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Standard "Pflege von Senioren mit Herpes Zoster (Gürtelrose)"

In Deutschland erkranken jährlich etwa 350.000 Menschen an einer Gürtelrose. Besonders gefährdet sind Senioren. Sie sind häufiger betroffen und erleiden in vielen Fällen schwere Komplikationen. In unserem Standard haben wir alles zusammengefasst, was Ihr Team über Erkennung, Pflege und Selbstschutz wissen muss.


Standard "Pflege von Senioren mit Herpes Zoster (Gürtelrose)"


Definition:

  • Zoster (auch Herpes Zoster oder Gürtelrose) ist eine Infektion mit Varizella-Zoster-Viren. Diese haben den Körper oftmals Jahrzehnte zuvor im Rahmen einer Windpockeninfektion befallen und sich danach in Spinalganglien entlang des Rückenmarks zurückgezogen. Dort können sie zeitlich unbegrenzt verbleiben, ohne sich zu vermehren.
  • Bislang unbekannte Mechanismen können in späteren Jahren die Viren reaktivieren. Eine Immunschwäche sowie Tumorwachstum scheinen den Rückfall zu begünstigen. Die Viren vermehren sich, treten aus den Nervenganglien aus und befallen die Haut.
  • Die Erkrankung tritt vermehrt im fortgeschrittenen Alter auf und verläuft dann schwerer und gehäuft mit Komplikationen. Mit 350.000 Fällen pro Jahr in Deutschland ist Herpes Zoster eine vergleichsweise häufige Infektionskrankheit.
  • Eine Impfung gegen Zoster ist ab dem 50. Lebensjahr möglich. Der Impfstoff hemmt die Reaktivierung einer latent vorhandenen Infektion und kann bei jedem zweiten Senioren den Ausbruch der Erkrankung verhindern. Zudem sinkt das Risiko, bei einer Zostererkrankung Komplikationen zu erleiden. Die Dauer des Impfschutzes wird auf mindestens sieben Jahre geschätzt.
  • Bei ausgeprägten Krankheitsverläufen kann es zu einer Post-Zoster-Neuralgie kommen, also zu chronisch auftretenden Schmerzattacken.

Grundsätze:

  • Gürtelrose ist eine ernst zu nehmende Infektionskrankheit, die insbesondere das Leben von immungeschwächten Personen bedrohen kann.
  • Bei Gürtelrose ist ein schneller Therapiebeginn entscheidend für den weiteren Verlauf. Wenn wir hinreichende Anzeichen für eine Erkrankung bemerken, alarmieren wir stets den Hausarzt. Dieses auch auf die Gefahr, dass sich unsere Einschätzung als falsch herausstellen könnte.

Ziele:

  • Die Erkrankung wird schnell und korrekt erkannt. Der Bewohner erhält zeitnah ärztliche Hilfe.
  • Der Bewohner gesundet ohne Komplikationen und ohne unnötige Schmerzen.
  • Die Übertragung der Infektion auf andere Bewohner, Besucher und Pflegekräfte wird verhindert.

Vorbereitung:

Symptome

  • Wir achten auf Symptome, die für eine sich entwickelnde Gürtelrose sprechen. Diese treten individuell mit unterschiedlicher Intensität auf. Die Erkrankung kann also auch sehr milde ablaufen und somit unbemerkt bleiben.
    • Der Bewohner verspürt ein allgemeines Krankheitsgefühl, also insbesondere Kraftlosigkeit, Müdigkeit usw.
    • Die Körpertemperatur des Bewohners ist erhöht. Ggf. hat er sogar Fieber.
    • Der Bewohner ist sehr lichtempfindlich (sog. "Photophobie").
    • Er klagt über mäßige Schmerzen an einer bestimmten Hautstelle. Er spürt dort Juckreiz.

    • Nach zwei bis drei Tagen bildet sich an der schmerzenden Hautstelle eine Rötung. Der Hautausschlag breitet sich aus. Er formt einen halbseitigen Querstreifen ("Gürtel") am Rumpf. Die Hautschädigung ist meist auf eine Körperseite konzentriert und reicht nur leicht über die Körpermittellinie hinweg. Auch das Gesicht kann betroffen sein.
    • Es werden dann Knötchen ("Papeln") sichtbar. Aus diesen entwickeln sich innerhalb weniger Stunden Bläschen. Diese stehen gruppenweise auf gerötetem Hintergrund. Der Inhalt der Bläschen ist zunächst klar.
    • Die Bläschen werden innerhalb der nächsten ein bis zwei Wochen eitrig. Ggf. enthalten sie auch Blutbeimengungen. Dann platzen sie auf und verschorfen. Sofern keine Immunschwäche vorliegt, heilt die Hautschädigung nach zwei bis vier Wochen aus.
    • Der Bewohner klagt über sehr starke Schmerzen im gesamten Bereich des Querstreifens. Er beschreibt die Beschwerden als brennend.
  • Wenn hinreichende Anzeichen für eine Herpes-Zoster-Infektion sprechen, wird der Hausarzt über den Verdacht informiert.

weitere Maßnahmen

  • Wir lassen ggf. den Immunstatus von einzelnen Pflegekräften ermitteln. Seronegative Mitarbeiter, bei denen also keine Antikörper nachgewiesen werden können, werden ggf. durch eine Impfung immunisiert.
  • Pflegekräfte, die weder eine Windpockenerkrankung durchgemacht haben noch gegen den Erreger geimpft sind, sollten den Bewohner in der akuten Krankheitsphase nicht versorgen.

Durchführung:

Unterstützung der ärztlichen Therapie

  • Ein schwerer Verlauf lässt sich häufig durch die Applikation von Virostatika vermeiden. Je nach ärztlicher Vorgabe werden diese Wirkstoffe oral oder als intravenöse Infusion appliziert. Die Behandlung sollte möglichst zeitnah erfolgen.
  • Wenn die Augenregion betroffen ist, kann das Virostatikum als Augengel oder als Augensalbe appliziert werden.
  • Wenn der Bewohner über starke Schmerzen klagt, sollte er Analgetika erhalten. Erforderlich ist die Schmerzbekämpfung oftmals bei der Körperpflege und beim Ankleiden. Die Schmerzbehandlung sollte dem WHO-Stufenschema entsprechen, also mit nicht steroidalen Analgetika und Antiphlogistika wie Paracetamol oder Ibuprofen einsetzen. Bei unzureichender Wirkung sollten schwach wirksame Opioid-Analgetika und dann stark wirksame Opioide genutzt werden.
  • Bei einigen Bewohnern können die Schmerzen so stark werden, bzw. die üblichen Schmerzmittel versagen, sodass die Gefahr eines Suizids besteht.
  • Wir prüfen, ob Schmerzmittelpflaster zur lokalen Betäubung genutzt werden können. Diese dürfen aber i. d. R. nur zwölf Stunden am Stück getragen werden.
  • Bei vielen Betroffenen wirken Kälte- und Wärmebehandlungen schmerzlindernd. Wir prüfen dieses und befragen den Bewohner zum Effekt.
  • Starke Beschwerden können ggf. durch Ultraschall- oder durch Strombehandlungen gelindert werden.
  • Wir erläutern dem Bewohner, dass er nicht "die Zähne zusammenbeißen" und die Schmerzen ertragen sollte. Durch eine gute Schmerzbehandlung sinkt das Risiko, dass der Schmerz chronifiziert.
  • Wir beachten, dass demenziell erkrankte Senioren ggf. keine sinnvollen Angaben zum eigenen Schmerzempfinden machen können. Wenn deren Gestik, Mimik und Verhalten auf eine erhebliche Schmerzbelastung schließen lassen, wird eine entsprechende Analgetikaversorgung initiiert.
  • Bläschen lassen sich z. B. durch Schüttelmixtur (Lotio alba) oder mit einer Cremepaste austrocknen. Treten die Bläschen im Gesicht auf, ist ein transparentes und farbloses Zinkgel sinnvoll. Diese Wirkstoffe werden drei- bis viermal täglich aufgetragen.
  • Bei Krustenbildung bitten wir um die Verschreibung von Cremes oder von Salben, die diese aufweichen können. Auf den Einsatz von Antiseptika kann i. d. R. verzichtet werden.
  • Juckreiz kann durch die Applikation von Gelen mit oberflächenbetäubender Wirkung gelindert werden.
  • In der akuten Krankheitsphase sollten Einmalwaschlappen und Einmalhandtücher genutzt werden.
  • Wenn eine Superinfektion auftritt, müssen Antibiotika verabreicht werden.
  • Im weiteren Verlauf der Behandlung ist es wichtig, dass der Arzt über den Therapieerfolg sowie über Komplikationen informiert wird. Wir alarmieren umgehend den Mediziner bei folgenden Beobachtungen:
    • Der Bewohner hat Schmerzen auch außerhalb der befallenen Hautbereiche.
    • Das Hör- oder das Sehvermögen ist eingeschränkt.
    • Der Bewohner klagt über Schwindel.
  • Wenn der Bewohner über Sehstörungen klagt, wird umgehend der Augenarzt informiert.

pflegerische Maßnahmen

  • Wenn das Gehör durch Zoster beeinträchtigt wird, kann sich dieses auch auf den Gleichgewichtssinn auswirken. Wir achten auf eine erhöhte Sturzgefährdung.
  • Die betroffenen Hautbereiche werden trocken gehalten, sollten also nicht gewaschen werden. Der Bewohner sollte nicht oder nur möglichst kurz baden,  dann mit desinfizierenden Waschzusätzen.
  • Wenn sich die Bläschen geöffnet haben, sollte ein luftdurchlässiger Verband locker angelegt werden.
  • Bei schweren Verläufen sollte sich der Bewohner körperlich schonen und ggf. Bettruhe halten.
  • Zusätzlich zur Nachtruhe benötigen viele Erkrankte auch am Tag zusätzlichen Schlaf. Wir schützen den Bewohner vor unnötigen Störungen und vor vermeidbarem Stress. Wir bitten Angehörige, bei der Planung von Besuchen entsprechend Rücksicht zu nehmen.
  • Der Bewohner soll den Konsum von Alkohol und von Nikotin einstellen.
  • Er wird aufgefordert, bis zur vollständigen Gesundung besonders auf eine vitaminreiche Ernährung zu achten.
  • Vom Inhalt der Hautbläschen geht eine deutliche Infektionsgefahr aus. Die Übertragung erfolgt als Schmierinfektion. Anders als bei Windpocken erfolgt der Keimtransfer nicht aerogen, also über husten oder über niesen.
  • Folgende Gruppen werden von dem Bewohner ferngehalten:
    • Personen (insbesondere Kinder), die weder Windpocken durchlebt haben noch per Impfung immunisiert wurden
    • abwehrgeschwächte Personen, insbesondere HIV-Patienten, Tumorpatienten sowie schwangeres Pflegepersonal
  • Pflegekräfte müssen bei jedem Kontakt mit dem Bewohner Handschuhe tragen und sich die Hände desinfizieren. Bei Kontakt mit Haut- und mit Schleimhautläsionen ist ein zusätzlicher Schutzkittel sinnvoll. Dieses dient nicht nur der Sicherheit der Pflegekräfte, sondern auch dem Schutz des Bewohners vor Sekundärinfektionen etwa mit Staphylococcus aureus und mit Staphylococcus pyogenes.
  • Eine lückenlose Händehygiene ist auch für Besucher und für externe Partner unverzichtbar.
  • Waschbecken, Waschschüssel und patientennahe Flächen müssen regelmäßig mit einem geeigneten Flächendesinfektionsmittel behandelt werden.
  • Erkrankte Bewohner dürfen bis zu ihrer Gesundung gemeinschaftlich genutzte Räume nicht betreten. Ein Mitbewohner ohne durchgemachte Windpocken und ohne Impfschutz sollte ggf. in einem anderen Zimmer untergebracht werden. Dieses vor allem bei einer bestehenden Immunschwäche.
  • Der Bewohner soll sich an der betroffenen Region möglichst wenig kratzen. In jedem Fall soll er sich regelmäßig die Hände desinfizieren, damit er den Keim nicht unnötig in seinem Umfeld verteilt. Er wird von der Pflegekraft entsprechend eingewiesen.
  • Als "gesund" gilt ein Betroffener, wenn die Hauterscheinungen abgeklungen sind. Es besteht dann keine Ansteckungsgefahr mehr, selbst wenn die anderen Symptome (z.B. Schmerzen) noch immer bestehen.

Nachbereitung:

Prognose

  • Bei gesunden Bewohnern verläuft die Erkrankung zumeist komplikationsfrei.
  • Zoster kann das ZNS schädigen. Als Folge einer postherpetischen Neuralgie klagt jeder fünfte Betroffene auch Monate nach dem Verschwinden des Hautausschlages noch über Schmerzen und über Missempfindungen.
  • Wenn das Krankheitsgeschehen auf weitere Nervenzellen übergreift, können das Gehör und das Geschmacksempfinden beeinträchtigt werden. Ggf. kann sogar eine halbseitige Gesichtsmuskellähmung ("Fazialislähmung") auftreten.
  • Eine Harnblasendysfunktion kann zur Harninkontinenz führen.
  • Auch das Auge kann als Folge von Zoster Schaden nehmen. Die mittlere Augenhaut kann sich entzünden ("Uveitis"). Möglich sind ein Sekundärglaukom, eine akute Netzhautnekrose sowie eine Atrophie des Sehnervs.
  • Selten sind innere Organe betroffen, etwa in Form einer Pneumonie, einer Ösophagitis (Entzündung der Schleimhaut der Speiseröhre), einer Enterokolitis (entzündliche Darmerkrankung) oder einer Hepatitis.
  • Es kann zu verschiedenen Hautveränderungen kommen. Diese heilt dann nicht vollständig ab, sondern bildet Narben aus. Auch Pigmentstörungen sowie Granulombildung sind möglich.
  • Bei einer Immunsuppression ist das Leben des Bewohners in Gefahr, da die Erkrankung auf die inneren Organe übergreifen kann.
  • Die allermeisten Menschen erkranken nur einmal an Gürtelrose.

weitere Maßnahmen

  • Ggf. wird die Pflegeplanung / Maßnahmenplanung angepasst.

Dokumente:

  • Vitalzeichenkontrollblatt
  • Berichtsblatt
  • Blatt "Meldungen an den Arzt"
  • Durchführungsnachweise
  • Pflegeplanung / Maßnahmenplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Mitarbeiter
  • externe Partner



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