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Version 1.05 - 2016

Standardmaßnahmenplan "Alkoholsucht" (neues Strukturmodell)

 
Harter Alkoholismus ist in der Altenpflege ein eher seltenes Phänomen. Der Grund dafür ist ebenso einfach wie bedrückend: Nur wenige Suchtkranke erreichen das Seniorenalter.
 
  • Voraussetzung für die Nutzung dieses Standardmaßnahmenplans ist, dass in Ihrer Einrichtung das Strukturmodell zur Entbürokratisierung der Pflegedokumentation bereits umgesetzt ist. Insbesondere ist es erforderlich, dass alle Mitarbeiter entsprechend geschult wurden. Wir setzen auch voraus, dass die notwendigen Dokumentationsbögen entweder von einem externen Anbieter beschafft oder selbst erstellt wurden.
  • Für die Maßnahmenplanung gibt es keine offiziell vorgegebene Struktur. Jedes Pflegeteam kann selbst entscheiden, wie es das Dokument gestalten will. Manche Vordrucke haben vier Spalten, andere sechs oder gar elf. Damit unsere Standardmaßnahmenpläne zu all diesen Systemen kompatibel sind, beschränken wir uns auf die Maßnahmen. Ergänzend dazu bieten wir zusätzliche Erläuterungen an, die nur Ihrer Information dienen, nicht aber in den Maßnahmenplan übernommen werden.
  • Sie können viel Arbeitszeit sparen, wenn Sie für Ihr Team zunächst einen Basismaßnahmenplan entwerfen. Ein Muster dafür finden Sie hier. Hier vermerken Sie sämtliche Pflegemaßnahmen, die bei allen oder zumindest bei den allermeisten Bewohnern / Klienten durchgeführt werden. Dazu zählen etwa das morgendliche Wecken, die Körperpflege, die Grundmahlzeiten sowie Freizeitangebote. Sie verfügen somit über eine Grundstruktur, die Sie im weiteren Anpassungsprozess lediglich erweitern. Sie müssen also nicht bei jedem Pflegebedürftigen die unspezifischen "08/15"-Maßnahmen immer wieder neu beschreiben.
  • Als Nächstes wird die Maßnahmenplanung individualisiert. Dafür müssen Sie zunächst klären, welche Grunderkrankungen beim jeweiligen Bewohner / Klienten vorliegen. Beispiel: Der Pflegebedürftige ist adipös. Er leidet außerdem als Folge eines Schlaganfalls unter einer Hemiplegie. Zudem erlitt er unlängst einen leichten Herzinfarkt, dessen Folgen (wie etwa eine Herzinsuffizienz) nicht vollständig überwunden sind. Sie öffnen nun den Standardmaßnahmenplan "Adipositas". In den Fallbeispielen sind typische Problemfelder zusammengefasst, die mit dem Krankheitsbild verbunden sind. Treten diese Probleme auch bei Ihrem Bewohner oder Klienten auf, so können sie einzelne oder mehrere Maßnahmen übernehmen und anpassen. Danach suchen Sie in den Standardmaßnahmenplänen "Hemiplegie" sowie "Herzinsuffizienz" ebenfalls nach relevanten Maßnahmen.
  • Im Sinn der gewünschten Entbürokratisierung ist es wichtig, dass Sie nur die allerwichtigsten Punkte aus unseren Standardmaßnahmenplänen übernehmen. Pro Grunderkrankung sollten vier bis sechs Maßnahmen ausreichen.
  • Abhängig davon, wie in Ihrer Einrichtung die Maßnahmenplanungen strukturiert werden, müssen Sie nun weitere Informationen ergänzen. Etwa:
    • Zeitkorridor: Wann muss eine Pflegemaßnahme durchgeführt werden. Um 8.15 Uhr? Immer am Mittwochabend? Nur bei Bedarf?
    • Hilfsmittel: Hier werden die erforderlichen Utensilien aufgelistet. Welche Hilfsmittel werden bei der Durchführung verwendet? Ein Badewannenlifter? Eine Wundauflage? Eine Zahnbürste?
    • Pflegestandard: Um eine Pflegemaßnahme mit nur ein oder zwei Sätzen zu beschreiben, ist es notwendig, dass für alle derartigen Tätigkeiten ein entsprechender Pflegestandard hinterlegt ist. Wenn also eine Ganzwaschung im Bett im Maßnahmenplan vermerkt ist, muss ein passender Standard im QM-Handbuch zu finden sein, der die Durchführung Schritt für Schritt beschreibt. Tragen Sie hier ein, auf welchen Standard Sie sich beziehen.
    • Qualifikation: Welche Berufsausbildung ist erforderlich, um die geplante Maßnahme durchzuführen? Dies sollte hier vermerkt werden. Die Begleitung zur Toilette kann i. d. R. auch von Pflegehilfskräften übernommen werden. Eine Injektion ist examiniertem Personal vorbehalten.
  • Letztlich erhalten Sie einen Maßnahmenplan, der alle individuell notwendigen Pflegemaßnahmen auflistet.
  • Es ist sinnvoll, bei der Planung der Maßnahmen externe Partner wie Therapeuten, den Hausarzt und Fachärzte einzubinden.

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standardmaßnahmenplan "Alkoholsucht"
Definition
  • Der Weg vom Alkoholmissbrauch zur Alkoholkrankheit verläuft gewöhnlich in drei Schritten:
    • Prodromalphase: Der Bewohner trinkt vermehrt heimlich Alkohol. In Gesprächen wird dieses Thema vermieden. Wird der Bewohner direkt auf das Problem angesprochen, so leugnet dieser den Konsum oder sucht Rechtfertigungen für den Alkoholgenuss.
    • Kritische Phase: Der Alkoholkonsum ist gestiegen. Häufig nimmt der Bewohner bereits morgens Alkohol zu sich, etwa um die Entzugserscheinungen wie innere Unruhe, Tremor und Schwitzen zu kontrollieren. Zudem sind die ersten Persönlichkeitsveränderungen zu bemerken. Der Bewohner ist aggressiver, misstrauisch, krankhaft eifersüchtig und zeigt übermäßiges Selbstmitleid.
    • Chronische Phase: Der Alkoholmissbrauch wird zum zentralen Lebensinhalt. Der Bewohner ist immer häufiger völlig betrunken. Er nähert sich dem psychischen und körperlichen Zusammenbruch.
  • Eine Alkoholkrankheit ist an folgenden Symptomen zu erkennen:
    • Der Bewohner verspürt einen starken Zwang (sog. "Craving"), Alkohol zu konsumieren.
    • Der Bewohner kann weder den Beginn noch das Ende des Alkoholkonsums steuern, noch kann er die Menge des konsumierten Alkohols bestimmen.
    • Im Laufe der Zeit verträgt der Bewohner eine stetig steigende Menge an Alkohol. Die Dosis wird daher ständig erhöht.
    • Andere Interessen, Bedürfnisse und Verpflichtungen rücken immer weiter in den Hintergrund.
    • Der Bewohner zeigt zunehmend Vergiftungserscheinungen.
    • Selbst wenn körperliche Folgeschäden sichtbar werden, schränkt der Bewohner den Alkoholkonsum nicht ein.
    • Der Bewohner zeigt bei Abstinenz körperliche Entzugserscheinungen, etwa Schweißausbrüche, ausgeprägte Unruhe, Tremor und Angstzustände. Der Bewohner ist desorientiert und wahrnehmungsgestört oder leidet unter Halluzinationen.
  • Bei der Dokumentation der Alkoholabhängigkeit nutzen wir die Typologie nach Jellinek
    • Alpha-Alkoholismus: Der "Konflikttrinker" nutzt den Alkohol, um Konflikte etwa mit Angehörigen, Mitbewohnern oder Pflegekräften zu betäuben.
    • Beta-Alkoholismus: Der "Gelegenheits- bzw. Verführungstrinker" trinkt nicht regelmäßig, dann aber maßlos. Anlässe sind etwa Geburtstagsfeiern, Silvesterfeiern, Sommerfeste usw.
    • Gamma-Alkoholismus: Ein "süchtiger Trinker" unterliegt psychischer, später auch physischer Abhängigkeit. Es besteht ein ausgeprägter Kontrollverlust. Eine zeitweilige Abstinenz ist möglich aber selten. Zudem entwickelt dieser Typus eine wachsende Toleranz und erhöht stetig die Alkoholdosis.
    • Delta-Alkoholismus: Ein "Gewohnheitstrinker" oder "Spiegeltrinker" trinkt regelmäßig viel Alkohol, ohne dabei jedoch die Kontrolle zu verlieren. Ein "Gewohnheitstrinker" ist nicht in der Lage, völlig auf den Alkohol zu verzichten.
    • Epsilon-Alkoholismus: Ein "Quartalstrinker" ist zu mehrmonatigen Abstinenzphasen in der Lage, trinkt dann jedoch exzessiv, oft über mehrere Tage. Dieses bringt ihn häufig bis an die Grenze der körperlichen Belastbarkeit.
  • Wichtig zu wissen ist:
    • Rund 400.000 Menschen in Deutschland über 60 Jahre missbrauchen Alkohol oder sind davon abhängig.
    • Alkoholmissbrauch liegt vor, wenn Frauen mehr als 20 Gramm Alkohol pro Tag zu sich nehmen (Männer 40 Gramm).
    • Das Gehirn eines alten Menschen reagiert viel empfindlicher auf Alkohol als das eines jüngeren.
Maßnahmen
Begründung und Anmerkungen
Fallbeispiel: Herr Müller leidet am Korsakowsyndrom. Er konfabuliert und ist nicht in der Lage, seinen Tagesablauf sinnvoll zu strukturieren. Er leidet unter Wahnvorstellungen und unter Halluzinationen. Im Dialog mit Pflegekräften wird er häufig beleidigend.
  • Wenn Herr Müller im Gespräch abschweift, wird er einfühlsam wieder zum Thema zurückgeführt.
  • Herr Müller führt die meisten Maßnahmen im Rahmen der Körperpflege eigenständig durch. Er hat dafür feste Abläufe entwickelt, die er jeden Tag in stets gleicher Abfolge durchführt. Er muss sich dabei konzentrieren und darf nicht abgelenkt werden. Wir sorgen für Ruhe.
  • Manchmal verliert Herr Müller beim Waschen oder beim Anziehen “den Faden”. Wir sagen ihm dann, welcher Teilschritt als Nächstes durchzuführen ist. Wir bleiben dabei ruhig und sachlich. Wir verwenden einfache Sätze.
  • Wir lassen uns durch beleidigende Äußerungen nicht provozieren. Wir nehmen unverschämte oder verletzende Bemerkungen nicht persönlich.
  • Wir vermeiden es, Herrn Müller unseren Willen aufzuzwingen.
  • Wir haben uns mit Herrn Müller darauf geeinigt, dass der Montag der “Badetag” ist. Herr Müller wird an diesem Tag gebadet. Es erfolgt auch eine intensivere Haar-, Haut- und Nagelpflege.
  • Wir versuchen, Herrn Müller zu beruhigen, wenn Wahnvorstellungen oder Halluzinationen auftreten.
  • Herr Müller kann von Wahnvorstellungen oder von Halluzinationen abgelenkt werden. Wir fokussieren seine Aufmerksamkeit auf sein Lieblingsthema “Eisenbahn”. Die Pflegekraft kann mit ihm in einem seiner Eisenbahnbücher blättern oder mit ihm über die Modelleisenbahnen in seiner Vitrine reden.
Weitere mögliche Maßnahmen:
  • Im Rahmen der Biografiearbeit erfragen wir, welche Gewohnheiten der Bewohner bei der Körperpflege bisher hatte. Wir befragen außerdem Angehörige sowie Personen, die den Bewohner bisher versorgten. Soweit möglich sollte der Bewohner seine Rituale auch in unserer Einrichtung weiterhin einhalten können.
  • Wenn wir bemerken, dass den Bewohner ein innerer Konflikt quält, bieten wir ihm an, offen über dieses Thema zu sprechen.
  • Dem Bewohner wird verdeutlicht, dass er sich für seine Gedächtnislücken nicht schämen muss und dass es besser ist, offen über die Defizite zu reden.
  • Wir entwickeln einfache Handlungsketten, die der Bewohner täglich und immer gleich abarbeiten kann. Dieses etwa beim Ankleiden oder bei der Körperpflege. Wichtig ist, dass von diesen Prozeduren nicht abgewichen wird.
  • Die Komplexität dieser Handlungsketten wird stetig den Fähigkeiten des Bewohners angepasst. Bei einer Verschlechterung seines mentalen Zustands werden die Prozeduren vereinfacht und die Unterstützung durch die Pflegekraft intensiviert.
  • Eine Überforderung des Bewohners ist zu vermeiden. Korsakow-Patienten reagieren auf Überforderung nicht selten mit kompletter Verweigerung jeder Kooperation.
  • Wir testen, ob sich der Bewohner mit kreativen Spielen oder mit hauswirtschaftlichen bzw. handwerklichen Tätigkeiten von Wahnvorstellungen oder von Halluzinationen ablenken lässt.
  • Die Pflegekraft erkennt die Realität des Bewohners an, bleibt aber selbst bei der eigenen Wirklichkeit. Etwa: "Ich glaube Ihnen, dass Ihnen der Mann im Schrank Angst macht, aber ich selbst kann ihn nicht sehen."
  • Die Pflegekraft unterlässt es, in der Sinnestäuschung des Bewohners "mitzuspielen", also etwa den Mann im Schrank zu verjagen. In diesem Fall kann sich die Halluzination zu einem Wahn verfestigen.
  • Wir sorgen für eine angemessene medikamentöse Versorgung.
Mehr Informationen in den Standards:
  • Pflege von Menschen mit Halluzinationen / Illusionen
  • Pflege und Betreuung wahnkranker Senioren
  • Pflege und Betreuung von Korsakow-Patienten
  • Pflege von Senioren mit Verwahrlosungstendenzen
Fallbeispiel: Frau Meier ist unter Alkoholeinfluss nur eingeschränkt in der Lage, sich verbal verständlich zu machen. Sie scheint die Pflegekraft oft nicht zu verstehen, wenn diese mit ihr sprechen möchte. Da Frau Meier häufig den ganzen Tag alkoholisiert ist, können wir mit Pflegemaßnahmen nicht warten, bis sie wieder nüchtern ist. Sie reagiert darauf jedoch oft aggressiv.
  • Wenn eine Pflegekraft mit Frau Meier spricht, sollte sie dabei stets ruhig und freundlich bleiben.
  • Diskussionen mit Frau Meier oder Vorwürfe sollten vermieden werden, insbesondere wenn sie alkoholisiert ist.
  • Die Pflegekraft redet stets in normaler Lautstärke. Schreien oder lautes Sprechen erzeugt häufig Aggressivität.
  • Die Pflegekraft verwendet einfache Sätze; im Idealfall Hauptsätze ohne Nebensätze.
  • Nach jedem Satz macht die Pflegekraft eine kurze Pause, damit Frau Meier den Inhalt verarbeiten kann.
  • Die Pflegekraft erklärt Frau Meier, warum eine bestimmte Pflegemaßnahme jetzt erforderlich ist. Sie bleibt dabei freundlich, redet leise, aber bestimmt.
  • Wenn mehrere Pflegemaßnahmen notwendig sind, beginnt die Pflegekraft mit der Maßnahme, die am wenigsten in die Intimsphäre von Frau Meier eingreift. Es sollte also zuerst die Pulsmessung erfolgen, dann die Blutdruckmessung und erst zum Schluss die Blutzuckermessung.
Weitere mögliche Maßnahmen:
  • Soweit es möglich ist, hält die Pflegekraft immer etwas Abstand von der Bewohnerin. Diese fühlt sich dann nicht bedrängt. Zudem bleibt der Pflegekraft mehr Zeit, um auf etwaige körperliche Aggressivität zu reagieren.
  • Die Pflegekraft sollte sich stets auf Augenhöhe begeben. Wenn eine gestürzte Bewohnerin auf dem Boden sitzt, begibt sich die Pflegekraft in die Hocke.
  • Wir prüfen, ob Schmerzen für das Verhalten ursächlich sind, also etwa ein Verbandswechsel oder unangenehme Mobilisationen. In diesem Fall sollte eine vorherige Schmerzmittelapplikation geprüft werden.
Mehr Informationen in den Standards:
  • Pflege von alkoholabhängigen Senioren
  • Aggressive Bewohner: Prophylaxe und Verhalten im Notfall
Fallbeispiel: Herr Müller zieht sich in sein Bett zurück. Er kann dort ungestört Alkohol konsumieren und danach schlafen. Überdies ist das Sturzrisiko im Rausch geringer. Als Folge der Immobilität steigt das Risiko von typischen Komplikationen wie Dekubitus, Kontrakturen oder Pneumonie. Er ist sozial isoliert.
  • Herr Müller wird konsequent dazu aufgefordert, das Bett zu verlassen und körperlich aktiv zu bleiben. Da eine Gangunsicherheit besteht, soll Herr Müller seinen Rollator nutzen.
  • Wir bieten Herrn Müller die Teilnahme an der Gymnastikgruppe an. Mit etwas Überredung ist es zumeist möglich, ihn dafür zu motivieren.
  • Herr Müller spielt gerne mit Herrn Schulze und mit Frau Schwarz “Mensch ärgere Dich nicht”. Er muss dazu jedoch zunächst motiviert werden.
  • Herr Müller sollte den Kontakt mit Herrn Schreiner meiden, da dieser ebenfalls Alkoholiker ist und ihn zum Mittrinken animiert.
Weitere mögliche Maßnahmen:
  • Wir informieren die Familienangehörigen über das Krankheitsbild und legen ihnen die notwendigen Verhaltensgrundsätze nahe.
  • Wir vermitteln Familienangehörigen den Kontakt zu Selbsthilfegruppen.
  • Wenn es Streit mit Familienangehörigen gibt, versuchen wir, den Dialog zwischen beiden Seiten wieder in Gang zu bringen.
  • Der Bewohner sollte den Kontakt zu Mitbewohnern meiden, die in seiner Gegenwart Alkohol trinken. Wir wirken entsprechend auf Mitbewohner ein und sensibilisieren diese für die Problematik.
Mehr Informationen im Standard "Pflege von alkoholabhängigen Senioren".
Fallbeispiel: Frau Meier trinkt seit Jahren viel Alkohol. Ihr Immunsystem ist geschwächt. Die Anfälligkeit für Infektionserkrankungen ist erhöht. Frau Meier ist häufig erkältet. Sie leidet zudem unter typischen Hautschäden, die von anhaltendem Alkoholmissbrauch ausgelöst werden, also Facies alcoholica (andauernde oder anfallsweise auftretende Gesichtsrötung), Palmarerythem (rote Handinnenflächen) und Spider naevi (sog. "Spinnenhaut"). Sie hat eine trockene, rissige Haut.
  • Frau Meier wird einmal im Jahr gegen die Influenza ("Virusgrippe") geimpft.
  • Frau Meier soll sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten sportlich betätigen. Wir erklären ihr, dass Sport das Immunsystem stärkt. Frau Meier nutzt einen Fahrradtrainer, der in ihrem Zimmer steht.
  • Alle Pflegekräfte, die das Zimmer von Frau Meier betreten, führen vor und nach dem Besuch eine hygienische Händedesinfektion durch. Auch Frau Meier soll sich regelmäßig die Hände desinfizieren.
  • Wir verdeutlichen Frau Meier, dass sich der Hautzustand und die Immunschwäche verschlimmern werden, wenn sie den Alkoholgenuss nicht einstellt oder zumindest reduziert.
  • Frau Meier wird dazu angeleitet, sich morgens mit einer pflegenden Hautlotion einzureiben.
Weitere mögliche Maßnahmen:
  • Wir beraten die Bewohnerin und ihre Angehörigen insbesondere zu Fragen der Infektionsprophylaxe. Die Bewohnerin soll den Kontakt mit Mitbewohnern meiden, wenn diese an einer akuten Infektion wie der Influenza leiden.
  • Die Versorgung von offenen Wunden muss besonders sorgfältig erfolgen. Bei Zu- und Ableitungen ist besonders strikt auf Asepsis zu achten.
  • Die Bewohnerin sollte sich eiweiß- und vitaminreich ernähren.
  • Wir prüfen, ob neben dem Alkohol auch Medikamente mitursächlich für die Hautprobleme sein könnten. Ggf. werden der Wirkstoff geändert und die Dosierung angepasst.
  • Die Bewohnerin wird einem Hautarzt vorgestellt. Die angeordnete Therapie wird gewissenhaft umgesetzt.
  • Wir achten darauf, dass die Bewohnerin keine Leberzirrrose entwickelt.
Mehr Informationen in den Standards:
  • Händedesinfektion
  • Pflege von Senioren mit Mykosen (Pilzerkrankungen)
  • Pneumonieprophylaxe
  • Influenza (Virusgrippe)
Fallbeispiel: Herr Müller verzichtet auf Alkohol. Er leidet unter Puls- und Blutdruckschwankungen als Folge des Entzugs. Ihm ist schwindelig. Als Folge des Alkoholentzugs kommt es zu motorischer und zu innerer Unruhe. Herr Müller neigt außerdem dazu, das Essen hastig herunter zu schlingen. Es besteht daher ein erhöhtes Aspirationsrisiko. Es steigt überdies das Risiko einer Suchtverlagerung vom Alkohol zum Essen.
  • Herr Müller wird häufiger in seinem Zimmer besucht.
  • Die Vitalwerte von Herrn Müller werden engmaschig überwacht. Bei potenziell bedrohlichen Spitzen wird der Arzt/Notarzt informiert.
  • Aufgrund der Sturzgefährdung sollte Herr Müller beim Gehen von einem Mitarbeiter begleitet werden, also etwa ins Badezimmer.
  • Sofern es möglich ist, wird Herr Müller durch Beschäftigungsmaßnahmen von der Unruhe abgelenkt. Herr Müller hört gerne klassischen Jazz.
  • Wir prüfen regelmäßig, ob Drainagen und Verweilkatheter noch korrekt liegen. Wenn Herr Müller daran manipuliert hat, müssen diese ggf. entfernt und neu gelegt werden.
  • Herr Müller wird beim Essen beobachtet und ggf. aufgefordert, langsam zu essen, gründlich zu kauen und vorsichtig zu schlucken.
  • Herrn Müller werden kleine mundgerechte Portionen angeboten.
  • Das Körpergewicht wird regelmäßig erfasst. Ggf. wird die Ernährung angepasst.
  • Der Hausarzt wird über die Entzugserscheinungen informiert. Gemeinsam überlegen wir, ob Medikamente zur Linderung sinnvoll eingesetzt werden können.
Weitere mögliche Maßnahmen:
  • Wenn alle anderen Alternativen erfolglos bleiben und die Gesundheit des Bewohners gefährdet ist, prüfen wir als letzte Option die Anwendung von Fixierungsmaßnahmen.
Mehr Informationen in den Standards:
  • Pflege von Senioren bei Unruhe und Agitiertheit
  • Pflege von Senioren mit Schwindel
Fallbeispiel: Frau Meier konsumiert Alkohol und gleichzeitig verschiedene Medikamente. Die Wechselwirkungen des Alkohols mit den Arzneimitteln führen zu Schwindel. Als Folge des Rausches ist sie sturzgefährdet.
  • Frau Meier erhält Medikamente bevorzugt am Morgen, wenn sie i. d. R. nüchtern ist.
  • Frau Meier wird darauf aufmerksam gemacht, dass sie nicht allein aufstehen sollte. Wenn sie das Badezimmer aufsuchen möchte, sollte sie von einer Pflegekraft begleitet werden.
  • Wir stellen sicher, dass Frau Meier stets festes Schuhwerk trägt.
  • Das Umfeld von Frau Meier sollte frei von Stolperfallen u. ä. Gefahrenquellen sein. Sie wirft gelesene Zeitschriften direkt auf den Boden vor ihr Bett. Frau Meier könnte auf den Zeitschriften ausrutschen.
Weitere mögliche Maßnahmen:
  • Wir prüfen, ob die Bewohnerin Schutzkleidung wie z. B. einen Hüftprotektor tragen sollte.
Mehr Informationen in den Standards:
  • Pflege von Senioren mit Schwindel
  • Anwendung von Hüftprotektoren
Fallbeispiel: Herr Müller vernachlässigt seine Körperpflege. Als Folge des Alkoholmissbrauchs zeigt er eine starke Hauttranspiration. Er riecht unangenehm. Freunde, Angehörige und Mitbewohner ziehen sich zurück. Herr Müller zeigt auch kein Interesse an seiner Kleidung. Er kleidet sich nicht situationsgerecht, etwa bei Kälte oder bei großer Hitze. Herr Müller leidet zudem unter Parodontitis, Zahnstein und Karies. Überdies ist die Mundschleimhaut entzündet. Er klagt über Schmerzen. Herr Müller muss sich häufig übergeben. Die Magensäure greift die Zahnsubstanz an.
  • Wenn Herr Müller nach Schweiß oder nach Urin riecht, wird ihm dieses nicht offen gesagt. Hilfreicher ist es, gemeinsam mit ihm eine Körperwäsche vorzunehmen.
  • Wir verzichten auf den Einsatz von alkoholhaltigen Einreibemitteln, da Herr Müller diese trinken könnte.
  • Wir helfen Herrn Müller bei der Auswahl der Kleidung.
  • Wenn Herr Müller die Einrichtung für einen Spaziergang oder für eine Einkaufstour verlassen möchte, stellen wir sicher, dass er angemessen bekleidet ist und solides Schuhwerk trägt.
  • Wir stellen sicher, dass Herr Müller seine Kleidung jeden Morgen wechselt.
  • Wir animieren Herrn Müller, seine Kleidung eigenständig auszuwählen.
  • Wir leiten Herrn Müller zur regelmäßigen Zahnpflege an.
  • Wir erinnern Herrn Müller daran, die jährlichen Zahnarztkontrollen wahrzunehmen.
  • Wenn sich Herr Müller übergeben muss, erfolgt danach eine sorgfältige Mundpflege. Insbesondere sind Mundspülungen sinnvoll.
Weitere mögliche Maßnahmen:
  • Wir erfragen beim Bewohner, welche Vorlieben und Gewohnheiten er bei der Körperpflege hatte. Diese werden bei der Pflege durch uns berücksichtigt. Ggf. befragen wir dazu Angehörige.
  • Bei Männern regen wir eine regelmäßige Rasur sowie die Nutzung von Deo und von alkoholfreiem Rasierwasser an.
  • Wir können den Bewohner nicht dazu zwingen, ein gewisses Maß an Körperhygiene zu wahren. Gleichzeitig jedoch darf das nicht dazu führen, dass die Pflegekräfte die Verwahrlosung irgendwann hinnehmen. Der Bewohner muss permanent angeleitet und aufgefordert werden.
  • Wenn der Bewohner beginnt, sich äußerlich zu pflegen, so wird er dafür nachdrücklich gelobt.
  • Ggf. kann ein Friseurbesuch nicht nur die Frisur, sondern auch das Selbstbild deutlich verbessern.
  • Wir ermutigen Bewohnerinnen, ggf. auch Schmuck und Parfüm zu tragen.
  • Wir leiten eine Zahnarztbehandlung ein, um die Zähne sanieren zu lassen.
  • Wir unterstützen den Bewohner dabei, Zahn- und Mundpflegeprodukte zu finden, die keinen Alkohol enthalten, z. B. Mundwasser.
Mehr Informationen in den Standards:
  • Ganzwaschung am Waschbecken
  • Ganzwaschung im Bett
Fallbeispiel: Herr Müller trinkt zu viel Alkohol und vernachlässigt darüber die Nahrungszufuhr. Er verliert an Körpergewicht. Manchmal fällt er in eine Unterzuckerung. Es besteht dann Lebensgefahr. Herr Müller leidet zudem unter einem Flüssigkeitsdefizit, da er nicht ausreichend trinkt. Als Folge des Alkoholkonsums muss Herr Müller vermehrt Wasser lassen. Es kommt im Körper zu einem Flüssigkeitsmangel bis hin zur Dehydratation.
  • Wir ermitteln immer am Montag den BMI von Herrn Müller.
  • Herr Müller erhält mehrere kleine Mahlzeiten statt der drei Hauptmahlzeiten.
  • Herr Müller sollte seine Mahlzeiten im Speisesaal in Gesellschaft einnehmen und nicht allein auf seinem Zimmer.
  • Wenn Angehörige Herrn Müller besuchen, sollten diese mit ihm eine Mahlzeit einnehmen.
  • Wenn relevante Symptome erkennbar sind, werden der Blutzuckergehalt ermittelt und die sich daraus ergebenden Maßnahmen eingeleitet.
  • Wir bieten Herrn Müller grundsätzlich vor und nach jeder Mahlzeit etwas zu trinken an. Er mag Eistee und verdünnten Orangensaft.
Weitere mögliche Maßnahmen:
  • Gemeinsam mit dem Bewohner erstellen wir einen Ernährungsplan, der seine Wünsche berücksichtigt.
  • Wenn der Bewohner über einen längeren Zeitraum die Nahrung verweigert, setzen wir den Standard "Nahrungsverweigerung" um.
  • Es ist zu beachten, dass bei Einnahme von Antidiabetika und beim gleichzeitigen Konsum von Alkohol die Gefahr einer Unterzuckerung erheblich wächst.
  • Wir stellen sicher, dass sich die angebotenen Getränke stets in Griffweite des Bewohners befinden. Sehbehinderten Bewohnern wird die Position des Getränks gezeigt.
  • Dem Bewohner werden stets nur solche Getränke angeboten, die er akzeptiert. Ggf. fragt die Pflegekraft nach, ob ihm das Getränk nicht schmeckt und ob er ein anderes Getränk bevorzugt.
  • Wir achten darauf, ob der Bewohner die angebotenen Getränke heimlich entsorgt (etwa in den Blumentopf oder in eine Vase).
  • Bewohnern, die nicht mehr in der Lage sind, selbstständig zu trinken, bieten wir Getränke vor und nach jeder pflegerischen Maßnahme an.
  • Typische Anzeichen für eine Unterzuckerung sind: Kontrollverluste des Körpers, Unruhe, Konzentrationsstörungen, Schweißausbrüche, Frieren usw.
Mehr Informationen in den Standards:
  • Dehydratationsprophylaxe
  • Unterzuckerung (Hypoglykämie)
Fallbeispiel: Frau Meier ist bereit, auf Alkohol zu verzichten. Sie ist allerdings in ihrer Abstinenz noch nicht gefestigt. Sie spürt einen erheblichen Suchtdruck und ist sehr unruhig. Der Genuss von Alkohol war in den letzten Jahren für sie der zentrale Lebensinhalt. Frau Meier hat derzeit keine anderen Hobbys. Da sie aktuell keinen Alkohol trinkt, ist ihr häufig langweilig. Es steigt das Risiko, dass sie aus diesem Grund wieder Alkohol konsumiert. Nach einem Rückfall macht sie sich Vorwürfe. Dennoch möchte sie am Ziel der Abstinenz festhalten.
  • Wir achten darauf, dass Frau Meier in keinem Fall ungewollt mit Alkohol in Kontakt kommt.
  • Frau Meier erhält keine alkoholhaltigen Lebensmittel, etwa Pralinen mit Alkoholfüllung, Weincreme oder mit Wein verfeinerte Soßen.
  • Flüssiges Desinfektionsmittel wird durch Desinfektionsmittel in Gelform ersetzt.
  • Wir halten spiritushaltige Reinigungsmittel unter Verschluss und überkleben die Mittel mit einem Totenkopfzeichen.
  • Wir achten darauf, dass die verabreichten Medikamente möglichst keinen Alkohol enthalten. Dieses ist häufig bei pflanzlichen und bei homöopathischen Arzneien der Fall. Auch die Verwendung von alkoholischen Mundspülungen sollte unterbleiben.
  • Frau Meier soll den Konsum von "alkoholfreiem" Bier vermeiden. Diese Getränke können geringe Mengen Alkohol enthalten. Zudem gibt es eine geschmackliche Nähe zu alkoholhaltigem Bier.
  • In Absprache mit dem Betreuer und mit Frau Meier erhält sie kein Bargeld und wird bei Einkäufen von einem (ehrenamtlichen) Mitarbeiter begleitet.

  • Frau Meier wird bei einem Rückfall erklärt, dass es im Laufe der Therapie immer wieder zu Rückschlägen kommen wird. Wir verdeutlichen ihr, dass es sinnvoll ist, sich der Sucht erneut zu stellen und eine weitere lange Abstinenzphase anzustreben.
Weitere mögliche Maßnahmen:
  • Wir stehen der Bewohnerin jederzeit für ein Gespräch zur Verfügung. Wir sammeln Informationen, um unsere Kenntnisse über die Bewohnerbiografie zu vervollständigen. Relevant sind insbesondere Kriegserfahrungen, sexuelle Gewalt oder etwa der Tod von nahestehenden Personen.
  • Wir informieren die Bewohnerin über Hilfsangebote wie etwa Suchtberatungsstellen, psychosoziale Beratungsangebote, Selbsthilfegruppen oder spezialisierte Kliniken. Im Fall des Verlusts eines nahen Angehörigen bieten wir der Bewohnerin die Teilnahme an einer Trauergruppe an. Wir kontaktieren die Kirchengemeinde und bitten um seelsorgerische Begleitung.
  • Wir kontaktieren die Angehörigen. Wir bitten diese, die Bewohnerin für ihre Bemühungen zu loben. Auch die Pflegekräfte motivieren die Bewohnerin jeden Tag.
  • Wir versuchen, die Bewohnerin durch Beschäftigungsangebote abzulenken. Die Bewohnerin kann z. B. lesen, fernsehen oder Kreuzworträtsel lösen. Oftmals hilft es auch, die Bewohnerin warm oder kalt duschen zu lassen oder ein Bad mit ätherischen Ölen anzubieten.
  • Körperliche Unruhe kann durch Aktivität gelindert werden. Sofern die Bewohnerin körperlich dazu in der Lage ist, soll sie Treppen steigen oder spazieren gehen. Bei Aktivitäten außerhalb der Einrichtung sollte sichergestellt sein, dass die Bewohnerin dabei keinen Alkohol kaufen kann.
  • Im Rahmen der Biografiearbeit erfragen wir, welche Hobbys die Bewohnerin hatte, bevor sie alkoholkrank wurde. Diese Hobbys kann sie nun wieder aufnehmen.
  • Wir informieren die Bewohnerin über das Freizeitangebot in unserer Einrichtung. Wir animieren sie immer wieder, daran teilzunehmen.
  • Wir fördern den Kontakt zu Mitbewohnern. Dabei muss sichergestellt sein, dass diese in Gegenwart der Bewohnerin keinen Alkohol konsumieren.
  • Die Bewohnerin soll den Kontakt zu ihrer Familie intensivieren.
  • Wir animieren die Bewohnerin, nach einem Rückfall für sich selbst einen Bericht zu schreiben. Sie soll die Ursachen für den Rückfall ergründen und diese schriftlich festhalten.
  • Wir prüfen, ob die Bewohnerin bei einem erneuten Abstinenzversuch zusätzliche Hilfsangebote nutzen sollte, die sie zuvor noch abgelehnt hatte.
Mehr Informationen in den Standards:
  • Pflege von Senioren währen

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