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Standard "Pflege von chronischen Wunden mit MRSA-Besiedelung"

Schon unabhängig voneinander sind chronische Wunden und MRSA knifflige Pflegeprobleme. In bereits jedem fünften Hautdefekt jedoch treten sie kombiniert auf. Um die resistenten Problemkeime wieder los zu werden, setzen Ärzte und Pflegekräfte inzwischen auf Fliegenlarven und auf Silberkügelchen.


Standard "Pflege von chronischen Wunden mit MRSA-Besiedelung"


Definition:

  • Die allermeisten pathogenen Keime sind nicht in der Lage, sich in größerer Zahl auf einer gesunden Hautoberfläche anzusiedeln. Ist die Haut hingegen verletzt, können die Erreger in die Wunde eindringen. Dieses ist insbesondere bei Schnittwunden, Schürfwunden, Bisswunden und Verbrennungen der Fall. Das Immunsystem von körperlich gesunden Menschen ist dennoch zumeist in der Lage, den Keim erfolgreich zu bekämpfen, bis ein Wundverschluss erfolgt.
  • Bei chronischen Hautdefekten ist die Wundheilung hingegen beeinträchtigt, etwa durch eine verminderte Durchblutung oder durch Diabetes mellitus. Ist gleichzeitig die Immunabwehr des Bewohners geschwächt, kann sich ein Keim leicht ansiedeln.
  • Führt eine unkontrollierte Vermehrung eines Keims zu einer Infektion, muss diese ärztlich therapiert werden. Das wesentliche Element der Behandlung ist normalerweise die Verabreichung von Antibiotika. Bei resistenten Keimen wie etwa MRSA sind diese Medikamente jedoch unwirksam.
  • Als MRSA wird ein Staphylococcus aureus bezeichnet, wenn er gegen den Penicillinabkömmling "Methicillin" resistent ist. Falls Oxacillin unwirksam ist, wird der Stamm "ORSA" genannt. Stämme, die gegen mehrere Antibiotikagruppen unempfindlich sind, tragen die Bezeichnung "multiresistenter Staphylococcus aureus".
  • Eine wesentliche Fähigkeit von MRSA ist, eine Wunde zu kolonisieren. Diese symptomlose Besiedelung ist eine der häufigsten Manifestationen dieses Keims. Sie bleibt häufig über viele Monate oder Jahre unentdeckt.
  • Die Beseitigung von MRSA aus einer Wunde ist möglich, aber sehr anspruchsvoll. Wenn die Wunde in großer Menge Exsudat bildet, verdünnt das Sekret alle Medikamente, die zur Therapie in den Hautdefekt eingebracht werden. Zudem gibt es in Wunden eine hohe Konzentration von destruierenden Enzymen.
  • Hinsichtlich der Wundbehandlung macht es keinen Unterschied, ob der Hautdefekt MRSA-positiv oder MRSA-negativ ist. In beiden Fällen gelten die Grundsätze der phasenspezifischen feuchten Wundtherapie.
(Hinweis: Zur Vermeidung von Redundanzen sind in diesem Standard nur solche Maßnahmen aufgeführt, die speziell bei einer MRSA-Besiedelung von Wunden relevant sind. Ansonsten sind die jeweiligen Standards zu beachten, etwa zum Verbandswechsel oder zur Nutzung spezieller Wundauflagen. Die allgemeine Versorgung von MRSA-Trägern ist ebenfalls in separaten Standards definiert.)

Grundsätze:

  • Jede chronische Wunde sollte durch einen bakteriologischen Abstrich auf MRSA kontrolliert werden. Nur wenn getestet wird, kann MRSA auch gefunden werden.
  • Wenn MRSA in einer Wunde nachgewiesen wurde, muss dieser Keim vollständig und nachhaltig ausgelöscht werden. Dazu gibt es keine Alternative.
  • Hygienemängel gefährden die Gesundheit der Bewohner und unserer Mitarbeiter. Sie können daher nicht geduldet werden.

Ziele:

  • Eine MRSA-Besiedelung innerhalb einer Wunde wird rechtzeitig erkannt.
  • MRSA wird vollständig beseitigt.
  • Der Einsatz eines Reserveantibiotikums wird vermieden.
  • Die Gesundheit des Bewohners wird geschützt.

Vorbereitung:

  • Eine Übertragung von MRSA lässt sich vergleichsweise einfach verhindern, indem die in unserem Haus gültigen Hygienestandards beachtet werden.
  • Wir halten stets ausreichend Schutzkleidung bereit.
  • Unsere Pflegekräfte werden regelmäßig zum Thema MRSA fortgebildet.
  • Die korrekte und sichere Pflege von MRSA-Trägern ist Teil der Einarbeitung neuer Mitarbeiter.
  • Wir beschäftigen einen Hygienebeauftragten.
  • Wir arbeiten eng mit Krankenhäusern und mit Ärzten zusammen, insbesondere in einrichtungsübergreifenden Arbeitsgruppen.
  • Bei der Neuaufnahme werden Bewohner befragt, ob sie MRSA-Keime tragen. Ggf. wird der behandelnde Hausarzt konsultiert.
  • Unser Qualitätszirkel beschäftigt sich regelmäßig mit Hygieneproblemen.
  • Wir halten unseren "Hygieneplan MRSA" stets auf dem aktuellen Stand.

Durchführung:

Hygienemaßnahmen

  • Der Verbandswagen wird nicht mit in das Zimmer des Bewohners genommen. Stattdessen werden die für die jeweilige Versorgung notwendigen Materialien separat transportiert. Alternativ können diese in kleinen Mengen auch direkt im Zimmer des Bewohners gelagert werden. Abfälle werden unmittelbar am Ort ihres Anfallens in reißfesten, feuchtigkeitsbeständigen und dichten Behältnissen gesammelt.

Wundbehandlandlung

  • Polyhexanid (Lavasept) und Octenidin (Octenisept) töten MRSA ab, ohne die Wundheilung zu behindern.
  • Wir nutzen antimikrobiell wirksame Substanzen wie etwa Silber oder Jodverbindungen, um lokale Wundinfektionen zu therapieren.
  • Wenn die Gefahr einer septischen Streuung besteht oder wenn sich Phlegmone (Entzündungen des Bindegewebes) bilden, ist eine Antibiotikatherapie notwendig. Dafür müssen solche Wirkstoffe genutzt werden, gegen die der Keim noch nicht resistent ist. Viele dieser Stoffe wirken jedoch Leber schädigend. Wir stellen daher sicher, dass die Therapie von Blutbildkontrollen begleitet wird.
  • Von besonderer Bedeutung ist die Biochirurgie. Dafür werden Insektenlarven der Gattung Lucilia sericata in die Wunde eingebracht. Die Larven sondern Enzyme ab, die nekrotisiertes Gewebe verflüssigen, von dem die Larven sich dann ernähren. Der Einsatz ist auch in Wunden mit MRSA-Besiedelung sinnvoll, da der Hunger der Insekten durch resistente Keime nicht beeinträchtigt wird.

Zusammenarbeit mit dem Arzt

  • Bewohner mit MRSA sollten konsequent saniert werden. Dieses ist auch dann sinnvoll, wenn sich die Besiedelung bereits auf eine chronische Wunde erstreckt. Die Chancen für eine erfolgreiche Vernichtung des Keims werden durch besiedelte Wunden nur geringfügig reduziert. Eine mit MRSA besiedelte Wunde darf also keine Begründung dafür sein, die Sanierung aufzuschieben.
  • Wenn der Bewohner zur ambulanten Versorgung der Wunde einen Arzt aufsuchen muss, machen wir das Praxispersonal auf die MRSA-Besiedlung aufmerksam. Ggf. werden diese Patienten am Ende der Sprechstunde einbestellt und versorgt. Dieses erleichtert die anschließende Desinfektion des Patientenbereichs.
  • Wenn ein Bewohner aus dem Krankenhaus zurück in unsere Einrichtung verlegt wird, halten wir Rücksprache mit dem Pflegepersonal der Klinik und mit dem Hausarzt. Wir lassen uns explizit bestätigen, dass keine Infektion festgestellt wurde und dass auch keine relevanten Hinweise auf eine Besiedelung vorliegen. Wir regen an, gemeinsame Überleitungsbögen zu entwickeln und zu nutzen.

soziales Leben

  • Bewohner, die an einer mit MRSA besiedelten Wunde leiden, müssen nicht isoliert werden. Es sind allerdings einige Voraussetzungen zu erfüllen:
    • Der Verband muss keimdicht sein. Dieses ist etwa bei einem trockenen Verband mit Silberdotierung der Fall.
    • Der Bewohner ist nicht so weit demenziell verändert, dass er die Verbände eigenständig öffnet.
  • Bei Unterbringung in einem Doppelzimmer können etwaige Mitbewohner dort bleiben, sofern sie keine Wunden aufweisen, weder einen Katheter noch eine Sonde tragen und kein Tracheostoma haben.
  • Wir stehen dem Bewohner jederzeit für ein Gespräch zur Verfügung. Dieses insbesondere, wenn er aufgrund der MRSA-Besiedlung übertriebene Ängste hat. Wir machen ihn darauf aufmerksam, dass in den allermeisten Fällen hinreichend wirksame Reserveantibiotika genutzt werden können.

Nachbereitung:

Prognose

  • Eine Besiedlung kann in eine Infektion übergehen. Entscheidend ist dabei weniger der eigentliche Keim als vielmehr die individuelle Konstitution des Bewohners, also insbesondere etwaige Grunderkrankungen. Bei bedrohlichen Krankheitsentwicklungen ist zumeist die Einweisung in ein Krankenhaus erforderlich.
  • Eine bloße MRSA-Besiedlung hat keinen Einfluss auf die Heilung. Sofern die Keime zu keinen klinischen Infektionszeichen führen, die mit Antibiotika behandelt werden müssten, bleibt die Therapiedauer gleich. Kommt es jedoch zu einer unkontrollierten Keimvermehrung, ist diese bei MRSA schwieriger zu behandeln. Die Wundheilung wird dann verzögert.
  • Eine langfristig sehr vielversprechende Option ist die Nutzung von sog. “kaltem Plasma”. Die Geräte bringen ionisierte Edelgase in die Wunde ein, die dort nahezu alle Keime abtöten. Insbesondere werden auch multiresistente Keime neutralisiert, ohne dass es dabei zur Bildung von Resistenzen kommen kann. Menschliches Gewebe wird dabei kaum beeinträchtigt.

Weiteres

  • Wenn es uns nicht gelingt, den Keim in einer angemessenen Zeit vollständig zu beseitigen, wird der Bewohner in eine geeignete Fachklinik überwiesen. Dieses ist auch erforderlich, wenn eine Infektion auftritt.
  • Alle Maßnahmen werden sorgfältig dokumentiert.
  • Ggf. wird die Pflegeplanung (bzw. die Maßnahmenplanung) angepasst.

Dokumente:

  • Wunddokumentation
  • ärztliches Verordnungsblatt
  • Kommunikationsblatt mit dem Arzt
  • Pflegeplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • Pflegefachkräfte



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