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Standard "Vakuumtherapie"

Bei Wundinfekten, Wundnekrosen und Durchblutungsmangel stoßen herkömmliche Verbandstechniken schnell an ihre Grenzen. Mit der Vakuumtherapie indes kann manch "hoffnungslose" Wunde doch noch abheilen.


Standard "Vakuumtherapie"


Definition:

  • Die Vakuumtherapie ist eine technisch aufwendige, aber sehr effektive Behandlung von akuten und chronischen Problemwunden. Ein offenporiger Schaumstoff wird entsprechend der Wundgröße zurechtgeschnitten und in der Wunde platziert. Danach wird das Wundareal mit einer luftdichten Folie abgedeckt. Mittels eines eingelegten Schlauchs wird nun in der Wunde ein Unterdruck erzeugt. Überschüssiges Wundsekret, Toxine, Zelltrümmer und Bakterien werden so aus der Wunde befördert.
  • Unter diesen Bedingungen entsteht ein ideal feuchtes Wundmilieu, das zu einer deutlich schnelleren Wundheilung führt. Insbesondere bei stagnierenden Problemwunden kann durch diese Technik ein Verschluss herbeigeführt werden.
  • Die wichtigsten Vorteile gegenüber anderen Methoden sind:
    • Die Vakuumtherapie ist auch bei großflächigen Wunden einsetzbar.
    • Es können auch unterminierte Wunden, Wundhöhlen und Wundtaschen behandelt werden.
    • Wundödeme bilden sich zumeist schnell zurück.
    • Es ist eine flächenhafte Drainage des überflüssigen Wundsekrets möglich.
    • Die Wundreinigung ist sehr effektiv.
    • Der Wundgeruch wird minimiert.
    • Insbesondere infizierte Wunden lassen sich per Vakuumtherapie gut behandeln.
    • Eine Kontamination der Umgebung mit Wundkeimen wird vermieden. Gleichzeitig wird die Wunde selbst vor dem Eindringen weiterer Keime geschützt.
    • Bei inkontinenten Bewohnern droht keine Kot- oder Urinverschmutzung der Wunde.
    • Die Zellmigration ist deutlich gesteigert. Es bildet sich relativ schnell ein gut durchbluteter Granulationsrasen.
    • Das Wundbett wird durch die Kontraktion heilungsfördernd geformt.
    • Eine ambulante Versorgung ist möglich.
    • Der Bewohner kann schneller mobilisiert werden, sofern er eine mobile Pumpe nutzt.
    • Der im Vergleich zu anderen Therapien seltenere Verbandswechsel und die schnellere Wundheilung reduzieren die Kosten. Dieses gilt insbesondere für stark exsudierende Wunden.
    • Durch die seltenen Verbandswechsel wird gleichzeitig die Schmerzbelastung reduziert.
  • Die wichtigsten Nachteile der Methode sind:
    • Es ist relativ viel Technik notwendig. Die Apparate und das Zubehör sind entsprechend teuer. Die Kostenübernahme der Therapie durch die Kostenträger ist ggf. problematisch.
    • Die Methode ist technisch anspruchsvoll und kann nur von erfahrenen Pflegekräften genutzt werden.
    • Es entsteht ein höherer Personalaufwand, da eine Kontrolle des Vakuums notwendig ist.
Hinweis:
  • Auf dem Markt sind zahlreiche verschiedene Modelle für die Vakuumtherapie verfügbar. Deren Handhabung kann sich im Detail unterscheiden. Daher ist es notwendig, diesen Standard an die in Ihrem Hause verwendeten Geräte anzupassen. Unverzichtbar ist dabei die genaue Lektüre der mitgelieferten Gebrauchsanleitungen.
  • Die Frage, ob die Vakuumtherapie tatsächlich kostenintensiver als konventionelle Wundbehandlungen ist, bleibt umstritten. Tatsächlich lassen sich mit dieser Therapie chronische Wunden zur Abheilung bringen, die sonst über Jahre hinweg eine Behandlung oder eine Amputation erfordert hätten.

Grundsätze:

  • Eine falsch angewandte Vakuumtherapie kann die Gesundheit des Bewohners schädigen, etwa zu Nekrosen führen oder weitere Druckgeschwüre verursachen.
  • Wir arbeiten eng mit dem Hausarzt zusammen. Alle Anordnungen insbesondere zur Wundreinigung werden präzise umgesetzt.
  • Pflegekräfte dürfen eine Vakuumtherapie nur dann durchführen, wenn sie diesbezüglich qualifiziert sind und eine Einweisung durch den Hausarzt erhalten haben.
  • Fragen zur Delegation ärztlicher Maßnahmen (etwa bei der Wundreinigung) werden mit dem Hausarzt diskutiert. Wir bestehen darauf, dass unsere Pflegekräfte rechtlich abgesichert sind. Wenn nicht klar ist, ob eine geplante Maßnahme delegierbar ist, verweigern wir die Durchführung und lassen die Wundbehandlung vom Arzt ausführen.

Ziele:

  • Die Gewebsneubildung wird stimuliert.
  • Es kommt zu einer Granulation im Wundbereich.
  • Die Durchblutung im Wundbereich verbessert sich.
  • Bakterien, Zelltrümmer und Toxine werden aus der Wunde entfernt.
  • Die Keimbesiedlung reduziert sich.
  • Es kommt zu keinen Wundinfektionen.
  • Wundödeme bilden sich zurück.
  • Die häufigsten Komplikationen treten nicht ein, insbesondere:
    • Druckstellen durch den Drainageschlauch
    • Bildung von feuchten Kammern bei unbemerktem Unterdruckverlust
    • unbemerktes Absaugen großer Blutmengen

Vorbereitung:

Indikation / Kontraindikation

Wir prüfen den Einsatz der Vakuumtherapie, wenn der Bewohner an einer der folgenden Wundarten leidet:

  • traumatische Wunden, etwa offene Frakturen
  • Kompartmentsyndrom
  • septische Problemwunden
  • chronische Wunden, etwa Dekubitus (Grad 3 und 4), Ulcus cruris, diabetischer Fuß usw.
  • Wunden mit Wundheilungsstörungen
  • Nahtdehiszenz (aufklaffende oder sich spaltende Wunden)
  • stark sezernierende (absondernde) Wunden
  • Hauttransplantate, insbesondere "Mesh Graft" (Maschen- oder Netztransplantat)
  • Verbrennungswunden
  • Wunden an Körperstellen, die sonst schwierig zu erreichen sind
Bei folgenden Krankheitsbildern ist eine Vakuumtherapie nicht möglich:
  • unbehandelte Osteomyelitis (Knochenmarkentzündung)
  • maligne Tumore im Wundareal
  • nicht untersuchte Fistelgänge
  • freiliegende Gefäße, Organe, Knochen, Sehnen oder Nerven
  • trockene Gewebsnekrosen
  • trockene, verschorfte Beläge
  • dünne und leicht verletzliche Haut
Bei folgenden Faktoren ist eine Vakuumtherapie nur im Einzelfall möglich:
  • aktive Blutungen
  • Gerinnungsstörungen
  • Antikoagulanzientherapie
Hinweis:
  • Die Liste der Kontraindikationen könnte sich in naher Zukunft verkleinern. Die Vakuumtherapie wird beispielsweise immer häufiger auch bei freiliegenden Gefäßen verwendet.

Material

Wir stellen das notwendige Material bereit:

  • sterile chirurgische Pinzette
  • sterile chirurgische Schere
  • sterile Kompressen
  • sterile Handschuhe
  • unsterile Handschuhe
  • 10er-Spritze
  • ggf. Knopfkanüle oder Einmalkatheter
  • Spüllösung, etwa Ringerlösung
  • falls notwendig Antiseptikum
  • geeigneter Schwamm gemäß Arztanordnung
  • Wunddistanzgitter
  • Hydrokolloidverband gemäß Arztverordnung
  • Verbandsfolie
  • Drainageausleitung mit Schlauchleitung, Klemme und Kupplung
  • Einwegbehälter zur Aufnahme des Wundsekrets (max. 250 ml Fassungsvermögen)
  • Unterdruck erzeugende Pumpe
  • transparenter Filmverband
(Hinweis: Der genaue Bedarf ist abhängig von den individuellen Vorgaben zum Verbandwechsel.)

Organisation

  • Wir bilden unsere Fachkräfte regelmäßig zum Thema Wundversorgung fort.
  • Wir benennen einen Wundbeauftragten, der eine entsprechende Weiterbildung erhält.
  • Jede Pflegekraft, die eine Vakuumtherapie durchführt, muss zuvor in die Bedienung des Geräts eingewiesen werden. Die Gebrauchsanleitung muss zum Lesen bereitliegen.
  • Wir stellen sicher, dass für die Vakuumtherapie eine detaillierte ärztliche Anordnung vorliegt. Diese muss die Art, den Umfang und die Dauer der Vakuumtherapie vorgeben. Gleichzeitig muss feststehen, welche Art von Polyurethanschwämmen zu nutzen ist.
  • Die Pflegekraft nimmt Einsicht in die Pflegedokumentation. Sie muss insbesondere wissen, wie viele Schwämme beim letzten Verbandswechsel in den Hautdefekt eingebracht wurden.
  • Die Pflegekraft prüft die Vakuumtherapieeinheit auf sichtbare Beschädigungen. Wenn Fehlfunktionen drohen, darf das Gerät nicht verwendet werden.
  • Wir bitten den Hausarzt ggf. um eine Bedarfsmedikation zur Schmerzbehandlung. Der Bewohner erhält das Mittel 30 Minuten vor dem Verbandswechsel.
  • In einem Doppelzimmer wird entweder ein Sichtschutz aufgebaut oder der Mitbewohner für die Zeit nach draußen gebeten.
  • Der Bewohner wird über die anstehenden Maßnahmen informiert und um Zustimmung gebeten. Wir beachten, dass eine Vakuumtherapie mit konventionellen Wundverbänden nicht vergleichbar ist. Es ist daher damit zu rechnen, dass der Bewohner Befürchtungen hegt. Durch eine umfassende Beratung versuchen wir, unbegründete Ängste abzubauen.

Weiteres

  • Der Bewohner wird bequem gelagert. Die betroffene Hautregion muss leicht zugänglich sein. Seine Intimsphäre wird soweit möglich gewahrt.
  • Wenn die Hautregion stark behaart ist, muss zuvor eine Rasur erfolgen.
  • Die Pflegekraft legt eine Einmalplastikschürze an.
  • Das Bett wird mit einer flüssigkeitsdichten Unterlage vor Durchfeuchtung geschützt.
  • Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch.
  • Die Pflegekraft zieht unsterile Schutzhandschuhe an.
  • Das Arbeitsfeld wird desinfiziert.
  • Die Pflegekraft entfernt den alten Verband und die Wundauflage. Sie kontrolliert die alte Wundauflage auf Exsudat und Geruch. Danach wird sie im Abwurfbehälter entsorgt.
  • Das Abnehmen der alten Folie ist einfacher, wenn diese vorsichtig gedehnt und dann abgehoben wird. Die Folie wird nicht unter Krafteinsatz abgerissen.
  • Der alte Schwamm wird mit einer sterilen Pinzette entfernt. Haftet er zu stark am Wundgrund, wird er mit NaCl 0,9 % oder mit Ringerlösung befeuchtet.
  • Die Pflegekraft zieht die Handschuhe aus und entsorgt diese. Danach wird eine Händedesinfektion durchgeführt.

Durchführung:

Vakuumtherapie

  • Die Pflegekraft zieht sterile Handschuhe an.
  • Das Wundumfeld wird mit sterilen Abdecktüchern geschützt.
  • Die Pflegekraft führt gemäß Standard eine Wundreinigung durch, ggf. eine Wundspülung. Ablagerungen werden aus dem Wundbereich entfernt.
  • Der PVA-Schwamm wird auf die Wundgröße zugeschnitten. Die Pflegekraft reibt vorsichtig an den Rändern des zugeschnittenen Schwamms, um kleine Partikel zu lösen. Dabei ist darauf zu achten, dass keine Schwammreste in die Wunde fallen. Der Schwamm sollte etwas kleiner als die Wunde selbst sein. Die Wundränder müssen sichtbar bleiben.
  • Manche Wunden sind so geformt, dass mehrere Schwämme genutzt werden müssen, um den Hautdefekt zu füllen. In diesem Fall muss die Anzahl der Schwämme genau dokumentiert werden. Alle Schwämme müssen miteinander Kontakt haben.
  • Durch die zusätzliche Nutzung eines Silikondistanzgitters kann ein Einwachsen des Schwamms oder der Gaze vermieden werden.
  • Der Schwamm wird in die Wunde gelegt.
  • Die Folie wird auf die Wunde aufgelegt:
    • Die Pflegekraft achtet darauf, dass die Folie auch bei späteren Bewegungen des Bewohners sicher anliegt. Falten, die sich ggf. später auf der Folie bilden, beeinträchtigen die Wirkungsweise i. d. R. nicht.
    • Die Versiegelungsfolie wird niemals unter Zug oder unter Spannung angelegt.
    • Die Folie wird 4 bis 5 cm vom Wundrand entfernt auf die Haut aufgesetzt und locker über den nicht komprimierten Schwamm gelegt. Auf dem gegenüberliegenden Wundrand wird die Folie nun ebenfalls so aufgesetzt, dass rund 3 bis 5 cm Überlappung bleiben.
    • Bei großen Wunden kann es zweckmäßig sein, die Folie in Streifen zu schneiden und diese dachziegelartig übereinander zu kleben. Für die meisten Pflegekräfte ist es leichter, mehrere kleinere Folienstücke zu verarbeiten als ein großflächiges Folienstück.
  • Der Drainageschlauch darf keine Wundkanten berühren, da es sonst zu weiteren Druckstellen kommen kann.
  • Die Drainageausleitung wird angeschlossen. Dafür wird ein rund zwei Zentimeter großes Loch in die Folie geschnitten. Die Drainageausleitung wird direkt über dem Loch aufgesetzt. Die Pflegekraft drückt die Drainageausleitung vorsichtig an.
  • Die Vakuumtherapieeinheit wird angeschlossen. Die Pflegekraft rastet den Kanister ein und verbindet die Schlauchleitung mit dem Kanister. Die Schlauchklemmen müssen geöffnet sein.
  • Die Therapie wird gestartet. Die Pflegekraft stellt den vom Arzt vorgegebenen Unterdruck am Gerät ein. Der Sog sollte langsam aufgebaut werden, um die Schmerzen zu reduzieren.
  • Sobald das Vakuum besteht, muss dieses regelmäßig überwacht werden. Ein unbemerkter Unterdruckverlust kann zu einem beschleunigten Keimwachstum, zu Wundtaschen und zu einem Sekretstau führen. Überdies wird der Wundrand irritiert. (Hinweis: Ein Folienverband ohne Unterdruck ist ein schlichter Okklusivverband, der das genaue Gegenteil des ursprünglichen Therapieziels verursacht.)
  • Der Verband wird alle 48 Stunden (max. alle 72 Stunden) gewechselt. Bei infizierten Wunden ist zumeist ein täglicher Verbandswechsel notwendig.
  • Der Auffangbecher wird spätestens einmal in der Woche gewechselt, unabhängig davon, ob er bereits vollständig gefüllt ist.

Praxistipps

  • Die Wundumgebung wird durch die Vakuumtherapie häufig gereizt. Daher tragen wir einen flüssigen Hautschutzfilm auf. Zuvor wird die Haut gereinigt und getrocknet. Durch den Hautschutzfilm werden gleichzeitig die Haftkraft und die Dichtigkeit des Vakuumverbands optimiert.
  • Häufig ist die Wundumgebung auch schon sehr brüchig und geschädigt. Wir decken die Haut dann ggf. mit einem dünnen selbsthaftenden Verband ab, also etwa mit einem Hydrokolloidverband.

Nachbereitung:

Abschluss

  • Abfälle werden entsorgt. Spitze Gegenstände wie Kanülen müssen in fest umschlossenen Behältern entsorgt werden, um Stichverletzungen zu vermeiden.
  • Der Bewohner wird nach seinem Befinden und zu etwaigen Schmerzen befragt. Wir machen den Bewohner darauf aufmerksam, dass er sich bei uns melden soll, wenn im Verlauf der Vakuumtherapie eine erhebliche Schmerzbelastung auftritt. In diesem Fall muss die Analgetikaversorgung gesteigert werden.
  • Der Bewohner wird bequem gelagert.
  • Wir erläutern dem Bewohner das Alarmsystem, das auf ein Leck und auf einen Unterdruckverlust aufmerksam macht. Der Bewohner soll in diesem Fall sofort die Pflegekraft informieren.

Dokumentation

Wir dokumentieren alle relevanten Informationen. Etwa:

  • Vitaldaten wie Körpertemperatur, Puls, Blutdruck
  • Schmerzäußerungen
  • Entzündungszeichen wie Funktionsstörungen, Überwärmung, Schwellungen usw.
  • Zustand der Wundränder, also Spannung, Nekrosenbildung usw.
  • Lokalisation der Wunde
  • Größe und Tiefe der Wunde
  • Sekretion
  • Impfzustand des Bewohners, insbesondere Tetanusschutz
  • Art der bislang durchgeführten Therapie
  • Bereitschaft des Bewohners, sich an der Behandlung zu beteiligen

Weiteres

  • Ggf. wird die Pflegeplanung / Maßnahmenplanung angepasst.
  • Der Bestand an Verbrauchsmaterial wird überprüft und ggf. eine Nachbestellung eingeleitet bzw. der Arzt um ein Rezept gebeten.

Dokumente:

  • Wunddokumentation
  • Berichtsblatt
  • ärztliches Verordnungsblatt
  • Kommunikationsblatt mit dem Arzt
  • Pflegeplanung / Maßnahmenplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  •  Pflegefachkräfte



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