zu rechnen. Diese kann jedoch per Beckenbodengymnastik wirksam therapiert werden.
  • Die Potenz bleibt in 90 Prozent der Fälle erhalten.
  • In 60 bis 90 Prozent der Fälle ist der Betroffene aufgrund einer retrograden Ejakulation unfruchtbar. Das Ejakulat ergießt sich dann in die Blase und wird mit dem Harn ausgeschieden.

weitere Maßnahmen

  • Alle Leistungen werden dokumentiert.
  • Ggf. wird die Pflegeplanung / Maßnahmenplanung aktualisiert.
  • Relevante Beobachtungen werden dem Hausarzt und der Pflegedienstleitung weitergemeldet.
  • Die Ergebnisse und Erfahrungen werden regelmäßig in Fallbesprechungen und in der Dienstübergabe diskutiert.
  • Die Existenz einer benignen Prostatahyperplasie darf nicht dazu führen, dass alle urologischen Auffälligkeiten darauf zurückgeführt werden. Der Bewohner wird dazu animiert, regelmäßig den Urologen für eine Prostatakarzinomprophylaxe aufzusuchen. Dieses ist auch nach einer Prostataresektion notwendig, da sich auch in der Prostatakapsel oder im verbleibenden Prostatagewebe ein Krebsgeschwür bilden kann.

Dokumente:

  • Pflegeplanung / Maßnahmenplanung
  • Durchführungsnachweis
  • Berichtsblatt
  • Vitalzeichenkontrollblatt

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Pflegekräfte



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