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Standard "Anwendung von wirkstoffhaltigen Pflastern"
Wirkstoffpflaster
werden häufig als ebenso schonende wie harmlose Alternative zur
Tablette oder gar zur Spritze missverstanden. Tatsächlich jedoch ist
die Anwendung ebenso risikobehaftet wie alle anderen Applikationsformen
auch.
Standard "Anwendung von wirkstoffhaltigen Pflastern"
Definition:
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Bei transdermalen therapeutischen Systemen
(kurz "TTS") wird der Wirkstoff mithilfe eines speziellen Pflasters
appliziert. Das Arzneimittel wird langsam aus dem Pflaster an die Haut
abgegeben, von dieser resorbiert und in den Blutkreislauf
weitergeleitet.
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Diese Form der Medikamentenverabreichung ist
insbesondere zur Schmerzbehandlung, zur Langzeittherapie der Angina
Pectoris sowie zur Hormontherapie üblich.
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Zentraler Vorteil ist die kontinuierliche
Wirkstoffabgabe über einen längeren Zeitraum. Dieses ist für den
Organismus i.d.R. weniger belastend.
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Wirkstoffhaltige Pflaster werden zumeist gut
akzeptiert, da die Applikation schmerzfrei ist. Vielen Senioren ist
diese Verabreichungsform überdies aus der Raucherentwöhnung bekannt.
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Es gibt zwei verschiedene Formen von TTS:
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Bei einem sog. "Matrixpflaster" ist der
Wirkstoff direkt in die gelartige Trägermasse ("Matrix") eingearbeitet.
Er diffundiert nach dem Aufbringen in das Hautgewebe. In der Haut
direkt unter dem Pflaster bildet sich ein Wirkstoffdepot. Das Pflaster
darf nicht entfernt und an anderer Stelle erneut aufgeklebt werden, da
dann die gleichmäßige Aufnahme des Arzneimittels beeinträchtigt wäre.
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Bei einem sog. "Membranpflaster" befindet
sich das Depot im Pflaster selbst. Der Wirkstoff muss eine dünne
Membran durchdringen und wird dann in der Haut resorbiert. Das Pflaster
kann daher kurzzeitig entfernt und später wieder aufgeklebt werden,
etwa wenn der Bewohner baden oder duschen soll. Das Depot eines
Membranpflasters ist anfällig für mechanische Beschädigungen. Das
Pflaster darf also bei der Lagerung oder bei der Applikation nicht
geknickt oder zerschnitten werden. Es besteht das Risiko einer
schlagartigen Freisetzung der Gesamtdosis ("Dose-Dumping") und folglich
von Nebenwirkungen als Folge der Überdosierung.
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Das Wechselintervall schwankt je nach Produkt. Manche Pflaster werden täglich, andere wöchentlich erneuert.
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Es kann mehrere Stunden dauern, bis eine
ausreichende Menge des Medikaments resorbiert wurde, um die gewünschte
Wirkung zu erreichen. Insbesondere zu Beginn einer Schmerztherapie ist
es daher notwendig, den Wirkstoff ergänzend oral oder per Injektion
zuzuführen. Ähnliches gilt für die Linderung von kurzfristigen
Schmerzspitzen. Wirkstoffpflaster sind dafür nicht geeignet, sondern
sollten um eine entsprechende Bedarfsmedikation ergänzt werden.
Grundsätze:
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Wirkstoffhaltige Pflaster werden häufig
unterschätzt, weil hier das Medikament lediglich über die Haut
aufgenommen wird, also weder geschluckt noch injiziert wird.
Tatsächlich jedoch handelt es sich ggf. um hochwirksame Arzneimittel.
Eine fehlerhafte Applikation kann die angestrebte Wirkung abschwächen.
Auch ggf. gesundheitsbedrohliche Überdosierungen sowie Wechselwirkungen
mit anderen Wirkstoffen sind möglich. Der Begriff "Pflaster" ist also
angesichts der starken therapeutischen Effektivität nahezu eine
Verharmlosung.
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Wir beachten das Prinzip der aktivierenden
Pflege. Die Anwendung eines Wirkstoffpflasters ist vergleichsweise
einfach. Die meisten Bewohner sollten daher nach einer Einweisung in
der Lage sein, die Applikation eigenständig oder zumindest unter
Aufsicht vorzunehmen.
Ziele:
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Das Medikament entfaltet die gewünschte Wirkung.
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Die erforderliche Dosierung wird weder über- noch unterschritten.
Vorbereitung:
Material
Wir stellen das notwendige Material zusammen:
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wirkstoffhaltiges Pflaster gemäß der ärztlichen Verordnung
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Einmalhandschuhe
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ggf. Schere
weitere Maßnahmen
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Wenn der Wirkstoff Körperfunktionen wie etwa
den Blutdruck oder den Puls beeinflusst, misst die Pflegekraft vor
jeder Applikation die Vitaldaten.
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Vor jedem Wechsel des Pflasters wird eine Prüfung gemäß der 6-R-Regel durchgeführt.
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Die Pflegekraft dokumentiert ein Schema für die verschiedenen Applikationsstellen am Körper des Bewohners für das Pflaster.
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Vor jeder Verabreichung stellt die Pflegekraft
sicher, dass das vorherige Pflaster zuvor entfernt wurde. Wenn die
Pflaster an verschiedenen Stellen aufgeklebt werden, kann es schnell
passieren, dass das alte Pflaster vergessen wird. Eine Überdosierung
wäre die Folge.
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Für die Applikation des Pflasters wird eine intakte Hautstelle benötigt, also ohne Narben, Wunden und Sonnenbrand.
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Der Hautbereich sollte - soweit möglich -
keinem permanenten Auflagedruck ausgesetzt sein, also etwa das Gesäß
oder der Rücken bei Senioren im Rollstuhl.
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Es ist wichtig, dass in dem Areal keine anderen Medikamente aufgebracht worden sind, also etwa Salben oder Tinkturen.
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Die Haut sollte möglichst frei von Kosmetika
sein. Dazu zählen auch Hautcremes, Öle und Lotionen. Diese beeinflussen
nicht nur die Resorption, sondern vermindern auch die
Klebeeigenschaften des Pflasters.
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Falls notwendig wird die Hautstelle vor der
Applikation des Pflasters gereinigt. Wir nutzen dafür nur reines
Wasser. Die Haut wird danach vorsichtig trocken getupft und nicht
trocken gerieben.
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Störende Haare werden mit einer Schere
entfernt. Eine Rasur könnte Mikroverletzungen verursachen und die
Aufnahme des Wirkstoffs steigern.
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Die Pflegekraft sollte beim Aufbringen des
Pflasters Einmalhandschuhe tragen. Sie vermeidet damit, dass sie selbst
mit dem Wirkstoff in Kontakt kommt. Überdies ist eine hygienische
Händedesinfektion erforderlich.
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Das Pflaster wird erst unmittelbar vor der
Applikation aus der Verpackung entnommen. Die Schutzpackung wird nicht
aufgeschnitten, da dabei das Pflaster beschädigt werden könnte.
Stattdessen reißt die Pflegekraft die Verpackung an den dafür
markierten Stellen vorsichtig auf. Die Klebeflächen des Pflasters
sollten möglichst wenig mit den Handschuhen berührt werden.
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Wirkstoffhaltige Pflaster dürfen i.d.R. nicht
zerschnitten werden. Der Wirkstoff würde ausfließen. Das Teilen des
Pflasters ist nur möglich, wenn dieses laut Beipackzettel ausdrücklich
erlaubt ist; also etwa bei seitlich nicht versiegelten Produkten und
bei vollflächigen Adhäsivschichten.
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Bei einigen Produkten ist die Wirkstoffschicht
des Pflasters mit einer zusätzlichen Schutzfolie abgedeckt. Wir stellen
sicher, dass diese entfernt wird, da ansonsten der Wirkstoff nicht in
die Haut übergehen kann. Die Pflegekraft sollte dabei die
Wirkstoffschicht nicht berühren.
Durchführung:
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Die Pflegekraft klebt das Pflaster faltenfrei
auf. Sie drückt es eine halbe Minute mit der flachen Hand fest. Dadurch
wird zumeist die Haftkraft gesteigert. Sie sollte den Wirkstoff aber
nicht einmassieren.
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Falls das Pflaster nicht ausreichend auf der Haut haftet, wird es mit zusätzlichen Pflasterstreifen fixiert.
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Das Pflaster und die umgebende Haut werden von
Wärmequellen ferngehalten. Dazu zählen Wärmekissen, Wärmflaschen,
Heizlüfter und Wärmestrahler. Durch Wärmeeinwirkung kann es dazu
kommen, dass das Arzneimittel schneller als vorgesehen freigesetzt und
über die Haut aufgenommen wird. Die Folge wäre eine Überdosierung.
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In keinem Fall wird auf dem Pflaster das Datum
des Aufklebens vermerkt. Die Lösungsmittel der Stiftfarbe könnten mit
dem Medikament interagieren. Zudem handelt es sich um eine
Doppeldokumentation.
Nachbereitung:
Allgemeines
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Die Pflegekraft zieht das verbrauchte Pflaster
vorsichtig in Haarwuchsrichtung ab. Sie drückt danach die Klebeflächen
aneinander.
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Das
gebrauchte Pflaster wird sicher entsorgt,
also etwa in einem Plastikbeutel. Wir stellen sicher, dass es
insbesondere nicht in die Hände von Kindern gelangt. Auch ein
gebrauchtes Pflaster kann für ein Kind oder andere Personen tödlich
ein. (In der ambulanten
Pflege müssen auch etwaige Haustiere geschützt werden.)
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Die Hautstelle wird von Pflasterrückständen
befreit. Wir nutzen dafür nur Wasser und ggf. etwas Seife. Die
Anwendung von Lösungsmitteln etwa auf Alkoholbasis ist zu vermeiden.
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Wir prüfen, ob es im Bereich des Pflasters zu
einer allergischen Reaktion gekommen ist, also insbesondere zu einer
Hautrötung oder zu Schwellungen. In diesem Fall wird das Hautgebiet mit
Wasser und mit Seife vom Wirkstoff befreit. Die Haut soll danach an der
Luft trocknen. Dann wird der Arzt kontaktiert und um eine modifizierte
Medikation gebeten. Auch eine möglichst große Streuung der
Applikationsorte über den Körper kann das Risiko von Irritationen
mindern.
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Das verbrauchte Material wird entsorgt.
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Die Pflegekraft führt eine hygienische
Händedesinfektion durch. Wenn der Bewohner an der Applikation beteiligt
war, sollte er sich danach die Hände mit Wasser und mit Seife waschen.
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Bei einigen Produkten enthält die Deckschicht
Aluminium. Vor einer Reanimation muss ein solches Pflaster entfernt
werden, da sonst schwere Verbrennungen drohen.
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Die Pflegekraft stellt sicher, dass der
Bewohner über einen ausreichenden Vorrat an Wirkstoffpflastern verfügt.
Wenn das Medikament zur Neige geht, wird der behandelnde Arzt um eine
erneute Verschreibung gebeten.
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Nach der Entfernung eines Pflasters sollte für
das nächste Pflaster eine andere Hautstelle ausgewählt werden. Erst
nach sieben Tagen ohne aufgebrachtes Pflaster sollte ein
Applikationsareal erneut verwendet werden.
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Der Gesundheitszustand des Bewohners sollte
überwacht werden. Wenn es zu Fieber oder zu einer erhöhten
Schweißsekretion kommt, steigert sich die Aufnahme des Wirkstoffs. Ggf.
muss dann die Dosis reduziert werden. Alternativ wird das Arzneimittel
vorübergehend oral appliziert.
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Die Applikation, die Reaktionen des Bewohners
darauf sowie die erzielte Wirkung werden dokumentiert. Bei relevanten
Abweichungen vom geplanten Therapieerfolg wird der behandelnde Arzt
informiert.
Verhalten bei Fehlern:
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Die Pflegekraft hat ein Membranpflaster
beschädigt und ist mit dem Inhalt in Berührung gekommen. In diesem Fall
sollte die Pflegekraft eine sorgfältige Händewaschung mit Wasser und
mit Seife durchführen. Falls sie mit dem Wirkstoff in Kontakt gekommen
ist, kann sie entsprechende Symptome bemerken, die jedoch i.d.R.
schnell nachlassen.
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Es wurde vergessen, ein altes Pflaster zu
entfernen, bevor ein neues appliziert wurde. Der Zustand des Bewohners
wird engmaschig überwacht. Wir lesen den Beipackzettel aufmerksam durch
und achten auf Symptome einer Überdosierung. Ggf. wird der behandelnde
Arzt kontaktiert oder der Notarzt gerufen.
Dokumente:
-
Medikamentenblatt
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Schema der Applikationsstellen am Körper
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Betäubungsmittelbuch / -Nachweis
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Leistungsnachweise "medizinische Pflege"
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Pflegebericht
-
Bogen: Fragen an den Arzt
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
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