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Standard "Pflege von Senioren mit akuter Tonsillitis ('Mandelentzündung')"

Anders als noch vor zehn oder fünfzehn Jahren sind viele Ärzte heute deutlich restriktiver beim Verschreiben von Antibiotika. Solange die Mandeln nicht massiv geschwollen oder vereitert sind, bleibt das Penicillin im Schrank. Wir zeigen Ihnen, wie Pflegekräfte die verbleibenden Mittel sinnvoll einsetzen.


Standard "Pflege von Senioren mit akuter Tonsillitis ('Mandelentzündung')"


Definition:

  • Eine akute Mandelentzündung ("Tonsillitis acuta" oder auch "Angina tonsillaris") liegt vor, wenn eine oder beide Mandeln (Tonsillen) entzündet sind. Die akute Tonsillitis wird zumeist durch Bakterien (hämolysierende Streptokokken) ausgelöst . Pro Jahr erkranken mehr als 50.000 Menschen an einer akuten Tonsillitis, mehrheitlich Kinder und Jugendliche. Aber auch Senioren mit schweren Grunderkrankungen und einer reduzierten Immunabwehr sind davon betroffen.
  • Eine akute Tonsillitis kann durch Tröpfcheninfektionen, also etwa beim Husten, Niesen, Küssen oder Sprechen, übertragen werden.
  • Betroffene erleiden starke Halsschmerzen (Schluckbeschwerden), Fieber, Kopf- und Ohrenschmerzen. Oft ist bereits das Öffnen des Mundes schmerzhaft. Die Lymphknoten im Kieferwinkel sind geschwollen und druckempfindlich. Die Tonsillen sind gerötet, geschwollen und oftmals mit eitrigen Belägen überzogen. Das Krankheitsbild entwickelt sich zumeist innerhalb weniger Stunden.
  • Eine Tonsillitis ist für einen pflegebedürftigen Senioren eine erhebliche Gesundheitsgefahr. Als Folge der Schluckbeschwerden trinken viele Erkrankte nicht ausreichend. Die sich daraus entwickelnde Dehydratation vergrößert insbesondere das Dekubitusrisiko. Auch die häufig unvermeidbare krankheitsbedingte Bettlägerigkeit sowie das Schwitzen als Folge des Fiebers steigern die Gefahr eines Druckgeschwürs.
  • Bei einer Infektion, die länger als drei Monate anhält, spricht man von einer chronischen Mandelentzündung ("Tonsillitis chronica").

Grundsätze:

  • Eine Tonsillitis ist keine Bagatellerkrankung. Unbehandelt kann diese Infektion zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen.
  • Symptomatische Behandlungen können bei schweren Verläufen die Antibiotikatherapie nicht ersetzen, sondern allenfalls ergänzen.

Ziele:

  • Der Bewohner erholt sich möglichst schnell von der Tonsillitis.
  • Die Schmerzbelastung wird auf ein Minimum begrenzt.
  • Der Bewohner erhält eine angemessene medikamentöse Behandlung. Gleichzeitig erfolgt der Einsatz von Antibiotika erst dann, wenn dieses notwendig ist.
  • Aus einer akuten Mandelentzündung entwickelt sich keine chronische Mandelentzündung.

Vorbereitung:

Prophylaxe

  • Eine Unterkühlung sollte vermieden werden. Insbesondere in den kühlen Monaten achten wir darauf, dass sich der Bewohner witterungsgemäß kleidet. Dazu zählt vor allem ein Schal.
  • Wir sorgen für einen angemessenen Impfschutz insbesondere gegen Grippe.
  • Wir achten auf eine vitaminreiche Kost.
  • Zigarettenkonsum spielt bei der Anfälligkeit für eine Tonsillitis offenbar eine große Rolle. Wir raten dem Bewohner daher dazu, den Tabakgenuss auf ein Minimum zu begrenzen.

Symptome

Wir achten auf Symptome, die für eine Tonsillitis sprechen. Dieses ist vor allem bei demenziell erkrankten Bewohnern notwendig, die sich sprachlich nicht verständlich machen können, wenn sie Schmerzen haben.

  • schnell ansteigendes Fieber über 38,5° C.
  • ggf. Schüttelfrost
  • Schluckbeschwerden
  • Schmerzen beim Öffnen des Mundes
  • ausstrahlende Schmerzen bis in die Ohren
  • Druckschmerz; insbesondere im Bereich der Lymphknoten am Kieferwinkel
  • ‚kloßige' Sprache als Folge der Tonsillenvergrößerung
  • Rötung und Schwellung der Tonsillen
  • Bildung eines schmierigen, gelb-weißen Belages auf den Tonsillen
  • Rötung der Rachenschleimhaut
  • eitriger Geschmack im Mund
  • vermehrter Speichelfluss
  • belegte Zunge
  • allgemeines Krankheitsgefühl
  • Kopf- und Gliederschmerzen
  • starker Mundgeruch
Hinweise:
  • Bei einer Tonsillitis kommt es üblicherweise nicht zu einem gesteigerten Hustenreiz.
  • Bei einer "kloßigen" Sprache hört es sich an, als hätte der Bewohner beim Reden Kartoffeln im Mund.
  • Wenn die Entzündung durch Viren hervorgerufen wurde, ist das Symptombild zumeist weniger ausgeprägt.
  • Der Erreger lässt sich oft mittels eines Abstrichs nachweisen. Durch einen Streptokokkenschnelltest können die Keime innerhalb weniger Minuten identifiziert werden.
  • Wenn sich der Bewohner noch vor Kurzem in Osteuropa aufhielt, sollte immer bedacht werden, dass eine lebensbedrohliche Diphtherie zu einem ähnlichen Symptombild führen kann.

Kriterien für das Aufsuchen des Arztes

  • Milde Verlaufsformen erfordern zumeist keinen Arztbesuch. Wir regen eine medizinische Untersuchung an, wenn der Bewohner große Schmerzen hat, wenn der Allgemeinzustand schlecht ist oder wenn es zu einem hohen Fieber über 38,5° C kommt.
  • Falls der Bewohner einem Arzt vorgestellt werden muss, sammeln wir alle relevanten Informationen, um sicherzustellen, dass der Mediziner die richtige Therapie wählt. Dieses ist vor allem notwendig, wenn der Bewohner demenziell erkrankt ist und in der Arztpraxis keine sinnvollen Angaben machen kann. Dazu zählen etwa eine etwaige Penicillinallergie, Magen-Darm-Erkrankungen, Leberfunktionsstörungen oder Suchterkrankungen. Wir stellen auch sicher, dass der behandelnde Arzt über alle regelmäßig applizierten Medikamente informiert ist.

Durchführung:

pflegerische Maßnahmen

Eine Streptokokkenangina muss i. d. R. antibiotisch behandelt werden. Bei milderen Verlaufsformen ist ansonsten oft eine lokale Therapie ausreichend.

  • Der Bewohner sollte Bettruhe halten. Die Dekubitusgefahr ist deshalb zeitweise erhöht. Alle im Prophylaxestandard beschriebenen Maßnahmen werden umgesetzt.
  • Dem Bewohner werden bevorzugt weiche Speisen angeboten, die beim Schlucken weniger Beschwerden verursachen. Danach kann Schritt für Schritt auf Normalkost umgestellt werden.
  • Aufgrund der Schluckbeschwerden neigen viele Betroffene dazu, zu wenig Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Wir achten daher darauf, dass der Bewohner ausreichend trinkt. Ein ideales Getränk ist Tee. Fruchtsäfte sollten vermieden werden.
  • Viele erkrankte Senioren essen gerne Eis, da die Kälte kurzzeitig Schmerzen lindert.
  • Wichtig ist auch eine regelmäßige Mundpflege. Wir achten dabei auf Bissverletzungen, die durch die anästhesierende Wirkung vieler Präparate unbemerkt bleiben.
  • Der Bewohner erhält Halswickel, etwa mit Quark.
  • Der Bewohner erhält warme Getränke, etwa Salbeitee oder Kamillentee. Diese Stoffe wirken entzündungshemmend.

ärztliche Therapie

  • Die Behandlung besteht zumeist aus einer hoch dosierten oralen Gabe von Penicillin über einen Zeitraum von 10 bis 14 Tagen. Bei einer Penicillinallergie kann ersatzweise Erythromycin appliziert werden.
  • Antibiotika sollten vor dem Essen appliziert werden. Sie erreichen dann die maximale Wirkung.
  • Dem Bewohner wird dringend nahegelegt, das Antibiotikum über den gesamten verordneten Zeitraum zu nehmen. Keinesfalls darf der Bewohner das Medikament eigenmächtig absetzen, sobald er sich besser fühlt.
  • Falls der Bewohner unter einer erheblichen Schmerzbelastung leidet, kann ein Analgetikum verabreicht werden, etwa Paracetamol oder Diclofenac.
  • Ggf. werden geeignete Medikamente appliziert, um das Fieber zu senken wie z. B. Paracetamol oder Ibuprofen.
  • Bei einer Inhalation mit Wasserdampf empfinden viele Betroffene die Wärme als schmerzlindernd.
  • Wenn der Bewohner mit einem Präparat gurgelt, achten wir darauf, dass der Bewohner dieses danach möglichst vollständig wieder ausspuckt.
  • Wir prüfen, ob schmerzhemmende, desinfizierende Lutschtabletten die Beschwerden lindern. Alternativ erhält der Bewohner Eiswürfel zum Lutschen.
Hinweise:
  • Ältere Antibiotika haben in der Vergangenheit gehäuft zu Komplikationen geführt. Bei modernen Wirkstoffen ist dieses Risiko deutlich geringer. Falls der Bewohner Vorbehalte hat, weisen wir ihn auf die allgemein gute Verträglichkeit hin.
  • Bei demenziell erkrankten Bewohnern ist die Kooperationsbereitschaft oftmals gering. Die üblicherweise eingesetzten Antibiotika schmecken zumeist sehr schlecht und werden von den Erkrankten nur widerwillig akzeptiert. Daher ist es unerlässlich, die präzise Einnahme durchgehend zu kontrollieren.
  • Bewohner, die von der Wirksamkeit homöopathischer Mittel überzeugt sind, erhalten nach ärztlicher Rücksprache ergänzend z. B. Belladonna, Lachesis, Lycopodium und Thallium.

Pflege nach einer Tonsillektomie

Wenn es gehäuft zu Mandelentzündungen kommt, kann es notwendig werden, die Gaumenmandeln operativ zu entfernen. Dieser Eingriff wird stets stationär durchgeführt. Es schließt sich ein mehrtätiger Krankenhausaufenthalt an. In den ersten drei Wochen nach dem Eingriff gelten besondere Vorsichtsmaßnahmen:

  • Soweit kein gesteigertes Dekubitusrisiko vorliegt, wird der Bewohner halb sitzend gelagert. Eine halb sitzende Position erleichtert die Atmung und senkt häufig die Schmerzbelastung.
  • Postoperative Nachblutungen sind innerhalb von bis zu 14 Tagen möglich. Die meisten Blutungen treten rund eine Woche nach dem Eingriff auf. Zu diesem Zeitpunkt wird der Fibrinbelag abgestoßen, der sich im Rahmen der postoperativen Wundheilung gebildet hat.
  • Wir inspizieren regelmäßig den Mundraum mit einer Taschenlampe. Wir achten überdies auf Blässe und auf Tachykardie. Beides sind Anzeichen für Blutungen. Wir achten auf spritzende Blutungen sowie auf Blutungen mit hellrotem (also arteriellem) Blut. In diesem Fall besteht ggf. Lebensgefahr. Wir rufen unverzüglich den Notarzt.
  • Oftmals kann eine moderate Nachblutung durch einen Eiswürfelbeutel im Genick und durch das Lutschen von Eiswasserwürfeln gelindert werden.
  • Der Bewohner wird für die Gefahren durch eine Nachblutung sensibilisiert. Falls er Blutverluste bemerkt, soll er sich unverzüglich bei einer Pflegekraft melden.
  • In den ersten Tagen nach dem Eingriff sollte der Bewohner nicht gurgeln. Er sollte auch kein Mundwasser nutzen.
  • Schmerzen und Nachblutungen lassen sich oft mit einer sog. "Eiskrawatte" lindern.
  • Eine Überwärmung des Halses, etwa durch einen Rollkragen oder durch die Nutzung eines Föhns ist zu vermeiden.
  • Blutiges Sekret sollte der Bewohner nicht schlucken, sondern in eine Schale ausspucken. Wenn ein Bewohner über einen längeren Zeitraum unerkannt Blut verschluckt, führt dieses zu Übelkeit. Er erbricht dann schwarz gefärbtes Blut.
  • Mundspülungen mit einer Dexpanthenol-Lösung können die Wundheilung fördern. Die Mundspülung erfolgt bis zu sechsmal täglich, insbesondere nach den Mahlzeiten.
  • Falls notwendig erhält der Bewohner 30 Minuten vor der Hauptmahlzeit ein Schmerzmittel.
  • Wir vermeiden Speisen, die die Wundheilung beeinträchtigen können. Dazu zählen etwa scharfkantige Brotrinden, Körnerbrötchen sowie Krokanteis.
  • Der Bewohner sollte körperliche Anstrengung vermeiden. Beim Stuhlgang soll der Bewohner auf das Pressen verzichten. Abrupte Bewegungen können ebenfalls Nachblutungen auslösen.
  • Der Bewohner sollte stark gewürzte Speisen sowie Fruchtsäfte vermeiden, da diese brennende Schmerzen verursachen können. Er sollte zunächst nur breiige oder flüssige Kost erhalten.
  • Der Bewohner sollte zunächst auf den Genuss von Zigaretten sowie von Kaffee verzichten.
  • Die Verwendung von mentholhaltiger Zahnpasta ist zu vermeiden.
  • Der Bewohner sollte nur lauwarm duschen. Vollbäder sowie Haarwäschen unterbleiben.
  • Nach einer Tonsillektomie kommt es bei vielen Bewohnern zu einer erheblichen postoperativen Schmerzbelastung. Diese kann über zehn Tage anhalten und während der gesamten Dauer konstant hoch bleiben. Wir raten dem Bewohner dringend davon ab, die Schmerzen mit Aspirin zu therapieren. Dieser Wirkstoff verstärkt die Blutungsneigung und intensiviert die eventuell auftretenden Blutungen. Stattdessen erhält der Bewohner regelmäßig nach ärztlicher Anordnung beispielsweise Diclofenac als Zäpfchen.
Risikofaktoren:
  • Idealerweise sollte der Bewohner nach einer Tonsillektomie so lange im Krankenhaus verbleiben, bis keine Komplikationen mehr drohen. Aufgrund des Kostendrucks neigen Krankenhäuser jedoch dazu, Patienten möglichst frühzeitig zu entlassen. Dadurch fällt ein größerer Teil der postoperativen Nachsorge in die Zuständigkeit der Pflegekräfte im Pflegeheim.
  • Die vom Krankenhaus vorgegebenen Zeitangaben für die Normalisierung etwa der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilisierung sind häufig ausgerichtet an Erwachsene mit einem ansonsten guten Allgemeinzustand. Bei den allermeisten stationär versorgten Senioren ist der Allgemeinzustand jedoch so schlecht, dass mit längeren Heilungsphasen zu rechnen ist. Dieses betrifft insbesondere die Wundheilung. Daher ist es wichtig, alle Maßnahmen sorgfältig mit dem betreuenden Hausarzt zu besprechen.

Nachbereitung:

Allgemeines

  • Wir dokumentieren, welche Maßnahmen dem Bewohner Linderung brachten und welche nicht. Bei einer erneuten Tonsillitis werden dann bevorzugt solche Maßnahmen eingesetzt, die schon zuvor erfolgreich waren.
  • Eine eitrige Tonsillitis ist hochansteckend. Nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt sollte der Bewohner in seinem Zimmer bleiben und keinen Besuch etwa durch immungeschwächte Mitbewohner empfangen. Sobald die Antibiotikatherapie anschlägt, ist auch die Teilnahme an sozialen Veranstaltungen möglich.
  • Alle Beobachtungen werden sorgfältig dokumentiert und dem Arzt mitgeteilt. Wichtig sind insbesondere:
    • Allgemeinzustand
    • Mobilität
    • Appetit und Flüssigkeitszufuhr
    • Atmung, Blutdruck und Puls
    • Schweiß, Urin und Stuhl
  • Dem Bewohner wird die Gelegenheit gegeben, Schlaf nachzuholen.
  • Ggf. wird die Pflegeplanung / Maßnahmenplanung aktualisiert.

Prognose und Komplikationen

  • Sofern die Tonsillitis angemessen therapiert wird, ist innerhalb einer Woche mit einer Ausheilung zu rechnen. Spätfolgen sind sehr selten. Jedoch sollte später eine Streptokokkenzweiterkrankung mittels Urinuntersuchung ausgeschlossen werden.
  • Tritt bei einer antibiotischen Therapie nach drei bis vier Tagen keine spürbare Besserung ein, wird der Arzt informiert. Ggf. wird dann das Antibiotikum gewechselt.
  • Eine einmal durchgemachte Tonsillitis hinterlässt keine Immunität, sondern erhöht oftmals sogar noch die Anfälligkeit für eine erneute Infektion.
  • Wenn die Tonsillitis nicht angemessen behandelt wird, kann es zu einem Peritonsillarabszess kommen. Dabei breitet sich die bakterielle Entzündung in die Umgebung aus. Überdies ist eine chronische Tonsillitis sowie eine Streptokokkenzweiterkrankung möglich.
  • Bei einer Keimverschleppung in die Blutbahn besteht das Risiko einer Sepsis.
  • Streptokokken können Herzklappenentzündungen, Gelenkrheuma und Nierenentzündungen auslösen.

Dokumente:

  • Berichtsblatt
  • Vitalzeichenkontrollblatt
  • ggf. Fieberkurve
  • Trinkprotokoll / Bilanzierungsbogen
  • Durchführungsnachweis
  • Leistungsnachweis medizinische Pflege
  • Fragen an den Arzt
  • Pflegeplanung / Maßnahmenplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Pflegekräfte



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