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Standard "Anwendung von wirkstoffhaltigen Pflastern"

Wirkstoffpflaster werden häufig als ebenso schonende wie harmlose Alternative zur Tablette oder gar zur Spritze missverstanden. Tatsächlich jedoch ist die Anwendung ebenso risikobehaftet wie alle anderen Applikationsformen auch.


Standard "Anwendung von wirkstoffhaltigen Pflastern"


Definition:

  • Bei transdermalen therapeutischen Systemen (kurz "TTS") wird der Wirkstoff mithilfe eines speziellen Pflasters appliziert. Das Arzneimittel wird langsam aus dem Pflaster an die Haut abgegeben, von dieser resorbiert und in den Blutkreislauf weitergeleitet.
  • Diese Form der Medikamentenverabreichung ist insbesondere zur Schmerzbehandlung, zur Langzeittherapie der Angina Pectoris sowie zur Hormontherapie üblich.
  • Zentraler Vorteil ist die kontinuierliche Wirkstoffabgabe über einen längeren Zeitraum. Dieses ist für den Organismus i.d.R. weniger belastend.
  • Wirkstoffhaltige Pflaster werden zumeist gut akzeptiert, da die Applikation schmerzfrei ist. Vielen Senioren ist diese Verabreichungsform überdies aus der Raucherentwöhnung bekannt.
  • Es gibt zwei verschiedene Formen von TTS:
    • Bei einem sog. "Matrixpflaster" ist der Wirkstoff direkt in die gelartige Trägermasse ("Matrix") eingearbeitet. Er diffundiert nach dem Aufbringen in das Hautgewebe. In der Haut direkt unter dem Pflaster bildet sich ein Wirkstoffdepot. Das Pflaster darf nicht entfernt und an anderer Stelle erneut aufgeklebt werden, da dann die gleichmäßige Aufnahme des Arzneimittels beeinträchtigt wäre.
    • Bei einem sog. "Membranpflaster" befindet sich das Depot im Pflaster selbst. Der Wirkstoff muss eine dünne Membran durchdringen und wird dann in der Haut resorbiert. Das Pflaster kann daher kurzzeitig entfernt und später wieder aufgeklebt werden, etwa wenn der Bewohner baden oder duschen soll. Das Depot eines Membranpflasters ist anfällig für mechanische Beschädigungen. Das Pflaster darf also bei der Lagerung oder bei der Applikation nicht geknickt oder zerschnitten werden. Es besteht das Risiko einer schlagartigen Freisetzung der Gesamtdosis ("Dose-Dumping") und folglich von Nebenwirkungen als Folge der Überdosierung.
  • Das Wechselintervall schwankt je nach Produkt. Manche Pflaster werden täglich, andere wöchentlich erneuert.
  • Es kann mehrere Stunden dauern, bis eine ausreichende Menge des Medikaments resorbiert wurde, um die gewünschte Wirkung zu erreichen. Insbesondere zu Beginn einer Schmerztherapie ist es daher notwendig, den Wirkstoff ergänzend oral oder per Injektion zuzuführen. Ähnliches gilt für die Linderung von kurzfristigen Schmerzspitzen. Wirkstoffpflaster sind dafür nicht geeignet, sondern sollten um eine entsprechende Bedarfsmedikation ergänzt werden.

Grundsätze:

  • Wirkstoffhaltige Pflaster werden häufig unterschätzt, weil hier das Medikament lediglich über die Haut aufgenommen wird, also weder geschluckt noch injiziert wird. Tatsächlich jedoch handelt es sich ggf. um hochwirksame Arzneimittel. Eine fehlerhafte Applikation kann die angestrebte Wirkung abschwächen. Auch ggf. gesundheitsbedrohliche Überdosierungen sowie Wechselwirkungen mit anderen Wirkstoffen sind möglich. Der Begriff "Pflaster" ist also angesichts der starken therapeutischen Effektivität nahezu eine Verharmlosung.
  • Wir beachten das Prinzip der aktivierenden Pflege. Die Anwendung eines Wirkstoffpflasters ist vergleichsweise einfach. Die meisten Bewohner sollten daher nach einer Einweisung in der Lage sein, die Applikation eigenständig oder zumindest unter Aufsicht vorzunehmen.

Ziele:

  • Das Medikament entfaltet die gewünschte Wirkung.
  • Die erforderliche Dosierung wird weder über- noch unterschritten.

Vorbereitung:

Material

Wir stellen das notwendige Material zusammen:

  • wirkstoffhaltiges Pflaster gemäß der ärztlichen Verordnung
  • Einmalhandschuhe
  • ggf. Schere

weitere Maßnahmen

  • Wenn der Wirkstoff Körperfunktionen wie etwa den Blutdruck oder den Puls beeinflusst, misst die Pflegekraft vor jeder Applikation die Vitaldaten.
  • Vor jedem Wechsel des Pflasters wird eine Prüfung gemäß der 6-R-Regel durchgeführt.
  • Die Pflegekraft dokumentiert ein Schema für die verschiedenen Applikationsstellen am Körper des Bewohners für das Pflaster.
  • Vor jeder Verabreichung stellt die Pflegekraft sicher, dass das vorherige Pflaster zuvor entfernt wurde. Wenn die Pflaster an verschiedenen Stellen aufgeklebt werden, kann es schnell passieren, dass das alte Pflaster vergessen wird. Eine Überdosierung wäre die Folge.
  • Für die Applikation des Pflasters wird eine intakte Hautstelle benötigt, also ohne Narben, Wunden und Sonnenbrand.
  • Der Hautbereich sollte - soweit möglich - keinem permanenten Auflagedruck ausgesetzt sein, also etwa das Gesäß oder der Rücken bei Senioren im Rollstuhl.
  • Es ist wichtig, dass in dem Areal keine anderen Medikamente aufgebracht worden sind, also etwa Salben oder Tinkturen.
  • Die Haut sollte möglichst frei von Kosmetika sein. Dazu zählen auch Hautcremes, Öle und Lotionen. Diese beeinflussen nicht nur die Resorption, sondern vermindern auch die Klebeeigenschaften des Pflasters.
  • Falls notwendig wird die Hautstelle vor der Applikation des Pflasters gereinigt. Wir nutzen dafür nur reines Wasser. Die Haut wird danach vorsichtig trocken getupft und nicht trocken gerieben.
  • Störende Haare werden mit einer Schere entfernt. Eine Rasur könnte Mikroverletzungen verursachen und die Aufnahme des Wirkstoffs steigern.
  • Die Pflegekraft sollte beim Aufbringen des Pflasters Einmalhandschuhe tragen. Sie vermeidet damit, dass sie selbst mit dem Wirkstoff in Kontakt kommt. Überdies ist eine hygienische Händedesinfektion erforderlich.
  • Das Pflaster wird erst unmittelbar vor der Applikation aus der Verpackung entnommen. Die Schutzpackung wird nicht aufgeschnitten, da dabei das Pflaster beschädigt werden könnte. Stattdessen reißt die Pflegekraft die Verpackung an den dafür markierten Stellen vorsichtig auf. Die Klebeflächen des Pflasters sollten möglichst wenig mit den Handschuhen berührt werden.
  • Wirkstoffhaltige Pflaster dürfen i.d.R. nicht zerschnitten werden. Der Wirkstoff würde ausfließen. Das Teilen des Pflasters ist nur möglich, wenn dieses laut Beipackzettel ausdrücklich erlaubt ist; also etwa bei seitlich nicht versiegelten Produkten und bei vollflächigen Adhäsivschichten.
  • Bei einigen Produkten ist die Wirkstoffschicht des Pflasters mit einer zusätzlichen Schutzfolie abgedeckt. Wir stellen sicher, dass diese entfernt wird, da ansonsten der Wirkstoff nicht in die Haut übergehen kann. Die Pflegekraft sollte dabei die Wirkstoffschicht nicht berühren.

Durchführung:

  • Die Pflegekraft klebt das Pflaster faltenfrei auf. Sie drückt es eine halbe Minute mit der flachen Hand fest. Dadurch wird zumeist die Haftkraft gesteigert. Sie sollte den Wirkstoff aber nicht einmassieren.
  • Falls das Pflaster nicht ausreichend auf der Haut haftet, wird es mit zusätzlichen Pflasterstreifen fixiert.
  • Das Pflaster und die umgebende Haut werden von Wärmequellen ferngehalten. Dazu zählen Wärmekissen, Wärmflaschen, Heizlüfter und Wärmestrahler. Durch Wärmeeinwirkung kann es dazu kommen, dass das Arzneimittel schneller als vorgesehen freigesetzt und über die Haut aufgenommen wird. Die Folge wäre eine Überdosierung.
  • In keinem Fall wird auf dem Pflaster das Datum des Aufklebens vermerkt. Die Lösungsmittel der Stiftfarbe könnten mit dem Medikament interagieren. Zudem handelt es sich um eine Doppeldokumentation.

Nachbereitung:

Allgemeines

  • Die Pflegekraft zieht das verbrauchte Pflaster vorsichtig in Haarwuchsrichtung ab. Sie drückt danach die Klebeflächen aneinander.
  • Das gebrauchte Pflaster wird sicher entsorgt, also etwa in einem Plastikbeutel. Wir stellen sicher, dass es insbesondere nicht in die Hände von Kindern gelangt. Auch ein gebrauchtes Pflaster kann für ein Kind oder andere Personen tödlich ein. (In der ambulanten Pflege müssen auch etwaige Haustiere geschützt werden.)
  • Die Hautstelle wird von Pflasterrückständen befreit. Wir nutzen dafür nur Wasser und ggf. etwas Seife. Die Anwendung von Lösungsmitteln etwa auf Alkoholbasis ist zu vermeiden.
  • Wir prüfen, ob es im Bereich des Pflasters zu einer allergischen Reaktion gekommen ist, also insbesondere zu einer Hautrötung oder zu Schwellungen. In diesem Fall wird das Hautgebiet mit Wasser und mit Seife vom Wirkstoff befreit. Die Haut soll danach an der Luft trocknen. Dann wird der Arzt kontaktiert und um eine modifizierte Medikation gebeten. Auch eine möglichst große Streuung der Applikationsorte über den Körper kann das Risiko von Irritationen mindern.
  • Das verbrauchte Material wird entsorgt.
  • Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch. Wenn der Bewohner an der Applikation beteiligt war, sollte er sich danach die Hände mit Wasser und mit Seife waschen.
  • Bei einigen Produkten enthält die Deckschicht Aluminium. Vor einer Reanimation muss ein solches Pflaster entfernt werden, da sonst schwere Verbrennungen drohen.
  • Die Pflegekraft stellt sicher, dass der Bewohner über einen ausreichenden Vorrat an Wirkstoffpflastern verfügt. Wenn das Medikament zur Neige geht, wird der behandelnde Arzt um eine erneute Verschreibung gebeten.
  • Nach der Entfernung eines Pflasters sollte für das nächste Pflaster eine andere Hautstelle ausgewählt werden. Erst nach sieben Tagen ohne aufgebrachtes Pflaster sollte ein Applikationsareal erneut verwendet werden.
  • Der Gesundheitszustand des Bewohners sollte überwacht werden. Wenn es zu Fieber oder zu einer erhöhten Schweißsekretion kommt, steigert sich die Aufnahme des Wirkstoffs. Ggf. muss dann die Dosis reduziert werden. Alternativ wird das Arzneimittel vorübergehend oral appliziert.
  • Die Applikation, die Reaktionen des Bewohners darauf sowie die erzielte Wirkung werden dokumentiert. Bei relevanten Abweichungen vom geplanten Therapieerfolg wird der behandelnde Arzt informiert.

Verhalten bei Fehlern:

  • Die Pflegekraft hat ein Membranpflaster beschädigt und ist mit dem Inhalt in Berührung gekommen. In diesem Fall sollte die Pflegekraft eine sorgfältige Händewaschung mit Wasser und mit Seife durchführen. Falls sie mit dem Wirkstoff in Kontakt gekommen ist, kann sie entsprechende Symptome bemerken, die jedoch i.d.R. schnell nachlassen.
  • Es wurde vergessen, ein altes Pflaster zu entfernen, bevor ein neues appliziert wurde. Der Zustand des Bewohners wird engmaschig überwacht. Wir lesen den Beipackzettel aufmerksam durch und achten auf Symptome einer Überdosierung. Ggf. wird der behandelnde Arzt kontaktiert oder der Notarzt gerufen.

Dokumente:

  • Medikamentenblatt
  • Schema der Applikationsstellen am Körper
  • Betäubungsmittelbuch / -Nachweis
  • Leistungsnachweise "medizinische Pflege"
  • Pflegebericht
  • Bogen: Fragen an den Arzt

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • Pflegefachkräfte



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