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Standard "Pflege von Bewohnerinnen mit Vulvitis und Kolpitis"

Bei einer Entzündung des weiblichen Genitals ist Abwarten keine Option - ebenso wenig wie der Griff zu Hausmitteln. Stattdessen wird die Pflegebedürftige umgehend einem Gynäkologen vorgestellt. Doch mit Medikamenten allein ist das Problem langfristig nicht zu lösen.


Standard "Pflege von Bewohnerinnen mit Vulvitis und Kolpitis"


Definition:

  • Das weibliche Genital ist aufgrund der Nähe zum Anus besonders anfällig für Keimübertragungen. Bei einer Vulvitis ist der äußere weibliche Genitalbereich (sog. "Vulva") entzündet. Eine Kolpitis ist eine Entzündung der Scheide (Vagina). Eine Kolpitis tritt häufig gemeinsam mit einer Vulvitis auf (sog. "Vulvovaginitis").
  • Verschiedene Keime und andere Faktoren können zu einer Entzündung der Vulva und der Vagina führen. Dazu zählen Bakterien, Viren, Pilze oder Parasiten. Als möglicher Auslöser kommt auch ein Fremdkörper infrage, beispielsweise ein vergessener Tampon.
  • Derartige Entzündungen treten insbesondere bei Frauen in der Postmenopause auf. Die hormonellen Veränderungen schädigen die Scheidenschleimhaut und führen zu einer verminderten Durchblutung. Die Schleimhaut bildet sich zurück ("Atrophie"). Gleichzeitig ist in dieser Lebensphase die Glykogen- und Milchsäurebildung reduziert. Dadurch wird die Widerstandsfähigkeit in der Scheide gegen bakterielle Infektionen reduziert. Folglich können sich Infektionen des Genitals bei älteren Frauen schneller und häufiger entwickeln.
  • Auch eine Antibiotikabehandlung, eine Chemotherapie sowie eine Bestrahlung erhöhen die Anfälligkeit.

Grundsätze:

  • Insbesondere bei Frauen ab dem 50. Lebensjahr kann eine Kolpitis oder Vulvitis auf ein Karzinom hinweisen. Daher ist es unverzichtbar, die Ursache der Beschwerden von einem Frauenarzt prüfen zu lassen.
  • Geschlechtsorgane sind oftmals ein Tabuthema. Vielen Frauen fällt es leichter, mit einer weiblichen Pflegekraft über Gesundheitsprobleme im Genitalbereich zu reden.

Ziele:

  • Die Entzündung wird zeitnah erkannt.
  • Die Schmerzbelastung wird minimiert.
  • Eine Übertragung auf den Sexualpartner wird vermieden.
  • Die Bewohnerin ändert ihre Lebensweise so weit, dass eine erneute Infektion vermieden wird.

Vorbereitung:

Symptome

Wir achten auf die typischen Anzeichen einer sich entwickelnden Infektion des weiblichen Genitalbereichs. Bei einem hinreichenden Verdacht informieren wir den Gynäkologen und bitten um einen Abstrich.

  • Es kommt zu vaginalem Ausfluss. Dieser ist ggf. farblich verändert. Er kann gelblich, grünlich, weiß oder klar sein.
  • Der Intimbereich riecht unangenehm.
  • Die Bewohnerin klagt über Juckreiz und über Schmerzen im Bereich der Vulva oder der Vagina. Insbesondere beim Gehen kommt es zu Beschwerden.
  • Die Bewohnerin berichtet darüber, dass sie Beschwerden beim Wasserlassen oder beim Geschlechtsverkehr hat.
  • Bei der Waschung des Intimbereichs fallen Rötungen, Schwellungen oder eine Überwärmung auf.
  • Die Vaginalwand zeigt kleine Einrisse und Einblutungen.

Prophylaxemaßnahmen

Verschiedene Verhaltensweisen können das Risiko einer Vulvitis steigern. Wir raten der Bewohnerin, ihr Verhalten entsprechend anzupassen.

  • Sofern die Bewohnerin die Intimhygiene vernachlässigt, erläutern wir ihr die Bedeutung einer regelmäßigen Reinigung und Pflege des Vaginalbereichs. Falls notwendig wird die Intimpflege von uns übernommen.
  • In vielen Fällen ist eine übertriebene Intimhygiene für die Symptomatik verantwortlich. Wenn wir dieses vermuten, raten wir der Bewohnerin, die Intensität der Reinigung auf ein vernünftiges Maß zu reduzieren. Sie sollte insbesondere keine antiseptischen Badezusätze nutzen. Scheidenspülungen ohne Anlass sollten unterbleiben.
  • Die Intimpflege sollte mit klarem Wasser erfolgen. Duschgel sollte nicht täglich genutzt werden. Seifenreste werden gründlich abgespült.
  • Nach dem Stuhlgang sollte die Bewohnerin den Intimbereich "von vorn nach hinten" (also in Richtung After) reinigen. Die Bewohnerin sollte unparfümiertes Toilettenpapier nutzen.
  • Wir raten von der Nutzung von Intimsprays sowie von antimikrobiellen oder parfümierten Seifen ab.
  • Wenn eine Vulvitis und eine Kolpitis immer wieder auftreten, muss ein Diabetes mellitus ausgeschlossen werden. Falls die Bewohnerin unter Diabetes mellitus leidet, sollte der Blutzuckerwert gut eingestellt werden.
  • Wir prüfen, ob Östrogenmangel die Infektion begünstigt. Falls notwendig erhält die Bewohnerin Östrogenpräparate.
  • Wir stellen sicher, dass die Hygienevorschriften bei der Blasenkatheterisierung strikt eingehalten werden. Bei einer Selbstkatheterisierung wird die Bewohnerin erneut entsprechend angeleitet.
  • Beim Duschen sollte der Wasserstrahl nicht zu hart eingestellt werden. Dieses gilt auch bei einer Bidetnutzung.
  • Die Bewohnerin sollte keine Slipeinlagen mit Plastikfolie nutzen. Sie sollte auf die Verwendung von enger und luftundurchlässiger Unterwäsche verzichten. Stattdessen sollte sie Slips aus Naturfasern tragen. Die Unterwäsche wird täglich gewechselt. Die Bewohnerin sollte keine Nylonstrumpfhosen verwenden.
  • Die Bewohnerin muss eine Unterkühlung des Intimbereichs vermeiden, da dadurch die Scheidenflora geschädigt wird.
  • Die Bewohnerin sollte sich ausgewogen ernähren und den Konsum von Süßwaren reduzieren. Eine zuckerreiche Ernährung begünstigt die Entstehung von Pilzinfektionen.
  • Adipöse Bewohnerinnen müssen ihre Ernährung umstellen und den BMI normalisieren. Die vermehrte Schweißabsonderung führt zur Mazeration der Haut.
  • Wir stellen sicher, dass die Bewohnerin ausreichend trinkt. Wir verdeutlichen ihr, dass damit eine Trockenheit der Schleimhaut verhindert wird.

Prophylaxemaßnahmen im Rahmen der Sexualität

  • Sexuell aktive Bewohnerinnen sollten auf Sexualpraktiken verzichten, die zu Schleimhautverletzungen führen können. Bei einer trockenen Schleimhaut sollte die Bewohnerin Gleitcreme vor dem Geschlechtsverkehr auftragen.
  • Sexuell aktive Bewohnerinnen sollten darauf verzichten, beim Geschlechtsverkehr zuerst Anal- und dann Vaginalverkehr durchzuführen.
  • Nach dem Geschlechtsverkehr sollte die Bewohnerin duschen oder ein Bidet verwenden.
  • Wenn die Bewohnerin den Sexualpartner häufig wechselt, ist es notwendig, dass sie konsequent Kondome verwendet.
  • Wenn die Bewohnerin masturbiert, soll sie auf eine hinreichende Händehygiene achten. Wir erläutern ihr, dass sie etwaige Sexspielzeuge sorgfältig reinigen muss.

Informationenssammlung

Wir stellen anhand der Pflegedokumentation die Informationen zusammen, die der Arzt für die Diagnose und für die Therapieauswahl benötigt. Dieses ist insbesondere dann wichtig, wenn die Bewohnerin aufgrund einer demenziellen Erkrankung nicht selbst auf die Fragen des Arztes antworten kann.

  • Zeitpunkt der ersten Entdeckung der Hautveränderungen
  • Hygienegewohnheiten
  • Sexualpraktiken
  • bisher aufgetretene Hautkrankheiten und Kontaktallergien (etwa gegen Latex)
  • etwaige Harninkontinenz
  • bisher angewandte Selbstmedikationen und andere Hausmittel
  • relevante Erkrankungen in der Vergangenheit, etwa Herpes genitalis, Befall mit Krätze oder mit Filzläusen, Pilzerkrankungen, Autoimmunerkrankung, immundepressive Therapie usw.

Durchführung:

Therapie

  • Abhängig von der Ursache verschreibt der behandelnde Arzt Vaginalcremes oder Vaginalzäpfchen. Diese enthalten antimykotische oder antibiotische Wirkstoffe. Soweit möglich, sollte die Bewohnerin die Arzneimittel selbstständig einführen. Falls sie dazu nicht in der Lage ist, helfen wir bei der Einnahme oder übernehmen die Applikation vollständig.
  • Vaginale Medikamente sollten bevorzugt vor dem Schlafengehen appliziert werden. Wenn die Bewohnerin längere Zeit liegt, fließt der Wirkstoff nicht schnell wieder heraus. Er bleibt längere Zeit am Schädigungsort verfügbar. Vor der Applikation bieten wir der Bewohnerin stets einen Toilettengang an. Bei vielen Vaginaltherapeutika ist ein spezieller Applikator in der Verpackung beigelegt. Wir erklären der Bewohnerin die richtige Handhabung.
  • Es ist wichtig, dass die ärztlich vorgegebene Therapiedauer eingehalten wird. Das Medikament wird also weiterhin verabreicht, obwohl bereits eine Beschwerdefreiheit erreicht wurde.
  • Soweit verordnet führen wir eine Genitalspülung durch. Möglich sind auch Sitzbäder mit Kamille oder mit Eichenrindenextrakt.
  • Soweit ärztlich verordnet, wird der Genitalbereich mit handwarmer Kamillosan-Lösung oder mit einem anderen Präparat abgespült. Dieses sollte soweit möglich von der Bewohnerin selbst durchgeführt werden. Ist dieses nicht möglich, wird die Maßnahme von einer Pflegekraft übernommen. Sie spreizt die Schamlippen mit einer Hand und gießt die Spülflüssigkeit über das Genital. Danach wird der Bereich mit einem sauberen Handtuch abgetrocknet. Alternativ können Kompressen verwendet werden.
  • Oftmals ist es sinnvoll, Milchsäurebakterien lokal zu applizieren. Diese werden z. B. in Form von Kapseln in die Vagina eingeführt. Dadurch wird das saure Milieu in der Scheide wieder hergestellt.
  • Sexuell aktive Bewohnerinnen sollten für die Dauer der Infektion auf Geschlechtsverkehr verzichten und in den ersten Wochen nach Abheilung Kondome benutzen.
  • Wenn die Bewohnerin sexuell aktiv ist, sollte auch der Partner mitbehandelt werden. Oftmals ergibt sich ansonsten ein gegenseitiges Wiederanstecken (sog. "Ping-Pong-Infektion").
  • In vielen Fällen liegen die Hygienemängel nicht bei der Frau, sondern beim männlichen Sexualpartner. Hier ist es notwendig, alle Beteiligten entsprechend zu beraten.

Nachbereitung:

Prognose

  • Sofern der Erreger richtig identifiziert werden kann, sind die Infektionen zumeist problemlos zu behandeln. I. d. R. kann eine Beschwerdefreiheit innerhalb weniger Tage erreicht werden.
  • Wenn eine Vulvitis nicht behandelt wird, kann die Infektion den gesamten Körper erfassen ("Systeminfektion").

weitere Maßnahmen

  • Nach erfolgreicher Behandlung der Infektion sollte eine Ursachenforschung betrieben werden. Risikofaktoren für eine weitere Kolpitis werden ausgeräumt.
  • Alle Maßnahmen werden sorgfältig dokumentiert.
  • Bei relevanten gesundheitlichen Veränderungen wird umgehend der Arzt gerufen.
  • Die Pflegeplanung wird stets dem aktuellen Zustand der Bewohnerin angepasst.

Dokumente:

  • Leistungsnachweise "medizinische Pflege"
  • Pflegebericht
  • Wunddokumentation
  • Pflegeplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • Pflegefachkräfte



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