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Standard "Versorgung von primär
heilenden Wunden"
Ob
nun als Folge eines Sturzes oder nach einem operativen Eingriff: Die
Versorgung von primär heilenden Verletzungen gehört zum pflegerischen
Alltag. Vor allem gilt es zu verhindern, dass sich ein akuter
Hautdefekt zur chronischen Wunde entwickelt.
Standard
"Versorgung von primär heilenden Wunden"
Definition:
-
Das Abheilen einer Wunde
kann "primär” oder "sekundär” erfolgen:
-
Bei der primären
Wundheilung verschließt sich der Gewebedefekt, indem die glatten und
gut durchbluteten Wundränder aneinander lagern, miteinander verwachsen
und eine Narbe ausformen. Für diese Verschmelzung ist vergleichsweise
wenig Gewebeneubildung erforderlich. Komplikationen treten selten auf.
-
Die sekundäre Wundheilung
ist langwieriger. Die Wundränder sind zu weit voneinander entfernt,
gequetscht oder bereits nekrotisiert. Daher muss der gesamte
Gewebedefekt durch neu zu bildendes Bindegewebe aufgefüllt werden.
Hierbei kommt es oftmals zu Wundheilungsstörungen ausgelöst etwa durch
bakterielle Infektionen.
-
Zum Wundverschluss primär
heilender Wunden wird zumeist ein spezieller Faden als Nahtmaterial
eingesetzt. Alternativ können Hautklammern genutzt werden. Diese
Metallspangen werden mit einem sog. "Klammersetzer" in die Haut
hineingedrückt und verschließen so den Gewebedefekt.
-
Der Wundbereich wird danach
üblicherweise durch einen sterilen trockenen Verband geschützt. Dieser
sollte nicht zu straff angelegt werden, um die Durchblutung
sicherzustellen.
-
Wenn kein resorbierbares
Nahtmaterial genutzt wird, muss dieses später wieder entfernt werden.
Diese Aufgabe kann ggf. vom Arzt auf eine Pflegekraft delegiert werden.
(Hinweis: Die Auswahl der
richtigen Nahtmethode, des Nahtmaterials
sowie die Assistenz beim Vernähen wird in diesem Standard nicht
thematisiert, da dieses nicht in den Tätigkeitsbereich von
Altenpflegekräften fällt.)
Grundsätze:
-
Eine primär heilende Wunde
wird nicht unterschätzt. Es kann in jedem Wundheilungsstadium zu
Komplikationen kommen.
-
Nahtmaterial wird immer erst
nach einer sorgfältigen Hautdesinfektion entfernt. Es dürfen dazu nur
sterile Instrumente genutzt werden.
-
Fragen zur Delegation
ärztlicher Maßnahmen werden mit dem Hausarzt diskutiert. Wir bestehen
darauf, dass unsere Pflegekräfte rechtlich abgesichert sind. Wenn nicht
klar ist, ob eine durchzuführende Maßnahme delegierbar ist, verweigern
wir die Durchführung und lassen die Maßnahme vom Arzt durchführen.
Ziele:
-
Die Wunde verheilt
komplikationslos.
-
Die Schmerzbelastung wird
auf ein Minimum reduziert.
-
Die nichtresorbierbaren
Fäden für die Fixierungsnaht bzw. die Wundklammern werden restlos
entfernt.
Vorbereitung:
Organisation
-
Wir benennen einen
Wundbeauftragten, der eine entsprechende Weiterbildung erhält.
-
Wir bilden unsere Fachkräfte
regelmäßig zum Thema Wundversorgung fort.
-
Wenn der Bewohner
bettlägerig ist, berücksichtigen wir die Verletzung im Lagerungsplan.
Die betroffene Hautregion darf im Rahmen der Lagerung keinem
Auflagedruck ausgesetzt werden.
Zeitpunkt
für die Entfernung des Nahtmaterials
-
Der Arzt legt fest, zu
welchem Zeitpunkt die Fäden oder die Klammern entfernt werden. Der
Verbleib des Nahtmaterials ist abhängig von mehreren Faktoren.
Nahtmaterial in gut durchbluteten Hautbereichen kann üblicherweise
etwas früher entfernt werden. Intrakutannähte (knapp unter der
Hautoberfläche) verbleiben zumeist länger. Dieses gilt auch für Wunden,
deren Nähte unter Spannung stehen.
-
Der Arzt bestimmt auch, ob
das Nahtmaterial komplett oder nur teilweise gelöst werden soll, also
etwa nur jeder zweite Knoten bzw. jede zweite Klammer.
-
Im Bereich des Rumpfes und
der Extremitäten wird das Nahtmaterial 10 bis 15 Tage im Wundbereich
belassen. Im Areal oberhalb von Gelenken kommen noch einige Tage
zusätzlich hinzu. Wir beachten, dass diese Normwerte bei hohem
Lebensalter und bei relevanten Grunderkrankungen nach oben abweichen
können.
-
Wenn das Nahtmaterial zu
lange in der Haut verbleibt, kann es zu Fremdkörperreaktionen wie
Entzündungen kommen. Nicht selten tritt auch eine überschießende
Narbenbildung auf.
notwendiges
Material
Wir
stellen das erforderliche Material zusammen:
-
Hautdesinfektionsmittel
-
sterile und unsterile
Einmalhandschuhe
-
sterile anatomische Pinzette
-
sterile spitze Schere,
Skalpell oder Fadenmesser
-
sterile Tupfer und Kompressen
-
Wundverband
-
Abwurfbehälter
-
steriler Klammerentferner
(bei Nutzung von Wundklammern)
Durchführung:
Wundversorgung
-
Der Bewohner wird über die
anstehenden Maßnahmen informiert und um Zustimmung gebeten; dieses auch
bei nicht ansprechbaren Bewohnern.
-
Das Bett wird auf eine
rückenschonende Arbeitshöhe gebracht.
-
Fenster und Türen werden
geschlossen.
-
Der Bewohner wird bequem
gelagert. Die betroffene Hautregion muss leicht zugänglich sein.
-
Behindernde Kleidung wird
entfernt.
-
Die Wunde sollte der
stärksten verfügbaren Lichtquelle zugewandt werden, also einer hellen
Lampe oder dem Sonnenlicht.
-
Die Pflegekraft führt eine
hygienische Händedesinfektion durch.
-
Die Pflegekraft desinfiziert
die Arbeitsfläche. Sie legt alle notwendigen Instrumente und
Materialien ab und prüft die Vollständigkeit.
-
Der Deckverband wird mit
unsterilen Handschuhen entfernt und im Abwurfbehälter entsorgt.
-
Die Pflegekraft prüft, ob
der Wundbereich krankhafte Veränderungen aufweist.
-
Der Wundbereich wird
desinfiziert.
-
Die Pflegekraft zieht
sterile Handschuhe an.
Fadenentfernung
-
Die Pflegekraft hebt die
Fadenschlinge mit einer anatomischen Schere an. Sie durchtrennt den
Faden direkt an der Haut. Auf diese Weise wird kein unsteriles
Fadenstück durch den Stichkanal gezogen.
-
Es wird immer nur einer der
beiden Knoten durchgeschnitten. Danach wird der Faden am anderen Ende
vorsichtig herausgezogen, also nicht "in einem Ruck”.
-
Damit der Faden nicht zu
lang wird, kann das gezogene Fadenende um die Pinzette gewickelt werden.
-
Der Faden wird immer in
Schnittrichtung aus der Wunde herausgezogen; also nicht von der Wunde
weg, sondern parallel zum Wundspalt. Ansonsten kann es dazu kommen,
dass die Wunde aufgerissen wird.
-
Die Pflegekraft legt das
abgetrennte Fadenstück auf einer Kompresse ab. Sie prüft, ob der
Abschnitt komplett aus der Haut gezogen wurde. Wenn sie den Verdacht
hat, das noch Material in der Wunde zurückgeblieben ist, wird der Arzt
informiert.
Klammerentfernung
-
Die untere Greifbacke des
Klammerentferners wird unter die zu entfernende Klammer geschoben.
-
Durch das Zusammendrücken
der Griffe werden die Klammern nun nacheinander so weit aufgebogen,
dass diese von der Haut abgehoben werden können. Dieses sollte
schmerzfrei und ohne weitere Gewebeschäden erfolgen.
Abschluss
-
Die Wunde wird erneut
desinfiziert.
-
Die Pflegekraft legt einen
sterilen Wund- oder Schnellverband an. Genutzt werden können je nach
Wundzustand Textilpflaster, Kompressen, Folienverbände oder dünne
Hydrokolloidverbände.
-
Falls die Wunde weiterhin
vor Zug- und Scherkräften geschützt werden muss, können
Wundnahtstreifen verwendet werden.
Nachbereitung:
Abschluss
-
Benutzte Instrumente werden
entsorgt oder aufbereitet.
-
Der Bewohner wird nach
seinem Befinden und nach etwaigen Schmerzen befragt. Ggf. erhält er ein
Schmerzmittel, soweit dieses ärztlich angeordnet ist.
-
Er wird bequem gelagert. Der
Rufknopf wird in seiner Reichweite abgelegt.
-
Die Pflegekraft entsorgt den
Müll.
-
Genutzte Ablageflächen
werden desinfiziert.
-
Die Pflegekraft führt eine
hygienische Händedesinfektion durch.
-
Alle Maßnahmen und
Beobachtungen werden sorgfältig dokumentiert.
-
Ggf. wird die Pflegeplanung
/ Maßnahmenplanung angepasst.
-
Der Bestand an
Verbrauchsmaterial wird überprüft und ggf. eine Nachbestellung
eingeleitet bzw. der Arzt um ein Rezept gebeten.
-
Wir legen dem Bewohner nahe,
die betroffene Körperregion zu schonen.
-
Falls der Bewohner über
Schmerzen oder über ein Pochen klagt, die Wundumgebung anschwillt oder
Rötungen sichtbar werden, sollte der Bewohner den behandelnden Arzt
aufsuchen.
Prognose
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Bei primär heilenden Wunden
ist nur eine vergleichsweise geringe Narbenbildung zu erwarten.
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Wir beachten, dass der
verheilte Hautbereich erst nach mehreren Wochen die ursprüngliche
Belastbarkeit wieder erreichen wird.
Dokumente:
-
Wunddokumentation
-
Berichtsblatt
-
ärztliches Verordnungsblatt
-
Kommunikationsblatt mit dem
Arzt
-
Pflegeplanung /
Maßnahmenplanung
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
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