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Standard
"Rasselatmung und
Atemnot im Sterbeprozess"
Das
rasselnde Geräusch bei jedem Atemzug verfolgt Angehörige oft noch Jahre
nach dem Tod eines Senioren. Um der Familie dieses Trauma zu ersparen,
werden Sterbende abgesaugt und mit Medikamenten samt Sauerstoff
behandelt. Für Betroffene ist das zumeist eine unnötige Quälerei.
Standard "Rasselatmung und
Atemnot im Sterbeprozess"
Definition:
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Im Sterbeprozess verlieren viele Senioren die
Fähigkeit, das produzierte Atemwegssekret und den angesammelten
Speichel wie üblich abzuhusten oder zu schlucken. Es kommt daher
insbesondere in den letzten Lebenstagen und -stunden zu einer
geräuschvollen Rasselatmung.
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Umgangssprachlich wird diese
Geräuschentwicklung auch "Todesrasseln" oder "terminales Rasseln"
genannt. Wir nutzen diese Begriffe nicht.
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Die Rasselatmung tritt bei 60 bis 90 Prozent
der Sterbenden auf; dieses zumeist in den letzten 72 bis 48 Stunden vor
dem Tod.
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Für viele Angehörige stellt das Todesrasseln
eine erhebliche emotionale Belastung dar. Sie glauben, dass der
Bewohner qualvoll erstickt. Dieses ist jedoch i.d.R. nicht der Fall.
Die Rasselatmung ist kein Zeichen von Atemnot. Bei den meisten
Betroffenen kommt es überdies als Folge der hohen Konzentration von
Kohlendioxid im Blut zu einer Bewusstseinseintrübung. Sie werden eine
Behinderung der Atmung daher nicht oder nur sehr eingeschränkt
wahrnehmen.
Grundsätze:
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Uns ist bewusst, dass die Rasselatmung für
Angehörige verstörend sein muss. Es widerspricht aber unserem
Verständnis einer bewohnerorientierten Versorgung, wenn wir auf diese
Ängste mit unreflektiertem Aktionismus reagieren.
Ziele:
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Die Rasselatmung wird gelindert oder behoben,
ohne den Sterbeprozess durch vermeidbare Pflegemaßnahmen zu stören.
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Die Gefühle und die Ängste der Angehörigen
werden ernst genommen.
Vorbereitung:
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Sofern der Bewohner zu seiner Situation
orientiert ist, ermuntern wir ihn frühzeitig, seine letzten
Angelegenheiten zu regeln. Sehr wichtig ist es, eine Patientenverfügung
aufzusetzen oder diese zu aktualisieren. Wir fragen den Bewohner, ob er
lebensverlängernde Maßnahmen wünscht.
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Wir suchen frühzeitig den Kontakt mit dem
behandelnden Arzt und bitten diesen um die Verschreibung der
notwendigen Wirkstoffe. Die medikamentöse Linderung der Beschwerden
sollte möglichst zu Beginn des Sterbeprozesses einsetzen. Insbesondere
sekretionshemmende Arzneimittel zeigen die gewünschte Wirkung erst nach
einigem zeitlichen Vorlauf.
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Der Zustand des Bewohners im Sterbeprozess wird
engmaschig überwacht. Hinsichtlich der Atmung sind vor allem folgende
Faktoren relevant:
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Gesichtsausdruck und Mimik
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Hautfarbe
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Wachheit
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Atemgeräusche
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Atemtiefe und Atemfrequenz
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Speichelfluss
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Wenn der Bewohner mutmaßlich als Folge der
Rasselatmung unruhig, angespannt und gequält wirkt, sind pflegerische
und medikamentöse Maßnahmen zur Linderung einzuleiten. Ansonsten
greifen wir nicht ein.
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(Hinweis: In der Praxis werden oftmals dennoch
Medikamente verschrieben und appliziert. Dieses aber weniger aus Sorge
um den Patienten, sondern um verängstigte Angehörige zu beruhigen.
Dieses ist nicht völlig widersinnig, da entspannte Familienmitglieder
beruhigend auch auf den Sterbenden einwirken.)
Durchführung:
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Wir prüfen, ob eine angenehme Lagerung die
Atmung unterstützt:
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Der Bewohner wird in eine leichte
Oberkörperhochlagerung gebracht. Die Arme werden unterlagert, um die
Schultern zu entlasten. Das Fußende wird leicht gesenkt.
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Alternativ wird der Bewohner in eine
Seitenlagerung gebracht. Ggf. wird der Oberkörper leicht erhöht
positioniert, indem das Kopfende des Bettes etwas angehoben wird.
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Möglich ist auch eine Seitenlagerung bei
flachem Kopfende. Oft kann der Schleim dann aus dem Mund herausfließen.
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In einigen Fällen hilft es dem Bewohner, wenn
die Fenster geöffnet werden oder wenn ein kleiner Tischventilator auf
ihn gerichtet wird.
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Das Zimmer wird kühl gehalten. Unangenehme
Gerüche sollten vermieden werden.
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Wir stellen sicher, dass die Atmung des
Bewohners nicht durch einengende Kleidung behindert wird.
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Wir prüfen, ob der Bewohner abgesaugt werden
soll.
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Wenn die Atmung des Bewohners stark
beeinträchtigt wird und z.B. eine Zyanose auftritt, saugt die
Pflegekraft den Mundraum und den oberen Atemtrakt ab.
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Tieferes endotracheales Absaugen sollte
vermieden werden. Es ist für Sterbende eine große Qual. Überdies kann
die Schleimhaut verletzt oder gereizt werden.
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Das Absaugen ist auch deshalb wenig effektiv,
weil sich der Schleim rasch nachbildet.
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Mit fortschreitender Dehydratation lindert sich
das Rasseln, da sowohl die Speichelproduktion als auch die
Sekretproduktion im Rachen und in den Bronchien abnehmen. Überdies
reduziert der Flüssigkeitsmangel ein etwaiges Lungenödem und die
Atemnot.
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Wir beruhigen Angehörige, die vom Rasseln
erschreckt sind. Wir verdeutlichen ihnen, dass das Rasseln nicht
zwangsläufig auch zur Atemnot führt. Dieses kann daran abgelesen
werden, dass die Gesichtszüge des Bewohners trotz des Rasselns
entspannt wirken. Auch die Atemfrequenz ist meistens recht langsam und
gleichmäßig. Beides wäre bei Atemnot nicht der Fall.
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Bei Atemnot und bei sichtbarer Zyanose kann der
Bewohner Sauerstoff erhalten. Die Sauerstoffapplikation sollte nach
Möglichkeit nicht permanent erfolgen, sondern auf Situationen mit
erhöhtem Sauerstoffbedarf beschränkt bleiben; also etwa Schmerzattacken
oder anstrengende Mobilisierungen. Sauerstoff sollte nicht lediglich
dazu verabreicht werden, um Angehörige zu beruhigen.
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Problematisch ist der Teufelskreis aus Atemnot,
Angst und noch mehr Atemnot. In Absprache mit dem behandelnden Arzt
erhält der Bewohner daher Morphin. Dieses reduziert die Atemarbeit und
die Atemfrequenz. Morphin steigert die Atemtiefe und die Ventilation
der Lungenbläschen. Durch die Dämpfung des Atemzentrums wird die
gefühlte Atemnot gelindert. Gleichzeitig erhöht der Wirkstoff die
Toleranz gegenüber den gesteigerten Kohlendioxidwerten.
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Die Dosierung des Morphins basiert auf dem
Prinzip des Ausprobierens. Die Dosis ist also dann richtig, wenn der
gewünschte Effekt eintritt. Zumeist werden für die Linderung der
Atemnot 50 bis 70 Prozent der Wirkstoffmenge benötigt, die für eine
Schmerztherapie erforderlich wäre.
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Die Applikation des Morphins erfolgt über
Wirkstoffpflaster. Problematisch sind die in der Sterbephase oftmals
gesteigerte Schweißproduktion und die verminderte Hautdurchblutung, da
diese die Aufnahme des Wirkstoffs stören. Wir nutzen dann alternative
Verabreichungswege, wie etwa eine Injektion.
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Überdies bieten sich verschiedene Medikamente
wie etwa Scopolamin-Pflaster an. Diese hemmen die Schleimabsonderung in
den Atemwegen. (Hinweis: Der therapeutische Wert ist umstritten.)
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Bei einigen Sterbenden mit Atemnot ist die
Verabreichung von angstlösenden Medikamenten sinnvoll. Falls der
Bewohner gleichzeitig unter Husten leidet, applizieren wir einen
Hustenblocker.
Nachbereitung:
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Bei einem Großteil der Sterbenden kommt es zu
einer sog. "terminalen CO2-Narkose". Der Bewohner erstickt also nicht
bei vollem Bewusstsein, sondern schläft zuvor ein. Die
Kohlendioxidkonzentration steigt, die Sauerstoffsättigung sinkt und der
Bewohner verstirbt.
Dokumente:
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Pflegebericht
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Medikamentenblatt
Verantwortlichkeit
/ Qualifikation:
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