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Standard "Pflege von Senioren nach einer Transplantation"

Immer schonendere Eingriffe machen es möglich, dass selbst 80-Jährige zu Transplantationsempfängern werden. Die Euphorie nach einer geglückten Organübertragung weicht aber nicht selten der Ernüchterung, wenn die täglichen Medikamentenberge ihre Nebenwirkungen zeigen. Dazu kommt eine Infektanfälligkeit, die den Hygieneaufwand bei vielen Pflegemaßnahmen auf die Spitze treibt.


Standard "Pflege von Senioren nach einer Transplantation"


Definition:

  • Bei einer Transplantation werden Zellen, Gewebe oder ganze Organe von einer Person auf eine andere übertragen. Möglich ist auch ein Transfer von einer Körperstelle auf eine andere Körperstelle.
  • Aufgrund des medizinischen Fortschritts ist es heute möglich, verschiedenste Organe oder Organbestandteile zu transplantieren. Dazu zählen die Hornhaut, das Knochenmark, Teile der Haut, das Herz, die Lunge, die Leber, die Niere und die Bauchspeicheldrüse.
  • Nach einer Transplantation muss die Immunabwehr des Organempfängers i. d. R. lebenslang unterdrückt werden, um eine Abstoßungsreaktion zu verhindern. Der Betroffene leidet somit nicht nur unter den Nebenwirkungen der Medikamente, sondern auch unter einer deutlich erhöhten Anfälligkeit für Infektionskrankheiten aller Art. Auch das Krebsrisiko steigt.
  • Die Thematik der Versorgung von Transplantationspatienten ist zunehmend auch für die Altenpflege relevant.
    • Viele Transplantationspatienten haben schon vor vielen Jahren ein Spenderorgan erhalten. Sie erreichen dank der Organübertragung das siebte oder achte Lebensjahrzehnt. Sie werden somit - wie andere Menschen auch - anfällig für typische Alterserkrankungen, die zur Pflegebedürftigkeit führen.
    • Andere Senioren erhalten erst in fortgeschrittenen Lebensphasen erstmalig eine neue Niere oder ein neues Herz. Aufgrund der medizinischen Fortschritte sind Transplantationen auch im achten Lebensjahrzehnt möglich.

Grundsätze:

  • Bewohner sind nach einer Transplantation nicht geheilt, sondern treten lediglich in ein anderes Krankheitsstadium über. Bei einer Nierenübertragung etwa ist der betroffene Bewohner nicht mehr auf die Dialyse angewiesen, muss dafür aber die Nebenwirkungen eines umfassenden Medikamentencocktails ertragen.
  • Wenn hinreichende Anzeichen für eine Abstoßungsreaktion sprechen, wird immer ein Notarzt gerufen. Die Folgen eines oder ggf. auch mehrerer Fehlalarme wiegen weniger schwer als eine verzögerte Behandlung bei einem echten Notfall. Der Notruf erfolgt auch dann, wenn der Bewohner diesen nicht wünscht, etwa weil er die Gefährdung nicht korrekt einschätzt.

Ziele:

  • Das implantierte Organ bleibt möglichst lange funktionsfähig.
  • Der Bewohner passt seine Lebensweise und seine Konsumgewohnheiten an den veränderten Gesundheitszustand an.
  • Der Bewohner wird vor vermeidbaren Infektionen geschützt.
  • Eine Abstoßungsreaktion wird frühzeitig erkannt.
  • Die Lebensqualität des Bewohners wird so wenig wie möglich beeinträchtigt.
  • Der Bewohner blickt optimistisch und mit Lebensmut auf seine Zukunft.

Vorbereitung:

Beratung und Organisation

  • Wir stehen dem Bewohner jederzeit für ein Gespräch zur Verfügung. Die Erkenntnis, dass das eigene Leben "auf Kosten" eines anderen Lebens gerettet wurde, wirkt auf viele Betroffene sehr bedrückend.
  • Eine weitere Belastung entsteht durch die  Ungewissheit, wie lange das transplantierte Organ funktionieren wird.
  • Der Bewohner muss dafür sensibilisiert werden, beim Auftreten der typischen Symptome einer Abstoßung (s. u.) sofort eine Pflegekraft zu kontaktieren.
  • Wir stellen sicher, dass der Bewohner alle geplanten Arztbesuche zuverlässig wahrnimmt.
  • Pflegekräfte, die unter einer Erkältungskrankheit leiden, werden nicht für die Versorgung eines betroffenen Bewohners eingesetzt. Dieses muss bei der Schichtplanung berücksichtigt werden.
  • Die Maßnahmen im Rahmen der Dekubitusprophylaxe werden intensiviert. Das Auftreten einer chronischen Wunde muss verhindert werden, da immer die Gefahr einer schwer zu kontrollierenden Wundinfektion droht.

Durchführung:

Hygiene

  • Es ist mit einer deutlich erhöhten Anfälligkeit für Harnwegserkrankungen zu rechnen. Daher ist eine lückenlose Intimhygiene beim Bewohner unverzichtbar. Bei Katheterisierungen ist auf eine besonders präzise Einhaltung der Hygienevorschriften zu achten und es wird stets kritisch hinterfragt, ob eine Katheterisierung wirklich notwendig ist.
  • Der Bewohner wird zu einer strikten Händehygiene angeleitet. Er sollte immer ein Fläschchen Händedesinfektionsmittel bei sich tragen und im Bedarfsfall nutzen.
  • Ggf. sollte der Bewohner einen Mundschutz tragen.
  • Der Bewohner sollte den Kontakt zu Haustieren meiden. Insbesondere gehören Haustiere nicht ins Bett.
  • Die Bettbezüge werden einmal in der Woche gewechselt.
  • Wir prüfen, ob die Topfpflanzen aus dem Zimmer des Bewohners entfernt werden sollten. Alternativ können Hydrokulturen genutzt werden, da die Staub- und Schimmelpilzbelastung hier deutlich niedriger ist.

Überwachung

  • Der Zustand des Bewohners wird penibel überwacht. Wenn es hinreichende Anzeichen für eine sich entwickelnde Abstoßungsreaktion gibt, wird umgehend der behandelnde Arzt oder ein Notarzt informiert. Häufige Symptome sind ein allgemeines Krankheitsgefühl, Abgeschlagenheit, Fieber sowie ggf. eine Reduzierung der Urinmenge. Bei Herztransplantationen ist ein dauerhaft niedriger Blutdruck ein Alarmzeichen.
(Hinweis: Es ist wichtig, das Wort “Abstoßung” in Anwesenheit des Bewohners vorsichtig zu verwenden, wenn es sich lediglich um eine beginnende Abstoßungsreaktion handelt. Wir vermeiden damit unnötige Ängste und Stressreaktionen, die sich negativ auf den Gesundheitszustand des Bewohners auswirken könnten.)
  • Der Hautzustand des Bewohners wird engmaschig inspiziert. Dieses insbesondere auch bei Grundpflegemaßnahmen wie der Körperwäsche. Wir achten auf Pilzinfektionen und auf Malignome. Die Haut des Bewohners sollte sorgfältig gepflegt werden, da spröde und rissige Haut als Eintrittspforte für Keime dient.
  • Der Blutzuckerspiegel des Bewohners wird regelmäßig überwacht. Dieses insbesondere dann, wenn der Bewohner Glukokortikoide und verschiedene andere Immunsuppressiva erhält.
  • Die Vitalwerte werden regelmäßig erfasst. Dazu zählt insbesondere auch die tägliche Temperaturmessung. Falls die Körpertemperatur auf einen Wert von 37,5 °C steigt, ist eine zweite Messung zwei Stunden später notwendig. Ist der Wert dann noch immer erhöht, kontaktieren wir das Transplantationszentrum oder den behandelnden Arzt. Ab einer Körpertemperatur von 38,5 °C wird unverzüglich der Notarzt gerufen.
  • Der Blutdruck des Bewohners wird engmaschig überwacht. Ein zu hoher Blutdruck kann die Funktionsfähigkeit des transplantierten Organs beeinträchtigen. Ein zu niedriger Blutdruck kann ein Anzeichen für eine sich entwickelnde Abstoßungsreaktion sein.
  • Insbesondere bei einer Nierentransplantation muss das Körpergewicht täglich gemessen werden.
  • Wir achten auf eine Ödembildung.
  • Die Mundpflege erfolgt besonders vorsichtig. Wir achten auf krankhafte Veränderungen des Zahnfleisches, insbesondere auf Wucherungen. Auf der Zunge und auf der Mundschleimhaut können sich bakterielle oder virale Infekte sowie Mykosen bilden. Der Zahnarzt wird über den Status des Bewohners informiert, da alle zahnmedizinischen Eingriffe mit einem erhöhten Risiko verbunden sind.
  • Wir stellen sicher, dass der Bewohner regelmäßig an allen Maßnahmen zur Krebsprophylaxe teilnimmt.

Nebenwirkungen

  • Wir bereiten uns auf die häufigsten Nebenwirkungen vor, die die Einnahme von Immunsuppressiva mit sich bringt.
  • Eine übliche Begleiterscheinung sind hartnäckige Obstipationen. Wir setzen daher die im entsprechenden Prophylaxestandard beschriebenen Maßnahmen sorgfältig um.
  • Wir stellen sicher, dass der Bewohner eine angemessene Schmerzmittelversorgung erhält. Wir drängen beim behandelnden Arzt insbesondere auf eine effektive Bedarfsmedikation.
  • Als Bedarfsmedikation sind auch Salben gegen die ggf. gehäuft auftretenden Herpes- und Hautpilzinfektionen sinnvoll.
  • Eine Hypertonie wird medikamentös behandelt. Wir stellen sicher, dass der Bewohner die Medikamente regelmäßig einnimmt.

Ernährung

  • Der Bewohner soll auf alle Speisen mit einem erhöhten Verkeimungsrisiko verzichten. Dazu zählen insbesondere rohes Fleisch, roher Fisch, Rohmilch sowie nicht ausreichend erhitztes Eigelb. Auch der Konsum von Käse mit Schimmelpilzanteilen sollte unterbleiben.
  • Speisen, die der Bewohner zu sich nimmt, sollten ausreichend lange erhitzt werden. Insbesondere bei Nutzung einer Mikrowelle kann es hier zu Defiziten kommen.
  • Rohkost und Obst sollten dem Bewohner nur nach vorheriger ärztlicher Erlaubnis angeboten werden.
  • Grundsätzlich gilt also: Alles, was nicht gekocht oder geschält werden kann, ist potenziell verkeimt. Gründliches Abwaschen ist dann nicht ausreichend.
  • Maßvoller Alkoholkonsum ist möglich. Insbesondere bei festlichen Anlässen kann der Bewohner i. d. R. also ein Glas Wein, Sekt oder Bier trinken. Das Rauchen sollte der Bewohner hingegen vollständig einstellen.

Freizeitaktivitäten, soziales Leben und Sexualität

  • Im Umgang mit dem Bewohner rechnen wir stets mit Stimmungsschwankungen. Diese sind eine normale Folge von Transplantationen.
  • Im Umgang mit Angehörigen ist ggf. mit Konflikten zu rechnen. Viele Streitthemen sind durch die ungewissen  Zukunftsaussichten auf die Zeit nach der Transplantation verschoben worden. Nach erfolgter Organübertragung müssen diese nun aufgearbeitet werden.
  • Wir raten dem Bewohner, den Kontakt zu Selbsthilfegruppen aufzunehmen.
  • Wir reduzieren die Stressbelastung des Bewohners so weit wie möglich. Insbesondere soll der Bewohner den Kontakt mit Mitbewohnern und mit Angehörigen meiden, wenn dieser erfahrungsgemäß zu Streit oder zu Niedergeschlagenheit führt. Derartige mentale Belastungen können das Immunsystem beeinträchtigen.
  • Der Bewohner soll den Kontakt mit größeren Menschenmengen meiden. Dieses insbesondere in klassischen Infektionszeiten im Herbst und im Winter.
  • Wir wirken auf Angehörige ein und bitten diese, den Bewohner nur dann zu besuchen, wenn sie selbst gesund sind.
  • Der Bewohner sollte sich einmal pro Jahr gegen die Virusgrippe impfen lassen.
  • Wir raten dem Bewohner, auf alle Freizeitaktivitäten zu verzichten, die mit einem erhöhten Risiko für Mikroverletzungen verbunden sind. Dazu zählen Gartenarbeiten ebenso wie Bastelarbeiten mit spitzen oder mit scharfen Werkzeugen.
  • Der Bewohner soll sich im Rahmen seiner körperlichen Fähigkeiten körperlich bewegen. Dabei ist zu beachten, dass als Folge der Transplantation die physische Leistungsfähigkeit ansteigen kann. Dieses ist etwa nach einer Herztransplantation der Fall. Gleichzeitig ist es wichtig, übermotivierte Bewohner zu bremsen, wenn sie ihre neu gewonnenen körperlichen Fähigkeiten überschätzen.
  • Eine Schwangerschaft sollte strikt vermieden werden (relevant in der Behinderten- und Erwachsenenpflege).

Compliance bei der Einnahme der Medikamente

  • Wir stellen sicher, dass der Bewohner die Medikamente regelmäßig einnimmt. Wir verdeutlichen ihm, dass er anderenfalls die Funktionsfähigkeit des Fremdorganes und somit auch sein eigenes Leben gefährdet.
  • Bei demenziell erkrankten Bewohnern bleiben wir bei der Einnahme anwesend. Wir stellen sicher, dass die Arzneimittel korrekt eingenommen und nicht heimlich entsorgt werden.
  • Viele Medikamente müssen pünktlich mit einer Abweichung von nicht mehr als 30 Minuten eingenommen werden.
  • Vorsicht ist auch bei Durchfall und Erbrechen geboten, da die Medikamente ggf. dann nicht wirken. Es muss der Arzt benachrichtigt werden.
  • Wenn der Bewohner die Einnahme verweigert, informieren wir umgehend den behandelnden Arzt.
  • Wir bitten auch die Angehörigen, entsprechend auf den Bewohner einzuwirken.

Nachbereitung:

  • Alle relevanten Beobachtungen und Messungen werden dokumentiert und ggf. an den behandelnden Arzt weitergeleitet.
  • Die Pflegeplanung bzw. die Maßnahmenplanung wird regelmäßig an die sich ändernden Ressourcen und Pflegeprobleme angepasst.

Dokumente:

  • Pflegeplanung
  • Maßnahmenplanung
  • Berichtsblatt
  • Vitaldatenblatt
  • Fragen an den Arzt

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Mitarbeiter



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