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Standardmaßnahmenplan "leichte Demenz" (neues Strukturmodell / SIS)

Eine Demenz schreitet langsam voran. Entsprechend unmerklich wächst auch der Pflegebedarf. Letztlich jedoch nimmt der Umfang der notwendigen Unterstützung einen immer größeren Raum in der Maßnahmenplanung ein.

Standardmaßnahmenplan "Leichte Demenz"

Die senile Demenz ist eine organisch bedingte Verminderung der intellektuellen Hirnleistung mit negativen Auswirkungen auf zahlreiche Funktionen. Im Laufe der Zeit treten Gedächtnis-, Wahrnehmungs- und Denkstörungen sowie Persönlichkeitsveränderungen, Desorientierung und Sprachstörungen auf. Das wichtigste Frühsymptom ist die verschlechterte Gedächtnisleistung. Die Primärsymptome (die sog. "6 A") sind:

  • Amnesie (Gedächtnisstörung. Zuerst ist das Kurzzeitgedächtnis gestört, später dann auch das Langzeitgedächtnis.)
  • Aphasie (Sprachstörung)
  • Agnosie (Wahrnehmungsstörungen)
  • Apraxie (Störung von motorischen Handlungsabläufen)
  • Abstraktionsfähigkeitsverlust
  • Assessmentstörung (die Urteilskraft ist gestört)
Sekundärsymptome:
  • Angst
  • Unruhe
  • Depressionen
  • Persönlichkeitsstörungen
  • Apathie
  • Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen
  • Paranoia
  • Abwehrverhalten
  • zunehmende zeitliche, örtliche, situative Desorientiertheit. Später auch Desorientierung zur eigenen Person
  • gestörter Tag-Nacht-Rhythmus
  • Bewohner vergisst, was er gesagt hat, und wiederholt es ständig, z. B. "Schwester, wie spät ist es?"
  • Urin- und Stuhlinkontinenz
  • Schluckstörungen
  • verlangsamtes und umständliches Denken
Schweregrade:
  • Leichte Demenz: Bei der leichten Demenz ist ein unabhängiges Leben mit persönlicher Hygiene und intaktem Urteilsvermögen möglich. Ggf. sind die Berufstätigkeit und soziale Kontakte aber deutlich beeinträchtigt. Angehörige berichten von Persönlichkeitsveränderungen. Viele Senioren reagieren darauf mit Niedergeschlagenheit, Rückzug, Scham und Wut. In dieser Phase entwickeln sich häufig auch Schuldzuweisungen, z. B. wird dem Betreffenden immer wieder etwas "gestohlen". Vermutlich handelt es sich dabei um einen Selbstschutz. Der Betroffene macht sich damit Ereignisse begreiflich, die er sich sonst nicht mehr erklären kann.
  • Mittelschwere Demenz: Bei der mittelschweren Demenz ist ein selbstständiges Leben sehr schwierig, ein erhöhtes Maß an Aufsicht ist notwendig. Bei alleinstehenden Personen können Gefahren auftreten, wie eine vergessene Herdplatte oder unbewachte brennende Kerzen. Komplizierte Handlungen können nicht mehr durchgeführt werden. Neue Handlungen werden nicht mehr erlernt. Der Betroffene reagiert darauf oft mit Gereiztheit, mit Depressionen und mit Rückzug. In dieser Phase tritt auch häufig eine motorische Unruhe auf. Die Betroffenen machen sich auf die Suche nach etwas Bekanntem, z. B. nach der eigenen früheren Wohnung oder nach einem Geschäft, in dem sie seinerzeit täglich eingekauft haben.
  • Schwere Demenz: Bei der schweren Demenz liegt ein Unvermögen vor, das Leben selbstständig zu führen. Die persönliche Hygiene kann nicht mehr durchgeführt werden. Es liegt u. a. ein Mutismus (Stummheit bei intakten Sprechorganen und erhaltenem Sprachvermögen) vor. Ständige Aufsicht und Anleitung sind erforderlich. Die nächsten Angehörigen werden nicht mehr erkannt. Mit der Zeit verlernen die Betroffenen das Gehen, das Sitzen und / oder das Schlucken. Sie werden bettlägerig. Die Krankheit führt schließlich zum Tod.
In der Altenpflege spielen die senile Demenz vom Alzheimer Typ und die Multiinfarktdemenz die größte Rolle.
  • Senile Demenz vom Alzheimer Typ (SDAT): Die Alzheimerkrankheit ist ein fortschreitender degenerativer Prozess im Gehirn. Im Kortex (Hirnrinde) kommt es durch Eiweißablagerungen zum Zelluntergang. So entwickelt sich ein Hirnschwund vorrangig im Temporal- und im Parietallappen. Die Alzheimerkrankheit ist nicht heilbar.
  • Multiinfarktdemenz: Die Multiinfarktdemenz tritt häufig nach wiederholten Schlaganfällen auf, die sich im Alltag kaum bemerkbar gemacht haben. Häufig leiden die Betroffenen seit Jahren unter Hypertonie und unter Diabetes mellitus. Oft sind sie Raucher. Die Ursache der Multiinfarktdemenz ist eine Minderdurchblutung des Gehirns infolge von arteriosklerotischen Veränderungen. Der Sauerstoffmangel führt zum Absterben von Neuronen und somit zu neurologischen Ausfallserscheinungen. Mit entsprechenden Medikamenten lässt sich die Durchblutung des Gehirns fördern. Typisch für diese Demenz ist ein schubförmiger Verlauf. Es kann zu einer plötzlich einsetzenden Verschlechterung kommen. Bei etwa jedem sechsten Betroffenen kommen epileptische Anfälle hinzu. Die Multiinfarktdemenz muss nicht zwangsläufig voranschreiten im Gegensatz zur Alzheimerdemenz.

Maßnahmen

weitere Praxistipps, Begründung und Anmerkungen


Fallbeispiel:

  • Frau Meier lebt seit drei Jahren in unserer Einrichtung. In den vergangenen Monaten haben wir immer häufiger bemerkt, dass ihr Gedächtnis nachlässt. Ihr behandelnder Hausarzt vermutet eine einsetzende Demenz. Hinweise auf andere neurologische Erkrankungen liegen nicht vor.
  • Frau Meier leidet unter Wortfindungsstörungen. Ihre Fähigkeit, sich auszudrücken und zu argumentieren, ist beeinträchtigt. Im Sprachgebrauch von Frau Meier ändert sich die Bedeutung einzelner Worte. Frau Meier ist nicht mehr in der Lage, komplexe gesprochene Sätze zu verstehen. Sie sagt dann häufig “ja, ja”, obwohl sie die Information nicht aufgenommen hat.

  • Wir geben Frau Meier ausreichend Zeit zum Überlegen.
  • Die Pflegekraft hilft Frau Meier, wenn diese nach einer bestimmten Formulierung sucht. Sie bietet dann verschiedene passende Wörter an.
  • Frau Meier soll sich entspannen. Wir sorgen während eines Gesprächs für eine ruhige Umgebung und stellen Störquellen ab, etwa einen laufenden Fernseher, das Radio usw. Ggf. werden das Fenster zur Straße und die Tür zum Flur des Wohnbereichs geschlossen.
  • Die Pflegekraft motiviert Frau Meier dazu, sich weiterhin primär verbal auszudrücken und nicht in Gesten auszuweichen. Sie spricht Themen an, über die Frau Meier gerne redet, etwa Familie, Hobbys, früherer Beruf usw.
  • Die Pflegekraft nutzt bei der Kommunikation mit Frau Meier kurze Sätze.
  • Die Pflegekräfte vermeiden Pronomen (z. B. "es", "sie", "wir", "ihr" oder "sie"). Stattdessen werden Personen oder Gegenstände konkret mit dem Namen oder mit der Bezeichnung benannt.
  • Wir stellen keine "W-Fragen", also "warum", "weshalb" usw. Wir stellen bevorzugt Fragen, die sich mit "ja" oder mit "nein" beantworten lassen.
  • Ggf. werden einzelne Sätze mehrfach wiederholt, bis Frau Meier den Sinn verstanden hat. Falls notwendig werden die Sätze weiter vereinfacht.
  • Die Pflegekraft fragt nach, ob sie von Frau Meier korrekt verstanden wurde. Sie achtet dabei auch auf deren Mimik und auf die Gestik. Sie verlässt sich nicht allein auf die Bestätigung von Frau Meier, dass sie alles verstanden hat.

  • Die Bewohnerin wird einfühlsam auf falsch eingesetzte Begriffe hingewiesen. Dieses aber nur, wenn sich die Bewohnerin gerne berichtigen lässt. Ansonsten greift die Pflegekraft nicht korrigierend ein.
  • Ggf. wird eine logopädische Therapie angeregt.

Fallbeispiel:

  • Herr Müller leidet seit zwei Jahren an Demenz. Zuletzt hat sich die Symptomatik im Bereich der Kommunikation intensiviert.
  • Die Kontrollmechanismen beim Sprachgebrauch schwächen sich ab. Herr Müller verwendet zunehmend Kraftausdrücke; dieses auch, um die eigene Unsicherheit beim Sprechen zu überdecken.
  • Herr Müller reagiert sehr unwirsch auf die Korrekturen, weil ihm dadurch die eigenen Defizite bewusst werden.
  • Herr Müller nutzt zunehmend inhaltsarme Redefloskeln, wenn er die Worte für eine sinnvolle Antwort nicht mehr findet. ("Wer zuletzt lacht, lacht am besten", "Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein" usw.)
  • Herr Müller ist häufig einsam, weil er sich in sein Zimmer zurückzieht. Er hat Angst, aufgrund seiner kognitiven Einschränkungen von seinem Umfeld abgelehnt zu werden.

  • Wir vermeiden Gesprächsthemen, die Herrn Müller emotional stressen. Wenn das Gespräch für Herrn Müller zu anstrengend oder zu aufwühlend wird, lenken wir das Thema auf einen anderen Schwerpunkt.
  • Herr Müller wird gelobt, wenn er sich korrekt ausdrückt. Wir tadeln ihn nicht für fehlerhafte Sprache.
  • Wir sorgen für eine freundliche Gesprächsatmosphäre. Wir halten Augenkontakt und achten auf eine freundliche Mimik.
  • Herr Müller wird animiert, an unserem Freizeitprogramm teilzunehmen. Wir vermitteln den Kontakt zu anderen Mitbewohnern mit vergleichbaren mentalen Fähigkeiten.
  • Wir bitten den Besuchsdienst der Kirchengemeinde um regelmäßige Besuche bei Herrn Müller.

  • Neben der zunehmenden Vergesslichkeit sind sprachliche Defizite oft die ersten Symptome einer Demenz. Da die Abnahme der Fähigkeiten langsam verläuft, fallen Veränderungen vor allem Angehörigen und Freunden auf, die den Bewohner nur in größeren Zeitabständen besuchen.

Fallbeispiel:

  • Frau Meier war zeitlebens sehr sportlich. Bei ihr wurde vor zwei Jahren eine demenzielle Erkrankung festgestellt. Es gibt leichte Gedächtnisstörungen, die sie im Alltag aber nicht wesentlich behindern. Deutlich stärker trifft es sie, dass sie aufgrund der Demenz komplizierte oder neue Bewegungsarten und -abläufe nur verzögert und langsam umsetzen kann. Dieses zeigt sich etwa bei Bewegungsspielen, die Frau Meier bislang nicht vertraut sind. Frau Meier reagiert auf Fehlschläge mit Frustration und mit Aggression.
  • Frau Meier trägt häufig keine Hausschuhe, sondern läuft in Socken. Sie vergisst, Hausschuhe anzuziehen. In anderen Fällen will sie zwar Hausschuhe tragen, hat aber vergessen, wo sie ihre Hausschuhe zuletzt ausgezogen hat. Durch das unzureichende Schuhwerk steigt das Risiko von Stürzen und somit von erheblichen Verletzungen.
  • Frau Meier nimmt Medikamente ein, die die Symptomatik der Demenz lindern sollen. Es kommt zu Nebenwirkungen. Sie zeigt eine deutliche Gangunsicherheit und hat zunehmend Schwierigkeiten, das Gleichgewicht zu halten, z. B. beim Aufstehen aus dem Stuhl. Die Sturzgefahr ist erhöht.

  • Wenn Frau Meier komplizierte Bewegungen ausführt, soll sie sich nur darauf konzentrieren. Sie wird nicht aufgefordert, dabei gleichzeitig beispielsweise zu singen oder Fragen zu beantworten.
  • Sobald die Konzentration nachlässt, wird die Maßnahme beendet.
  • Frau Meier wird für korrekt durchgeführte Bewegungsabläufe gelobt.
  • Wenn wir Frau Meier außerhalb ihres Zimmers auf Socken antreffen, animieren wir sie dazu, Hausschuhe anzuziehen. Frau Meier sollte auch im Wohnbereich festes Schuhwerk tragen; also keine offenen Pantoffeln.
  • Wenn Frau Meier nicht weiß, wo ihre Hausschuhe sind, suchen wir gemeinsam nach ihnen.

  • Wir schätzen das individuelle Sturzrisiko ein. Basierend auf den Ergebnissen leiten wir entsprechende Maßnahmen ein, z. B. Versorgung mit einer Protektorhose oder die Durchführung des Balancetrainings.
  • Wir prüfen die verordneten Medikamente auf ihre sturzfördernde Wirkung. z. B. sind viele Benzodiazepine, Neuroleptika, trizyklische Antidepressiva sturzfördernd. Gemeinsam mit dem behandelnden Arzt prüfen wir alternative Einnahmezeitpunkte, Dosierungen oder Präparate.

Fallbeispiel:

  • Herr Müller lebt seit drei Jahren in unserer Einrichtung. Er leidet an einem erhöhten Blutdruck sowie an Herzrhythmusstörungen. Vor eineinhalb Jahren hat er einen leichten Herzinfarkt erlitten, der aber zumindest körperlich folgenlos ausheilte. Wenn er ein Herzstolpern bemerkt, gerät Herr Müller in einen Panikzustand. Der Blutdruck steigt weiter. Es kommt zu weiteren Störungen des Herzrhythmus.
  • Bislang war Herr Müller in der Lage, sich selbst zu beruhigen und den Teufelskreis zu durchbrechen. Durch das Einsetzen der demenziellen Erkrankung werden diese Selbstkontrollmechanismen geschwächt.
  • Herr Müller leidet unter Angstzuständen, die durch die Herzerkrankung verstärkt werden.

  • Wir versuchen, Herrn Müller zu beruhigen. Wir setzen dabei insbesondere Körperkontakt ein.
  • Wir messen den Blutdruck und die Pulsfrequenz.
  • Herr Müller erhält sein Bedarfsmedikament. Bei besonderen Beobachtungen wird der Arzt informiert.
  • Wir raten Herrn Müller, sich zu entspannen und tief in den Bauch zu atmen. Er soll das Ausatmen und die Atempausen betonen.
  • Herr Müller soll sich körperlich bewegen, sofern kein tatsächlicher Herzinfarkt vorliegt.
  • Wir raten Herrn Müller, sich an etwas Schönes zu erinnern oder sich etwas Positives vorzustellen. Hierbei greifen wir auf die Informationen aus der Biografiearbeit zurück.
  • Wir helfen Herrn Müller, sich abzulenken oder sich zu beschäftigen.
  • Soweit es sich um eine Symptomfehldeutung handelt ( z. B. "Herzstolpern"), machen wir Herrn Müller auf seinen Irrtum aufmerksam.
  • Wir reagieren mit Empathie auf diese Gefühlsäußerungen. Die Pflegekraft beschwichtigt nicht ("so schlimm ist das nicht" usw.). Stattdessen antwortet sie validierend ("Ich weiß, dass Sie Angst haben.", "Kann ich etwas tun, damit Sie sich besser fühlen?" usw.).
  • Wir sprechen offen und sachlich mit Herrn Müller über seine Ängste. Dieser soll das Gefühl gewinnen, dass wir ihn und seine Befürchtungen ernst nehmen.
  • Wir raten Herrn Müller dazu, ein Angsttagebuch zu führen. In diesem kann Herr Müller eintragen, vor was er Angst hatte und wie stark die Angststörungen waren.
  • Wir vermitteln Herrn Müller wirksame Entspannungstechniken.
  • Falls Herr Müller Angst im Dunkeln hat, lassen wir in der Nacht das Licht im Badezimmer an.
  • Wenn Herr Müller eine problematische Situation gut überstanden hat, wird er dafür von uns gelobt.

  • Falls der angstkranke Bewohner in einem Einzelzimmer lebt, sollte die alternative Unterbringung in einem Zweibettzimmer geprüft werden.
  • Wir prüfen, welche Faktoren die Angstzustände auslösen oder fördern. Diese werden in Zukunft vermieden oder minimiert.
  • Isolation verstärkt die Angst. Wir ermuntern den Bewohner dazu, sich in das soziale Leben innerhalb unserer Gemeinschaft zu integrieren. Insbesondere sollte er an den Freizeitaktivitäten teilnehmen.

Fallbeispiel:

  • Frau Meier leidet unter Diabetes mellitus. Sie muss regelmäßig Nahrung und Insulin zuführen. Aufgrund der Demenz wird die eigenverantwortliche Durchführung zunehmend unzuverlässiger. Frau Meier ist phasenweise nicht in der Lage, die richtige Dosierung und das richtige Insulin zu wählen.
  • Aufgrund der Demenz schwindet die Fähigkeit von Frau Meier, eine Unterzuckerung frühzeitig zu erspüren und zeitnah darauf zu reagieren.
  • Frau Meier ist damit überfordert, die notwendigen Vorsorgeuntersuchungen zu planen

  • Der Blutzuckerspiegel wird dreimal täglich vor den Mahlzeiten gemessen. Eine BZ-Messung erfolgt auch, wenn wir entsprechende Beobachtungen machen, etwa ein Zittern.
  • Wir sorgen dafür, dass Frau Meier zu festen Zeitpunkten ihre Hauptmahlzeiten einnimmt. Wir stellen sicher, dass die aufgenommene Nahrungsmenge der Insulindosis entspricht.
  • Wir bereiten die Insulininjektionen vor. Frau Meier appliziert den Wirkstoff selbst, wird dabei jedoch von uns überwacht.
  • Wir stellen sicher, dass Frau Meier einmal jährlich den Augenarzt aufsucht.

  • Weitere wichtige (und oft vergessene) Vorsorgeuntersuchungen sind die Kontrolle der Schilddrüsenwerte, ein Elektrokardiogramm sowie die Krebsprophylaxe bei Diabetes.

Fallbeispiel:

  • Vor zwei Jahren wurde bei Herrn Müller die Alzheimererkrankung festgestellt. Die Aufnahme in eine stationäre Altenpflegeeinrichtung wurde notwendig, da er nicht mehr in der Lage war, sich selbst zu versorgen. Vor allem die Körperpflege stellt ihn zunehmend vor unlösbare Probleme.
  • Die Konzentration und die Motivation von Herrn Müller lassen bei der Körperpflege schnell nach. Teile seines Körpers wäscht Herr Müller dann nicht mehr eigenständig.
  • Herr Müller ist mit der Handhabung von elektrischen Geräten überfordert, also etwa mit der Benutzung des Rasierapparats oder der elektrischen Zahnbürste.
  • Herr Müller vernachlässigt die Intim- und die Händehygiene nach der Ausscheidung.
  • Herr Müller nutzt das Badezimmer gemeinsam mit anderen Senioren. Er verwechselt Pflegemittel, Zahnbürsten, Waschlappen und Handtücher. Er nutzt fremde Gegenstände.

  • Wir legen die notwendigen Utensilien bereit.
  • Herr Müller wird verbal angeleitet. Wir benennen dafür die Körperzone, die als Nächstes gewaschen werden soll. Wir sagen Herrn Müller auch, was als Nächstes zu tun ist. Beispiel: Er soll den Waschlappen mit Seife einreiben und danach die Achselhöhlen säubern.
  • Die Pflegekraft animiert Herrn Müller zu einer ausreichenden Sauberkeit. Er wird für sorgfältiges Händewaschen gelobt.

  • Schon bei der Beschaffung der elektrischen Geräte achten wir darauf, dass diese möglichst einfach zu bedienen sind.
  • Ein Föhn sollte nur einen Schieberegler haben.
  • Beim Kauf eines Rasierapparats sollte ein Modell ohne Display und ohne externe Reinigungskartusche gewählt werden.
  • Eine elektrische Zahnbürste sollte nur einen Knopf und nur einen Reinigungsmodus haben.
  • Die persönlichen Gegenstände werden mit Namensschildern oder farblich markiert. Dieses ist insbesondere sinnvoll, da die demenziellen Störungen i. d. R. stetig fortschreiten. Der Bewohner kann sich dann frühzeitig an dieses Ordnungssystem gewöhnen.

Fallbeispiel:

  • Frau Meier ist auch mit 86 Jahren sehr modebewusst und achtet auf die äußere Erscheinung.
  • Aufgrund von Andeutungen im Rahmen der Biografiearbeit vermuten wir, dass sie in der Vergangenheit das Opfer sexueller Gewalt war. In den folgenden Jahrzehnten konnte sie die Traumata zwar nicht verarbeiten, aber doch zumindest verdrängen. Die einsetzende Demenz schwächt nun diese Verdrängungsmechanismen. Nun kommt es gehäuft zu Albträumen, die Frau Meier noch bis in den Tag hinein belasten.
  • Sie lehnt die Körperpflege (insbesondere die Intimpflege) durch die Pflegekraft ab. Sie selbst ist damit aber überfordert.

  • Wir leiten Frau Meier dazu an, die Reinigung so weit wie möglich eigenständig durchzuführen. Dazu wird sie ggf. in eine andere Körperhaltung gebracht, etwa auf einen Stuhl gesetzt.
  • Die Intimsphäre von Frau Meier wird beachtet. Insbesondere wird sie während der Reinigung vor unerwünschten Blicken Dritter geschützt.
  • Frau Meier wird immer nur teilweise entkleidet. Bereits gereinigte Körperbereiche werden wieder bedeckt.
  • Wir prüfen, ob es möglich ist, Frau Meier mit übergestreiftem Bademantel zu waschen.
  • Falls die Pflegekraft die Reinigung übernehmen muss, werden die Unannehmlichkeiten auf ein Minimum reduziert:
    • Wir achten auf die Versorgung durch eine gleichgeschlechtliche Pflegekraft.
    • Die Pflegekraft achtet auf nonverbale Signale. Falls sich Frau Meier verweigert, wird die Wäsche unterbrochen und zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt. Die Pflegekraft stellt sicher, dass Frau Meier bis dahin nicht auskühlt.
    • Oftmals kann Frau Meier auch durch Ablenkung dazu bewegt werden, ihren Widerstand gegen das Waschen aufzugeben.
  • Wenn die Nachtwache die Albträume von Frau Meier bemerkt, so weckt sie diese auf. Die Bezugspflegekraft sucht am folgenden Tag den Kontakt zu Frau Meier und bietet ihr an, über ihre Albträume mit ihr zu reden.
  • Nächtlichen Bewegungsdrang lassen wir zu. Wir kanalisieren diesen in nächtlichen Angeboten, z. B. in einem Nachtcafé.
  • Wir kontrollieren, ob die nächtliche Unruhe das Ergebnis auch von überreichlichem abendlichem Essen oder von Alkoholkonsum sein kann.
  • Wir raten Frau Meier, auf aufregende abendliche Fernsehsendungen zu verzichten.
  • Wir schalten das Nachtlicht ein.
  • Diuretika werden spätestens vier Stunden vor dem Zubettgehen verabreicht.

  • Wir fragen die Bewohnerin, wie sich die Körperpflege in ihrem bisherigen Leben gestaltete. Diese biografischen Bezüge werden ggf. in den Waschvorgang eingearbeitet.
  • Sobald die Bewohnerin die Wäsche akzeptiert, wird diese Maßnahme "ritualisiert". Sie wird also zur gleichen Zeit, mit stets dem gleichen Ablauf und möglichst von der gleichen Person durchgeführt.
  • Wir prüfen, ob wir durch die Nutzung von biografisch verankerten Gegenständen mehr Erfolg haben. Beispiel: Eine lange Stielbürste oder Kernseife statt Waschlotion.
  • Wir stellen das Bett nach den Wünschen der Bewohnerin ein. Falls die Bewohnerin Angst vor einem Herausfallen aus dem Bett hat, stellen wir das Bettgitter hoch. Die Bewohnerin muss den Wunsch gegenzeichnen.
  • Nur als letztes Mittel der Wahl verabreichen wir nach Absprache mit dem Arzt Schlaf- oder Beruhigungsmittel.
  • Wir bedenken stets, dass eine plötzliche erregte Verwirrtheit auch von einem stummen Herzinfarkt oder von einem einsetzenden Schlaganfall ausgelöst werden kann.
  • Biografische Vorlieben werden weitergeführt. Wenn die Bewohnerin also viele kleine Kissen zum Schlafen benötigt, kann sie diese auch in unserer Einrichtung weiterhin nutzen.

Fallbeispiel:

  • Herr Müller war jahrzehntelang obdachlos. Er lehnt es ab, geduscht oder gebadet zu werden.
  • In der Vergangenheit war Herr Müller phasenweise suchtkrank. Es gelang ihm, die Abhängigkeit zu überwinden. Das Einsetzen der demenziellen Erkrankung erschwert es ihm, die Abstinenz weiterhin durchzuhalten.

  • Die Anzahl der an der Körperpflege beteiligten Pflegekräfte wird auf ein Minimum beschränkt. Pflegeschüler und Praktikanten sollten nicht anwesend sein.
  • Die Pflegekraft lässt Herrn Müller beim Baden oder beim Duschen nur dann aus den Augen, wenn dieser allein sein möchte und das Risiko (vor allem das Sturzrisiko) vertretbar ist.
  • Bei der Wahl der Pflegemittel werden die Wünsche von Herrn Müller beachtet, sofern keine zwingenden Gründe dagegen sprechen (etwa Substanzen, die das Dekubitusrisiko erhöhen).
  • Alle potenziellen Suchtmittel werden aus dem Umfeld von Herrn Müller entfernt. Dazu zählen etwa Zigaretten, Alkohol und potenziell süchtig machende Medikamente.
  • Wenn wir bemerken, dass Herr Müller Suchtverhalten zeigt, versuchen wir, ihn durch entsprechende Freizeitaktivitäten abzulenken.
  • Wir kontaktieren Freunde und Angehörige von Herrn Müller. Wir bitten diese, auf ihn einzuwirken, damit er sein Suchtverhalten nicht wieder aufnimmt.
  • Wir machen Mitbewohner, Freunde und Angehörige auf die Gefahr aufmerksam und bitten um rücksichtsvolles Verhalten. Sie sollen beispielsweise nicht im Beisein von Herrn Müller Alkohol trinken oder rauchen.

  • Sofern der Bewohner stuhlkontinent ist, reicht die Wäsche am Waschbecken aus. Der Bewohner wird nur einmal in der Woche geduscht oder (wenn er das Duschen weiterhin ablehnt) gebadet.
  • Wir prüfen biografisch verankerte Vorlieben. Dieses etwa, wenn es der Bewohner gewohnt war, zum Baden oder zum Duschen ungewöhnlich warmes oder kaltes Wasser zu nutzen. Zu beachten sind nach Möglichkeit auch zeitliche Vorlieben, also etwa das Baden unmittelbar vor der Nachtruhe.
  • Wir verbinden bei Bewohnerinnen das Baden oder das Duschen mit angenehmen Elementen, wie etwa mit dem Schminken, mit dem Lackieren der Nägel oder mit einer aufwendigeren Haarpflege. Nach dem Abtrocknen wird die Bewohnerin mit Hautpflegemittel eingecremt.

Fallbeispiel:

  • Frau Meier zog vor zwei Jahren auf Drängen ihrer Tochter in unsere Einrichtung. Sie war an einem warmen Sommertag ohnmächtig geworden als Folge von Unterernährung und Flüssigkeitsmangel.
  • Die demenziellen Störungen und das nachlassende Durstgefühl sorgen dafür, dass Frau Meier nicht ausreichend trinkt. Die verringerte Flüssigkeitsaufnahme führt zu akuten Verwirrtheitszuständen und verstärkt andere Krankheitssymptome. Frau Meier verweigert die Flüssigkeitsaufnahme aufgrund der verminderten Urteilskraft. Sie versteht nicht, wie wichtig regelmäßiges Trinken ist.
  • Das Hungergefühl von Frau Meier ist beeinträchtigt. Es droht eine Mangelernährung.
  • Frau Meier fühlt sich allein gelassen. Sie fragt mehrmals täglich, wann sie ihre Kinder oder Enkel besuchen kommen. Frau Meier klagt gleichzeitig aber über das Verhalten der Kinder und der Enkel, weil diese sie in die Einrichtung brachten.

  • Wir informieren Frau Meier immer wieder darüber, wie bedeutend regelmäßiges Trinken für ihre Gesundheit ist.
  • Wir beobachten, welche Getränke Frau Meier bevorzugt. Diese bieten wir ihr wiederholt an. Die Trinkgefäße sollten Frau Meier bekannt sein, etwa ein Lieblingsglas oder ein bevorzugter Tonkrug.
  • Wir nutzen Rituale, die in der Biografie von Frau Meier verankert sind. Etwa: Anstoßen der Gläser, die Tasse Tee beim Zeitungslesen, Orangensaft beim Verfolgen der Fernsehnachrichten usw.
  • Auch in die Freizeitaktivitäten werden Trinkrituale integriert. Dazu zählt etwa die Trinkrunde im Rahmen der Sitztanzgymnastik oder der Handarbeitsrunde.
  • Die Pflegekraft bleibt noch einige Augenblicke bei Frau Meier, um sicherzustellen, dass diese zumindest einige Schlucke zu sich nimmt, wenn sie dazu aufgefordert wurde.
  • Der BMI von Frau Meier wird regelmäßig ermittelt. Unter Einbeziehung des Hausarztes werden körperliche Auslöser für Untergewicht ausgeschlossen.
  • Gemeinsam mit der Hauswirtschaft erstellen wir einen täglichen Ernährungsplan. Wir bieten ggf. hochkalorische Süßspeisen sowie Trinknahrung an.
  • Falls möglich sollte Frau Meier im Rahmen der Beschäftigungstherapie an der Herstellung der Speisen beteiligt werden.
  • Statt drei großer Mahlzeiten bieten wir Frau Meier sechs kleinere Mahlzeiten an. Sie erhält insbesondere einen Spätimbiss.
  • Wir führen mit Frau Meier einen Kalender. Wir bitten die Angehörigen, hier den nächsten Besuchstermin einzutragen. Wir zeigen dann Frau Meier den Kalender. Sie versteht dann, dass bis zum nächsten Besuch noch zwei, drei oder vier Tage vergehen.
  • Soweit dieses den Angehörigen zuzumuten ist, ermöglichen wir es Frau Meier, mit ihnen zu telefonieren.

  • Wir beachten Rituale, Gewohnheiten und Vorlieben beim Essen. Etwa: Fernsehnachrichten oder Musik beim Essen, essen in Gesellschaft oder allein, lesen einer Zeitung ermöglichen usw.
  • Ggf. wird ein Trinkprotokoll geführt.
  • Alkoholische Getränke werden nur in Maßen und nach vorheriger ärztlicher Rücksprache gereicht, da der Konsum insbesondere in Kombination mit Arzneimitteln zu Wechselwirkungen führen kann.
  • Wir prüfen, ob eine "Patenschaft" in Betracht kommt. Wir kontaktieren z. B. die Angehörigen eines bereits verstorbenen Mitbewohners. Wir fragen, ob diese in Zukunft die Bewohnerin regelmäßig besuchen möchten.

Fallbeispiel:

  • Herr Müller hat vor zwei Jahren seine Ehefrau verloren. Er lebt seitdem im Pflegeheim. Den Verlust hat er nicht verarbeitet. Sein Lebensmut ist erheblich beeinträchtigt. Dieses zeigt sich insbesondere durch einen Mangel an Kooperationswillen. So verweigert er phasenweise die Nahrungsaufnahme.
  • Herr Müller wechselt seine Kleidung nicht eigenständig. Er trägt daher häufig verschmutzte Kleidung. Zudem kommt es zu einem unangenehmen Körpergeruch.
  • Herr Müller hat kein Verständnis für die Notwendigkeit eines regelmäßigen Kleidungswechsels. 

  • Die Pflegekraft bespricht mit Herrn Müller den Speiseplan der kommenden Woche. Sie nimmt - sofern er kooperiert - seine Speisewünsche entgegen.
  • Im persönlichen Dialog mit Herrn Müller versuchen die Pflegekräfte und insbesondere die Bezugspflegekraft, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.
  • Wir machen Herrn Müller klar, welche körperlichen und seelischen Folgen eine anhaltende Nahrungsverweigerung auslösen kann.
  • Wir geben Herrn Müller jederzeit die Möglichkeit, seine Entscheidung zu revidieren. Wir bieten ihm regelmäßig über den Tag verteilt Nahrungsmittel und Getränke an. Dieses ständige Anbieten führen wir in jedem Fall fort, auch wenn Herr Müller jedes Mal aufs Neue ablehnt.
  • Die Pflegekraft führt mit Herrn Müller immer wieder ein klärendes Beratungsgespräch über die Notwendigkeit eines regelmäßigen Wäschewechsels. Sie macht ihn darauf aufmerksam, dass das Tragen von verschmutzter Kleidung auch die Haut belastet.
  • Die Pflegekraft legt für Herrn Müller frische Kleidung bereit und drängt mit freundlicher Bestimmtheit auf einen Wechsel.
  • Die Pflegekraft wechselt die abgelegte Kleidung gegen frische Kleidung, während Herr Müller duscht.

  • Wir prüfen, ob die Nahrungsverweigerung die Folge von religiösen Überzeugungen ist. Dazu zählen etwa die Nahrungskarenz während der Fastenzeit und das religiöse Verbot von Schweinefleisch. Wir beachten, dass eine einsetzende Demenz auch Auswirkungen auf religiöse Überzeugungen haben kann.
  • Um das permanente Nahrungsangebot zu ermöglichen, halten wir rund um die Uhr frisches Obst, Gebäck, Tee, Milchgetränke, Fruchtsäfte und Wasser bereit. Auch der Nachtdienst ist stets über die Problematik informiert.
  • Wir kontaktieren die Angehörigen des Bewohners. Wir bitten diese, den Bewohner zur Nahrungsaufnahme zu motivieren.

Fallbeispiel:

  • Frau Meier ist erst vor wenigen Wochen in unsere Einrichtung gezogen.
  • Frau Meier verliert oft innerhalb der Einrichtung die Orientierung. Nach dem Essen findet sie ihren Wohnbereich nicht, irrt durch andere Wohnbereiche und bekommt dann Angst.
  • Frau Meier ist zeitlich nicht vollständig orientiert. Sie vergisst die Essenszeiten. Der Biorhythmus von Frau Meier hat sich an die Essenszeiten in unserer Einrichtung nicht gewöhnt. Sie hat keinen Appetit, wenn die Speisen fertig sind.

  • Bei Transfers innerhalb der Einrichtung sollten immer die gleichen Routen genommen werden. Beispiel: Der Weg vom Bewohnerzimmer zum Andachtsraum führt also immer über den gleichen Aufzug und immer über den gleichen Flur.
  • Immer, wenn eine Pflegekraft mit Frau Meier innerhalb des Hauses unterwegs ist, macht sie sie auf Piktogramme aufmerksam, anhand derer sie sich orientieren kann.
  • Bei einem Wechsel des Raums sagt die Pflegekraft Frau Meier immer wieder, in welchem Raum sie sich aktuell befinden und welche Funktion dieser Raum hat.
  • Sie zeigt Frau Meier überdies andere Orientierungspunkte, die als “Landmarken” fungieren können, also etwa die Skulptur direkt am Eingang zu ihrem Wohnbereich.
  • Wir legen Frau Meier einen Zettel in die Hosentasche, auf dem steht, wie sie ihren Wohnbereich findet.
  • Wenn Frau Meier offenbar desorientiert innerhalb der Einrichtung umhergeht, wird sie von Pflegekräften angesprochen und in ihre vertraute Umgebung begleitet.
  • Frau Meier sollte immer zu gleichen Tageszeiten von den Pflegekräften zum Essen abgeholt werden, also um 8 Uhr zum Frühstück, um 13 Uhr zum Mittagessen und um 18 Uhr zum Abendbrot.

  • Wir sorgen dafür, dass Essensgerüche in den Wohnbereich vordringen können. Auch im Zimmer der Bewohnerin sollte man das Mittagessen bereits eine halbe Stunde vor der Mahlzeit riechen können.

Fallbeispiel:

  • Herr Müller leidet schon seit fast zwei Jahren an Demenz. Sie äußert sich bei ihm primär dadurch, dass er schnell von Tätigkeiten abgelenkt wird. Er ermüdet schnell. Komplexe Beschäftigungen überfordern ihn.
  • Herr Müller wird beim Essen häufig abgelenkt. Er stellt dann die Nahrungsaufnahme ein. Die Speisen kühlen aus.
  • Herr Müller übte bislang Hobbys aus, die ein hohes Maß an Konzentration erforderten. Aufgrund der einsetzenden demenziellen Erkrankung fällt es ihm immer schwerer, diesen Hobbys weiterhin nachzugehen. Herr Müller ist dann schnell demotiviert.

  • Die Pflegekraft animiert Herrn Müller immer wieder dazu, die Nahrungsaufnahme fortzusetzen. Die Mahlzeit wird ggf. in der Mikrowelle aufgewärmt, wenn Herr Müller zu einem späteren Zeitpunkt weiteressen möchte.
  • Wir führen mit Herrn Müller Gedächtnistraining durch. Das Gedächtnistraining wird auch in andere Pflegemaßnahmen integriert. So bitten wir Herrn Müller bei der morgendlichen Körperpflege darum, vom gestrigen Fußball-Länderspiel zu berichten.
  • Wir beachten die Leistungsschwankungen im Tagesverlauf. Mental fordernde Tätigkeiten werden daher i. d. R. auf den Vormittag verlegt, wenn Herr Müller belastbarer ist.
  • Die Pflegekraft bleibt anwesend und greift ggf. korrigierend ein. Wenn Herr Müller eine Tätigkeit gut ausgeführt hat, wird er von der Pflegekraft gelobt.
  • Wir prüfen stets, ob die Tätigkeit Herrn Müller überfordert. Falls dieses der Fall ist, sollte er eine Pause machen oder sich mit etwas anderem beschäftigen.
  • Die Pflegekraft achtet bei der Beschäftigung auf eine ruhige Umgebung, die Herrn Müller nicht ablenkt.
  • Alternativ zu geistig fordernden Aktivitäten bieten wir Herrn Müller Tätigkeiten an, deren Schwerpunkt in körperlicher Aktivität liegt. Dazu zählen etwa der Sitztanz und die Handarbeitsgruppe.

  • Viele komplexe Tätigkeiten lassen sich in einfache Einzeltätigkeiten unterteilen, die dann nacheinander abgearbeitet werden können. Die Pflegekraft gibt dann kurze Anweisungen, die vom Bewohner verstanden werden.
  • Gesellschaftsspiele können durch eine Reduzierung der Spielsteine, Spielkarten usw. vereinfacht werden. Sie bleiben dann auch für demenziell erkrankte Senioren spielbar. Der Bewohner sollte Gesellschaftsspiele spielen, die den bisherigen ähneln, aber deutlich einfacher sind. Beispielsweise wird “Malefiz” gegen “Mensch ärger Dich nicht” getauscht. Statt Skat sollte der Bewohner Mau-Mau spielen.
  • Wir prüfen, ob bisherige Hobbys so weit vereinfacht werden können, dass der Bewohner sie trotz der demenziellen Erkrankung fortführen kann. Wenn der Bewohner also bislang gerne malte, bieten wir ihm ein Malbuch für Erwachsene an.
  • Wir bieten dem Bewohner Freizeitaktivitäten an, die nur ein geringes Maß an Konzentration erfordern, also etwa freies Malen.

Fallbeispiel:

  • Frau Meier betrieb vor ihrer Pensionierung eine Gastwirtschaft. Sie war es gewöhnt, morgens lange zu schlafen und dann bis in die späte Nacht zu arbeiten. Um sich im Berufsleben wachzuhalten, konsumierte Frau Meier viel Koffein in Form von Kaffee. Das macht sie heute noch.
  • Sie konnte sich bislang an den Tagesablauf in unserem Pflegeheim nicht gewöhnen. Ihr Tag-Nacht-Rhythmus ist gestört. Sie kann abends nicht einschlafen. Andererseits wacht sie nachts häufig auf und kann dann nicht wieder einschlafen. Ihr ist langweilig.
  • Frau Meier ist zeitlich oft nicht orientiert. Sie kennt weder die aktuelle Uhrzeit noch das Datum.

  • Wir sorgen für ausreichende Aktivitäten und insbesondere für Bewegung am Tag. Ideal ist ein Spaziergang an der frischen Luft. Wir bitten ihre Tochter darum, bei einem Besuch mit Frau Meier zum Stadtpark zu gehen.
  • Frau Meier sollte keinen Mittagsschlaf im Bett halten. Falls Frau Meier nach dem Essen ausruhen will, wird sie für eine halbe Stunde in einen bequemen Lehnstuhl mobilisiert. Sie soll dort aber nicht schlafen.
  • Wir raten Frau Meier, abends auf Genussmittel wie Kaffee, Alkohol, Cola oder Zigaretten zu verzichten. Nur in kleinen Mengen können Alkohol und Nikotin Schlaf fördernd wirken.
  • Wir stellen sicher, dass Frau Meier in der Nacht das Licht einschalten kann, etwa um zu lesen. Wir legen die Fernbedienung des Fernsehers auf dem Nachttisch bereit. Wir bitten Frau Meier, beim Fernsehen einen Kopfhörer zu tragen, um Mitbewohner nicht zu stören.
  • Frau Meier soll ihre Armbanduhr tragen. Wir stellen sicher, dass die Uhr aufgezogen ist. Falls notwendig wird sie gestellt.
  • In ihrem Zimmer hängt ein Abreißkalender. Das Abreißen des Zettels des Vortags ist ritualisiert. Der Zettel wird immer nach dem ersten Toilettengang am Morgen abgerissen.
  • Im Gespräch mit Frau Meier wird immer wieder die Uhrzeit genannt. Beispiel: "Es ist jetzt drei Uhr nachmittags. Ich möchte jetzt Ihre Verbände wechseln.”

  • Wir achten auf regelmäßige Essenszeiten. Diese geben dem Tag Struktur.
  • Das Zimmer der Bewohnerin wird vor dem Zubettgehen gelüftet und danach auf eine Temperatur von rund 18 Grad C° gebracht. Wir sorgen für eine angenehme Luftfeuchtigkeit.
  • Die Bettdecken werden entsprechend der Jahreszeit angepasst.
  • Wir prüfen, ob es biografisch verankerte Einschlafrituale gibt. Diese setzen wir ggf. fort. Wir bieten der Bewohnerin z. B. am Abend warme oder kalte Fußbäder an. Wir prüfen, ob diese das Einschlafen erleichtern.
  • Jahrzehntelang vertraute Ruhezeiten werden weiterhin beachtet. Wir prüfen also, wann und wie lange die Bewohnerin in früheren Jahren schlief. Ggf. sollte sie dann zu einem späteren Zeitpunkt am Abend ins Bett gehen oder morgens etwas früher aufstehen.
  • Einige Menschen reagieren auf Genussmittel oder Medikamente paradox, etwa wirkt Kaffee beruhigend und nicht anregend. Daher immer nachfragen.
  • Wir bieten Orientierungshilfen an, etwa einen großen Kalender oder eine große Uhr. Der Wohnbereich und das Zimmer der Bewohnerin werden der Jahreszeit entsprechend geschmückt. Zeitlich nicht mehr passender Zimmerschmuck wird konsequent weggestellt, auch wenn er von Angehörigen stammt. (Sonst stehen die Weihnachtsmänner bis Ostern im Zimmer des Bewohners.)
  • Wir schreiben ihr kleine Zettel, wenn wichtige Termine anstehen. Diese werden dort angebracht, wo sie die Bewohnerin mehrmals täglich sieht. Also etwa am Badezimmerspiegel, am Schreibtisch usw.
  • Täglich wiederkehrende Pflegemaßnahmen sollten halbwegs pünktlich zur gleichen Tageszeit erfolgen, damit sie den Tag der Bewohnerin strukturieren.
  • Wir schaffen Tagesrituale, die immer zur gleichen Zeit stattfinden. Beispiele: Kekse und Kakao um 15 Uhr. Abendbier um 19 Uhr usw.
  • Sofern dieses biografisch verankert ist, sollte die Bewohnerin am Wochenende besonders festliche Kleidung tragen.

Fallbeispiel:

  • Herr Müller fuhr jahrzehntelang mit der Handelsmarine zur See. Er ist sehr stolz auf seine Unabhängigkeit. Hilfe nimmt er nur ungern in Anspruch. Bedingt durch die sich intensivierende Demenz ist er jedoch zunehmend auf Unterstützung angewiesen.
  • Herr Müller benötigt Hilfe bei der Ausscheidung. Er empfindet jedoch ein großes Schamgefühl, insbesondere gegenüber jüngeren Pflegekräften. Bislang konnte er sich zur Ausscheidung überwinden und dabei Unterstützung akzeptieren. Durch die einsetzende Demenz schwindet jedoch der Kooperationswille. Herr Müller reagiert zunehmend abweisend und unwirsch, wenn er Hilfe beim Toilettengang in Anspruch nehmen muss.
  • Herr Müller ist davon überzeugt, eine unzerstörbare Gesundheit zu haben. Tatsächlich jedoch leidet er unter verschiedenen Grunderkrankungen, die medikamentös therapiert werden müssen. Herr Müller weigert sich häufig, die ärztlich verschriebenen Medikamente einzunehmen. Ihm ist als Folge der Demenz nicht klar, wie wichtig die Wirkstoffe für seine Gesunderhaltung sind. Er hat Angst, dass er die falschen Medikamente bekommt oder eine zu hohe Dosis einnimmt.
  • Herr Müller war zeitlebens alleinstehend. Sein äußeres Erscheinungsbild hat bei ihm eine geringe Priorität. Er erkennt Verschmutzungen der Kleidung nicht oder sieht die Notwendigkeit eines Kleidungswechsels nicht ein. Er äußert keine Kleidungswünsche und ist diesbezüglich eher passiv und desinteressiert. Herr Müller hat Probleme, die für den Tag passende Kleidung zusammenzustellen. Häufig ist die Kleidung nicht an die Witterung angepasst. Überdies passen die gewählten Kleidungsstücke oftmals farblich nicht zueinander. Herr Müller hat Probleme, die richtige Reihenfolge beim Anziehen einzuhalten. Dieses führt beispielsweise dazu, dass er die Hose anzieht, bevor er eine Unterhose angezogen hat. Herr Müller will sich am Abend nicht ausziehen. Er will keinen Schlafanzug bzw. kein Nachthemd tragen.

  • Hilfe bei der Ausscheidung sollte primär durch die Bezugspflegekraft erfolgen. Unbeteiligte Personen verlassen das Zimmer.
  • Die Pflegekraft hilft beim Öffnen der Kleidung und beim Transfer auf die Toilette. Sie verlässt während des Ausscheidens aber den Raum und betritt ihn erst dann wieder, wenn Herr Müller Unterstützung bei der Reinigung, beim Anziehen und beim Transfer zurück in sein Bett benötigt.
  • Wenn die Pflegekraft Fragen zum Ausscheidungsverhalten von Herrn Müller hat, so sollte sie dabei sehr einfühlsam und diskret vorgehen.
  • Wir erklären Herrn Müller immer wieder, welche Wirkung die einzelnen Arzneimittel haben. Er erfährt, warum er diese einnehmen soll.
  • Gemeinsam mit Herrn Müller gleichen wir die einzunehmenden Medikamente mit der ärztlichen Verschreibung ab. Wir loben ihn dafür, dass er im Umgang mit Medikamenten so gewissenhaft ist. Wir versichern ihm, dass nun alles für eine sichere Medikamenteneinnahme getan ist.
  • Die Pflegekraft macht morgens verschiedene Kleidungsvorschläge. Sie zeigt Herrn Müller zwei verschiedene Kleidungsstücke und lässt ihn dann wählen. Sie berät ihn, wie einzelne Stücke kombiniert werden können.
  • Die Pflegekraft legt Herrn Müller die Kleidung in der richtigen Reihenfolge auf einem Stuhl bereit. Von der einmal eingeübten Reihenfolge sollte nicht mehr abgewichen werden.
  • Herr Müller zieht sich unter Aufsicht der Pflegekraft an. Diese greift ein, wenn Herr Müller ein Kleidungsstück vergessen hat. Sie reicht ihm das ausgelassene Kleidungsstück an oder gibt verbale Anweisungen.
  • Uneinsichtiges Verhalten sollte im Dialog mit Herrn Müller korrigiert werden.
  • Falls Herr Müller Abwehrverhalten zeigt, werden das An- und das Ausziehen unterbrochen und zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt.
  • Die Pflegekraft überprüft den Kleidungszustand. Falls notwendig greift sie korrigierend ein, etwa wenn die Kleidung falsch zugeknöpft wurde.
  • Ungewöhnliche Kleidungswünsche (z. B. Seemanns-Troyer und Wollmütze) werden als Teil der Selbstbestimmung zugelassen.
  • Wir legen eine Strickjacke griffbereit und gut sichtbar im Zimmer ab. Herr Müller soll diese anziehen, wenn ihm kalt ist.
  • Wenn sich Herr Müller selbst nach gutem Zureden am Abend nicht ausziehen will, kann er ggf. in der Tageskleidung übernachten.

  • Tendenziell sollte die Pflegekraft dem Bewohner am Morgen mehr Eigeninitiative abverlangen als am Abend. Wenn am Abend die körperlichen wie mentalen Kräfte nicht mehr reichen, so werden das Aus- und das Umziehen weitgehend von der Pflegekraft übernommen.

Fallbeispiel:

  • Frau Meier hat vier Kinder zur Welt gebracht. Als Folge der Geburten leidet sie unter einer erheblichen Beckenbodenschwäche. Bislang konnte sie eine Inkontinenz verhindern, indem sie in kurzen Zeitabständen zur Toilette ging. Die nun einsetzende Demenz führt dazu, dass sie die Toilettengänge bisweilen vergisst und den Harndrang nicht mehr spürt. Immer häufiger kommt es zu einem unkontrollierten Harnabgang.
  • In der Nacht ist Frau Meier oftmals desorientiert und findet die Toilette nicht. Sie nässt dann im Zimmer ein, was ihr sehr peinlich ist. Sie versucht, durchnässtes Inkontinenzmaterial in der Toilette zu entsorgen.
  • Die Anwesenheit in Gemeinschaftsräumen vermeidet sie, da sie Angst hat, dort die Toilette nicht rechtzeitig zu finden. Die einsetzende Demenz hat dieses Verhalten intensiviert.
  • Frau Meier ist häufig traurig, da ihr der mentaler Verfall bewusst wird.

  • Wir fordern Frau Meier regelmäßig zum Toilettengang auf. Vor jeder Hauptmahlzeit bieten wir ihr einen Toilettengang an.
  • Das Zimmer von Frau Meier wird durch ein Nachtlicht erhellt. Wenn sie einnässt, wird die Verschmutzung ruhig und ohne Vorwürfe beseitigt.
  • Wir legen Frau Meier die Verwendung von Einlagen nahe.
  • Wenn die Pflegekraft mit Frau Meier innerhalb des Hauses unterwegs ist, zeigt sie ihr alle Toiletten, an denen sie vorbeikommen. Sie erläutert Frau Meier insbesondere, wie sie anhand von Piktogrammen eine Toilette finden kann.
  • Wenn eine Pflegekraft bemerkt, dass Frau Meier eine Toilette sucht, so führt sie sie dorthin.
  • Wir stehen Frau Meier immer für ein Gespräch zur Verfügung. Wir nutzen dafür insbesondere Pflegetätigkeiten, die ohnehin zeitaufwendig sind.
  • Im Dialog mit Frau Meier loben wir sie für ihre verbliebenen Fähigkeiten, also etwa für ihren Ordnungssinn, für ihre Warmherzigkeit oder für ihren Humor.
  • Wir ermuntern Frau Meier, den Kontakt zu Familienangehörigen, zu Freunden und zu ehemaligen Arbeitskollegen nicht abreißen zu lassen.

  • Die Toilette wird als solche kenntlich gemacht (Toilettensymbol oder Beschriftung "Toilette").
  • Ggf. halten wir einen Toilettenstuhl bereit.
  • Der Leistungsabbau wird nicht kleingeredet. Wir vermitteln der Bewohnerin aber auch, dass ein gewisses Maß an Vergesslichkeit normal ist. Die Pflegekraft kann also etwa einfließen lassen, dass auch sie heute dieses oder jenes schon vergessen hat und manchmal “ganz zerstreut im Kopf” ist.
  • Die Bewohnerin wird in das Gemeinschaftsleben der Einrichtung integriert. Wir bitten geeignete Mitbewohner darum, sich ein wenig um die Bewohnerin zu kümmern.

Fallbeispiel:

  • Herr Müller ist seit 20 Jahren Witwer. Vor wenigen Jahren ist zudem sein Sohn durch einen Autounfall verstorben. Herr Müller ist seitdem antriebslos. Die einsetzende Demenz hat diese Tendenz weiter verstärkt.
  • Herr Müller zeigt selbstschädigendes Verhalten. Er boxt gegen harte Gegenstände, bis Hämatome oder Blutungen auftreten.

  • Die Pflegekraft animiert Herrn Müller, zumindest kleine Tätigkeiten zu übernehmen. Herr Müller sollte sich aber nicht bedrängt fühlen. Gemeinsam mit ihm erstellt die Pflegekraft eine Liste, auf der alle Tätigkeiten vermerkt sind, die Herr Müller gerne durchführt.
  • Wir animieren Herrn Müller dazu, bevorzugte Freizeitaktivitäten im Gemeinschaftsraum durchzuführen. Wir bieten ihm an, beispielsweise für Gesellschaftsspiele einen Spielpartner für ihn zu suchen.
  • Wir informieren Herrn Müller jeden Morgen über die möglichen Gruppenaktivitäten, die wir an diesem Tag anbieten. Wir animieren Herrn Müller dazu, daran teilzunehmen. Die Pflegekraft bleibt während der Beschäftigung in seiner Nähe und lobt ihn für den Fortschritt.
  • Wenn Herr Müller keine Motivation zeigt, wird er dafür nicht kritisiert. Wir vermitteln ihm, dass wir es morgen noch einmal probieren.
  • Insbesondere in akuten Phasen wird das Verhalten von Herrn Müller engmaschig überwacht.
  • Wir nehmen uns Zeit, um mit Herrn Müller zu reden. Angesprochen werden auch seine Gedanken zum Thema Leben, Sterben und Tod.
  • Wir lenken die Handlungsimpulse durch geeignete Aktivitäten und persönliche Gespräche in sinnvolle Bahnen.
  • Herr Müller wird animiert, sich stärker in das soziale Leben der Einrichtung zu integrieren. Mit gutem Zureden kann Herr Müller dazu motiviert werden, an der Lesegruppe teilzunehmen.

  • Wir kontaktieren Mitbewohner, mit denen sich der Bewohner gut versteht. Wir bitten diese, den Bewohner zur Teilnahme an einer Gemeinschaftsaktivität zu motivieren.
  • Wir prüfen, ob wir die auslösenden Faktoren für die Selbstschädigung eingrenzen und bestimmen können. Falls möglich werden diese Einflüsse zukünftig minimiert. Als letztes Mittel wird geprüft, ob eine Fixierung bei akuten Schüben sinnvoll ist.
  • Wir regen den Bewohner an, seelsorgerische Unterstützung durch seine Kirchengemeinde zu erbitten.
  • Wir vermitteln auf Wunsch den Kontakt zu Selbsthilfegruppen und zu Beratungsstellen.
  • Kontakt mit Haustieren kann die Stimmungslage des Bewohners verbessern. Falls die Einrichtung über keine eigene Katze oder einen Hund verfügt, können Pflegekräfte ggf. ihre eigenen Tiere mit zur Arbeit bringen.

Fallbeispiel:

  • Als Folge der Demenz tritt bei Frau Meier eine erhebliche Vergesslichkeit auf. Sie verbringt jeden Tag viel Zeit damit, verloren gegangene Gegenstände in ihrem Zimmer und in den Gemeinschaftsräumen zu suchen.
  • Sie verliert häufig Gegenstände, die sie zur Freizeitgestaltung benötigt. Dazu zählen etwa die Fernbedienung, ihr tragbarer CD-Spieler und das aktuell gelesene Buch.
  • Frau Meier leidet unter einer Schilddrüsenunterfunktion und unter Bluthochdruck. Beides wird medikamentös therapiert. Sie vergisst mitunter, verordnete Medikamente einzunehmen. Bei Arztbesuchen ist sie überfordert. Sie vergisst, zentrale Probleme anzusprechen.
  • Frau Meier verliert häufig ihre Brille. Aufgrund der Sehstörungen besteht dann eine erhöhte Unfall- und Sturzgefahr.

  • Wir üben mit Frau Meier das richtige Ablegen von Gegenständen. Für alle wichtigen Gegenstände richten wir einen individuellen Ablageplatz ein. Wenn Frau Meier den Gegenstand nicht benutzt, soll sie ihn nur dort wieder ablegen. So liegt ihre Fernbedienung stets direkt vor dem TV-Gerät.
  • Wenn die Pflegekraft einen dieser wichtigen Gegenstände an einem anderen Ort findet, so nimmt sie ihn mit und legt ihn am individuellen Ablagepunkt wieder ab.
  • Wir haben mit Frau Meier verabredet, dass sie ihre Brille auf ihrem Schreibtisch ablegt, wenn sie diese nicht trägt. Wenn wir die Brille an einem anderen Platz finden, legen wir diese an dem vereinbarten Platz ab. Frau Meier soll ihr Brillenhalsband verwenden.
  • Frau Meier wird an die Medikamenteneinnahme erinnert. Nur wenn dieses nicht erfolgreich ist, werden die Medikamente von uns für sie gestellt und die Einnahme überprüft.
  • Wir erstellen vor jedem Arztbesuch einen Zettel, auf dem die wichtigsten Punkte schriftlich vermerkt sind; also etwa Fragen des Bewohners an den Arzt.
  • Wir bitten Angehörige, Frau Meier zum Arzt zu begleiten. Zumeist kann dieses von der Tochter erledigt werden.
  • Nach dem Termin kontaktieren wir den Arzt und erfragen, ob es für die Pflege relevante Informationen gibt.

  • Einzelne (besonders wichtige) Gegenstände können mit einem akustischen Schlüsselfinder ausgestattet werden. Falls die Bewohnerin den Gegenstand nicht wiederfindet, kann sie einfach klatschen oder pfeifen, damit der Schlüsselfinder sich durch ein lautes Piepen meldet.

Fallbeispiel:

  • Herr Müller hat sein ganzes bisheriges Leben am Rand der Gesellschaft verbracht. Er hielt sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Mehrfach war er wegen Kleinkriminalität und Körperverletzung inhaftiert.
  • Aufgrund seines fortgeschrittenen Alters, der altersbedingten Kraftlosigkeit und der einsetzenden Demenz muss er nun stationär versorgt werden.
  • Herr Müller ist leicht reizbar und aggressiv als Folge der Wesensveränderungen und der fehlenden Krankheitseinsicht.
  • Herr Müller hat den Zigarettenkonsum deutlich intensiviert. Dieses ist offenbar die Folge der Langeweile. Er verfügt nur über ein geringes monatliches Taschengeld. Sein Bedarf an Rauchwaren kann dadurch nicht gedeckt werden. Herr Müller raucht auch im Bett. Es besteht Brandgefahr.
  • Herr Müller verliert oftmals Gegenstände. Wenn diese an einem anderen Ort wiedergefunden werden, können sie ihm häufig nicht zugeordnet werden. Er beschuldigt Mitbewohner oder Pflegekräfte des Diebstahls.

  • Die Pflegekraft lässt sich nicht provozieren. Sie zeigt ein ruhiges und sicheres Auftreten. Sie bleibt Herrn Müller zugewandt. Die Pflegekraft versucht, durch Körperkontakt die Situation zu entspannen.
  • Herrn Müller wird eine Rückzugsmöglichkeit angeboten, damit er seine Gedanken ordnen kann.
  • Die Pflegekraft versucht, abzulenken oder einzulenken. Sie nutzt biografische Informationen, um Herrn Müller aus der Situation herauszuführen und die Lage zu entschärfen.
  • Falls nötig zeigt sie Herrn Müller freundlich aber eindeutig die Grenzen auf.
  • Es kann sinnvoll sein, Herrn Müller zu zeigen, dass sein Verhalten auf andere Menschen bedrohlich wirkt. Etwa: "Herr Müller, wenn Sie sich so unfreundlich verhalten, bekomme ich Angst vor Ihnen."
  • Falls Herr Müller gegen Mitbewohner aggressiv ist, trennen wir die Konfliktparteien. Herr Müller wird nicht vor den Augen anderer wegen seines Verhaltens kritisiert.
  • Die Pflegekraft bittet Herrn Müller, zum Rauchen das Raucherzimmer aufzusuchen.
  • Wir ermuntern Herrn Müller, an Freizeitaktivitäten teilzunehmen und bisherige Hobbys weiterhin zu pflegen. Wir legen ihm nahe, Zigaretten nicht als Ersatz für ein Hobby zu konsumieren. Wir animieren ihn, freiwillig das Rauchen aufzugeben.
  • Wir bieten Herrn Müller an, die monatlich bezahlbaren Zigaretten so einzuteilen, dass sie über den Zeitraum gleichmäßig verteilt werden. Dieses ist aber keine Pflicht.
  • Wir bitten Angehörige und Freunde, auf das Rauchen in Gegenwart von Herrn Müller zu verzichten.
  • Herr Müller wird engmaschig überwacht. Dieses insbesondere in Zeiten, wenn er bevorzugt im Bett raucht; etwa am Abend.
  • Herr Müller soll seinen Sicherheitsaschenbecher nutzen.
  • Wenn Herr Müller darüber klagt, dass er von anderen Mitbewohnern bestohlen wurde, hören wir ihm zu und lassen ihn ausreden. Wir versichern, den Sachverhalt schnellstmöglich aufzuklären. Insbesondere bieten wir an, den vermissten Gegenstand zu suchen.
  • Es ist besser, den Gegenstand gemeinsam mit dem Bewohner zu suchen. Falls ihn die Pflegekraft allein findet und Herrn Müller wiedergibt, wird sich dieser in seinem Verdacht bestätigt sehen.
  • Persönliche Gegenstände von Herrn Müller werden mit seinem Namen beschriftet.

  • Die Pflegekraft versucht im Dialog mit dem Bewohner zu klären, durch was die Aggressionen ausgelöst werden.
  • Die Entwöhnung fällt dem Bewohner leichter, wenn die Zigaretten, die Streichhölzer und das Feuerzeug außer Sichtweite liegen.
  • Ideale Lösung für die Brandgefahr: Der Bewohner soll auf E-Zigaretten umsteigen.
  • Wenn der Bewohner die Zuteilung und somit die Rationierung der Zigaretten ablehnt, kann er seinen Zigarettenkonsum nach eigenem Ermessen einteilen. Sobald der monatliche Vorrat verbraucht ist, gibt es eben keine weiteren Zigaretten mehr.
  • Bei einem Diebstahlverdacht prüfen wir, ob der Bewohner einen real existierenden Gegenstand sucht. Viele Demenzkranke vermissen Gegenstände, die sie schon vor Jahren verkauft oder verschenkt haben.
  • Wir beachten, dass der Gegenstand tatsächlich “gestohlen” sein könnte, also etwa von einem anderen dementen Bewohner.

Fallbeispiel:

  • Frau Meier blieb ihr ganzes Leben lang unverheiratet. Als selbstständige Architektin hat sie ihr Leben bislang sehr selbstbestimmt geführt. Vor zwei Jahren wurde bei ihr Demenz festgestellt. Frau Meier hat nun eingesehen, dass ein Leben in ihrer eigenen Wohnung nicht mehr möglich ist. Sie hat sich aus eigenem Antrieb dazu entschlossen, in ein Pflegeheim umzuziehen.
  • Frau Meier benötigt Hilfe und Anleitung bei der Medikamenteneinnahme bedingt durch die Vergesslichkeit.
  • Frau Meier ist häufig langweilig. Aufgrund der Demenz ist sie mit ihrer Tagesplanung überfordert. Sie vergisst häufig die Teilnahme an den Veranstaltungen und ist später darüber sehr traurig.
  • Der Konsum von aufregenden oder sehr spannenden Fernsehsendungen sorgt bei Frau Meier in den Folgestunden für erhebliche Unruhe. Dazu zählen etwa Krimis, Actionfilme sowie Spielfilme und Dokumentationen zum Thema Zweiter Weltkrieg und Vertreibung. Offenbar schafft es Frau Meier nicht, sich innerlich vom Inhalt der Sendungen zu distanzieren.
  • Frau Meier ist mit der Handhabung von Kleidungsstücken und von Schuhen überfordert. Sie kann beispielsweise keine Schleife mehr binden. Sie ist auch damit überfordert, eine Bluse anzuziehen.

  •  Wir stellen und richten die Medikamente. Die Pflegekraft achtet auf die regelmäßige Einnahme der Medikamente. Die Wirkungen und die Nebenwirkungen der Medikamente werden beobachtet und dokumentiert. Bei relevanten Informationen wird der Arzt informiert.
  • Wir befragen Frau Meier, an welcher Tätigkeit sie Freude haben würde. Wir ermuntern sie, an den Beschäftigungsangeboten teilzunehmen.
  • Wir machen Frau Meier jeden Morgen auf die angebotenen Veranstaltungen an diesem Tag aufmerksam. Kurz vor Beginn der Veranstaltung erinnern wir sie erneut daran und bieten ihr Hilfe beim Transfer in die Gemeinschaftsräume an.
  • Wir raten Frau Meier dazu, problematische Fernsehsendungen zu vermeiden. Sie soll stattdessen solche Programme ansehen, deren Inhalte sie nicht längerfristig beschäftigen.
  • Wenn eine Pflegekraft das Zimmer von Frau Meier betritt und dabei bemerkt, dass diese eine für sie belastende Fernsehsendung sieht, schlägt sie ihr vor, auf einen anderen Kanal zu wechseln.

  • Wir befragen Angehörige nach bisherigen Hobbys. Soweit möglich sollte er diese auch in der Einrichtung ausüben.
  • Bei der Beschaffung von Kleidung und von Schuhen achten wir darauf, dass diese leicht zu handhaben sind. Schuhe sollten sich per Klettverschluss öffnen und schließen lassen. Bei Jacken sollte ein Reißverschluss mit einem großen Schiebegriff bevorzugt werden.

Fallbeispiel:

  • Herr Müller und seine Frau sind gemeinsam in unsere Pflegeeinrichtung eingezogen. Bei Herrn Müller liegt eine leichte Demenz vor. Er wurde bislang von seiner Frau versorgt. Diese ist jedoch seit einer Schulterverletzung ebenfalls pflegebedürftig.
  • Das Ehepaar verfügt über eine große Familie und einen umfangreichen Freundeskreis. Allerdings gestaltet sich der Kontakt mitunter nicht konfliktfrei.
  • Ein häufiger Streitpunkt ist das Ausgabeverhalten von Herrn Müller. Er verliert immer wieder Bargeldbeträge. Zudem tätig er Ausgaben, die sein Umfeld für irrational hält. Seine Kinder fürchten, dass dadurch Geldmittel verschwendet werden, die für die Pflege notwendig sind. Sie möchten nicht später vom Sozialamt für die Pflegekosten in  Anspruch genommen werden.
  • Das Verhalten und der Charakter von Herrn Müller sind aufgrund der demenziellen Erkrankung verändert. Herr Müller ist sehr anhänglich. Er weicht seiner Frau nicht von der Seite. Wenn sie nicht anwesend ist, reagiert Herr Müller ängstlich. Dieses belastet das Verhältnis zur Lebenspartnerin.
  • Wenn Herr Müller Besuch von größeren Personengruppen erhält, ist er in den folgenden Stunden sehr nervös. Insbesondere kommt es zu Schlafproblemen.
  • Aufgrund der einsetzenden Demenz ist die Konfliktfähigkeit von Herrn Müller reduziert. Wenn es zu einem Streit zwischen Herrn Müller und anderen Personen kommt, ist dieser über mehrere Stunden völlig aufgelöst.
  • Herr Müller ist phasenweise nicht mehr in der Lage, mit Geld umzugehen. Er verliert häufig seine Brieftasche.

  • Wir nehmen Kontakt mit den Angehörigen auf. Wir bitten darum, dass immer nur maximal zwei Personen gleichzeitig Herrn Müller besuchen.
  • Wir bitten Angehörige darum, soweit möglich Herrn Müller in den frühen Nachmittagsstunden zu besuchen. Besuche in den Abendstunden sind zu vermeiden.
  • Wir suchen den Kontakt zu Angehörigen, zu Mitbewohnern und zu Freunden. Wir machen diese auf die nachlassende Konfliktfähigkeit aufmerksam. Wir bitten diese darum, bei Herrn Müller entsprechend einfühlsam zu sein und strittige Themen soweit möglich zu vermeiden.
  • Wenn wir bemerken, dass Herr Müller nach einem Streit sehr aufgewühlt ist, suchen wir telefonisch den Kontakt zum Besucher. Wir schildern dem Besucher, in welchem Zustand Herr Müller ist und bitten ihn, den Konflikt telefonisch beizulegen.
  • Wir verdeutlichen Herrn Müller, dass er größere Bargeldbeträge zur Bank bringen sollte.
  • In der Geldbörse von Herrn Müller sollte sich nur ein kleiner Barbetrag befinden.
  • Wenn Herr Müller seine Geldbörse verloren hat, werden ihm keine Vorhaltungen gemacht. Stattdessen wird die Geldbörse gemeinsam gesucht. Wir beginnen mit den Plätzen, an denen Herr Müller immer wieder Gegenstände zurücklässt.
  • Wenn Herr Müller gegenüber einer Pflegekraft angibt, dass er eine größere Ausgabe plant, wird ggf. die Pflegedienstleitung informiert. Dieses insbesondere bei Ausgaben, die die Pflegekraft als vollkommen irrational bewertet.

  • Wir suchen den Dialog mit der Lebenspartnerin. Wir animieren sie dazu, sich Freiräume zu schaffen, innerhalb derer sie etwas Ruhe vor der Anhänglichkeit des Bewohners hat.
  • Wir prüfen die Notwendigkeit einer Betreuung im Bereich der Vermögensangelegenheiten.

Fallbeispiel:

  • Frau Meier kann auf eine erfolgreiche Karriere als Investmentbankerin zurückblicken. Sie hat keine eigenen Kinder bekommen. Allerdings besteht ein guter Kontakt zu ihren zahlreichen Nichten und Neffen.
  • Frau Meier ist seit vielen Jahren von ihrem Ehemann geschieden. Bislang scheint sie die Trennung nicht übermäßig belastet zu haben. Mit dem Einsetzen der demenziellen Erkrankung wird nun aber sichtbar, dass sie sehr darunter leidet.
  • Frau Meier fühlt sich einsam. Sie vermisst ihre Angehörigen, obwohl sie diese regelmäßig besuchen kommen. Mehrfach am Tag fragt sie die Pflegekräfte, wann sie das nächste Mal Besuch von ihrer Familie erhält.
  • Nicht zuletzt aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit legte Frau Meier bislang großen Wert auf ihr Äußeres. Die nun fortschreitende demenzielle Erkrankung jedoch führt dazu, dass sie deutlich weniger auf ihr Erscheinungsbild achtet. Frau Meier weist Verwahrlosungstendenzen auf. Der Aufenthalt in ihrer Nähe ist für Außenstehende unangenehm, weil Frau Meier verschmutzt ist und unangenehm riecht.

  • Wir stehen Frau Meier jederzeit für ein Gespräch zur Verfügung. Auf Wunsch vermitteln wir den Kontakt zur Kirchengemeinde.
  • Das Zimmer der Bewohnerin wird mit großen und gut sichtbaren Fotografien ihrer Familie ausgestattet.
  • Wir kontaktieren die Familienangehörigen von Frau Meier. Wir schildern ihnen ihre Situation und ihre Nöte. Wir bitten sie, Frau Meier zu besuchen oder mit ihr zu telefonieren.
  • Wir bitten die Angehörigen, Frau Meier nicht als Gruppe, sondern einzeln zu besuchen. Gruppenbesuche sind für Frau Meier mental sehr anstrengend. Einzelbesuche haben den Vorteil, dass es mehr Termine gibt, die sich über die Woche verteilen.
  • Frau Meier wird animiert, an den Veranstaltungen innerhalb des Hauses teilzunehmen. Wir ermuntern sie, neue Kontakte und neue Freundschaften zu knüpfen.
  • Wir empfehlen Frau Meier immer wieder, ihrer Körperpflege mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Wir helfen ihr beim Waschen oder beim Duschen sowie beim Wechsel der Kleidung.

  • Bei männlichen Bewohnern: Wir bieten dem Bewohner an, am Männerabend (“Skatabend”) innerhalb der Einrichtung teilzunehmen.



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