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Standardmaßnahmenplan "Blindheit und Sehbehinderung" (neues Strukturmodell / SIS)

Die moderne Technik erleichtert Blinden und Sehgeschädigten das Leben enorm. Davon indes profitieren vor allem junge Betroffene. Hochbetagte hingegen können mit sprechenden Uhren, digitalen Lesehilfen und Braillezeilen für Computer wenig anfangen. Sie brauchen weiterhin viel Unterstützung.

Standardmaßnahmenplan "Blindheit und Sehbehinderung" (neues Strukturmodell / SIS)

  • Totale Blindheit (Amaurose) ist ein Fehlen des Sehvermögens, das entweder angeboren ist oder erworben wurde.
  • Als "blind" werden auch Menschen bezeichnet, die unter einer so starken Sehschwäche oder Gesichtsfeldeinschränkung leiden, dass sie sich in unbekannter Umgebung nicht zurechtfinden können.
  • Eine Blindheit liegt rechtlich vor, wenn die Sehstärke auf dem besseren Auge auf zwei Prozent des Normalwerts gesunken ist oder andere Störungen vorliegen, die dauerhaft die Sehstärke auf zwei Prozent oder weniger senken. In solchen Fällen sind Betroffene nur noch in der Lage, hell und dunkel zu unterscheiden.
  • Die wichtigsten Ursachen für Blindheit sind Schädigungen der Netzhaut, Erkrankungen des Sehnervs, Glaukom ("grüner Star"), Retinopathia diabetica, Katarakt ("grauer Star") sowie Beschädigungen des Sehzentrums im Hirn etwa als Folge von Durchblutungsstörungen, von Tumoren oder von entzündlichen Prozessen.

Maßnahmen

weitere Praxistipps, Begründung und Anmerkungen


Fallbeispiel:

  • Herr Müller leidet schon seit einigen Jahren an einem primären Glaukom. Zuletzt hat sich sein Sehvermögen in kurzer Zeit erheblich verschlechtert, weshalb er seine Wohnung aufgeben musste und in das Pflegeheim umzog.
  • Herr Müller muss Alpha-2-Agonisten nehmen, um das Fortschreiten des Glaukoms zu verlangsamen. Er ist mit deren Applikation jedoch überfordert. Manchmal vergisst er die Einnahme, dann nimmt er zu wenig oder zu viel des Wirkstoffs.
  • Herr Müller hat seine eigene Ordnung im Kleiderschrank. Dieses System wirkt auf die Pflegekräfte chaotisch. Er selbst kommt damit aber offenbar gut zurecht.
  • Herr Müller nutzt ein Smartphone zur Kommunikation. Dieses liest eingehende Nachrichten vor. In der eigenen Häuslichkeit war das kein Problem. In der Einrichtung jedoch fühlen sich andere Anwesende gestört.
  • Herr Müller hat Schwierigkeiten, mit seinen Mitbewohnern in Kontakt zu kommen. Er gilt als arrogant, weil er Mitbewohner im Vorbeigehen nicht grüßt. Tatsächlich hat er diese einfach nicht gesehen.

  •  Die Pflegekraft leitet Herrn Müller zur eigenständigen Applikation der Augentropfen an. Sie überwacht die korrekte Anwendung. Falls dieses nicht möglich ist, wird die Verabreichung von der Pflegekraft übernommen.
  • Die Pflegekraft stellt insbesondere sicher, dass die Augentropfen nach Ablauf der Haltbarkeitsgrenze ersetzt werden.
  • Das Ordnungssystem von Herrn Müller wird beachtet. Falls die Pflegekraft nicht weiß, wohin frisch gewaschene Kleidung einsortiert werden soll, fragt sie ihn.
  • Herr Müller soll Kopfhörer nutzen, wenn er die Sprachausgabe seines Smartphones nutzt.
  • Wir ermuntern Herrn Müller, sich am Freizeitprogramm der Einrichtung zu beteiligen. Wir prüfen, welche Aktivitäten trotz der Sehbehinderung für ihn infrage kommen.

  • Ein neuer, blinder Bewohner wird durch die Einrichtung geführt und mit allen anderen Mitbewohnern bekannt gemacht. Diese erfahren von seiner Sehbehinderung.
  • Wir bitten die Mitbewohner und alle weiteren Mitarbeiter, dass diese vom Bewohner betastet werden können. Durch das Abtasten des Gesichts kann sich der blinde Bewohner ein Bild von seinem Gegenüber machen.
  • Wir prüfen, ob ein blinder Bewohner mit anderen erblindeten Mitbewohnern in Kontakt gebracht werden sollte. Wir fördern damit einen Erfahrungsaustausch und die gegenseitige Ermutigung.

Fallbeispiel:

  • Frau Meier hat durch einen Fahrradunfall eine Schädigung eines Auges erlitten. Sie muss eine Reihe von Eingriffen über sich ergehen lassen, um die Sehkraft zumindest in Teilen wiederzuerlangen.
  • Durch den Unfall ist ihr Selbstwertgefühl erheblich beeinträchtigt. Die Beziehung zu ihrem Mann leidet, da sie sich minderwertig fühlt.

  • Wir achten auf Ausfluss, auf Rötungen und auf Schwellungen im Bereich der Operationswunde.
  • Frau Meier wird ermuntert, sich zeitnah zu melden, wenn sie Schmerzen im Bereich der Augen hat.
  • Wir raten Frau Meier dringend davon ab, sich am Auge zu reiben.
  • Die verschriebenen Augentropfen, Augensalben usw. werden konsequent eingenommen. Wenn Frau Meier mit der Applikation überfordert ist, wird sie von der Pflegekraft unterstützt.

  • Auf Wunsch stehen wir der Bewohnerin und ggf. auch ihrem Ehemann für ein Gespräch zur Verfügung.
  • Ggf. werden die Angehörigen einbezogen.

Fallbeispiel:

  • Herr Müller hat vor drei Jahren bei einem Autounfall sein Augenlicht größtenteils verloren.
  • Besonders das rechte Auge von Herrn Müller ist sichtbar geschädigt. Der entstellte Anblick verunsichert andere Menschen und schreckt diese ab.
  • Herr Müller hat eine Augenprothese. Diese trägt er aber ungern und ist zudem mit deren Reinigung überfordert.

  • Wir machen Herrn Müller taktvoll auf das optische Problem aufmerksam. Wir empfehlen ihm die Nutzung seiner Augenprothese. Alternativ soll er die Augenklappe tragen.
  • Wir helfen Herrn Müller beim Einsetzen, beim Herausnehmen und beim Reinigen der Prothese.
  • Die Augenhöhle wird regelmäßig auf krankhafte Veränderungen untersucht.
  • Wir sorgen dafür, dass die Maßnahme unbeobachtet von anderen Mitbewohnern durchgeführt wird.

  • Mitunter ist es hilfreich, betroffenen Bewohnern zu zeigen, dass viele berühmte Menschen eine Augenklappe tragen oder trugen. Etwa der Regisseur John Ford, der israelische Außenminister Moshe Dajan, der Schriftsteller Lothar-Günther Buchheim oder der Widerstandskämpfer Claus Schenk Graf von Stauffenberg.

Fallbeispiel:

  • Frau Meier leidet an rheumatoider Arthritis. Über viele Jahre ist es ihr gelungen, sich selbst zu versorgen, zumal die Erkrankung bei ihr nur langsam fortschreitet. Nun jedoch tritt zusätzlich eine altersbedingte Makuladegeneration auf.
  • Da sie inzwischen auch mit der Körperpflege überfordert ist, stimmt sie widerwillig dem Umzug in das Pflegeheim zu.
  • Der stetige Verlust an Sehkraft hat sie erheblich verunsichert. Frau Meier reagiert häufig nervös und erschrickt sich oft. Es kommt zu Missverständnissen, wenn eine Pflegekraft Frau Meier anspricht. Sie ist sich nicht sicher, ob das Gesagte ihr gilt oder einer anderen anwesenden Person. Frau Meier wird nervös, wenn sich eine Pflegekraft in ihrem Zimmer aufhält, sie aber nicht weiß, was der Mitarbeiter dort macht.
  • Frau Meier fühlt sich bei der Körperpflege dem Mitarbeiter ausgeliefert.

  • Beim Betreten des Zimmers sowie bei Begegnungen auf dem Flur oder in Gemeinschaftsräumen stellt sich die Pflegekraft mit Namen vor. Sie erklärt ggf. den Zweck ihres Besuchs.
  • Frau Meier wird immer mit ihrem Namen angesprochen. Dieses ist insbesondere dann nötig, wenn sich in einem Zimmer mehrere Bewohner befinden.
  • Während des Aufenthalts im Zimmer beschreibt die Pflegekraft, welche Tätigkeiten sie aktuell durchführt.
  • Wenn die Pflegekraft das Zimmer verlässt, informiert sie Frau Meier.
  • Mitbewohner werden gebeten, ebenfalls kurz ihren Namen zu nennen, wenn sie Frau Meier ansprechen.
  • Alle Aktivitäten werden laufend erklärt. Frau Meier soll in der Lage sein, den Geräuschen in ihrer Umgebung konkrete Abläufe zuzuordnen.
  • Wir kündigen jeden Körperkontakt an. Dieses ist besonders bei Maßnahmen erforderlich, die Frau Meier erschrecken könnten.

  • Wir lassen die Bewohnerin niemals raten, wer wir sind. Dieses könnte für beide Seiten peinlich sein.
  • Die Pflegekraft nimmt Blickkontakt auf. Viele blinde und sehbehinderte Menschen hören, ob der Mitarbeiter in ihre Richtung spricht.

Fallbeispiel:

  • Herr Müller ist ein “Macher”. Als ehemaliger Sozialdezernent ist er es gewohnt, viel zu telefonieren, zu schreiben und im persönlichen Gespräch Probleme zu lösen. Seit seiner Pensionierung engagiert er sich leidenschaftlich für seinen Amateurfußballverein. Trotz seines fortgeschrittenen Alters ist er körperlich in einem guten Zustand.
  • Die fortschreitende Trübung beider Augenlinsen (grauer Star) führt jedoch trotz zahlreicher Operationen zu einem bleibenden Sehkraftverlust. Herr Müller hat große Angst, aus diesem Grund für sein Umfeld und für seinen Verein “nicht mehr nützlich” zu sein.
  • Herr Müller möchte telefonieren, insbesondere im Rahmen seiner Vereinsarbeit. Er ist jedoch mit der Bedienung eines herkömmlichen Telefons überfordert.
  • Er kann viele Briefe nicht lesen, da diese oft zu klein gedruckt sind. Auch die Nutzung einer Fernrohrbrille bringt kaum Fortschritte.
  • Herr Müller hat unser Pflegeheim gewählt, da es vergleichsweise nahe am Fußballstadion liegt. An Spieltagen ist er dort gerne als Zuschauer. Herr Müller ist aber auf dem Weg dorthin unsicher im Straßenverkehr.

  • Wir legen die wichtigsten Telefonnummern auf die Schnellwahltasten des Telefons.
  • Briefe werden Herrn Müller ungeöffnet übergeben. Die Pflegekraft nennt lediglich den Absender des Briefs. Herr Müller kann selbst entscheiden, welche Pflegekraft oder welcher Angehörige das Vorlesen übernehmen soll.
  • Die Pflegekraft liest langsam und deutlich.
  • Kommentare zum Gelesenen sind zu unterlassen.
  • Der Inhalt des vorgelesenen Briefs ist streng vertraulich.
  • Wenn Herr Müller das Haus verlässt, um das Fußballspiel zu sehen, statten wir ihn mit einem weißen Blindenstock und mit der gelben Armbinde mit drei schwarzen Punkten aus.

  • Der Bewohner soll sich ein Großtastentelefon mit Sprachausgabe kaufen. Dieses sagt die Ziffern beim Wählen an. Die elektronische Stimme nennt bei eingehenden Anrufen die Nummer und ggf. den Namen des Anrufers.
  • Wir schlagen dem Bewohner die Beschaffung eines digitalen Assistenten vor (etwa Alexa). Dieser initiiert Telefonate per Sprachbefehl.
  • Wir machen Angehörige und Freunde darauf aufmerksam, wie sie einen Brief gestalten sollten, damit dieser auch mit reduzierten Sehfähigkeiten noch gelesen werden kann. Wichtig ist die Nutzung von glanzlosem weißen Papier und einer großen und serifenfreien Schrift; etwa Arial.
  • Wir prüfen, ob ein Blindenführhund notwendig ist und beantragt werden sollte.
  • Falls der Bewohner regelmäßig bestimmte Ziele zu Fuß erreichen will, begleiten wir ihn anfangs. Zusammen erarbeiten wir sichere Routen zu den wichtigsten Anlaufstationen (Hausarzt, Freunde usw.).
  • Ein Bewohner sollte seine Fernrohrbrille im Straßenverkehr nicht nutzen, da das Gesichtsfeld durch dieses Hilfsmittel zusätzlich eingeschränkt wird.

Fallbeispiel:

  • Frau Meier ist mit einem BMI von 39 erheblich übergewichtig.
  • Sie ist Diabetikerin und muss folglich ihren Blutzuckerspiegel regelmäßig messen. Dabei kann sie aber das Ergebnis nicht erkennen. Das Display ist zu klein. Frau Meier leidet an einer diabetischen Retinopathie und ist schwer sehgeschädigt.
  • Sie leidet ebenfalls unter Hypertonie und sollte ihren Blutdruck regelmäßig erfassen. Ein normales Blutdruckmessgerät kann sie aber nicht ablesen.
  • Das gleiche Problem tritt auch bei der regelmäßig notwendigen Gewichtsmessung auf. Eine herkömmliche Waage kann Frau Meier nicht ablesen.

  • Die Blutdruckmessung und die Blutzuckermessung werden von der Pflegekraft übernommen.
  • Die Pflegekraft liest das Ergebnis der Personenwaage für die Bewohnerin ab.

  • Die Bewohnerin soll sich ein sprechendes Blutdruckmessgerät kaufen. Es sagt nach der Messung Systole, Diastole und Puls an. Die letzten drei Messungen werden gespeichert. Die Daten werden später von der Pflegekraft in das Blutdrucktagebuch bzw. in die Pflegedokumentation übernommen.
  • Die Bewohnerin soll ein sprechendes Blutzuckermessgerät beschaffen. Dieses gibt das Messergebnis per Sprachansage aus.
  • Die Bewohnerin soll sich eine sprechende Waage bestellen. Diese sagt das gemessene Gewicht an.

Fallbeispiel:

  • Herr Müller hat lange Jahre als Manager für einen Baukonzern in Afrika gearbeitet. Er infizierte sich in den 80er-Jahren in Angola mit Malaria tropica, die auch heute noch immer wieder bei ihm für Fieberschübe sorgt.
  • Während seines Aufenthalts in Marokko zog er sich ein Trachom zu, das von den lokalen Ärzten zunächst falsch behandelt wurde und zu erheblichen Sehstörungen führt.
  • Nach seiner Rückkehr nach Deutschland wohnte Herr Müller zunächst noch in seiner eigenen Wohnung, was sich jedoch schnell als nicht praktikabel erwies. Herr Müller ist aufgrund der Sehbehinderung nicht in der Lage, die Körperpflege alleinverantwortlich zu leisten.
  • Um auftretende Fieberschübe rechtzeitig zu erkennen, muss Herr Müller regelmäßig die Körpertemperatur messen. Ein herkömmliches Thermometer kann er aber nicht ablesen.
  • Herr Müller hat in den letzten Wochen erheblich an Gewicht verloren. Dieses liegt offenbar auch daran, dass er die Speisen auf dem Teller nicht zuordnen kann.

  • Wir messen bei Herrn Müller jeden Tag die Körpertemperatur.
  • Beim Waschen erläutern wir Herrn Müller die Position der Waschutensilien. Die Seife und der Waschlappen liegen rechts, die Zahnbürste sowie die Zahncreme in der Mitte und die Handtücher links. Diese Ordnung sollte stets unverändert bleiben.
  • Zerbrechliche Gegenstände wie die Brille, das Hörgerät oder der Zahnersatz werden an einem sicheren Platz zwischengelagert.
  • Wir bleiben bei der Körperpflege anwesend und überwachen die Durchführung durch Herrn Müller. Ggf. greifen wir ein. Wir achten insbesondere darauf, dass die Rasur und die Frisur ordentlich sind.
  • Wir helfen Herrn Müller, ähnlich aussehende Tuben zu unterscheiden. Wir ritzen dafür mit einer Nagelfeile Markierungen in den Deckel.
  • Für die Mahlzeiten nutzen wir große Teller mit rutschfestem Untergrund und hohem Rand. Die Anordnung von Teller, Tasse, Glas und Besteck sollte stets beibehalten werden.
  • Wir erklären Herrn Müller, was es zu Essen gibt. Wir beschreiben die Komponenten, also das Fleisch, die Beilagen, Soßen, Salat usw. Wir lassen Herrn Müller an den Speisen riechen. Die Pflegekraft unterlässt negative persönliche Äußerungen zum Essen.
  • Auf Wunsch bereiten wir die Speisen mundgerecht vor. Insbesondere sollte das Fleisch kleingeschnitten werden.
  • Falls nötig assistieren wir Herrn Müller, indem wir die Hand zum Teller führen. Dort schieben wir die Speisen auf den Löffel oder auf die Gabel. Zum Mund führt er das Besteck dann eigenständig.

  • Der Bewohner soll sich ein sprechendes Fieberthermometer kaufen. Diese Geräte gibt es sowohl mit herkömmlicher Messspitze als auch als Stirn- und Ohrthermometer.
  • Wir nutzen das Prinzip der "Nahrungsuhr".
    • Die Pflegekraft stellt sich den Teller als Zifferblatt einer Uhr vor. Die Seite des Tellers, die vom Bauch des Bewohners wegzeigt, ist die "12-Uhr-Position". Die dem Bewohner zugewandte Seite ist die "6-Uhr-Position". Die rechte und die linke Seite des Tellers sind die "3-Uhr-" bzw. die "9-Uhr-Positionen".
    • Kartoffeln, Reis oder Nudeln werden im Bereich zwischen 12 Uhr und 3 Uhr abgelegt, also im rechten, oberen Abschnitt. Das Gemüse wird im Abschnitt 3 Uhr bis 6 Uhr abgelegt. Der Bewohner findet es also rechts unten. Fleisch liegt zwischen 6 Uhr und 9 Uhr. Das Brot ist zwischen 9 Uhr und 12 Uhr zu finden.
    • Wenn die Speisen unbeabsichtigt von ihrer Position verschoben wurden, schiebt die Pflegekraft diese Komponenten wieder auf die korrekte "Uhrzeit" (s. o.) zurück.
    • Ein einmal genutztes Schema, das dem Bewohner vertraut ist, wird nicht mehr verändert.
  • Wir achten darauf, dass insbesondere kürzlich erblindete Bewohner genug essen. Da der optische Eindruck fehlt, lässt häufig der Appetit nach. Das Körpergewicht des Bewohners wird ggf. engmaschig überwacht.

Fallbeispiel:

  • Frau Meier hat vor ihrem Ruhestand lange im Schichtdienst in der Gastronomie gearbeitet, was ihren Tag-Nacht-Rhythmus noch immer beeinträchtigt.
  • Durch ein fortschreitendes Glaukom hat sie in den letzten Jahren ihr Augenlicht vollständig verloren. Da sie kaum noch Lichtwahrnehmung hat, ist die innere Uhr nicht mit dem 24-Stunden-Rhythmus synchronisiert.
  • Sie ist nicht in der Lage, einen herkömmlichen Wecker korrekt zu stellen.
  • Frau Meier langweilt sich. Es besteht das Risiko einer Deprivation.

  • Es ist wichtig, dass alle verbliebenen tagesstrukturierenden Maßnahmen konsequent genutzt werden. Dieses betrifft vor allem die Nahrungsaufnahme, die Tag für Tag einem festen Zeitschema folgen sollte. Frau Meier erhält daher ihr Frühstück immer um 7.30 Uhr, das Mittagessen stets um 13 Uhr und das Abendbrot um 19 Uhr.
  • Die Pflegekraft stellt den Wecker für Frau Meier werktags auf 6.30 Uhr und am Wochenende auf 7 Uhr.
  • Wir animieren Frau Meier, sich an hauswirtschaftlichen Tätigkeiten zu beteiligen. Dieses etwa im Rahmen der Koch- und Backgruppe.
  • Wir ermutigen Frau Meier, Sportarten auszuüben, die ihren Fähigkeiten angepasst sind. Frau Meier spielt gerne Torball und nutzt ihren Fahrradtrainer.

  • Gemeinsam mit dem behandelnden Arzt prüfen wir, ob die Bewohnerin Tasimelteon erhalten sollte. Dieser Wirkstoff wird angewendet bei völlig blinden Erwachsenen zur Behandlung des Nicht-24-Stunden-Schlaf-Wach-Syndroms (sog. “Non-24”).
  • Moderne Wecker unterscheiden zwischen verschiedenen Wochentagen, wecken also z. B. am Wochenende eine Stunde später.
  • Die Bewohnerin soll sich einen sprechenden Wecker kaufen. Bei diesen Geräten wird die Einstellung der Weckzeit durch Sprachausgabe unterstützt.
  • Die Bewohnerin soll die Weckfunktion eines digitalen Assistenten nutzen (etwa Alexa).
  • Wir stehen der Bewohnerin jederzeit für ein persönliches Gespräch zur Verfügung. Insbesondere wenn die Erblindung erst vor kurzer Zeit eintrat, ist menschliche Zuwendung sehr wichtig.
  • In unseren Freizeiträumen halten wir auch Brettspiele für Blinde bereit.
  • Wir stellen ggf. den Kontakt zu Selbsthilfegruppen her.
  • Wir regen an, Kontakte zu Freunden und zu Verwandten weiter zu pflegen.

Fallbeispiel:

  • Herr Müller hat sich bei einem Südamerikaurlaub mit Onchozerkose infiziert. Dieses führte zu seiner Erblindung.
  • Er ist aufgrund seiner Sehbehinderung nicht in der Lage, selbstständig zu gehen. Er benötigt Führung. Es besteht die Gefahr, dass Herr Müller mit Gegenständen kollidiert.

  • Zum Führen bietet die Pflegekraft Herrn Müller den Arm an und lässt diesen einhaken. Sie geht dem Blinden einen halben Schritt voran. Herr Müller wird nicht geschoben.
  • Bei einer Treppe wird Herr Müller auf diese aufmerksam gemacht. Es sollte ihm  gesagt werden, ob es hinauf oder hinab geht, an welcher Seite sich das Treppengeländer befindet und wann die letzte Stufe erreicht wurde.
  • Die Pflegekraft lässt Herrn Müller niemals einfach im freien Raum stehen, ohne dass er sich irgendwo festhalten kann. Wir führen ihn immer zu einem Stuhl, zu einer Wand oder zu einem sonstigen vertrauten Gegenstand.
  • Wir machen Herrn Müller auf Hindernisse aufmerksam wie etwa Bodenunebenheiten, Absätze, Richtungswechsel oder Schwingtüren.

  • Der Bewohner sollte einen Rollstuhl nur dann verwenden, wenn dieses zwingend erforderlich ist.
  • Türen werden entweder ganz geschlossen oder ganz geöffnet. Eine nur halb geöffnete Tür wird häufig nicht als Hindernis erkannt.
  • Tische sollten möglichst leer gelassen werden. Eine Vase etwa könnte beim Anrempeln des Tisches umfallen.
  • Zerbrechliche Gegenstände sollten nach Möglichkeit nicht im Raum des Bewohners vorhanden sein.

Fallbeispiel:

  • Frau Meier ist durch Vitamin-A-Mangel früh erblindet, konnte dadurch aber andere Sinne schärfen. Sie orientiert sich vor allem anhand ihres Gehörs. Dieses lässt jetzt jedoch altersbedingt nach.
  • Frau Meier verfügt über einen Blindenführhund. Dieser muss sich konzentrieren, um seine Aufgaben zu erfüllen. Tatsächlich jedoch betrachten viele Mitbewohner den Hund als Haustier und als Spielkamerad.
  • Frau Meier will ein möglichst normales Leben führen. Sie will nicht, dass ihr Tätigkeiten abgenommen werden, die sie eigentlich selbstständig oder zumindest teilselbstständig ausführen kann.
  • Frau Meier ist davon genervt, dass sie andere Menschen nach ihrer Blindheit fragen.
  • Sie will eigenständig einkaufen, hat jedoch Angst, dass ihr Falschgeld zurückgegeben wird.
  • Frau Meier ist nicht in der Lage, Geldscheine korrekt voneinander zu unterscheiden. Sie hat Angst, dass ihr beim Wechseln ein zu kleiner Schein gegeben wird.
  • Bei der Kommunikation mit Frau Meier kommt es oft zu Missverständnissen, da sie das Gesicht ihres Gesprächspartners nicht sehen kann, also etwa Ironie nicht gut wahrnehmen kann. Frau Meier reagiert dann sehr empfindlich.

  • Wir sorgen dafür, dass Frau Meier ihre Hörgeräte ständig trägt. Die Funktionsfähigkeit sowie der regelmäßige Wechsel der Batterien werden von uns sichergestellt.
  • Frau Meier soll regelmäßig den Ohrenarzt und den Hörgeräteakustiker aufsuchen.
  • Der Blindenführhund wird nicht abgelenkt, wenn er im Führgeschirr steckt und den Bügel trägt. Wir unterlassen es, den Hund zu rufen oder zu locken. Wir machen auch die anderen Bewohner darauf aufmerksam.
  • Wir helfen Frau Meier beim Anlegen des Führgeschirrs.
  • Alle Personen, die an der Betreuung und an der Versorgung von Frau Meier beteiligt sind, werden über deren Blindheit und über die daraus sich ergebenden Pflegeprobleme informiert. Dazu zählen auch externe Partner, das Reinigungspersonal usw.
  • Frau Meier soll zum Einkaufen ihren elektronischen Banknotentester mitnehmen. In diesen wird der Schein eingeführt. Das Gerät zeigt anhand von mehrfachen Vibrationsimpulsen an, wie hoch der Wert des Scheins ist.
  • Frau Meier soll ihre Münzbox bei sich führen. Mit dieser kann sie unterschiedliche Münzen erkennen, sortieren und im Bedarfsfall schnell nutzen.
  • Die Pflegekräfte müssen sich bewusst sein, dass der nonverbale Teil der Kommunikation (Mimik, Gestik usw.) bei der Kommunikation mit einem Blinden für diesen ausgeblendet ist. Wir formulieren daher stets eindeutig.

  • Das Prinzip der aktivierenden Pflege gilt auch für alle Mitarbeiter der Hauswirtschaft und der Reinigung. Tätigkeiten, die die Bewohnerin eigenständig durchführen kann und will, werden ihr nicht abgenommen.
  • Alle Mitarbeiter werden angewiesen, Mitleidsbeteuerungen zu unterlassen.
  • Auf Wunsch erhält die Bewohnerin die Möglichkeit, das Gesicht der Pflegekraft abzutasten, um sich ein Bild von ihrem Gegenüber machen zu können.
  • Wir machen die Bewohnerin auf die fühlbaren Markierungen auf Geldscheinen aufmerksam, etwa die durchgehende Riffelung an den kurzen Rändern von 50-Euro-Scheinen.
  • Die Bewohnerin soll kontaktlose Prepaid-Bezahlverfahren nutzen, etwa “girogo” der Sparkassen.

Fallbeispiel:

  • Herr Müller hat während seiner Arbeit durch ein geborstenes Dampfrohr sein Augenlicht verloren und sich Verbrühungen zugezogen. Durch diesen Unfall wurde der zuvor lebenslustige Mensch zum Pflegefall.
  • Herr Müller hat Angst, anderen Menschen zur Last zu fallen, wenn er Hilfe benötigt.
  • Er isoliert sich mehr und mehr von der Heimgemeinschaft.
  • Herr Müller verfügt über wenig Geld. Er kann die Mehrausgaben, die ihm wegen der Behinderung entstehen, nicht bezahlen.
  • Herr Müller nutzt die ihm verbliebenen Ressourcen nur unzureichend. Er könnte sich mehr in die Pflege einbringen.

  • Wir stehen Herrn Müller jederzeit für ein Gespräch zur Verfügung.
  • Wir stellen auf Wunsch den Kontakt zu anderen Bewohnern mit ähnlichen Einschränkungen her.
  • Wir bieten Herrn Müller seelischen Beistand durch seine Kirchengemeinde an. Wir vermitteln den Kontakt zur Blindenseelsorge.
  • Wenn es in Anwesenheit von Herrn Müller zu Gelächter kommt, erklären wir ihm den Grund dafür. Dieses ist insbesondere wichtig, wenn Herr Müller fälschlicherweise glaubt, die Ursache für das Lachen zu sein.
  • Bei der Anleitung von Herrn Müller achten wir darauf, präzise zu formulieren. Er muss wissen, mit welcher Hand und mit welchem Gegenstand er welche Pflegemaßnahme ausführen soll.
  • Wir ermuntern Herrn Müller dazu, den eigenen Anteil an der Körperpflege auszubauen. Bei Erfolgen wird er von uns gelobt.

  • Wir ermuntern den Bewohner, die ihm zustehenden Unterstützungszahlungen in Anspruch zu nehmen. Also insbesondere Blindengeld.
  • Der Bewohner soll einen Schwerbehindertenausweis beantragen.
  • Der Bewohner soll Rabatte in Anspruch nehmen, die Blinden gewährt werden, etwa beim Rundfunkbeitrag, Handyverträgen usw.
  • Eine vollkommene Übernahme von Pflegemaßnahmen kommt nur dann in Betracht, wenn der Bewohner eine Maßnahme selbst mit unserer Hilfe nicht mehr durchführen kann.

Fallbeispiel:

  • Frau Meier arbeitete bis zu ihrem Renteneintritt in der Modebranche und leitete zuletzt die Textilabteilung eines großen Kaufhauses. Mode ist ihr sehr wichtig. Um so mehr trifft es Frau Meier, dass ihre Sehfähigkeiten mehr und mehr nachlassen.
  • Inzwischen orientiert sie sich mehr an der Beschaffenheit der Stoffe und weniger an deren Farbe. Sie kombiniert also z. B. gerne raue und weiche Materialien. Dabei entstehen farbliche Widersprüche, die Frau Meier aber nicht wahrnimmt.
  • Frau Meier kann ihre Kleidung nicht sehen. Sie kann Beschädigungen oder Verschmutzungen nicht erkennen.
  • Aufgrund der Sehbehinderung ist Frau Meier nicht in der Lage, sich eigenständig anzuziehen.

  • Frau Meier wird morgens gefragt, was sie anziehen möchte. Die Pflegekraft beschreibt dafür die Kleidungsstücke und äußert ggf. ihre Einschätzung, ob das Gewählte optisch zueinanderpasst.
  • Wir akzeptieren es, wenn Frau Meier Kleidungsstücke trägt, die farblich nicht harmonieren. Entscheidend ist ihre Zufriedenheit.
  • Frau Meier wird aber darauf aufmerksam gemacht, wenn die Kleidung verschmutzt oder beschädigt ist.
  • Wir legen die Kleidung für Frau Meier zurecht. Die Unterwäsche liegt oben auf dem Stapel. Die Oberbekleidung wird so abgelegt, dass sie von “oben” nach “unten” angezogen werden kann. Wir beginnen also mit dem Pullover.

  • Bei Bewohnern, die früh erblindeten, kann eine Kennzeichnung eingenäht werden, auf der die Farbe etwa in Brailleschrift vermerkt ist.
  • Die Bewohnerin kann sich ein Farberkennungsgerät kaufen. Ein solches Gerät unterscheidet Farben und informiert sie per Sprachausgabe über das Ergebnis.
  • Wir schlagen der Bewohnerin vor, eine Assistenz-App auf das Smartphone zu laden (z. B. “Be My Eyes”). Durch einen Live-Videoanruf können Freiwillige der Blinden bei vielen Aufgaben (wie etwa bei der Kleidungswahl) helfen.

Fallbeispiel:

  • Herr Müller ist ehemaliger Landwirt und “Draußen-Mensch”. Aufgrund seiner Erblindung hat er den Hof an seinen Sohn übergeben. Er zog von einem kleinen Dorf in die Nähe seiner Tochter in die Großstadt.
  • Herr Müller möchte häufig einen Spaziergang unternehmen. Er hat jedoch Angst, sich in der urbanen Umgebung zu verlaufen und dann hilflos zu sein.
  • Herr Müller ist nicht in der Lage, ein Außenthermometer abzulesen. Er kann auch nicht aus dem Fenster sehen, um die Witterung abzuschätzen. Daher ist er oftmals zu kalt oder zu warm angezogen. Oder er trägt keinen Regen- oder keinen Sonnenschutz.
  • Herr Müller hat sein ganzes Leben auf dem landwirtschaftlichen Betrieb verbracht. Der Umzug in eine fremde Umgebung ist für ihn belastend. Herr Müller findet sich in seinem Wohnbereich und insbesondere nicht im restlichen Gebäudekomplex des Pflegeheims zurecht. Er isoliert sich.

  • Wir ermuntern Herrn Müller, die Einrichtung und die Umgebung zu erkunden.
  • Die Pflegekraft legt die zur Witterung passende Kleidung für Herrn Müller zurecht.
  • Herr Müller soll sein Großtasten-Klapphandy mit Rufnummernansage mitnehmen. Falls er in eine Notlage kommt, drückt er die SOS-Taste. Das Telefon wählt dann automatisch eine oder mehrere vorher abgespeicherte Telefonnummern.
  • Gemeinsam mit Herrn Müller erarbeiten wir die wichtigsten Wege, etwa zur Toilette oder in den Speisesaal.
  • Wir kennzeichnen das Zimmer von Herrn Müller, indem wir einen kleinen markanten Gegenstand an den Türgriff hängen.
  • Herr Müller wird niemals plötzlich allein zurückgelassen, ohne ihm mitzuteilen, wo er sich im Raum bzw. im Gebäude befindet.
  • Wenn Pflegekräfte Herrn Müller außerhalb des Wohnbereichs antreffen, fragen sie diesen, ob er Hilfe braucht.

  • Wir erklären dem Bewohner, wie er mit der Navigationssoftware seines Smartphones und der Spracheingabe “nach Hause” geführt wird (z. B. Google Maps).
  • Der Bewohner soll sich ein sprechendes Außenthermometer kaufen. Ein solches Gerät sagt auf Knopfdruck die Innen- und die Außentemperatur an.
  • Der Bewohner wird nur dann unterstützt, wenn er tatsächlich Hilfe braucht. Sofern er offenbar in der Lage ist, sich zu orientieren, geben wir ihm die dafür notwendige Zeit, ohne einzugreifen.

Fallbeispiel:

  • Frau Meier ist trotz ihrer Erblindung sehr aktiv und eine gesellige Person. Sie genießt Freizeitaktivitäten in großer Runde, gerne auch mit einem Glas Wein.
  • Frau Meier hat Probleme mit der Handhabung der Getränkegläser.
  • Freizeitaktivitäten sind für Frau Meier mental sehr anstrengend. Sie muss sich ihr Umfeld z. B. ertasten und sich die Position von zahlreichen Gegenständen merken.
  • Daher lässt die Konzentrationsfähigkeit von Frau Meier schnell nach; dieses insbesondere bei Gesellschaftsspielen mit vielen Spielsteinen.

  • Gläser und Tassen werden nur zur Hälfte gefüllt. Das gilt vor allem für warme und für heiße Getränke. Empfehlenswert sind schwere und bunte Gläser. Diese werden ggf. optisch noch erkannt und lassen sich nicht so leicht umstoßen.
  • Wir raten Frau Meier zu solchen Freizeitaktivitäten, die sich zeitlich segmentieren lassen und die das Einlegen von Pausen ermöglichen.
  • Alternativ bieten wir Frau Meier Spiele an, die so konzipiert sind, dass ein kompletter Durchgang höchstens 45 Minuten dauert; etwa “Mensch ärgere Dich nicht” mit zwei oder mit drei Teilnehmern.
  • Als Spielpartner kommen auch solche Senioren in Betracht, deren Aufmerksamkeitsspanne in einem vergleichbaren Rahmen liegt, etwa Bewohner im Anfangsstadium einer demenziellen Erkrankung.

  • Die Bewohnerin kann sich einen Füllstandsanzeiger für Getränke kaufen. Dieser signalisiert, sobald ein Glas beim Befüllen überzulaufen droht.

Fallbeispiel:

  • Herr Müller hat als Jugendlicher bei einem Unfall sein Augenlicht zu großen Teilen eingebüßt, sich aber im Lauf der Jahre mit seiner Situation arrangiert. Mit einer Brille kann er schemenhaft Umrisse wahrnehmen.
  • Herr Müller leidet inzwischen unter einer einsetzenden demenziellen Erkrankung. Seine bisherigen Strategien zur Kompensation der fehlenden Sehfähigkeiten kann er kaum noch nutzen. Er verliert immer häufiger die Orientierung und ist dann hilflos. Dieses insbesondere, wenn er außerhalb der Einrichtung unterwegs ist.
  • Aufgrund der Demenz vergisst Herr Müller häufig, seine Brille zu tragen. Er kann seine verbliebene Restsehfähigkeit somit nicht zur Orientierung nutzen.
  • Er ist mit der Reinigung der Brille überfordert. Die Brille ist häufig verschmutzt und somit nur eingeschränkt nutzbar.
  • Das alles führt dazu, dass Herr Müller mehrfach gestürzt ist, ohne sich dabei bislang aber ernsthaft zu verletzen.

  • Der Bewegungsradius von Herrn Müller wird auf die Areale reduziert, innerhalb derer er sich sicher bewegen kann. Aktuell sind das der Innenbereich und die eingezäunten Außenflächen unserer Einrichtung. Wenn Herr Müller diese verlassen will, wird er durch das Empfangspersonal dazu motiviert, innerhalb unseres Grundstücks zu bleiben.
  • Die Pflegekraft reinigt die Brille täglich und setzt sie Herrn Müller auf. Die Brille wird mit einem Brillenband versehen.
  • Herr Müller soll sich nicht bücken, da dabei das Risiko einer Kopfverletzung recht hoch ist. Stattdessen sollte er in die Hocke gehen.
  • Bevor sich Herr Müller auf einen Stuhl setzt, geben wir ihm die Gelegenheit, diesen abzutasten. Wir legen vor dem Hinsetzen die Hand von Herrn Müller auf die Stuhllehne oder auf die Sitzfläche, damit er die Position erkennen kann.
  • Die Pflegekraft achtet darauf, dass keine Gegenstände auf dem Boden liegen gelassen werden. Es besteht sonst Stolpergefahr. Wichtig ist ein kurzer und unverstellter Weg zum Badezimmer.

  • Treppenabsätze, Geländer und Haltegriffe werden mit kontrastreichen Farben versehen.
  • Wir achten auf eine gute Beleuchtung.

Fallbeispiel:

  • Frau Meier ist ein sehr häuslicher Typ. Vor ihrer teilweisen Erblindung zählten das Lesen und das Fernsehen zu ihren liebsten Hobbys.
  • Inzwischen jedoch kann sie ohne Hilfsmittel keine Bücher oder Zeitschriften mehr lesen.
  • Frau Meier möchte fernsehen bzw. "fernhören". Sie ist jedoch mit der Handhabung von Fernbedienungen mit vielen Knöpfen überfordert. Es kommt immer wieder zu Fehlbedienungen.
  • Frau Meier kann keine Uhr ablesen. Sie ist zeitlich oftmals desorientiert. Dieses erschwert die Teilnahme am Freizeitprogramm sowie die Tagesstrukturierung insgesamt.
  • Da Frau Meier weder eine konventionelle Uhr noch einen Kalender ablesen kann, kommt es immer wieder vor, dass sie Termine vergisst.
  • Aufgrund der Blindheit ist Frau Meier nicht in der Lage, Gegenstände in ihrem Zimmer zu finden. Sie sucht immer wieder nach wichtigen Gegenständen.

  • Wir stellen Frau Meier eine Leselupe zur Verfügung. Mit dieser kann sie mit Mühe lesen.
  • Zum Fernsehen soll Frau Meier ihre “TV-Brille” verwenden, die den Bildschirminhalt mit einer zweifachen Vergrößerung darstellt.
  • Wir schlagen Frau Meier vor, Fernsehangebote mit audiodeskriptiven Zusatzangeboten zu nutzen. Hier wird das aktuelle Geschehen auf dem Bildschirm von einem Sprecher beschrieben.
  • Frau Meier soll ihre sprechende Armbanduhr tragen.
  • Wir aktivieren das Stundensignal der Uhr. Zu jeder vollen Stunde gibt die Uhr ein Piepsignal.
  • Wir ermuntern Frau Meier dazu, dass sie um Hilfe bittet, wenn sie mit einer Situation überfordert ist.
  • Alle Erklärungen sollten möglichst konkret und sachlich erfolgen, etwa: "Ihre Brille liegt auf dem Tisch gleich rechts neben Ihrer Armbanduhr und dem Armreif."
  • Hinweise wie "hier", "da" oder "dort" sind für Frau Meier wertlos, da sie die richtungsweisende Geste nicht sehen kann.
  • Das persönliche Ordnungssystem von Frau Meier wird beachtet, auch wenn es auf die Pflegekräfte konfus wirkt. Ohne vorherige Absprache mit Frau Meier werden keine Veränderungen im Zimmer vorgenommen. Dazu zählt das Verrücken von Möbeln ebenso wie die Änderung der Position von wichtigen Gegenständen. Wenn Gegenstände gereinigt werden müssen, werden sie danach auf den alten Platz zurückgestellt. Auf diese Vorgabe machen wir insbesondere auch die Reinigungskräfte aufmerksam.

  • Wir testen, ob die Bewohnerin eine computergestützte Lesehilfe benötigt. Diese kann auf Kosten der Krankenkasse ausgeliehen werden. Alternativ kann der Einsatz von Lupen- oder von Prismenfernrohrbrillen sinnvoll sein.
  • Wir stellen den Kontakt zu Blindenhörbüchereien her. Auf Wunsch kann die Betroffene von dort verschiedene literarische Werke als Hörbuch beziehen. Bei Sehbehinderten prüfen wir, ob Bücher im Großdruck interessant sein könnten.
  • Wir halten ggf. Bücher und Zeitschriften in Brailleschrift bereit.
  • Wir schlagen der Bewohnerin vor, sich einen eBook-Reader zu kaufen, der die Bücher vorlesen kann (z. B. Amazon Kindle).
  • Die Brille einer Sehbehinderten sollte immer sauber und griffbereit sein.
  • Die Bewohnerin soll sich eine Fernbedienung für Blinde und Sehbehinderte kaufen. Diese enthält besonders große Knöpfe für an/aus, Lautstärke und Kanalwahl.
  • Alternativ zu einer sprechenden Uhr erhält die Bewohnerin eine Uhr mit Zeigern zum Ertasten. Diese Uhren verfügen über ein Klappdeckelgehäuse mit Griffpunkt.
  • Die Bewohnerin soll sich von ihrem digitalen Assistenten die Zeit ansagen lassen. Gleichzeitig kann sie sich von einem solchen Gerät an Termine erinnern lassen und auch neue Termine eintragen.
  • Beim Heimeinzug wird die Bewohnerin in ihr Zimmer begleitet. Die Pflegekraft erklärt ihr die Funktion und die Lage aller hier befindlichen Gegenstände. Die Bewohnerin erhält ausreichend Zeit, sich per Fühlen und Ertasten mit jedem Objekt vertraut zu machen. Besonders wichtig ist es, die Bewohnerin in die Rufanlage einzuweisen.
  • Wir beschreiben auf Wunsch die Umwelt. Dazu zählen insbesondere wichtige Gegenstände und ihre Position im Raum. Ggf. reichen wir der Bewohnerin verschiedene Gegenstände, damit sie diese ertasten kann.

Fallbeispiel:

  • Herr Müller leidet unter verschiedenen Grunderkrankungen und benötigt daher viele Medikamente. Er vergisst immer wieder deren Einnahme.
  • Herr Müller soll regelmäßig flüssige Medikamente einnehmen. Er ist mit der Vorbereitung überfordert, da er die Tropfenanzahl nicht abzählen kann.

  • Herr Müller wird von der Pflegekraft an die Medikamenteneinnahme erinnert. Die Pflegekraft übernimmt das Stellen und das Verabreichen der Arzneimittel.
  • Herr Müller soll das Medikament in einen leeren Joghurtbecher tropfen lassen und abzählen. Hierbei hört er die einzelnen Tropfen deutlich.
  • Kleinere Flüssigkeitsmengen kann Herr Müller mit Einwegspritzen abmessen. Wir bringen am Ziehkolben an der gewünschten Stelle eine Einkerbung an.
  • Wenn es Zweifel an der korrekten Durchführung gibt, wird die Maßnahme von uns übernommen.

  • Der Bewohner kann sich eine elektronische Pillenbox kaufen. Mittels eines akustischen Alarms wird er an die Einnahme von Medikamenten erinnert. Die jeweiligen Alarmzeiten kann die Pflegekraft einstellen. Damit keine Medikamente verwechselt werden können, verfügt eine solche Box über mehrere abgetrennte Medikamentenfächer.



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