|
|
Version 2.05a - 2017 |
|
Standard "Fehlermanagement" |
|
Viele
Pflegeteams haben kein Fehlermanagement - und werden es auch nie
erfolgreich installieren. Denn solange eine Pflegekraft um ihren Job
fürchten muss, wenn sie einen Fehlgriff beichtet, werden Probleme aus
Angst verschwiegen, vertuscht und geleugnet. |
|
Wichtige Hinweise:
- Zweck unseres Musters ist es nicht,
unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser
Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und
an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
- Unverzichtbar ist immer auch eine
inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte,
da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen.
Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten
Krankheitsbildern kontraindiziert.
- Dieser Standard eignet sich für die
ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen
jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen
"Patient".
Dieses Dokument ist auch
als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar.
Klicken Sie hier!
|
|
Standard "Fehlermanagement" |
Definition:
|
- Pflegekräfte werden in ihrer täglichen Arbeit
immer wieder mit potenziell riskanten Situationen konfrontiert. Um
solche Risiken zu begrenzen oder im Idealfall zu beseitigen, betreiben
wir in unserer Einrichtung ein Risikomanagement. Ein wichtiges Element
des Risikomanagements ist der richtige Umgang mit Fehlern. Wir
analysieren aufgetretene Fehler und leiten daraus konkrete Korrektur-
und Vorbeugemaßnahmen ab.
- Viele Fehler werden von Mitarbeitern als
Lappalie eingestuft und aus diesem Grund nicht weiter beachtet. Es ist
aber wichtig, dass auch solche “Bagatellfehler” erfasst werden. Nur
dann ist es möglich, die Fehlerquelle zu beseitigen. Beispiel: Durch
einen Materialfehler weist ein Medizinprodukt eine scharfe Kante auf.
Eine Pflegekraft schneidet sich daran. Die Wunde ist minimal und wird
mit einem Pflaster versorgt. Wenn dieses Vorkommnis nicht gemeldet
wird, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich die nächste Pflegekraft
an der scharfen Kante verletzt.
- Auch “Beinaheunfälle” sind häufig das Ergebnis
von Fehlern und müssen daher erfasst werden. Es kommt also nicht darauf
an, ob bei dem Vorfall ein Schaden entstanden ist. Beispiel: Eine
Pflegekraft will einen Bewohner aus dem Bett mobilisieren. Dabei
verliert der Pflegebedürftige die Kontrolle, weil der Boden noch feucht
und rutschig ist. Im letzten Augenblick gelingt es der Pflegekraft, den
Bewohner zu stabilisieren und einen Sturz zu verhindern. Der Bewohner
bleibt unverletzt. In einem solchen Fall ist es wichtig, die Ursachen
zu erfassen. Unterbleibt dieses, kann jederzeit ein tatsächlicher
Unfall passieren, bei dem sich ein Bewohner erhebliche
Gesundheitsbeeinträchtigungen zuzieht.
- Die Installation eines Fehlermanagements ist
zwar aufwendig, amortisiert sich zumeist aber innerhalb kurzer Zeit.
Mehrere Studien haben gezeigt, dass der Aufwand zur Fehlervermeidung
deutlich geringer ist als der Aufwand zur nachträglichen
Fehlerbeseitigung.
- Die Existenz eines funktionierenden
Fehlermanagements ist wichtig bei Rechtsstreitigkeiten. Wir müssen
jederzeit belegen können, dass Fehler in unserem Haus konsequent
erfasst werden. Es ist weiterhin nachzuweisen, dass aus entstandenen
Fehlern Konsequenzen gezogen werden, um die Pflegequalität
kontinuierlich zu verbessern.
Anmerkungen der Autorin:
- Viele Pflegekräfte erleben in ihrer
täglichen Praxis eine Fehlerkultur, die sich von den hier beschriebenen
Abläufen deutlich unterscheidet. Kommt es zu einem Vorfall, beschränkt
sich das Fehlermanagement darauf, einen Schuldigen zu finden und diesen
arbeitsrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Folglich sind die
Pflegekräfte darauf bedacht, einen entstandenen Fehler zu vertuschen
oder die Schuld einem anderen Mitarbeiter zuzuschieben. Die
Pflegedienstleitung wiederum hat an einer Fehleranalyse ebenfalls kein
Interesse, da sie befürchten muss, dass ihr von der Geschäftsführung
ein Organisationsversagen vorgeworfen wird. In solchen Pflegeteams ist
die Installation eines Fehlermanagements sinnlos.
- In vielen Fällen werden sich Pflegekräfte aber
auch bei guten Rahmenbedingungen nicht offenbaren, wenn ihnen ein
Fehler unterläuft. Dieses ist häufig die Folge von schlechten
Erfahrungen bei vorherigen Arbeitgebern. Wenn derartige Bedenken
innerhalb der Belegschaft weit verbreitet sind, sollte das
Fehlermanagement eine anonyme Nutzung erlauben. Das könnte etwa ein
abschließbarer Briefkasten sein, in den Fehlerprotokolle ohne
Namensnennung eingeworfen werden. Diese Meldungen werden nicht von der
Leitungsebene ausgewertet, sondern von einem
“Fehlermanagementbeauftragten”, der innerhalb des Pflegeteams das
notwendige Vertrauen genießt.
- Das Fehlermanagement ist thematisch eng
verbunden mit dem Beschwerdemanagement. Daher macht es Sinn, beide
Themenkomplexe gleichzeitig umzusetzen.
|
Grundsätze:
|
- Wo Menschen arbeiten, entstehen Fehler.
Entscheidend ist also nicht, ob wir Fehler machen, sondern wie wir
damit umgehen. Wir dürfen uns nicht scheuen, aus eigenen ebenso wie aus
fremden Fehlern zu lernen.
- Wenn einem Mitarbeiter ein Fehler unterläuft
und wenn er diesen unverzüglich meldet, dürfen ihm keine Nachteile
entstehen. Es darf nicht gelten: “Der Ehrliche ist der Dumme”. Wir
bearbeiten daher Fehler, ohne den betroffenen Mitarbeiter bloßzustellen.
|
Ziele:
|
- Alle Mitarbeiter sind bereit, sich am
Fehlermanagement zu beteiligen.
- Alle aufgetretenen Fehler werden zeitnah
dokumentiert. Wir erfassen alle auslösenden und begünstigenden Faktoren.
- Die Arbeitsabläufe werden so weit angepasst,
dass sich Fehler nicht wiederholen.
|
Vorbereitung: |
Voraussetzungen für
ein funktionierendes Fehlermanagement
|
- Fehler sollten primär als Chance und nicht als
Versagen gewertet werden. Jeder Fehler bietet die Möglichkeit, die
Pflegequalität zu optimieren.
- Alle Mitarbeiter müssen darauf vertrauen
können, dass Fehler zu keinen arbeitsrechtlichen Sanktionen führen,
sofern sie nicht die Folge von grob fahrlässigem Verhalten sind. Kein
Mitarbeiter wird Fehler melden, wenn ihm dafür eine Abmahnung oder eine
Kündigung droht.
- Die Einrichtung bietet allen Mitarbeitern einen
umfassenden Haftpflichtversicherungsschutz, der sie von
Haftungsansprüchen freistellt, falls ihnen ein Fehler unterläuft.
Mitarbeiter, die erhebliche finanzielle Forderungen fürchten müssen,
werden keine Fehler melden.
- Viele Fehler sind auf organisatorische Mängel
zurückzuführen, die im Zuständigkeitsbereich der Geschäftsführung
liegen. Es ist wichtig, dass solche Defizite auch dann beseitigt
werden, wenn dieses mit Kosten und mit zusätzlichem Arbeitsaufwand
verbunden ist. Pflegekräfte werden Fehler nicht melden, wenn sie zu der
Überzeugung gelangen, dass sich an den Ursachen letztlich nichts ändern
wird.
- Das Fehlermanagement darf sich nicht auf die
unteren Hierarchiestufen beschränken. Auch die mittlere Führungsebene
und die Geschäftsführung müssen eigene Fehler offen eingestehen,
Ursachen dafür finden und den Verbesserungsprozess aktiv begleiten.
|
Organisation
|
- Wir nutzen Fehlersammelkarten, um einen
Überblick über die Häufigkeit und die Art vorkommender Fehler zu
gewinnen. Diese Fehlersammelkarten sind jedem Mitarbeiter zugänglich.
Er kann dort unbürokratisch und anonym eigene und fremde Fehler
eintragen. Dieses betrifft vor allem sogenannte “Bagatellfehler”, die
ansonsten häufig unbeachtet bleiben. Alle drei Monate werden diese
Fehlersammelkarten statistisch ausgewertet. Im Rahmen einer Teamsitzung
diskutieren wir über Gründe und über Beseitigungsmöglichkeiten.
- Für gravierende Fehler halten wir ein
Fehlerprotokoll bereit. In diesem Protokoll werden aufgetretene Fehler
sorgfältig erfasst. Das Ausfüllen des Meldeformulars muss in wenigen
Minuten erledigt werden können, sonst bleibt die Meldequote gering.
- Bereits im Rahmen der Einarbeitung werden
Pflegekräfte darüber informiert, dass es in unserer Einrichtung ein
Fehlermanagement gibt. Pflegekräfte sind verpflichtet, sich daran zu
beteiligen und Fehler zu melden. Bei Teambesprechungen werden alle
Mitarbeiter erneut darauf hingewiesen.
|
Qualitätsbeauftragte,
Qualitätszirkel / Fehlerzirkel
|
- Innerhalb des Pflegeteams wird eine
Qualitätsbeauftragte benannt und entsprechend weitergebildet. Ebenso
wie die Pflegedienstleitung ist sie Ansprechpartnerin bei entstandenen
Fehlern. (Eine alternative Bezeichnung in größeren Einrichtungen ist
die “Fehlermanagementbeauftragte.”)
- Aus dem Kollegenkreis bilden wir einen
Qualitätszirkel. Zu dessen Aufgaben zählt auch das Fehlermanagement.
(Hinweis: In größeren Einrichtungen und insbesondere im
Krankenhausbereich gibt es für diesen Zweck einen eigenen
“Fehlerzirkel”. Dieser trifft sich allerdings seltener; üblicherweise
alle drei Monate. Die Teilnehmer des Fehlerzirkels sollten innerhalb
des Pflegeteams Respekt genießen und als verschwiegen gelten. Sie
sollten auch nicht zur mittleren oder zur oberen Führungsebene gehören.)
|
Durchführung:
|
Umgang mit Fehlern
|
- Wenn eine Pflegekraft einen Fehler bemerkt,
reagiert sie sofort, um weiteren Schaden zu verhindern. Sie leitet
wirksame Sofortmaßnahmen ein. Dieses ist etwa bei
Fehlmedikamentierungen oder beim Konsum von verdorbenen Lebensmitteln
notwendig.
- Die Pflegedienstleitung oder die Schichtleitung
wird über den Fehler informiert. Wichtig: Die Meldung entbindet die
Pflegekraft nicht von der Verpflichtung, Sofortmaßnahmen einzuleiten,
sofern Gefahr im Verzug ist.
- Bei minder schweren Fehlern ohne gravierende
Auswirkungen trägt die Pflegekraft diesen in die Fehlersammelkarte ein.
Ist der Fehler bedeutender, füllt die Pflegekraft das Fehlerprotokoll
aus.
- Falls das Wohlbefinden oder das Eigentum eines
Bewohners beeinträchtigt wurde, suchen die betroffene Pflegekraft und
die Pflegedienstleitung den Kontakt zum Bewohner. Sie entschuldigen
sich für das Auftreten des Fehlers und bieten eine Kompensation an. Wir
erklären dem Bewohner, dass wir alles unter
+++ Gekürzte Version. Das komplette Dokument finden Sie hier. +++
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Weitere Informationen
zu diesem Thema |
|
|
Schlüsselwörter für diese Seite |
Qualitätsmanagement; Fehlermanagement; Fehlerprotokoll |
|
Genereller
Hinweis zur Nutzung des Magazins: Zweck unserer Muster und
Textvorlagen ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch
kopiert zu werden. Alle Muster müssen in einem Qualitätszirkel
diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der
jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt
angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen
bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert. |
|