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Standard "Konflikt zwischen Bewohnern und Angehörigen" (stationär)

Feine Antennen braucht es bisweilen, wenn die "Chemie" zwischen pflegebedürftigen Senioren und deren Angehörigen nicht stimmt. Mal klammert sich der alte Mensch an seine desinteressierten Verwandten. Mal zeigt der klamme Enkel großes Interesse für Großmutters Geldbörse. Abwarten oder eingreifen? Und wann ja, wie? In einem Standard können Sie das Vorgehen für die häufigsten Problemfälle festlegen.


Standard "Konflikt zwischen Bewohnern und Angehörigen" (stationär)


Definition:

  • Das Verhältnis zwischen Angehörigen und Bewohnern gilt dann als "gestört", wenn eine Seite durch das Verhalten der anderen Seite wiederholt einen Schaden erleidet. Dieses umfasst:
    • finanzielle Nachteile (Betrug oder Diebstahl)
    • verbale Kränkungen (Beschimpfungen oder Drohungen)
    • körperliche Verletzungen (Schläge oder Tritte)
  • Aufgrund des Wohn- und Betreuungsvertrags sind wir verpflichtet, den Bewohner vor körperlichen und vor verbalen Übergriffen zu bewahren. Dieses umfasst insbesondere aggressives Verhalten von Angehörigen und von Besuchern. Wir sind also verpflichtet, Schutzmaßnahmen zu ergreifen, wenn mit Tätlichkeiten zu rechnen ist. Dieses ist etwa der Fall, wenn ein Angehöriger Gewalt androht oder bereits einmal ausgeübt hat.
  • Unvorhergesehene Übergriffe von Besuchern und von Angehörigen können wir jedoch nicht verhindern, da dieses eine komplette Überwachung aller sozialen Kontakte des Bewohners erfordern würde.
  • Es ist zu beachten, dass der Bewohner sein Zimmer als Wohnraum gemietet hat. Es gilt die Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG. Der Bewohner hat also einen Anspruch darauf, dass unerwünschte Zutritte sowie Störungen seiner Privatsphäre unterbunden werden. Gleichzeitig hat er das Recht, Besucher in seiner Wohnung zu empfangen, wenn er dieses wünscht.

Grundsätze:

  • Das Verhältnis zwischen Angehörigen und dem Bewohner ist eine Privatangelegenheit. Aus kleineren Konflikten ohne langfristig nachteilige Effekte auf den Pflegebedürftigen halten wir uns heraus.
  • Wir versuchen stets, einen Interessenausgleich zwischen Angehörigen und dem Bewohner zu erreichen. Im Zweifelsfall aber werden wir uns stets auf die Seite des Pflegebedürftigen stellen und seine Interessen vertreten.
  • Alle bewohnerbezogenen Informationen unterliegen der Schweigepflicht. Wenn allerdings das Leben, die Gesundheit oder das Vermögen unserer Bewohner bedroht werden, sind wir dazu gezwungen, die Verschwiegenheit zu brechen. Unsere Berufsethik verbietet es, dem Pflegebedürftigen durch Unterlassen zu schaden. Mögliche Gründe etwa für eine Anzeige bei der Polizei sind:
    • Der Bewohner wird körperlich misshandelt.
    • Die Unselbstständigkeit des Pflegebedürftigen wird ausgenutzt, um ihm finanziell zu schaden.
  • Gravierende Vorfälle, besonders mögliche Gewalt- oder Vermögensdelikte, werden sofort an die Pflegedienstleitung und an die Heimleitung gemeldet.

Ziele:

  • Zwischen den Angehörigen und dem Bewohner herrscht ein entspanntes Verhältnis.
  • Kleine Meinungsverschiedenheiten lösen die Angehörigen und der Bewohner ohne Einmischung von Außen.
  • Der Bewohner ist in der Lage, eine angemessene Beziehung zu seinen Angehörigen zu pflegen. Er macht sich bewusst, welche Faktoren die Beziehung zu seinen Angehörigen beeinflussen. Er sucht Ursachen für Konflikte auch bei sich selbst.
  • Der Bewohner erkennt, dass beide Seiten ihre Freiräume benötigen. Er ist in der Lage, ein eigenständiges Leben zu führen, ohne auf permanente Unterstützung durch seine Angehörigen angewiesen zu sein.
  • Der Pflegebedürftige verkraftet es, wenn sein Wunsch nach Kontakt von seinen Angehörigen zurückgewiesen wird.
  • Der Bewohner ist sicher vor jedweder Form der Gewalt durch Angehörige. Er kann über seine Geldmittel und über seine Sachwerte eigenständig entscheiden.

Vorbereitung:

Organisation und Schulung

  • Bei der Zuweisung der Bezugspflegekräfte achten wir darauf, dass Senioren mit einem konfliktbeladenen Sozialumfeld gerecht verteilt werden.
  • Probleme in den Beziehungen zwischen Bewohnern und deren Angehörigen werden regelmäßig in den Fallbesprechungen thematisiert.
  • Das richtige Verhalten von Pflegekräften bei Beziehungsstörungen wird regelmäßig auch mittels Rollenspielen trainiert.

Durchführung:

Kommunikation mit Angehörigen und mit Bewohnern

  • Wir nehmen uns ausreichend Zeit und wählen für das Gespräch eine ruhige Umgebung. Wenn wir mit den Angehörigen heikle Themen zu besprechen haben, so wird dafür der Besprechungsraum und nicht das Bewohnerzimmer gewählt.
  • Falls notwendig vereinbaren wir frühzeitig einen Termin für das Gespräch mit den Angehörigen.
  • Smartphones, schnurlose Telefone und Festnetztelefone werden für die Dauer des Gesprächs umgeleitet.
  • Wir informieren den Angehörigen umfassend über die Problematik, soweit der Bewohner dieses zuvor erlaubt hat.
  • Wir vermeiden Fachbegriffe, bzw. erklären diese auf verständliche Weise.
  • Wir vermeiden
    • beruhigende Floskeln ("Ihr Vater ist bei uns gut aufgehoben") und
    • Abspeisungen ("Wir verstehen von der Pflege mehr als Sie").
  • Wir stellen keine Suggestivfragen ("Sie sind doch mit der Pflege Ihres Vaters zufrieden, oder?").

Problem: Der Angehörige hat ein schlechtes Gewissen, weil er den Pflegebedürftigen in eine Einrichtung gebracht hat, statt ihn selbst zu versorgen.

  • Wir suchen das Gespräch mit dem Angehörigen. Wir versichern, dass die Entscheidung richtig war, den alten Menschen stationär betreuen zu lassen. Wir führen ihm vor Augen, dass die Situation vorher für beide Seiten unerträglich war. Die wichtigsten Argumente:
    • Die körperliche Belastung war enorm, etwa beim Waschen oder beim Betten des Pflegebedürftigen. Mögliche Folgen sind Erkrankungen an der Wirbelsäule.
    • Die zeitliche Belastung stieg stetig. Der Angehörige musste rund um die Uhr verfügbar sein. Insbesondere die fehlende Nachtruhe zehrte die Kräfte auf.
    • Die eigenen sozialen Kontakte verkümmern zusehends. Freunde wenden sich ab. Insbesondere demenzielle Erkrankungen sollen nicht nach außen dringen; die Pflegenden isolieren sich und den Angehörigen selbst.
    • Eigene Zukunftspläne können nicht umgesetzt werden, sei es die berufliche Karriere oder das eigene persönliche Glück.
    • Der wechselnde Krankheitsverlauf zermürbt zusätzlich. Mal ist der Pflegebedürftige fast wieder der Alte, mal verschlechtert sich der Zustand. Der Angehörige schwankt ständig zwischen Hoffnung und Verzweiflung.
  • Wir halten auf Wunsch den Angehörigen stetig über den Gesundheitszustand des Bewohners auf dem Laufenden.

Problem: Der Bewohner wird von Angehörigen überbehütet.

  • Wir versuchen, den Bewohner in seiner Selbstständigkeit und in seinem Selbstwertgefühl zu bestärken. Wir übertragen ihm Aufgaben und Verantwortung, etwa:
    • die Zuständigkeit für Teile des Gartens
    • die Pflege eines Haustiers
    • die Leitung einzelner Freizeitaktivitäten
  • Wir suchen den Dialog mit dem Bewohner sowie mit seinen Angehörigen und vermitteln, sofern möglich.
  • Soweit dieses von beiden Seiten gewünscht wird, bleiben wir bei den Besuchen anwesend und greifen ggf. regulierend ein.

Problem: Der Bewohner zeigt sich an einer konstruktiven Beziehung zu seinen Angehörigen nicht interessiert.

  • Wir erklären dem Bewohner, welche Folgen seine Ablehnung hat:
    • Die Angehörigen sind frustriert und werden irgendwann den Kontakt abbrechen.
    • Er selbst wird dadurch langfristig wichtige soziale Kontakte verlieren.
  • Wir klären mit dem Bewohner, wie der nächste Besuch der Angehörigen verlaufen soll. Insbesondere regen wir den Pflegebedürftigen an, sich offener und freundlicher zu verhalten. Also:
    • auf die Wortwahl achten
    • gegenseitigen Respekt zeigen
    • höflich sein
    • auch bei Meinungsverschiedenheiten sachlich bleiben
    • den anderen ausreden lassen und aktiv zuhören
    • Schuldzuweisungen vermeiden
  • Gemeinsam mit dem Bewohner versuchen wir zu klären, welche Erwartungen seine Angehörigen haben. Danach diskutieren wir, welche Wünsche der Pflegebedürftige erfüllen möchte und welche nicht.
  • Auf Wunsch des Bewohners unterstützen wir ihn bei der Kontaktaufnahme. Dieses umfasst:
    • Anwesenheit, wenn der Pflegebedürftige seine Angehörigen anruft
    • Hilfe beim Verfassen eines Briefs oder einer eMail
    • Lösungswege für Konflikte herauszuarbeiten.
  • Wir suchen den Dialog mit den Angehörigen und bieten unsere Hilfe an.
  • Falls der Bewohner trotz der Beratung keinen Kontakt zu seinen Angehörigen möchte, setzen wir diesen Wunsch durch und unterbinden weitere Besuche und Kontaktaufnahmen.

Problem: Der Bewohner klammert sich an seine Angehörigen. Er sucht in einem Maß nach Kontakt und nach Zuwendung, das die Angehörigen als übertrieben empfinden.

  • Wir suchen das Gespräch mit dem Bewohner und führen ihm vor Augen, welche Folgen sein Verhalten hat. Insbesondere machen wir ihm bewusst, dass er damit langfristig das Gegenteil des Gewünschten bewirkt.
  • Wir bestärken den Pflegebedürftigen darin, sein Leben eigenverantwortlich zu gestalten.
  • Wir versuchen, den Bewohner stärker in das soziale Leben innerhalb der Einrichtung zu integrieren.
  • Wir suchen gemeinsam mit dem Pflegebedürftigen nach neuen Hobbys.
  • Wir besprechen mit dem Bewohner, wie er sich beim nächsten Besuch seiner Angehörigen verhalten sollte.
  • Wir suchen den Kontakt zu den Angehörigen und bieten Hilfe an. Insbesondere versuchen wir, Schuldgefühlen der Angehörigen entgegenzuwirken.

Problem: Der Bewohner sucht nach Kontakt zu seinen Angehörigen, wird von diesen aber abgelehnt.

  • Wir suchen den Dialog mit den Angehörigen und ergründen die Ursache für die Ablehnung.
  • Soweit die Ablehnung auf einem änderbaren Fehlverhalten des Bewohners beruht, versuchen wir dieses gemeinsam mit ihm zu korrigieren.
  • Ggf. regen wir eine psychologische Familientherapie an.

Problem: Ein Angehöriger bereichert sich auf Kosten eines Bewohners, bzw. es besteht ein entsprechender Verdacht.

  • Wir achten sehr genau auf alle Hinweise, die auf Diebstähle oder auf andere Bereicherungen hindeuten.
  • Falls wir einen Verdacht hegen, suchen wir zunächst das Gespräch mit dem Bewohner und bieten diesem Hilfe an.
  • Wir sprechen ggf. den Angehörigen an und fordern ihn auf, das Geld zurückzuzahlen bzw. die genommenen Gegenstände zurückzubringen.
  • Wenn der Pflegebedürftige etwa aufgrund einer Demenz nicht in der Lage ist, seine Interessen durchzusetzen, prüfen wir die Einsetzung eines Betreuers.
  • Wenn es bereits einen Betreuer gibt, wird dieser über den Vermögensverlust informiert. Die Mitteilung erfolgt auch dann, wenn der Bewohner dieses nicht wünscht.
  • Wenn es der Pflegebedürftige möchte, helfen wir ihm bei der Erstattung einer Anzeige. Wir erteilen der Person Hausverbot.

Problem: Der Bewohner wird von Angehörigen misshandelt, bzw. es besteht ein entsprechender Verdacht.

  • Wir achten sehr genau auf alle Hinweise, die auf Körperverletzungen hindeuten.
  • Falls wir einen Verdacht hegen, suchen wir zunächst das Gespräch mit dem Bewohner und bieten diesem Hilfe an.
  • Wenn Angehörige oder der Pflegebedürftige die Misshandlungen ansprechen, hören wir sorgfältig zu.
  • Wir achten auf entsprechende Hinweise durch Freunde oder durch Mitbewohner.
  • Bei der Entscheidung, ob wir eine Misshandlung zur Anzeige bringen, wägen wir folgende Faktoren ab:
    • Schwere der Körperverletzung (echte Schädigung oder Bagatelle)
    • Wiederholungsgefahr. Insbesondere Einsicht des Angehörigen und dessen Bereitschaft, sich ggf. psychologisch betreuen zu lassen.
    • Wunsch des Bewohners, ob Anzeige erstattet werden soll.
  • Wir nutzen ggf. folgende Eskalationsstufen:
  • Ermahnendes Gespräch mit dem Angehörigen (Protokoll schreiben!)
    • Schriftliche Aufforderung des Angehörigen ("Abmahnung")
    • Schriftlicher Ausspruch von Betretungsverboten ("Hausverbot")
    • Einschaltung der Polizei mit Einreichung einer Strafanzeige
  • Wenn die Übergriffe vom Betreuer ausgehen, wird unverzüglich das Betreuungsgericht darüber informiert.

Problem: Der Angehörige bedroht Pflegekräfte oder andere Bewohner.

  • Wir sprechen ein Betretungsverbot aus. Dem Angehörigen ist es untersagt, Gemeinschaftsräume und Gemeinschaftsflächen der Einrichtung zu betreten.
  • Sofern der Bewohner weiterhin Besuch von diesem Angehörigen wünscht, weisen wir den Angehörigen dazu an, den kürzesten Weg vom Eingang der Einrichtung zum Zimmer des Bewohners zu nutzen. Nach dem Besuch muss der Angehörige die Einrichtung auf dem gleichen Weg unverzüglich verlassen.
  • Bei einer schweren Bedrohung oder bei körperlichen Übergriffen sprechen wir ein vollständiges Hausverbot aus.
  • Sind Pflegekräfte oder Dritte Opfer körperlicher Gewalt, wird die Polizei informiert und Anzeige erstattet. Dieses erfolgt auch dann, wenn es der Bewohner nicht wünscht.

Nachbereitung:

Allgemeines

  • Alle relevanten Beobachtungen werden sorgfältig dokumentiert.
  • Ggf. wird die Pflegeplanung / Maßnahmenplanung des Bewohners angepasst.
  • Wir bieten unseren Pflegekräften ggf. Supervision an.

Dokumentation

  • Relevante Vorkommnisse werden sorgfältig dokumentiert. Dieses sollte möglichst objektiv erfolgen. Wir verzichten auf jede Form von Wertung. (Wichtig: Diese Aufzeichnungen haben bei einer möglichen juristischen Auseinandersetzung eine hohe Bedeutung.)
  • Beleidigungen und Drohungen werden im Wortlaut festgehalten.
  • Bei körperlichen Verletzungen wird umgehend der Hausarzt informiert. Wir bitten diesen, ein ärztliches Attest über den Umfang der Verletzungen zu erstellen.

Dokumente:

  • Pflegebericht
  • Pflegeplanung / Maßnahmenplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Mitarbeiter



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