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Standard "Soor- und Parotitisprophylaxe"

Soor und Parotitis bringen einen Pflegebedürftigen nicht um. Zumindest nicht direkt. Doch wenn jeder Bissen und jede Kaubewegung schmerzen, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis ein Erkrankter massiv an Gewicht und an Lebenswillen verliert.


Standard "Soor- und Parotitisprophylaxe"


Definition:

Soor:

  • In der Mundhöhle existieren sowohl Hefepilze als auch mehr als 500 Bakterienarten. Da sich Hefepilze und Bakterien in ihrem Wachstum gegenseitig hemmen, entsteht ein Gleichgewicht. Weder Pilze noch Bakterien können sich ungebremst vermehren.
  • Dieses Gleichgewicht kann durch externe Einflüsse gestört werden. Etwa:
    • Antibiotikaeinnahme
    • Mangel- und Fehlernährung
    • reduzierter Speichelfluss
    • Tumore
    • Diabetes mellitus
    • AIDS und ähnliche Grunderkrankungen
    • Immunsuppressiva- oder Zytostatikabehandlung
  • Ein weiterer Faktor bei der Entstehung von Soor ist mangelnde Mundpflege insbesondere bei schwerstpflegebedürftigen, bei dementen oder bei sedierten Bewohnern.
  • In der Folge nehmen die Hefepilze überhand. Es entsteht Soor, also eine Pilzerkrankung (Mykose) der Schleimhäute im Mund oder in der Speiseröhre.
  • Ein Befall lediglich der Mundschleimhaut ist störend, aber nicht gefährlich. Erst wenn sich die Infektion in den Verdauungstrakt oder in die Atemwege ausbreitet, ist mit massiven Beschwerden zu rechnen. Besonders bedrohlich ist Soor für abwehrgeschwächte Bewohner, etwa bei AIDS. Hier kann es zu einer Fungämie kommen, also zum Eindringen der Pilze in die Blutbahn.
Parotitis
  • Ein Mensch verfügt über drei Speicheldrüsenpaare: die Ohrspeicheldrüsen, die Unterkieferspeicheldrüsen und die Unterzungendrüsen. Diese bilden kontinuierlich den Mundspeichel und geben ihn an die Mundhöhle ab, insbesondere bei der Nahrungsaufnahme.
  • Durch den kontinuierlichen Speichelfluss werden Bakterien aus den Ausführungsgängen herausgeschwemmt, noch bevor sie in die Drüsen eindringen können. Wenn die Speichelsekretion gehemmt wird, fällt diese Schutzfunktion weg.
  • "Parotitis" bezeichnet eine Entzündung der Ohrspeicheldrüse (Glandula parotidea).
Da Soor und Parotitis durch ähnliche Faktoren ausgelöst oder begünstigt werden, sind beide in einem Prophylaxestandard zusammengefasst.

Grundsätze:

  • Eine fundiert durchgeführte Soor- und Parotitisprophylaxe lohnt sich. Die meisten dafür notwendigen Vorsorgemaßnahmen sind ohnehin Bestandteil der täglichen pflegerischen Tätigkeit. Mit vergleichsweise geringem Mehraufwand können folglich zwei Erkrankungen abgewendet werden. Wir ersparen dem Bewohner damit unnötige Beschwerden. Überdies wäre eine Therapie für uns mit einer erheblichen Arbeitsbelastung verbunden.
  • Der Kooperationswille des Bewohners ist entscheidend für den Erfolg der Therapie. Dafür müssen der Bewohner und seine Angehörigen jedoch umfassend beraten werden.
  • Soor und Parotitis sind für sich betrachtet keine gefährlichen Erkrankungen. Unterbleibt jedoch eine angemessene Therapie, wird die Nahrungsaufnahme massiv behindert. Die unvermeidliche Folge sind ein Gewichtsverlust und eine gesteigerte Anfälligkeit für Druckgeschwüre und andere Komplikationen.

Ziele:

  • Das Erkrankungsrisiko jedes Bewohners wird korrekt erfasst. Aus den Ergebnissen werden wirksame Prophylaxemaßnahmen abgeleitet und umgesetzt.
  • Der Bewohner erkrankt weder an Soor noch an Parotitis.
  • Die Speichelsekretion wird erhalten und gefördert, insbesondere dann, wenn der Bewohner oral keine Nahrung mehr zu sich nimmt.
  • Der Bewohner hat keine Schmerzen. Vor allem kann er Nahrungsmittel und Getränke beschwerdefrei zu sich nehmen.
  • Der Bewohner trinkt ausreichend.
  • Die Zunge und die Mundschleimhäute weisen keine Defekte auf. Sie bleiben gesund und geschmeidig.
  • Die Mundhöhle und die Zunge sind frei von Belägen.
  • Die Kautätigkeit wird angeregt.
  • Die Ohrspeicheldrüsen schmerzen nicht und sind nicht geschwollen.
  • Beginnende Infektionen werden frühzeitig und korrekt erkannt.
  • Ärztlich verordnete Antimykotika werden korrekt verabreicht. Die Pilzerkrankung wird erfolgreich bekämpft.

Vorbereitung:

Prüfung der Risikofaktoren

Wir prüfen, welche Risikofaktoren vorliegen. Je mehr davon zutreffen, umso größer ist das Risiko, dass der Bewohner an Soor oder an Parotitis erkrankt.

  • Der Bewohner kaut wenig. Dieses etwa, weil er oral keine Nahrung zu sich nehmen kann oder weil er keinen Appetit hat.
  • Der Bewohner leidet an Diabetes mellitus. Die Stoffwechselerkrankung ist nur unzureichend eingestellt.
  • Aufgrund einer Grunderkrankung sind die Kau- und die Schluckfähigkeiten des Bewohners beeinträchtigt.
  • Der Mundraum ist häufig ausgetrocknet, weil der Bewohner dehydriert ist. Dieses etwa als Resultat von unzureichendem Flüssigkeitskonsum.
  • Der Mundraum ist häufig ausgetrocknet, weil der Bewohner durch den Mund atmet, weil er schnarcht oder Sauerstoff erhält.
  • Der Bewohner leidet unter großflächigem Kariesbefall als Folge unzureichender Mundhygiene.
  • Der Bewohner leidet unter einer Erkrankung im Mundraum, die lokal mit Kortison oder mit Antibiotika behandelt wird.
  • Der Bewohner hat eine Grunderkrankung, die zu einer Schwächung des Immunsystems führt. Er leidet etwa an HIV/AIDS oder an einer Krebserkrankung, die mittels Bestrahlung therapiert wird.

Allgemeine Maßnahmen

  • Bei Bewohnern mit einem erhöhten Risiko wird die Mundhöhle einmal täglich inspiziert.
  • Bei dementen Senioren rechnen wir stets damit, dass sich diese bei etwaigen Beschwerden im Mundraum nicht verbal äußern können. Wir achten daher insbesondere auf eine Ablehnung von Speisen und von Getränken, die der Pflegebedürftige sonst gerne konsumiert hat.
  • Wenn Bewohner sich gegen alle Prophylaxemaßnahmen sperren, versuchen wir, sie mit Empathie und mit Freundlichkeit zur Kooperation zu bewegen. Die Mundhöhle wird unter keinen Umständen gewaltsam geöffnet.
  • Wir kündigen jede Maßnahme dem Bewohner mit Worten, Gesten oder Berührungen an. Dieses geschieht unabhängig davon, ob ein schwer dementer Bewohner dieses verstehen kann oder nicht.

Symptome einer Parotitis

Wir achten auf die typischen Symptome einer Parotitis. Meistens tritt die Erkrankung nur einseitig auf. Die Symptome können also leicht erkannt werden, wenn die Pflegekraft beide Gesichtshälften miteinander vergleicht.

  • Der Ausgang der Ohrspeicheldrüse ist gerötet.
  • Die Speicheldrüse ist geschwollen. Dieses ist auch von außen sichtbar und fühlbar. Die Haut über der Ohrspeicheldrüse ist gerötet und heiß.
  • Ein Ohrläppchen steht ungewöhnlich ab.
  • Der Bewohner klagt über Schmerzen, wenn er den Mund öffnet oder Nahrung kauen möchte. Im Extremfall kann es zur sog. "Kieferklemme" kommen. Der Ober- und der Unterkiefer können dann nicht mehr bewegt werden.
  • Die Körpertemperatur kann erhöht sein.

Symptome einer Soorinfektion

Wir achten auf die typischen Symptome einer Soorerkrankung:

  • Im Mundraum sind weißliche Beläge sichtbar, insbesondere an der Wangenschleimhaut, an der Zunge sowie in der Speiseröhre.
  • Die Beläge treten entweder als kleine, runde Herde auf oder als großflächige Plaques.
  • Die Beläge lassen sich im Frühstadium abwischen. Im weiteren Verlauf führt das Entfernen des Belages zu Blutungen.
  • Unter den Belägen sind stark entzündliche Rötungen sowie Erosionen sichtbar.
  • Der Bewohner klagt über Schmerzen bei der Nahrungsaufnahme.
  • Der Bewohner hat Mundgeruch.

Durchführung:

Sicherstellung der Flüssigkeitszufuhr

  • Eines der ersten Symptome eines Flüssigkeitsmangels ist die Austrocknung des Mundraumes. Ausgetrocknete Schleimhäute in der Mundhöhle sind jedoch sehr anfällig für Infektionen. Daher ist die Vermeidung bzw. die Beseitigung einer Dehydratation ein wichtiges Element der Soor- und Parotitisprophylaxe.
  • Wir erfassen die Flüssigkeitsaufnahme des Bewohners und leiten diesen zum ausreichenden Trinken an. Gleichzeitig schätzen wir zum Vergleich die Wasserverluste ein und versuchen diese ggf. zu verringern. Die Details sind im Pflegestandard "Dehydratationsprophylaxe" beschrieben.
  • Wir achten auf die typischen Symptome einer sich entwickelnden Dehydratation. Gemeinsam mit dem behandelnden Arzt leiten wir die notwendigen Maßnahmen ein, um die Austrocknung zu kompensieren.

Stimulation des Speichelflusses

Bei vielen Senioren ist der Speichelfluss zu gering, um Keime aus den Speicheldrüsen zu spülen. Wir treffen Maßnahmen, um die Speicheldrüsen zu einer gesteigerten Sekretion anzuregen.

  • Der Anblick, der Geruch oder der Geschmack von Speisen löst bei den meisten Menschen die Speichelproduktion aus. Der bei Weitem effektivste Aromaträger ist die Zitrone, also deren Saft oder halbierte Zitronenscheiben.
  • Ggf. träufelt die Pflegekraft einige Tropfen Zitronensaft auf die Zunge des Bewohners. Möglich ist auch die Nutzung von "Lemon-Sticks", also von fertigen Zitronenstäbchen.
  • (Hinweis: Die Nutzung von Zitrone ist umstritten, da die Säure angeblich die Schleimhäute austrocknen soll. Überdies wird die Zahnsubstanz durch die Säure angegriffen.)
  • Alternativ zur Zitrone können andere saure Obstsorten oder saure (zuckerfreie) Bonbons genutzt werden.

  • Der Impuls zur Speichelsekretion kann auch durch das gezielte Massieren und Ausstreichen ausgelöst werden. Die Pflegekraft streicht mit zwei Fingern von der Speicheldrüse in Richtung des Ausführungsganges. Die Bewegung führt also - grob gesagt - vom Ohr in Richtung Mund / Kinn. Möglich sind auch kreisende Bewegungen.
  • Ein ähnlich anregender Effekt wird häufig auch durch Wärmeanwendungen ausgelöst. Wir nutzen insbesondere feucht-warme Umschläge.

Anregung der Kautätigkeit

  • Ein wichtiger Anreiz zur Speichelsekretion wird durch das Kauen von Nahrung gesetzt. Dieser Impuls ist bei einigen Senioren unterentwickelt, etwa weil sie aufgrund von Schluckstörungen ihre Nahrung per PEG erhalten.
  • Bei vielen Erkrankten ist es hilfreich, wenn diese Dörrobst, trockenes Brot, Brotrinde oder zuckerfreies Kaugummi kauen. (Hinweis: Bei demenziell erkrankten Senioren ist Kaugummi nicht sinnvoll.)
  • Auch das Kauen von Kaubonbons ist unter Abwägung des Aspirationsrisikos ggf. sinnvoll.
  • Der Bewohner soll Kaubewegungen ausführen, obwohl er keine Nahrung zu sich nimmt.
  • Ein Bewohner erhält passierte Kost erst dann, wenn ihm das Kauen komplett unmöglich ist.

Durchführung des Schlucktrainings

  • Stehende Sekrete im Mundraum sind ein Keimreservoir. Viele Senioren sind aufgrund einer Grunderkrankung (z.B. Apoplexie) nicht in der Lage, diese Sekrete zu schlucken oder auszuspucken.
  • Wir führen nach Absprache mit dem Logopäden ein Schlucktraining durch.
  • Ist dennoch ein ausreichender Abfluss nicht möglich, muss eine häufigere Mundpflege erfolgen. Ggf. ist das Sekret abzusaugen.

Beratung des Bewohners

  • Die Beratung des Bewohners und seiner Angehörigen ist wichtig, um eine Änderung von schädlichem Verhalten zu erwirken und um die Kooperationsbereitschaft zu verbessern.
  • Wir machen den Bewohner darauf aufmerksam, dass er sich im Rahmen seiner Fähigkeiten an der Mundpflege beteiligen sollte.
  • Wichtig ist auch ein ausreichender Flüssigkeitskonsum sowie - sofern möglich - eine orale Nahrungsaufnahme.
  • Der Bewohner soll den übermäßigen Konsum von süßen Speisen und Getränken einschränken.
  • Wir raten Bewohnern von der Verwendung von eigenen Mundwässern und Mundsprays ab, da der Einsatz dieser Mittel keinen medizinischen Nutzen bringt, sondern lediglich schlechten Atem überdeckt.
  • Allen Bewohnern wird empfohlen, regelmäßig einen Zahnarzt aufzusuchen.
  • Der Bewohner wird gebeten, sich bei Schmerzen im Bereich der Ohrspeicheldrüse umgehend bei der Pflegekraft zu melden.

Nachbereitung:

Therapie einer Parotitis

  • Sofern eine Parotitis durch Prophylaxemaßnahmen nicht verhindert werden kann, wird der Bewohner einem Arzt vorgestellt.
  • Eine Parotitis kann durch Mundspülungen und Mundpflege mit entzündungshemmenden Lösungen therapiert werden.
  • Ggf. ist die Applikation von Antibiotika erforderlich.
  • Falls alle Alternativen erschöpft sind, ist ggf. ein operativer Eingriff angezeigt.

Therapie einer Soorerkrankung

  • Sofern eine Soorerkrankung durch Prophylaxemaßnahmen nicht verhindert werden kann, wird der Bewohner einem Arzt vorgestellt.
  • Die Soorerkrankung kann durch die lokale Applikation eines Antimykotikums therapiert werden. Innerhalb der ersten 30 Minuten nach der Anwendung darf der Bewohner weder essen noch trinken.
  • In Sonderfällen ist auch die Einnahme eines systemisch wirkenden Antimykotikums angezeigt.
  • Der Bewohner soll Einmalzahnbürsten benutzen. Alternativ wird die Zahnbürste in ein Schleimhautdesinfektionsmittel eingelegt.
  • Zahnprothesen werden nach der mechanischen Reinigung über Nacht mit einem farblosen Schleimhautdesinfektionsmittel behandelt. Alternativ werden Reinigungstabletten mit fungizider Wirkung genutzt.
  • Nach dem Abklingen der Erkrankung ist es erforderlich, die Prophylaxemaßnahmen zu intensivieren. Ansonsten ist mit einem erneuten Auftreten der Infektion zu rechnen.

Dokumente:

  • Berichtsblatt
  • Leistungsnachweis

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • Pflegefachkraft



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